*~6~*
Am nächsten Morgen wurde ich um Punkt sechs von einem durchdringendem Piepgeräusch geweckt. Da ich aber kaum geschlafen hatte - und wenn, von Albträumen geplagt wurde- war ich alles andere als ausgeschlafen. In meinen Gliedern lag bleierne Müdigkeit und es dauerte fünf Minuten, bis ich meine Augen schlussendlich aufbekam, ohne, dass sie gleich wieder zufielen.
Ich war komischerweise nicht in meinem Zimmer, sondern lag auf einer Couch in einer noch hochwertiger eingerichteten Suite als der unseren. Wie um Himmels Willen war ich hier her gekommen?
"Guten Morgen, Harmonia. Wie geht es dir?", die schmeichelhafte Stimme meines Vaters drang an mein Ohr, das Geräusch hatte endlich aufgehört. Was auch immer es gewesen war. Ich legte den Kopf schief und blickte meinen Vater verwirrt an. Ich zwang mich, mich aufzusetzen.
Da saß nun einfach, mein Vater und verlangte von mir, ihn freudig anzustrahlen, als ob er sich schon immer um mich gekümmert hätte und mich nicht mit Tod bringenden Aufgaben plagen würde. Doch die letzten Tage hatten mich verändert, ich war nicht mehr sein kleines Schoßhündchen, das bei keinem Befehl murrte, ich versuchte sogar nicht mehr schwächlich rüber zukommen. Ich war nicht Mahr seine Prinzessin! Ich wollte das alles nicht mehr sein. Ich wollte nicht Harmonia Rose Ronald sein. Ich war kein Teil von ihm. Ich gehörte hier nicht her.
Wahrscheinlich tat ich das reine Gegenteil von dem, was er erwartet hatte und so giftete ich ihn an: "Alles andere als gut, aber es könnte schlimmer sein. Immerhin ist ja nur mein ganzes Leben eine Lüge und die einzige Person, die ich je lieb gewonnen hatte wurde mir weggenommen. Bevor ich mit Wahrscheinlichkeit sterbe will mein Vater mich natürlich nochmal kennenlernen, ist ja verständlich. Ich würd meine Tochter auch erstmal fünfzehn Jahre ignorieren bevor ich mich mit ihr abgebe."
Ich ließ all meine Wut in diese paar Sätze gleiten und danach ging es mir ein wenig besser. Obwohl jetzt andere negative Gefühle überwiegten, was dann doch nicht wirklich besser war. Aber es war mir egal, ich wollte eigentlich doch nur, dass er sich meinetwegen schuldig fühlte! Ich wollte einen Dad! Ich wollte keinen Anführer als Vater, ich wollte meinen Vater.
Er war nur den Bruchteil einer Sekunde überrascht, dass ich so anders war als sonst. Was hätte ich auch anderes erwartet? "So siehst du das also. Sonst noch was?", fragte mein Vater und war die Ruhe in Person. Ich wollte es nicht einsehen, aber es kränkte mich um einiges, dass meine Worte ihn kaum zu treffen schienen.
"Es gibt zu viel, das mich wütend macht, um es aufzuzählen", erwiderte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust, "Was wollen sie eigentlich von mir Vater?" Während ich das Wort Vater gerade nur so ausspuckte, huschte irgendetwas über sein Gesicht. Vielleicht hätte ich es ja doch geschafft, irgendetwas in ihm zu regen, vielleicht... Oder es war nur ein Schatten, der vom Fenster hinter mir kam.
Er räusperte sich: "Ich wollte dich fragen was gestern Abend passiert ist. Wir haben nur Außenkameras."
Wieso wurde ich dann nicht beschützt, als es nötig war? Mein Hass auf ihn wuchs noch mehr an. Es kümmerte ihn scheinbar einen Dreck, wie es mir ging oder was ich tat. Nein, was ich tat, interessierte ihn sehr wohl. Ich musste ja seine Prinzessin sein.
Ich erzählte trotzdem, was passiert war, auch wenn ich meinem Vater am liebsten an die Gurgel gehen wollte, wenn auch ein wenig anders als es passiert war und sehr viel herablassender: "Also erst war da dieser unheimlich süße engelsgleiche Typ, der über die Terrassenmauer geklettert kam. Dann bedrohte er mich jedoch mit einem Messer, woraufhin ich Todesangst hatte und furchtbar von ihm enttäuscht war. Natürlich half uns keiner, aber das wissen Sie ja schon alles. Dann war er doch so freundlich uns nach Drinnen zu begleiten. Als wir es uns grade so richtig gemütlich gemacht hatten, klingelte sein Handy und er musste uns leider einen Moment verlassen. Nach dem Telefonat schien er seine Meinung jedoch geändert zu haben und drängte mich zu dem Geländer. Er meinte, ich solle darüber klettern und mich fallen lassen. Doch da kam Megan an und meinte, sie würde ihm eins mit der Bratpfanne überbraten, wenn er mich nicht sofort in ruhe lässt. Ja so war das, danach fand er es wohl besser abzuhauen." Über meine Ausdruckswahl schien mein Vater nich so sonderlich glücklich zu sein und doch nicht mehr so ruhig gestimmt, eher ein wenig aufgekratzt und geschockt von der Wortwahl. Ich machte mir nichts daraus. Ich wollte ja genau das erreichen. Er sollte endlich Gefühle zeigen, egal welche.
Nachdem er sich wieder in seine vorherige Person zurück verwandelt hatte, fragte er mich: "Und wie meinst du wie sollten wir ihn bestrafen?"
Perfekt um Aufgabe eins auszuführen. Also schlug ich vor:"Wie wärs wenn wir ihn bei diesem Gott verdammten Scheiß mitmachen lassen." So erfüllte ich nicht nur die Aufgabe von Joshua, sondern ließ meinen Vater auch noch erkennen, wie wenig ich von der ganzen Sache mit den Aufgaben hielt.
"Das ist eine gute Idee, aber unterlasse bitte diese Ausdrücke, das gehört sich nicht für eine Tochter des Herrschers. Wenn du damit aufhörst, kannst du dir etwas wünschen und dein Vorschlag wird ausgeführt. Egal was", sagte mein Vater als Einwilligung. Geschenke, ich hatte mich schon immer erkaufen lassen..,
Einerseits wollte ich ihm die Genugtuung nicht geben und seine Regeln befolgen, andererseits wollte ich jedoch schon etwas wieder haben und es war wichtig, dass Joshua auch auserwählt wurde, auch wenn mir nicht ganz klar war, warum.
Ich riss mich zusammen und sagte noch mehr als er haben wollte: "Sie haben recht Vater, das war nicht richtig von mir. Ich bin im Moment ein wenig durcheinander. Es wäre nett von Ihnen, wenn Odette wieder bei mir sein könnte. Ich vermisse sie wirklich und brauche sie, um die Aufgaben zu bestehen."
Da hatte er die alte Harmonia, die, die er wollte.
Nun sah er wirklich verdattert aus und schien darüber nachzudenken, ob ich ihn nur verarschte. Tat ich ja auch, aber ich dachte mir, es wäre doch besser auf Unschuldslamm zu tun. Ich hoffte es war dazu nicht zu spät. Ich würde ihn schon irgendwie bekommen, ihm irgendwie zeigen, wie sehr er mich verletzt hatte die letzten Jahre, wie sehr ich ihn jetzt doch hasste.
Komischerweise schien mein Vater dann aber doch überzeugt:"Natürlich, wenn das dein Wunsch ist, aber duz mich doch einfach du bist immer noch meine Tochter und jetzt verschwinde hier lieber, du musst noch für den Empfang der neuen Auserwählten fertig gemacht werden. Ich schicke Odette in dein Zimmer. Ein Wachmann wird dich begleiten."
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