35. Identity theft is not a joke, Jim!
A/N
So, ich melde mich auch mal mitten im Buch :D
Wir haben 1k reads!!! Vielen, vielen Dank ❤️
Ganz besonders an Somebody612 , thewordnamedfreedom , BlueNila6 , Emilie_Stocker und Monkey_D_Ota !
Ihr seid die einzigen, die voten, kommentieren und mir zeigen, dass ihr da seid. Und somit habt ihr es mehr als verdient, hier Erwähnung zu finden 😊❤️
Viel Spass beim Lesen wünsche ich euch!
Tatsächlich entpuppt sich das Ganze als halb so wild. Aisha füllt ein Blatt aus mit allen Angaben hinsichtlich des Geschirrs und legt es in den Briefkasten des Büros der Rektorin. Davor leeren wir freundlicherweise kurz unsere Taschen.
Keiner von uns hat den entwendeten Gegenstand bei sich, der anscheinend sowieso einen Alarm auslösen würde, sobald jemand über die Schwelle zum Gang tritt. Und dann hängen ja noch die Überwachungskamera an den Decken – neben den wachsamen Betreuerinnen und Betreuen bestimmt eine große Hilfe. „Vermutlich wird das Messer sowieso bald vom Putzpersonal gefunden. Sowas gibt es häufiger", beschwichtigt uns Linda und fährt noch ein letztes Mal mit einem trockenen Tuch über die Tresen.
Bald schon stößt Aisha erneut zu uns. Wir machen uns auf den Weg in den Schlaftrakt. Linda meint, sie wolle mit Ivana und mir – sprich allen Neulingen – einen kleinen Spaziergang machen.
Kurz vor der nächsten Abzweigung folgt ein erschrockener Aufschrei. Ich biege nach links statt nach rechts ab.
„Gianna, warte!", höre ich Ivanas Stimme.
Ein Rollstuhl befindet sich umgekippt auf dem Boden, daneben ein zusammengerollter Jugendlicher. Ein Wimmern dringt bis zu uns. Schnell knie ich mich vor den Gestürzten.
„Ich helfe dir hoch, ok?", frage ich sicherheitshalber, eine Hand bereits an der Innenfläche seines tätowierten Armes. Der braunhaarige Schopf bewegt sich leicht. Ein Nicken.
Vorsichtig ziehe ich den jungen Mann hoch, sodass seine Beine ausgestreckt sind und er sein Rücken durchdrücken kann.
Er legt die Knie zu einem Schneidersitz ab. Erst jetzt sehe ich das fette Grinsen in seinem Gesicht. Ich erstarre beim Anblick von Jace namenlosen Freund, stehe sofort auf. Ivana zieht mich von ihm weg, doch ich entreiße mich ihrem Griff.
„Geht's noch?", schreie ich. „Was stimmt nicht mit dir?"
Anklagend trete ich einen Schritt vor. Hitze der Wut steigt in mir auf. Über manche Themen macht man keine albernen Jungenstreiche. Nicht so, in dem man das Leben anderer als völlig lächerlich darstellt. Gute Witze benötigen Raffinesse. Doch die besitzt der Schlaksige offenbar nicht.
„Ich habe Krebs." Mein Gegenüber zuckt wegwerfend mit den Schultern. Seine Aussage treibt mir weitere Stromstöße der Empörung durch die Arterien.
„Hör nicht auf ihn. Er ist ein notorischer Lügner." Ivana seufzt, wischt ihre schwarze Lockenpracht zur Seite, um sich mit einem breiten Blickfeld umzusehen.
„Woher weißt du das?" Ich setze mich erneut vor den Schlaksigen und beobachte seine Reaktion bei Ivanas Worten. Sie entspricht einer Neugierde, gemischt von Aufregung. Seine Irden springen zwischen den Anwesenden hin und her, als würden sie nach einer Bezugsperson suchen.
„Quinn Viridi hat es uns mitgeteilt. Wenn er wieder einer seiner Nummern aufführt, so wie jetzt..." Ivana wirft meinem meistgehassten Kollegen einen gelangweilten Blick zu „... dann sollen wir ihn einfach ignorieren und einen Betreuer holen." Sie rückt ihr azurblaues Blumenkleid zurecht und fügt hinzu: „Ich übernehme das."
Schon verschwindet sie um die nächstbeste Ecke. Ich lasse mich erneut nieder, wobei ich jetzt einiges an Abstand von mir zu ihm verzeichne. Die aufkeimenden Emotionen ebben genauso schnell ab wie sie gekommen sind. In einem gebe ich Ivana recht, im anderen nicht. Einen Menschen mit mehr Erfahrung herzuholen, zeigt sich in diesem Szenario als mehr als berechtigt. Als Bystander jedoch jegliche Kommunikationsmöglichkeit abzulehnen und ihm somit die Möglichkeit zu einem normalen Gespräch zu verweigern, weil ein bedeutender Teil davon nicht an die Wahrheit herankommt, verstehe ich nicht. Denn in jedem Schwindel steckt ein Funken Realität.
„Welche Rollen spielst du denn am häufigsten?" Meine Stimme klingt um einiges abwertender, als beabsichtigt. Der Jugendliche stört sich nicht sonderlich daran. Jedenfalls verrät dies weder seine Mimik noch seine folgende Antwort.
Er zählt auf: „Den Dummschwätzer, den hilflos Verletzten, den leidenschaftlichen Mathematiker und den übertrieben Fürsorglichen."
Ich wickle mir eine lose Strähne um den Zeigefinger. Die blauen Enden werden vom kräftigen Schwarz überdeckt. Dann beobachte ich, wie sie sich für einen Moment kringeln, als ich sie loslasse. „Den einen kenne ich noch nicht."
„Welchen?" Die Erleichterung, mit der er die Frage stellt, ist fast mit den Händen zu greifen. Er hat Angst vor Ablehnung, steht sich selbst im Weg nach der Suche von echter Zuneigung.
Ich lache auf, obwohl mir eine seltsame Sentimentalität im Rachen steckt. „Den Mathematiker natürlich. Aber sehen würde ich ihn schon mal gerne."
Mein Gegenüber fühlt sich einsam. Nur zu oft habe ich diese erdrückende Leere gespürt. Ich kenne sie und dennoch erfahre ich sie durch ihn auf eine neue Art. Nämlich auf seine.
Denn wir alle drücken uns anders aus, empfinden anders.
Hierbei geht es nicht um mich. Ich bin nur Statistin in seinem Leben. Darin besteht der Unterschied zwischen Sympathie und Empathie.
„Den hat bisher niemand gesehen." Er presst die Lippen aufeinander. „Also genauso oft, wie man mich als Tänzer im Internat antrifft oder wie ich Quinn Viridi von meinen Ängsten und Sorgen erzählt habe. Jemand anderes muss es getan haben. Jemand von uns. Hier gibt es einen Maulwurf, das sage ich euch."
Einem Verschwörungstheoretiker gleich, hebt er die Braue an. Aisha gesellt sich zu uns auf die hellgrauen Fliesen, richtet den Rollstuhl. „Und wen hast du im Verdacht?"
Der Schlaksige wartet geduldig, bis eine dramatische Pause entsteht. „Jeden", löst er die Spannung mit verhängnisvollem Ton.
„Und jede, meinst du wohl." Meine Verbesserung rutscht mir über die Zunge wie ein Schuh an einer Banane. Meine Mundwinkel zucken.
„Genau." Der Schlaksige erwidert mein Lächeln. Ich kann schon fast das Klicken vernehmen, als seine Person vom ersten Platz auf der Liste der Verhassten eines Zahnrads gleich heruntergedreht wird.
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