Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

Kapitel 9

Ich wurde davon wach, dass jemand an meine Tür klopfte.
Kurz überlegte ich, ob ich es einfach ignorieren sollte.
Mein Körper fühlte sich an, als hätte ich die ganze letzte Woche von morgens bis abends Tanzstunden gehabt.
Das hatte ich einmal gemacht, und danach geschworen es nie wieder zu tun.

Das Klopfen kam erneut, noch kräftiger als zuvor.
Ich stöhnte.

"Komm doch einfach rein!"
Die Heilerin benahm sich seltsam. Selbst wenn sie, verständlicherweise, wegen gestern Abend wütend war, so musste sie sich doch nicht direkt so weit distanzieren.

Aber es war gar nicht Ava, die ihren Kopf durch die Tür steckte.
Es war Darragh.
Auf seinem Gesicht lag ein breites Grinsen, als er meine Reaktion beobachtete.

Erschrocken hatte ich meine Decke bis zum Kinn hoch gezogen und saß nun aufrecht im Bett.
Dann besann ich mich darauf, dass ich ziemlich albern aussehen dürfte.
Also ließ ich die Decke sinken und zwang meine Finger dazu, den Stoff loszulassen, den ich vorher fest umklammert gehalten hatte.

"Was wollt Ihr von mir?"

Nicht unbedingt höflich, aber schließlich war er einfach so in mein Zimmer geplatzt.
Der oberste Kriegsherr schien nicht besonders bekümmert von meinem schroffen Tonfall.
Wenn möglich, wurde sein Lächeln sogar noch breiter.

"Ich hole dich. Der Lord hat nach dir verlangt."

Mir war die fehlende Höflichkeitsformel nicht entgangen, aber der weit größere Teil meines Gehirns war damit beschäftigt, sich alle möglichen unschönen Dinge vorzustellen, die mir blühen könnten.

Mein Gesichtsausdruck verriet wohl meine Anspannung, denn der frustrierend gut gelaunte Fae vor mir lachte laut auf.

Ich stöhnte innerlich. Warum konnte er nicht einfach wieder verschwinden?

"Wo ist Ava?", wollte ich wissen.

Er zuckte nur mit den Schultern.

"Anderweitig beschäftigt, vermute ich."

Ja, oder sie wollte wirklich nichts mehr mit mir zu tun haben.
Der Gedanke tat mehr weh, als ich gedacht hätte. Vor allem in Anbetracht dessen, dass ich sie erst seit etwa zwei Wochen kannte. Plus oder minus ein paar Tage; die Zeit hier floss ineinander und formte irgendwie eine unübersichtliche Masse.

"Möchtest du vielleicht beginnen, dich umzuziehen? Lorcan hat etwas von 'schnell' gesagt, weißt du?"

Ich war fasziniert.
Sowohl davon, dass er den Lord so vertraut mit Namen ansprach.
Und von seiner völligen Respektlosigkeit mir gegenüber.

"Ich bin deine Lady, weißt du?"
Ich gab mir alle Mühe seinen Ton nachzuahmen.

Darragh legte den Kopf schief und betrachtete mich eindringlich.

"Du", er verschränkte beide Arme vor der Brust, "bist das Wintergör, das gestern im Begriff war, die gesamten Herbstländer zu verraten."

Wie bitte?

"Also jetzt hör mir mal zu. Ich wurde gestern angegriffen. Und davor wurde ich behandelt wie eine Aussätzige.
Meinst du, ich höre nicht, wie sie über mich reden?
Denkst du, ich wäre hier, wenn ich eine andere Wahl hätte?
Ich wäre auch lieber -"

"Was du sagst, ist mir gleichgültig. Für mich bist du ein Wintergör. Ob du nun deine Erinnerungen verloren hast, oder nicht."

Autsch, das tat weh. Und dabei war ich ja noch nicht mal ...

Ich sollte vielleicht in seiner Gegenwart besser auf meine Gedanken achten.
Aber wenn er etwas bemerkte, ließ er es sich nicht anmerken.
Stattdessen redete er einfach weiter, ohne auf eine Reaktion von mir zu warten.

"Aber so lange Lorcan der Ansicht ist, dass du gut für das Land bist, kann da sowieso niemand was dran ändern. Es sei denn..."

Jetzt beobachtete er mich.
Der Typ raubte mir echt den letzten Nerv.

"Es sei denn, was?"

"Es sei denn, jemand tötet dich."

Er sagte das Ganze völlig beiläufig, so als würden wir über das Wetter reden.
Mir stockte der Atem.
Ich wollte etwas erwidern, mich verteidigen, aber ich schaffte es nicht, einen einfachen Satz zusammen zu basteln.

In seinen dunklen Augen blitzte etwas auf.
Dann brach er in schallendes Gelächter aus.
Ich knirschte mit den Zähnen.
Der Mann war psychisch instabil!

Als er sich wieder einbekommen hatte,
sagte er:
"Keine Angst, das wird Lorcan nicht zulassen. Und niemand hier hat die Macht, ihn oder seine Entscheidungen ernsthaft anzugreifen."

Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu:
"Natürlich könnte es sein, dass er dich selbst tötet, wenn du dich nicht endlich mal beeilst."

Ich murmelte etwas, das entfernt einer Zustimmung ähnelte.
Dann schob ich, mir seiner neugierigen Blicke mehr als bewusst, die Bettdecke weg und ging die paar Schritte zum Vorhang vor dem Badezimmer.
Da zögerte ich kurz.
Was, wenn er einfach reinkäme?
Aber eigentlich hatte ich wichtigere Probleme. Zum Beispiel den immer noch mysteriösen Grund, warum der Lord mich sehen wollte.

Ich entschied mich, den obersten Kriegsherrn danach zu fragen.

Zu meiner Überraschung gab er tatsächlich eine Antwort.

"Lorcan ist der Ansicht, dass du vielleicht etwas Verantwortungsgefühl entwickelst, wenn du lernst, dass wir nicht die einzigen sind, die von dir und deiner Anwesenheit hier abhängen."

Scheinbar hatte er nicht vor, weiter darauf einzugehen.
Er drehte sich um und war im Begriff, die Tür zu schließen.
Da rief er über seine Schulter:
"Und sieh zu, dass du präsentabel aussiehst!"
Sein Lachen folgte ihm den Gang herunter.

Ich beeilte mich tatsächlich. Ich versuchte so gut vorbereitet zu sein, wie es eben ging, ohne wirklich zu wissen, worauf.

Wenige Minuten später stand ich mit nassen Haaren in meinem Schlafzimmer und fragte mich, was ich anziehen sollte.
Nein, nicht dieses typische 'Ich habe einfach zu viele Sachen und blicke nicht mehr durch' Problem, sondern eher die Tatsache, dass Ava mir nur ein Nachthemd und zwei von den hellen, weiten Gewändern vorbeigebracht hatte.
War das präsentabel?

Oh Himmel, warum scherte mich das eigentlich?

Gerade als ich mich entschieden hatte, einfach eins der schlichten Kleider zu tragen, klopfte es zaghaft an der Tür.
Hatte Ava sich doch entschieden, nach mir zu sehen?
Mein Herz klopfte, als ich langsam zur Tür ging und gegen das helle Holz drückte.
Ob sie mir noch sehr böse war?

Aber vor meinen Zimmer stand eine junge Frau, fast noch ein Mädchen.
Definitiv jünger als ich.
Sie hatte den Kopf gesenkt, doch ich sah, wie sie unter langen Wimpern neugierig zu mir auf blickte.
Als meine Augen ihre trafen, senkte sie ihren Blick und murmelte etwas Unverständliches.
Ihre dunkle Haut wurde von einem roten Schimmer überzogen.

Innerlich seufzte ich tief.
Die Heilerin mied mich immer noch.
Aber das war wohl kaum die Schuld des Mädchens.
Also hob ich die Hände, Handflächen nach oben. Eine fragende Geste.
Jetzt schaute sie doch auf.
Den Stoff in ihren Händen bemerkte ich erst, als sie ihn mir hinhielt.

"Go raibh maith agat", murmelte ich.
Danke.
Wenigstens das hatte ich mir inzwischen gemerkt.

Sie lächelte, als ich ihr das Bündel aus den Händen nahm.
Aber anstatt wieder zu gehen, schob sie sich an mir vorbei in mein Zimmer.

Ich starrte sie an.
Was wurde das denn?

Sie lächelte so breit, dass ich ihre scharfen Zähne sehen konnte.
Ein Schauder lief mir über den Rücken.

Das Mädchen schien mein Unwohlsein nicht zu bemerken, denn sie griff nach meinem Handgelenk und sah sich kurz um, bevor sie mich hinter sich her ins Kaminzimmer zog.
In Ermangelung einer besseren Idee hielt ich mit meiner freien Hand die dünne Robe zusammen, die ich mir nach dem Duschen übergezogen hatte.

Im anderen Zimmer drückte sie mich auf den Schemel vor dem Schminktisch.
Das Ganze erinnerte mich so sehr an Ava, dass sich ein Knoten in meinem Magen bildete.
Und mit allem, was das junge Mädchen tat – mir ein dickeres Gewand und eine Art Lederhosen anziehen, meine Haare kämmen und vor allem, mir vorsichtig die goldene Krone aufsetzen – zog sich der Knoten weiter zu.

Endlich trat sie einen Schritt zurück.
Dabei schaute sie mit gesenktem Kopf zum Durchgang in den Nebenraum.
Ich folgte ihrem Blick.
Und erstarrte.

Da stand Darragh und lächelte belustigt.

"Ich habe mich schon gefragt, wann du mich bemerken würdest. Für eine Fae sind deine Sinne erstaunlich stumpf."

Bei seinen Worten musste ich mich sehr zusammenreißen um mich nicht zu verraten.
Also konzentrierte ich mich mit aller Kraft auf meinem Schild und sagte so ruhig und herablassend wie ich konnte:
"Wer sagt, dass ich dich nicht einfach ignoriert habe?"

Er lachte.

"Du bist mutig, Wintergör. Das muss man dir lassen."

Dann wanderte sein Blick zu dem Mädchen.

"Briannon hat ganze Arbeit geleistet. Du siehst beinahe präsentabel aus."

Ich machte eine Handbewegung, von der meine Mom sicherlich nicht glücklich gewesen wäre.
Er ignorierte mich völlig und sagte etwas zu Briannon. Die junge Herbstländerin verbeugte sich und lief so schnell sie konnte aus der Tür, nicht ohne noch einen verstohlenen Blick in unsere Richtung zu werfen.

Darragh deutete auf etwas zu meiner Rechten.

"Ist das Lorcans?"

Dort, über einem Sessel, hing der helle Umhang, den der Lord mir am ersten Abend gegeben hatte.
Der Umhang, den ich immer noch nicht zurück gegeben hatte.

Meine Stille war ihm wohl Antwort genug, denn mit einem interessierten Blick auf den hellen Stoff fuhr er fort:
"Zieh ihn über, du wirst später dankbar dafür sein. Besonders morgens und abends kann es hier kalt werden."

Und nach einer kleinen Pause:
"Aber Kälte bist du wohl gewohnt, was, Wintergör?"

Ich ging nicht näher darauf ein. Stattdessen fragte ich das, was mich schon die ganze Zeit beschäftigte:
"Was hat der Lord eigentlich vor? Wohin gehen wir?"

Er zuckte mit den Schultern.

"Lorcan hat überlegt, was er mit dir tun soll. Die halbe Nacht. Oisín hat ja vorgeschlagen, dich solange in deinen Räumlichkeiten zu lassen, bis du dich anständig benimmst. Aber Lorcan war der Ansicht, du solltest wenigstens wissen, wem du mit deinem Verhalten schadest. Außerdem", er kratzte sich am Kopf, "war sowieso mal wieder ein Besuch in den Dörfern fällig. Also können wir dich auch gleich mitnehmen und dir die Herbstländer zeigen. Sagt zumindest der Lord."

Der oberste Kriegsherr drehte sich zur Tür und rief über seine Schulter:
"Na komm schon, beeil dich."

Also ging ich.

Zu meiner Überraschung führte der oberste Kriegsherr mich nicht etwa in die große Halle, sondern ein Stockwerk tiefer.
Ob es hier unten wohl einen Kerker gab?
Aber der Gedanke erübrigte sich, als Darragh eine hölzerne Tür aufstieß und uns warme Luft entgegen strömte.

"He, Wintergör!"

Ich zuckte zusammen. Vor mir stand Darragh und sah mich belustigt an.

"Bist du etwa eingeschlafen?"

Fest sah ich dem Elfen in die dunklen Augen. Dass ich dabei den Kopf in den Nacken legen musste, machte den selbstsicheren Eindruck wahrscheinlich zunichte.

"Warum hast du mich hier hin gebracht?"

Er grinste.

"Hättest du nicht geschlafen, wüsstest du warum."

Ich blieb stumm. Was hätte ich dazu auch sagen sollen?

Nach einigen Sekunden, in denen wir uns gegenseitig trotzig anstarrten wie kleine Kinder, die darauf warten, wer zuerst aufgibt, räusperte sich jemand neben uns.

Ich erschrak so, dass ich beinahe sprang.
Vor mir stand dasselbe junge Mädchen, das mir vorhin beim Anziehen geholfen hatte und sah mich fragend an.
Neben mir unterdrückte der oberste Kriegsherr ein Lachen. Da half auch der böse Blick nichts, den ich ihm zuwarf.

Das Mädchen, ihr Name war mir entfallen, sagte etwas.
Während ich noch überlegte, ob es "Brina" oder "Nonna" war, holte der Fae Luft.

"Briannon fragt, ob du etwas frühstücken möchtest."

Dann fügte er noch hinzu:
"Wir können natürlich auch jetzt schon aufbrechen. Lorcan würde es begrüßen. So kommen wir vielleicht vor Einbruch der Dunkelheit wieder zurück."

Einbruch der Dunkelheit? Was hatten wir denn vor?
Aber eins nach dem anderen. Wenn wir schon eine Weile unterwegs waren, wäre Frühstück sicher eine gute Sache.
Also wandte ich mich an das Mädchen und nickte.
Mit einem Lächeln drehte sie sich um und verschwand in dem Raum vor uns.
Jetzt erst fielen mir die vielen Frauen auf, die sich leise unterhielten. Und gleichzeitig bemerkte ich auch den Geruch von frischem Brot und anderen Dingen. Dampf waberte durch den Raum.
Der Elf machte keine Anstalten, einen Schritt in die Küche zu machen, sondern blieb an der Schwelle stehen.

"Warum sind wir hier und nicht in der Halle?"

Er warf mir einen Blick zu, wandte sich dann aber wieder in die Richtung, in die Briannon verschwunden war. Mit dem rechten Fuß tippte er auf den Boden.
Doch als ich schon dachte, er würde mich ignorieren, antwortete er.

"Wenn du etwas zu essen willst um diese frühe Zeit, bringt es dir gar nichts, in der Halle zu sitzen."

Was denn, war es so früh? Durch das ständige Dämmerlicht auf der Burg war mein Bewusstsein für Tag und Nacht völlig aus dem Gleichgewicht geraten.
Unwillkürlich musste ich an den dunklen Raum von gestern Nacht denken, verdrängte den Gedanken aber genauso schnell wieder.

In dem Moment kam Briannon wieder, in ihren Händen eine Schale voller Getreidebrei und ein hölzerner Löffel.
Der Brei duftete süßlich. Mein Magen knurrte.

Doch da ertönte eine aufgebrachte Stimme hinter mir. Beinahe hätte ich den Brei fallen lassen. Selbst der Krieger neben mir zuckte ein kleines bisschen zusammen.
Als ich mich umdrehte, sah ich in fast schwarze Augen. Die hohen Wangenknochen verliehen ihrem Gesicht etwas Katzenhaftes.
Saoirse.
Ich war ihr aus dem Weg gegangen, aber jetzt stand sie direkt vor mir. In ihren Augen funkelte etwas. Zorn?

Mit ihrer rauen Stimme sagte sie etwas.
Dabei klang sie ganz ruhig.
Dann drehte sie sich auf dem Absatz um und ging davon. Erst da fielen mir ihre kurz geschnitten Haare auf.
Während ich ihr nachstarrte, pfiff Darragh durch die Zähne.
Ich drehte mich zu ihm.

"Was war das?"

Der Elf deutete mit dem Kopf neben mich.

"Sie hat nicht mit dir gesprochen, sondern mit Briannon."

Aha. Das beantwortete gar nichts. Außer vielleicht, warum das Mädchen sich schnell abgewandt und wieder zu den anderen Frauen gesellt hatte.

"Iss!", fügte er hinzu.

Ich setze zu einer Erklärung an, dass er mir nichts zu sagen hatte, aber er fiel mir ins Wort.

"Saoirse wollte wissen, wie weit die Frauen damit sind, das Frühstück vorzubereiten. So geht das jeden Morgen, weißt du? Sie bereiten das Frühstück vor, bevor irgendwer ans Aufstehen denken möchte, und dann trainieren sie."

"Trainieren?"

Damit hatte ich jetzt nicht gerechnet.

Darragh zuckte mit den Schultern.

"Über die Jahre ist die weibliche Unterstützung unserer Krieger Saoirses eigenes, kleines Projekt geworden. Und das nimmt sie sehr genau. Genauso wie die Pünktlichkeit ihrer Schülerinnen."

Saoirse war also eine Kriegerin und eine Lehrerin. Interessant. Besonders, weil ich mir die Fae nicht als sonderlich geduldig vorstellte.

"Warum war sie dann gerade so seltsam?", wollte ich wissen und steckte mir noch einen Löffel Brei in den Mund.

Er schnaubte.

"Sie hat mit Briannon geschimpft."

"Warum?"

Irgendwie erschien es mir seltsam. Das Mädchen war noch relativ jung, wenigstens wirkte sie so, aber bestimmt nicht so jung, dass man mit ihr schimpfen musste um sie zu erziehen. Mal ganz davon abgesehen, dass Saoirse echt seltsam in der Mutterrolle wirkte.

"Ganz einfach: Briannon hat ihre Pflichten herausgezögert um dir etwas zu essen zu geben. Und dadurch wird sie später weniger Zeit fürs Training haben."

"Was?"

Als ob das etwas ausmachen würde. Außerdem hatte das Mädchen mich doch gefragt.
Darragh legte den Kopf schief.

"Ihre genauen Worte waren: 'Das verdammte Wintergör wird sich schon selbst versorgen können. Es gibt keinen Grund, warum du ihr das abnehmen solltest. Schließlich hat sie bisher auch nicht gerade viel für uns getan.'
Womit sie übrigens recht hat", fügte er hinzu.

Bevor ich empört etwas antworten konnte, nahm er mir die beinahe leere Schüssel aus den Händen.

"Ob du es wahrhaben willst oder nicht, du warst gestern im Begriff uns zu verraten. Und jetzt komm, Lorcan wollte bei Sonnenaufgang aufbrechen."

"Wohin aufbrechen?"

Ich ließ mich von ihm am Arm durch die Gänge führen.
Als wir ins Freie traten, antwortete er:
"Lorcan will dir die zeigen, die von deinen Entscheidungen abhängig sind. Außerdem steht sowieso ein Besuch in den Dörfern an, um nach dem Rechten zu sehen. Da können wir dich auch gleich mitnehmen."

Halt, Moment mal. Dörfer? Welche Dörfer?

Ich musste das letzte laut gesagt haben, denn der Fae blieb stehen und sah mich zynisch lächelnd an.

"Was denn, dachtest du etwa, die Burg ist alles, was die Herbstländer zu bieten haben?"

Ich zuckte mit den Schultern.

"Ich weiß ja nicht, wie ihr das in Winter so macht, aber hier leben die Fae in ganz normalen Dörfern. Du weißt schon. Gemeinschaften. Gibt es sowas bei euch in der Kälte da oben nicht?"

Wieder zuckte ich mit den Schultern.

"Ich weiß nicht. Ich kann mich nicht erinnern."

Und das war sogar die Wahrheit, mehr oder weniger.

Der oberste Kriegsherr schien sich damit jedoch zufrieden zu geben, denn er zog mich wortlos weiter.

Als wir uns den Stallungen näherten, konnte ich zwei Personen im diesigen Morgenlicht ausmachen.

Eine davon trug eine goldene Krone auf den wilden Locken. Lord Lorcan.
Instinktiv strichen meine Finger über den Umhang.
Die andere Person kam mir vage bekannt vor.
Als wir näher traten, erkannte ich den Schatzmeister, gerade als Darragh zu einem Satz ansetzte:
"Oisín übernimmt während wir weg sind die Führung. Wir können die Burg wohl kaum unbewacht lassen."

Der Fae lächelte mir zu und wendete sich zum Gehen. Irgendwas in der Art wie er lief, war seltsam. Aber der Gedanke wurde sofort überschattet, als
meine Aufmerksamkeit auf die Tiere hinter dem Lord gelenkt wurde. Drei Pferde, jedes mit einem ledernen Riemen um den Kopf und einer Decke ausgestattet, schienen die Situation aus großen Augen zu beobachten.
Ihr Fell glänzte.
In meinem Magen bildete sich ein Knoten.
Reiten, schon wieder. Doch diesmal, wie es aussah, zumindest nicht bäuchlings über einem Pferderücken.
Oder vor Lord Lorcan.
Wobei ein kleiner Teil von mir den Ritt gestern Abend genossen hatte. Ein wenig zumindest.
Wahrscheinlich war es der zutiefst traumatisierte Teil gewesen.

Gebannt schaute ich die Tiere an.
Scheinbar so gebannt, dass ich gar nichts mehr mitbekam, denn eine warme Hand auf meiner Schulter brachte mich dazu, herumzuwirbeln.
Vor mir stand der Lord und blickte mich mit freundlichen Augen an. In dem diffusen Licht wirkte das Gold umso wärmer.

Er sagte etwas und sah mich erwartungsvoll an.
Dann schien er sich zu erinnern, dass ich ihn nicht verstand.
Also wandte er den Kopf zu Darragh.
Der seufzte nur.

"Der Lord wünscht dir einen guten Morgen."

Damit hatte ich irgendwie nicht gerechnet.

"Äh... Guten Morgen zurück?", stotterte ich verlegen.

Der Krieger lachte, übersetzte aber.
Oder er erzählte Lorcan gerade, wie dämlich ich mich verhielt. Eins von beidem.
Auf jeden Fall steuerte der Lord mich mit einem sanften Druck in meinem Rücken zu den Pferden.
Darragh überholte uns und saß, keine Minute später, auf dem großen, braunen Tier. Von da oben schaute er uns ungeduldig an.
Doch Lorcan ließ sich nicht beirren. Selbst, als ich vor dem kleinsten der Tiere stehen blieb und unsicher das helle Fell tätschelte, lächelte er nur aufmunternd.
Dafür beschwerte sich allerdings Darragh:
"Jetzt beeil dich doch mal. Das Pferd beißt schon nicht."
Ich warf ihm einen genervten Blick zu. Gerade wollte ich mich wieder zu dem Pferd wenden, als ich hochgehoben und auf dem Rücken des Tieres gesetzt wurde.
Mein Quietschen war selbst in meinen Ohren peinlich.
Das Pferd scharrte mit den vorderen Hufen. Beruhigend legte der Lord eine Hand an den Kopf des Tieres und murmelte etwas. Sofort wurde es ruhiger. Dann wendete er sich mit einem entschuldigenden Blick an mich ab und war innerhalb von Sekunden auf das dritte Pferd gestiegen.
Jemand lachte.
Darragh.
Ich schnaubte und ignorierte ihn.

"Es tut mir leid, Wintergör. Aber du sahst so panisch aus, als wolle Lorcan dich an Fionnghuala verfüttern."

Ich nahm an, Fionghuala war das Pferd. Außerdem entschied ich mich, nicht zu antworten. Er würde sich ja doch nur über mich lustig machen.

Stattdessen versuchte ich mich darauf zu konzentrieren, nicht die Balance zu verlieren, als sich die Pferde in Bewegung setzten.
Die Stute folgte Lorcans Pferd ohne mein Zutun, glücklicherweise.
Als wir die Burg hinter uns ließen und auf den Wald zu steuerten, rief Darragh hinter mir:
"So, bist du bereit? Wir wollen ja schließlich bei Anbruch der Dunkelheit wieder zurück sein."

Bevor ich fragen konnte, bereit für was, schnalzte er mit der Zunge. Lord Lorcan wiederholte die Geste, und die Bewegungen des Tieres unter mir veränderten sich.

"Halt dich fest, Wintergör!", rief Darragh mir beinahe vergnügt zu.
Alle Beleidigung verschwanden aus meinem Kopf, als ich mich panisch in die ledernen Zügel krallte, während das Pferd zum Galopp ansetzte.

Eine gefühlte Ewigkeit später ritten wir immer noch.
Meine Beine waren taub und mein Hintern schmerzte. Außerdem waren meine Finger völlig verkrampft.
Doch noch bevor ich die Stille durchbrechen und nach einer Pause fragen konnte, hob Lord Lorcan eine Hand und schnalzte mit der Zunge.
Sofort wurden die Pferde langsamer und hielten schließlich komplett an.
Verwirrt schaute ich mich um.
Bäume und Herbstlaub, soweit ich sehen konnte.
Aber der Lord stieg ab und reichte mir eine Hand.
Vorsichtig legte ich meine Hand in seine und wartete.
Er lachte leise und zeigte auf mein Bein, dann auf die Seite, wo er stand.
Bedacht darauf, nicht das Pferd zu treten oder das Gleichgewicht zu verlieren, schwang ich mein Bein über den Pferdehals. Scheinbar zu schnell, denn ich rutschte.
Bevor ich panisch werden konnte, fing mich der Lord mühelos auf und setzte mich auf dem Boden ab. Meine Beine zitterten von der Anspannung.
Ein paar Sekunden hielt er mich einfach fest.
Meine Sinne waren mit einem Mal hypersensibel.
Ich hörte die Vögel in den Bäumen, spürte die Sonne auf meiner Haut und roch...
Irgendwoher kam mir der Geruch nach Leder und Herbstlaub bekannt vor, aber wahrscheinlich deshalb, weil wir gerade stundenlang durch den Wald geritten waren.
Sobald ich meinen Beinen (und meinem Gehirn) wieder zutraute, ordentlich zu funktionieren, trat ich hastig einen Schritt zurück.
Hinter mir räusperte Darragh sich.

"Na endlich."

Ich machte das, was ich schon den ganzen Vormittag tat, ich ignorierte ihn.
Stattdessen wandte ich mich Lorcan zu und verfluchte mich dafür, kein Gälisch zu sprechen.
So war ich gewissermaßen auf den Krieger hinter mir angewiesen.
Aber erst einmal folgte ich dem Lord, als er beinahe vorsichtig meinen Arm nahm und mich durch den Wald führte.

Plötzlich, wie aus dem Nichts, erhob sich vor uns eine Blätterwand. Durch die dichten Bäume war sie mir zuerst gar nicht aufgefallen. Hier ging er garantiert nicht weiter. Aber den Lord schien das überhaupt nicht zu stören. Er änderte nur unsere Richtung und ging mit langen Schritten an der – war das eine Hecke? – entlang. Ich musste mich beeilen, um Schritt zu halten.
Hinter mir konnte ich hören, wie Darragh uns mit den Pferden im Schlepptau folgte.
Wir liefen eine ganze Weile, bis der Lord plötzlich stehen blieb. Fast wäre ich weiter gelaufen.
Als ich zu ihm sah, stellte ich fest, dass die Hecke neben ihm einfach aufhörte. Dafür war eine schmale Öffnung zu sehen und darüber hing...
Knapp einen Meter über mir hing eine bräunliche, flache Scheibe zwischen den Blättern. Darauf waren dunkle Spritzer. Mir lief ein Schauder über den Rücken und ich wandte den Blick ab.
Was das war, wollte ich gar nicht so genau wissen. Aber da zog mich auch schon der Lord in Richtung der Öffnung und streckte mir eine goldene Hand entgegen. Dabei lächelte er und sagte etwas, bevor er mich durch den Spalt zog.
Von hinten hörte ich Darragh sagen:
"Willkommen im Dorf der Tischler!"

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro