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Kapitel 6

           

Mein Schrei hallte durch den Raum. Keine zwei Minuten später schob sich der Vorhang zurück und der kupferfarbene Lockenkopf der Heilerin erschien. Ihre Wangen waren gerötet und sie atmete schwer.
"Was ist passiert? Ist alles in Ordnung?"

Normalerweise hätte ich ein Problem damit, nackt vor jemandem zu stehen, den ich nicht mal eine Woche kannte, aber im Moment war mein Kopf mit etwas anderem beschäftigt.
"Was ...", ich deutete auf meinen Oberkörper. Meine Hand zitterte leicht. "... ist das?"
Avas Blick folgte meinem Zeigefinger zu der Stelle knapp unter meinen Brüsten.

Ich wusste, was sie sehen würde. In der Zeit zwischen meinem Schrei und ihrer Ankunft hatte ich mich mehrfach vergewissert, dass es noch da war.
Bei dem Gedanken huschte mein Blick nach unten. Vielleicht hatte ich mir ja doch alles nur eingebildet?
Aber sie waren noch da.
Drei in der Mitte verbundenen Spiralen, die sich rostrot von meiner hellen Haut abhoben. Die gleichen Spiralen, die auch das Zentrum von Lord Lorcans Tattoo bildeten.
Tattoo.
Ich hatte ein Tattoo.

"Das ist das Triskelion."
Sie sah nicht wirklich überrascht aus.

"Und was macht es auf meinem Körper?"
Meine Stimme war von hoch und hysterisch zu schneidend in weniger als einer Minute gewechselt. Auf diese Weise hatte mich meine Mutter als Kind dazu gebracht, sämtlichen Unfug zuzugeben.

Auf Ava schien es einen ähnlichen Effekt zu haben. Sie wurde blass und trat einen Schritt zurück. Dann schien ihr einzufallen, dass ich gar kein potentiell gefährliches Wintergör war, denn sie schüttelte leicht den Kopf und trat wieder auf mich zu. Ihre Stimme klang ruhig, als sie sagte:
"Das Triskelion ist ein Zeichen deines Amtes als Lady und wurde dir genau so vom Land gegeben wie deine Krone."
Meine Krone. Wo hatte ich die gestern eigentlich hingelegt? Jetzt wo ich darüber nachdachte, wusste ich nicht mal mehr, wie ich gestern ins Bett gekommen war. Hatte mich jemand getragen? Ava? Oder sogar der Lord? 

Meine Wangen glühten. Nachdem er mir gestern seinen Umhang gegeben hatte, hatte ich am Tisch zwischen ihm und Ava gesessen, als eine ganze Gruppe Dienerinnen gekommen war und uns Berge von Essen aufgetischt hatte. Einige Dinge sahen und schmeckten vertraut, andere völlig anders als alles, was ich je probiert hatte.
Die berauschende Wirkung der neuen Welle von Treue-Eiden, zusammen mit den unbekannten Gewürzen im Essen und dem in Strömen fließenden, lauwarmen Wein, hatte mich dazu gebracht, gemeinsam mit den Fae zu tanzen, sobald die Musik begann.
An einer Wand hatten drei Männer und eine Frau mit zwei Geigen und einer Trommel gestanden. Einer der Männer hatte eine fröhlich auf und ab steigende Melodie dazu gesungen. Den Text hatte ich nicht verstanden, aber als der Lord mich auf die Füße gezogen hatte, war ich schon zu sehr in der Musik gefangen gewesen um abzulehnen.
Die Art und Weise, wie mein Körper sich dem Takt und der Melodie anpasste, war ungewohnt gewesen.
Noch nie in den 15 Jahren, in denen ich zahlreiche Tanzstile ausprobiert hatte, hatte ich mich gleichzeitig so frei und so geborgen gefühlt wie bei den wilden Schrittfolgen, durch die der Lord mich führte. Beinahe hätte ich sogar vergessen, in welcher Lage ich war, bis er versucht hatte, mich zu küssen.
Aus Reflex war ich einen Schritt zurück gestolpert. Er hatte nur gelacht und seine Hand ausgestreckt. Ob er nach mir greifen oder ob er sie mir reichen wollte, hatte ich nicht hinterfragt. Ich war einfach auf erstaunlich wackeligen Beinen aus der Halle gerannt. So, als würde ich von einem wilden Kelpie gejagt werden. Oder von einem Fae ...
Jetzt, nüchtern, erschien mir das Ganze extrem kindisch. Vor allem, wenn ich mir die teils irritierten, teils belustigten Blicke der anderen nicht nur eingebildet hatte.
Toller erster Eindruck!
Aber nichts gegen den Tritt, den ich dem Lord verpasst hatte, als er mir aus der Halle gefolgt war. Das mentale Bild, das ich ihm am früheren Abend entgegen geschleudert hatte, nun ...
Er wusste jetzt, was ich davon hielt, wenn ein Mann eine Frau gegen ihren Willen berührte.
Leider war mir klar, dass er den Tritt nicht belustigend gefunden haben konnte. Und dann war ich wie ein ängstliches Kind davongelaufen.
Vielleicht könnte ich das Jahr einfach in meinen Räumen verbringen? Oder würde von mir erwartet werden, mit ihm ...

Nein, das würde ich nicht!
Ich stöhnte frustriert.
Ava warf mir einen Blick zu, die Augenbrauen leicht angehoben und die Mundwinkel nach oben gezogen.
"Was denkst du gerade?"
Tja, was dachte ich? Meine Gedanken waren ein einziges Chaos. Und ich hatte Kopfschmerzen.
Jetzt, wo ich mich darauf konzentrierte, konnte ich das Blut hinter meinen Schläfen praktisch pulsieren hören.
Die Heilerin schien meinen gequälten Blick bemerkt zu haben, denn sie bedeutete mir, mich zu waschen und dann in den Raum mit dem Kamin zu kommen.

Nach einer schnellen Dusche tapste ich nur in ein Handtuch gewickelt durch das Schlafzimmer in den Nebenraum.
Ava hatte bereits ihre seltsame Magie gewirkt und ein fröhliches Feuer prasselte im Kamin.
Die Wärme brachte meine angespannten Muskeln dazu, sich ein wenig zu lockern.
Die Heilerin erhob sich von einem der hellen Sessel und reichte mir wortlos den Bademantel von gestern. Im Gegenzug nahm sie das Handtuch und verließ den Raum. Sie blieb ziemlich lange weg, aber ich entschied mich, nicht nach ihr zu suchen. Nicht mit dem Pochen in meinem Kopf. Also blieb ich einfach da stehen, wo ich war, und wartete.

Als sie wiederkam, drückte sie mir ein kleines Glasfläschchen in die Hand. Die gelbe Flüssigkeit war milchig, und als ich das Fläschchen hin und her bewegte, floss die Masse zähflüssig hinterher. Igitt!
Ich zog den Korken mit einem leisen Ploppen heraus und roch vorsichtig an der Öffnung. Dabei wäre mir fast die Flasche herunter gefallen. Verfaulte Eier waren nichts gegen das hier!
"Was ist das?"
Ich hielt das Gebräu vorsichtshalber auf Armeslänge.
Ava lachte. In ihren Augen funkelte der Schalk.
"Das", sie deutete auf die Flasche, "ist eine Mischung aus verschiedenen Pilzen und Moosen."
Sie schien auf etwas zu warten.
Als nichts passierte, stemmte sie die Hände in die Hüften.
"Na, trink schon."
Ich sah sie entgeistert an.
"Was? Das hier?"
Sie nickte.
"Es hilft, wenn du zu viel getrunken hast. Danach können wir dann auch eine normale Unterhaltung führen."
Ich fühlte Hitze in meine Wangen steigen.
"So viel habe ich auch nicht getrunken!"

Sie bedachte mich mit einem strengen Blick. Aber ihre Mundwinkel zuckten, als sie sagte: "Dann musste dich der Lord also nicht hier hoch tragen, weil du dich in der Burg völlig verlaufen hattest und anschließend vor Erschöpfung zusammengebrochen bist?"
Mein Gesicht wurde noch heißer. Außerdem stieg etwas in mir auf, das ich seit gestern Abend zu verdrängen versuchte. Ohne Erfolg.
"Wo warst du eigentlich? Du hast mich allein gelassen! Du hast geschworen, du würdest auf mich aufpassen!"

Sie zuckte zusammen und senkte ihren Blick. Eine Weile schwieg sie.
"Es tut mir leid."
In ihrer Stimme schwang Schuldbewusstsein, aber auch eine tiefe Trauer mit.
Sofort plagte mich mein Gewissen.
"Es ist nicht so schlimm", begann ich, aber sie fiel mir ins Wort.
"Ich habe dich aus den Augen verloren, obwohl ich wusste, dass du verletzlich bist. Ich verspreche dir, dass das nie wieder vorkommen wird!"
Sie atmete tief ein und seufzte.
Ich schüttelte nur den Kopf.
"Es ist ja nichts passiert. Mir geht es gut."

Wie um meine Worte zu widerlegen, fühlte sich mein Kopf inzwischen an, als würde er gleich explodieren. Ich zog eine Grimasse.
"Na ja, vielleicht habe ich etwas zu viel getrunken. Und dann noch die Sache mit den Namen..."
Die Heilerin nickte.
"Das kann ziemlich überwältigend sein."
Ihr Blick fiel auf meine immer noch ausgestreckte Hand.
"Trink", wiederholte sie. "Es schmeckt nicht so schlimm, wie es riecht. Und es hilft gegen die Schmerzen. Deine einzige andere Wahl ist abzuwarten."
"Könntest du mir nicht einfach die Hand auflegen, oder so?"
Langsam klang ich wirklich verzweifelt. Und kindisch.
Ava lächelte sanft und trat hinter mich. Dann fühlte ich, wie sich eine kühle Hand auf meine Stirn legte. Die Berührung war angenehm, aber das war auch alles.

Kein Kribbeln, keine magische Wunderheilung. Enttäuscht senkte ich meinen Arm.
Sie zog ihre Hand wieder zurück, als sie sagte:
"Du siehst, dass das leider nicht funktioniert. Ich kann nur Sachen heilen, die ich mir vorstellen kann. Die Magie dahinter ist relativ simpel. Man stellt sich die Verletzung vor und konzentriert sich auf deren Heilung.
Aber so kann ich nur Sachen heilen, die ich verstehe. Für den Rest benutze ich die Tränke und Salben, die meine Mutter mir gezeigt hat."
Meine Aufmerksamkeit war geweckt.
Bilder von Zauberstäben und Jugendlichen auf Besen füllten meinen Kopf.
"Du braust Zaubertränke? So wie bei Harry Potter?"
Sie runzelte die Stirn.
"Ähh... Nicht so wichtig", fügte ich schnell hinzu.
Sie zuckte mit den Schultern.
"Ich stelle Arzneien her."
Sie klang stolz.
Einen Moment sah sie mich sinnend an, dann sagte sie:
"Wenn du dich so dafür interessierst, könntest du mir heute Nachmittag helfen. Ich habe gestern neue Kräuter aus den Frühlingsländern bekommen, und muss alles verarbeitet haben, bevor etwas schimmelt."
Sie verzog das Gesicht.
Ich nickte. Wenigstens hätte ich dann etwas zu tun. Aber bevor ich sie fragen konnte, warum wir nicht sofort anfingen, kam sie mir zuvor.
"Es wird schön sein, etwas Hilfe zu haben. Aber erstmal habe ich etwas anderes mit dir vor. Also trink endlich deinen Zau-ber-trank", sie betonte jede Silbe einzeln, "dann können wir anfangen."

Ich atmete tief durch und hob das stinkende Gebräu erneut an mein Gesicht.
Also gut, Augen zu und durch.
Oder vielleicht eher 'Nase zu'.

Wie ein Shotglas hielt ich das Fläschchen zwischen zwei Fingern und setzte es an die Lippen. Mit der anderen Hand hielt ich mir die Nase zu.
Das half aber kein Bisschen.
Von wegen, das Zeug rieche schlimmer als es schmecke!
Die gelbe Masse war irgendwie glibberig und schmeckte entfernt nach Ei. Dazu kam ein widerlich süßer Nachgeschmack. Ich würgte und versuchte, den Inhalt meines Magens bei mir zu behalten.
Langsam ließ der Würgereiz nach und ich konnte wieder atmen. Gierig sog ich Luft in meine Lungen.
Abgesehen von den letzten Spuren des abartigen Gebräus, die auf meiner Zunge zurückblieben, ging es mir tatsächlich besser.
Die stechenden Kopfschmerzen hatten aufgehört und meine Gedanken fühlten sich an, als wäre eine Wand aus milchigem Glas davor entfernt wurden.
Erleichtert schloss ich für eine Sekunde die Augen.
Als ich sie wieder öffnete, stand die Heilerin direkt vor mir.
Ich wich zurück, doch sie griff nur nach der kleinen Flasche und stellte diese auf dem Tischchen ab.

Ohne ein Wort zu sagen, ging sie in den Nebenraum und kam kurz darauf mit Stoff über dem Arm zurück.
Nachdem ich mir das schlichte, helle Kleid über den Kopf gestreift hatte, fiel mein Blick auf den Umhang, den die Frau in den Händen hielt. Meine Finger schwebten über dem Stoff.
Ich wusste, wie der Umhang sich anfühlen würde. Warm, weich und erstaunlich leicht. Außerdem würde er leicht nach Herbstlaub riechen.
Es war der gleiche Umhang, den der Lord mir gegeben hatte, als ich fror.
Der gleiche Umhang, den ich ihm wütend entgegen geschleudert hatte, bevor ich weggelaufen war.

Die Heilerin bemerkte mein Zögern.
"Der Lord hat dich in den Umhang gewickelt und hier hoch getragen, bevor er mich gerufen hat."
Hm, entweder er stand auf Tritte, oder er hatte tatsächlich ein schlechtes Gewissen wegen dem Kuss.
Aber dieser Gedanke wurde schnell von etwas anderem überlagert.
"Er hat dich gerufen? Über", ich tippte mir gegen den Kopf, "du weißt schon, Telepathie?"

Ava lächelte.
"Schön, dass du dich für das Thema interessierst. Das ist nämlich der eigentliche Grund, warum ich auf dem Weg zu dir war, bevor du dich entschieden hast, die halbe Burg mit deinem Schrei zu wecken. Bist du dir sicher, dass du nicht doch eine Banshee in der Familie hast?"

Der letzte Satz war wohl als Scherz gemeint, aber bei der Erinnerung an meine Familie zog sich etwas tief in mir zusammen. Instinktiv legte ich eine Hand auf das seltsame Symbol, das jetzt unter der dünnen Lage Kleidung ganz leicht pulsierte. Es fühlte sich an wie ein Herzschlag. Irgendwie beruhigend.
Die Heilerin hatte meine Reaktion mit einem traurigen Lächeln verfolgt, so als wisse sie genau, was ich dachte. Vielleicht tat sie das ja sogar.

Ich räusperte mich.
"Sag mal, kannst du Gedanken lesen, Ava?"
Ich erwartete trotz allem, was ich hier erlebt hatte, dass sie mich auslachen würde.
Gedanken lesen.
Das hier war doch nicht "Twilight"!
Aber sie legte nur den Kopf leicht schräg, als würde sie nachdenken.
Dann sage sie:
"Das 'Lesen' ist nicht die Schwierigkeit. Das Problem ist das Wahrnehmen und Überwinden der Schilde. Und dazu sind nur wenige im Stande."

"Schilde?", ich kicherte.
"Wie bei Star Trek?"
Ava guckte verwirrt.
"Ach, vergiss es." Ich zuckte mit den Schultern. "Das heißt, du kannst die Schilde überwinden? Dann war das gestern also wirklich deine Stimme in meinem Kopf?"
Sie nickte.
Ich sah sie misstrauisch an.
"Bist du im Moment in meinem Kopf?Könntest du mich jetzt beeinflussen?" 

Die Heilerin sah für einen Moment beinahe beleidigt aus, doch dann seufzte sie.
"Nein. Ich würde niemals so in jemandes Kopf einbrechen. Ich könnte es gar nicht."
Jetzt war ich es, die verwirrt war.
"Aber du hast doch eben gesagt ..."
Sie unterbrach mich.
"Du brauchst vor mir keine Angst zu haben. Zum einen würde ich dich niemals zwingen, etwas zu tun, und zum anderen liegen meine Stärken nicht in der Manipulation. Außerdem, bin ich hier um dir zu zeigen, wie du dein Schild richtig benutzt. Es gibt nämlich durchaus Leute auf dieser Burg, die dich mit einem Gedanken lähmen könnten, oder dich dazu bewegen, etwas zu tun was du später bereust."
Mir schauderte es.
"Darragh."

Mir war nicht bewusst, dass ich den Namen laut ausgesprochen hatte, bis ich Avas erstaunten Blick bemerkte.
"Er hat mich auf dem Weg hierher gezwungen, stillzuhalten."
Die Augen der Heilerin wurden noch größer.
"Der oberste Kriegsherr ist einer der wenigen, die genug Übung und Erfahrung haben, um diese Art von Magie anzuwenden. Aber normalerweise scheut er sich davor.
Ob er die Winterländer so sehr hasst?"
Der letzte Satz war nicht mehr als eine halblaute Vermutung.
Ich starrte auf meine Zehen.
"Ich ... ich glaube, er war wütend auf mich, weil er dachte, ich hätte gelogen.
Er hat mich Lügnerin genannt."
Ava nickte nachdenklich.
"Weißt du, 'Lügnerin' ist eher ein Schimpfwort hier. Es heißt, dass die Fae hinter der Grenze zu den Winterländern Monster sind, die Fähigkeiten haben, welche die unseren übersteigen. Zum Beispiel lügen."

Na super, ich sammelte ja geradewegs tolle Spitznamen: Wintergör, Lügnerin. Und was kam als nächstes? Freak?

"Aber ich habe nicht gelogen. Mein Name ist tatsächlich Roisin Connelly."
Ich wusste nicht, warum mir das so wichtig war. Aber jedes Mal, wenn ich gestern Abend jemanden 'Lügnerin' hatte zischen hören, hatte sich der Knoten in meinem Magen ein bisschen weiter zusammengezogen.

"Tja, vielleicht liegt es an deiner Herkunft. Damit hat niemand von uns viel Erfahrung. Und das ist ein weiterer Grund dafür, dass du an deinem Schild arbeiten musst. Denn auch wenn die meisten hier dich nicht beeinflussen können: Das 'Lesen' ist wirklich nicht schwierig, wenn kein Schild vorhanden ist."
Die Heilerin zog zwei Sessel so, dass sie sich gegenüber standen und bedeutete mir, mich zu setzen.
Ich blieb stehen.
"Sag mal Ava", meine Stimme klang sehr leise. "Warum soll eigentlich keiner wissen, dass ich ein Mensch bin?"
Stille. Dann: "Du würdest es nicht überleben."

Das war zwar keine Antwort, aber es war deutlich, dass sie dazu nicht mehr sagen wollte.
Ich ließ mich auf den Sessel fallen und machte es mir bequem.
Der starre Ausdruck wich aus Avas Gesicht und wurde von ihrem typischen, warmem Lächeln ersetzt.

"Also gut", begann sie, "Konzentriere dich auf deinen Kopf. Auf das, was in deinem Kopf ist."
Ich gab mir große Mühe, nicht an glibberigen, grauen Schleim zu denken. Stattdessen stellte ich mir meinen Kopf wie eine Raumschiff-Kommandozentrale vor, so wie ich es schon als Kind immer getan hatte.
Viele blinkende Schalter, Hebel und Knöpfe und ein großes Fenster.
Kleine Menschen eilten umher und sorgten für alles mögliche: Atmung, Hungergefühl oder auch den Schweißausbruch in der Matheklausur.
Ich kicherte.
Ava warf mir einen finsteren Blick zu. Huch, jetzt hatte ich ihre letzten Sätze verpasst. Verdammt!

Sie schien zu wissen, dass ich keine Ahnung von dem hatte, was sie in den letzten Minuten erklärt hatte.
Mit einem leichten Lächeln beschied sie mir: "So, und jetzt versuchst du, dein Schild so aufzubauen und zu halten, wie ich es erklärt habe, in Ordnung?"
Ich nickte und knirschte mit den Zähnen. Aber dann schloss ich die Augen und wandte meine volle Aufmerksamkeit der Mini-Crew zu.

'Schilde hoch!', rief der Captain von seinem Stuhl aus.
Eine andere Figur antwortete: 'Aye Captain!', und drückte einen gelben Knopf.

Sofort legte sich ein sanfter Schimmer um meine Gedanken.
Fasziniert beobachtete ich die wechselnden Farbreflexe. Rosa, blau, grün...

Irritiert öffnete ich die Augen und wäre beinahe aufgesprungen, als ich eine Berührung an meinem Schild fühlte.
Sobald meine Konzentration gebrochen war, löste sich das Schutzschild in Luft auf.

"Nochmal."
Die Stimme der Heilerin duldete keinen Widerspruch.
„Und dieses Mal verstärkst du den Schild. Und zuckst nicht sofort zurück, wenn ich mich nähere."
Ich versuchte es. Ich versuchte es wirklich.
Aber sobald ich die Berührung gegen die dünne Barriere spürte, zuckte ich zurück.

Wieder und wieder.

Ava seufzte.
"Versuche dagegen zu halten!"
Zum gefühlt fünfzigsten Mal stellte ich mir das Schild vor. Aus einem Instinkt heraus legte ich eine imaginäre Hand dagegen. Unter meiner Berührung bildeten sich farbige Wirbel. Fasziniert schaute ich zu.
Als ich den sanften Druck spürte, den ich inzwischen als Ava erkannte, zwang ich mich zu warten. Langsam schob ich die Hand an die Stelle, wo ich die Heilerin spürte, und drückte von innen dagegen.

Jetzt übte sie schon mehr Kraft aus, doch ich lehnte mich stärker dagegen.
Aber nach wenigen Minuten und dem ständig zunehmenden Druck, zitterte ich so stark, dass der Schild zerbarst wie eine übergroße Seifenblase.
Der Schreck ließ mich nach vorne kippen, wo jetzt kein Widerstand mehr war.

Ich wäre vermutlich vom Sessel gefallen, hätte die Heilerin mich nicht festgehalten.
"Genau so. Das nächste Mal wirst du länger durchhalten."
Ihre Atmung war schwer und Schweiß hatte sich auf ihrer Stirn gebildet.
Ich sah vermutlich nicht besser aus, denn sie wischte ihre Handflächen an ihrem Rock ab und erhob sich.
"Dafür, dass du mit bedeutend weniger magischer Kraft geboren wurdest als eine von uns, war das gut. Da kommt noch einiges an Übung auf dich zu, aber du wirst sehen, das wird schon, alles."
Ich verzog das Gesicht.
"Ich glaube, mein Gehirn ist matschig geworden. Können wir wann anders weiter machen?"
Ava lachte.
"Ich weiß, was du meinst. Für mich ist es auch immer furchtbar anstrengend gewesen, als ich es von meiner Mutter beigebracht bekommen habe."

Einige Sekunden war sie still und schien sich in der Erinnerung zu verlieren.
Dann griff sie nach meiner Hand und zog mich auf die Füße.
"Na komm, wir brauchen beide eine Pause. Außerdem könnte ich wirklich Hilfe mit den Kräutern gebrauchen."
Und damit zog sie mich aus meinen Gemächern in den steinernen Korridor.

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