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I know the end

I turned around, there was nothing there
Yeah, I guess the end is here
-I know the end (Phoebe Bridgers)

Nach Ewigkeiten und doch viel zu kurzer Zeit erhob ich mich, lief einfach mechanisch. Ohne zu denken führten meine Beine mich hinaus, ließen mich die Treppe hochkraxeln und endlich stand ich im tiefen, dunklen Tannenwald. Doch egal wie sehr ich es bemühte, ich konnte nichts anderes riechen als den Rauch, den Geruch von verbrannten Haar und von Asche jahrhundertalter Bücher. Die Karte zitterte erneut in meinen Händen, ich musste mich beherrschen sie nicht zu zerreißen. Meine Lungen füllten sich mit dieser frischen Luft, meine Schultern hoben und senkten sich, ich atmete laut und hörbar, weil es anders nicht ging.

Ich wollte diesen dunklen Wald verlassen, weil er mich zusammenpresste und mir die Sicht auf den blauen Himmel versperrte. Doch ich wusste ganz genau tief in mir, egal auf welchen Berg ich klettern würde oder welchen Weg ich auch nehmen würde, es würde nicht alles gut werden.

Nein, jetzt konnte es nicht mehr alles gut werden, mein Kopf würde nicht vergessen und ich- Meine Wangen waren nass geworden, ohne dass ich es bemerkt hatte. Zitterte ich? Oder zitterte die Welt, aus Angst vor dem Kommenden?

In meinem Kopf dröhnten die Gedanken wieder, wollten heraus.
Weiterlaufen.
Weitermachen.
Das hatte mich Basti gelehrt und ich würde nicht nachgeben, würde nicht dem Drang zu schlafen nachgeben.
Ich schlief unter den dunklen Wipfeln der Bäume nach Stunden ein. In jeder Ecke vermutete ich eine Gefahr, jeder Schatten sah bedrohlich aus.

Thomas verwandelte sich vor meinen Augen zu Basti, der in die Flammen fiel.
„Du kannst nichts tun, gar nichts" flüsterte Ihma bedrohlich, ihre Stimme hallte an den Steinwänden empor und sie hatte Recht, ich konnte mich nicht bewegen.

Ich schreckte hoch, schweißgebadet. Hatte ich gebrüllt? Ich wusste es nicht, aber meine Augen tränten, mein Herz hämmerte wie verrückt in der Brust. Selbst die Sicherheit des Schlafes war mir geraubt worden.
Nach drei Tagen des Herumirrens, erblickte ich endlich den Sammelplatz den wir vereinbart hatten. Ein Haus am Waldrand, ich glaubte es war Vetos Haus.

Die Fenster waren warm erleuchtet, erinnerten mich an eine Zeit in der es nur Geborgenheit gegeben hatte. Als man in einem warmen Bett lag umringt von Liebe und die Tage endlos waren. Ich vermisste diese Zeit, vermisste alles daran. Denn es gab kaum etwas was diesem Gefühl nahkommen könnte. Einzig dieser dunkle Haarschopf, der gerade die Tür aufriss und mich von der Ferne anstarrte.
Ich war nur ein Schatten in den Bäumen, aber er sah mich, rannte auf mich los, warf mich auf den Boden.

„Stegi?" Er stand noch und mir wurde bewusst das nicht er mich zu Boden gerissen hatte, sondern dass meine von Blasen übersäten Füße nachgeben hatten.
Er kniete sich neben mich, zog mich in seine Arme und umfasste mich sicher. Ich konnte kein Wort über meine Lippen bringen, kein Mal ihm sagen, wie sehr ich das alles gerade brauchte. Ich zitterte nur, zitterte einfach in seinen Armen und meine Augen waren erneut übergelaufen.

Er kümmerte sich nicht um das Pergamentstück, was ich endlich fest umklammert hielt. Fragte nicht, bohrte nicht nach. Er stützte mich als wir das Haus betraten. Holte einen Stuhl und ließ mich in der warmen Stube sitzen. Doch die Flammen des Kamines schafften es nicht mein Inneres aufzutauen, sie erinnerten mich nur an andere Flammen, größere und tödlichere. Sie hatten mich in ihren Bann gezogen, ich konnte mich einfach nicht abwenden.
Um mich herum redeten die Leute, fragten mich mehrmals ob sie helfen könnten, fragten ob man mir die Karte abnehmen könne. Ich schüttelte immer den Kopf, presste die Lippen zusammen und versuchte die aufsteigende Panik vor dem Feuer zu unterdrücken. Es war nicht so, dass ich nicht reden wollte. Ich würde gerne soviel erzählen, aber es ging nicht, solange die Flammen so dicht vor mir waren. „Sicher, dass du kein warmes Bad nehmen willst?" Bastis hilflose Stimme klang seltsam weit weg.
Ich sollte aufstehen, aber wenn ich jetzt aufstehen würde, würde ich zusammenklappen.

Endlich, endlich bemerkte es jemand. Isa schob mich mitsamt dem Stuhl an den Tisch. Basti machte irgendeinen Witz und ich konnte nicht anders: Meine Lippen hoben sich leicht, irgendetwas fiel von mir ab.
„Suppe fertig" erklang die übermütige Stimme von Veni. Wenig später saßen fast alle Freunde am Tisch und ich merkte wie meine Finger sich um das Pergament entspannten. Zögerlich und langsam reichte ich es Basti, ließ los. Kurz musste ich die Augen zuschlagen um endlich abzuschließen. „Ich wollte euch noch was sagen." Veni schaute etwas nervös an die Decke und der Tisch verstummte schlagartig.

„Also ich und Estrella, wir werden Eltern. Schon seit etwas längerem, aber jetzt kann's bald soweit sein. Ich weiß man sollte keine Kinder in ungewissen Zeiten zeugen, aber"
Veni wurde von unseren Glückwünschen unterbrochen. Viel zu spät, als hätten meine Worte eine Mauer überwunden rang ich mich zu einem „Glückwunsch" ab. Ich hätte viel mehr sagen sollen, einer meiner ältesten Freunde bekam nun selbst ein Kind, aber es ging nicht.
Gerade nicht.
„Wie ist es eigentlich gelaufen, nachdem wir weg waren?" Mike hakte nach, blickte mich forschend schräg vom Tisch gegenüber an.

Ich wollte nicht darüber nachdenken, nicht über Thomas Gesicht, nicht über sein Lachen und nicht über sein hasserfülltes Gesicht. So hatte mich schon einmal jemand angesehen, verzerrt von Magie. Ich hatte ihn bisher nicht umgebracht, wer sagte, dass ich es bald nicht würde.
Basti. „Du musst es nicht tun" Isas mitfühlende Stimme riss mich aus meinen Erinnerungen.

Doch er hatte es verdient, alle die in diesem Feuer umgekommen waren hatten es verdient. Ich begann brüchig und stockend, wurde schneller, vergaß langsam die Leute um mich herum. Ich durchlebte alles nochmal, ließ kaum Dinge aus. Ich geriet ins Stottern, aber Bastis warme Hand umfasste meine unter dem Tisch. Ich würde mich nicht unterkriegen lassen.
Nur das ich Thomas umgebracht hatte konnte ich einfach nicht sagen. Die Luft zum Atmen fehlte einfach, jeder Anlauf scheiterte, ich übersprang es schließlich.

Der Tisch schwieg, dann hob Hugo sein Glas: „Auf Stegi"
„Auf Stegi" Alle Augenpaare waren auf mich gerichtet und sie klatschten alle in ihre Hände. Zum allerersten Mal konnte ich verstehen, wie sich Basti fühlte.

„Aber wir haben die Karte." Er rollte sie vor uns aus, die gesamte Stadt war darauf zu sehen. Ich war in ihr aufgewachsen, es war auch meine Heimat und ich war mir sicher, dass alle am Tisch sterben würden, würde es uns helfen, sie wieder unser Zuhause nennen zu können. Bastis Augen fuhren auf und ab, die ganzen engen Gassen, alles war verzeichnet und überall schlängelten sich schwarze Linien entlang, kräuselten sich.
Er tippte auf einen großen Strudel: „Der Schattenmarkt"
„Und hier", er tippte auf einen anderen schwarzen Punkt, der unter seinem Zeigefinger pulsieren zu schien. „Hier lebt ihr König"
Dann begannen seine Augen groß zu werden, kugelrund.
„Das ist viel mehr als ich mir zu hoffen erwagt habe"

Er fuhr immer mehr Linien auf und ab: „Hier sind die unterirdischen Gänge der Stadt verzeichnet, ich dachte immer es wäre unmöglich, aber hier kann man sie ganz klar erkennen"
Magie unterhöhlte stetig die Stadt, grub sich durch den Stein und schloss alte Gänge, es war ein tödliches Labyrinth unter dieser Stadt, jedem Kind wurde eingeschärft sich nicht in die Gänge zu wagen.
„Einer führt direkt in die dunkle Festung hinein. Wenn wir schnell angreifen, dann ja, dann könnte es vielleicht funktionieren"
Ich spürte etwas, etwas seltsames Ziependes in meinem Bauch. Hoffnung.


-


Der Wind wehte gnadenlos, durch die flache Ebene, auf der die Soldatenlager aufgeschlagen waren. Er würde noch sämtliche Zelte wegwehen, erst Recht uns.
Die schwarzen Mauern ragten kalt und unüberwindlich in den Himmel, die Sonne schien nicht.
Hugo und ich standen vor dem großen Beratungszelt, unsere Umhänge flatterten im Wind.
„Stegi" er wand sich zu mir, seine Augen trafen in meine und ich sah so viel in ihnen. Plötzlich wünschte ich, ich hätte meine Familie noch einmal besucht.
Die Luft wusste, dass es. Die Erde wusste es. Selbst die kalten dunkeln Mauern wussten es.
Es war das Ende hier.
Wir konnten es gewinnen, aber es würde trotzdem eine andere Welt sein.
„Hast du Angst?" Seine Stimme war leise, er wisperte, als schämte er sich. Ich sah ihn nicht an, mein Blick verlor sich in der Ferne. Ich wollte mich zu ihm umdrehen, ihn in meine Arme ziehen und versprechen, dass alles gut werden könnte. Er war wie ein kleiner Bruder für mich, ihn so zu sehen, zerstörte etwas in mir.

Vor all den Jahren hatte er diese Frage schon einmal gestellt, und ich hatte ihn angelogen nur um sein hoffnungsvolles Lächeln sehen zu können. Mir kam es vor als wären dazwischen Leben vergangen.
Doch ich konnte nicht jetzt lügen, nicht hier, wo die Wahrheit eh enthüllt wurde. Nicht hier wo dem Wind nichts verborgen blieb, nicht hier wo die schwarzen Mauern jede Lüge verurteilten.
„Ja" meine Stimme klang stärker und mutiger als ich mich fühlte. Er wischte sich mehrmals mit seinem Ärmel um die Augen.
„Aber ich bin da. Ich werde da sein. Bis zum bitteren Ende. Versprochen"
Er weinte nur noch stärker und ich spürte die Welt Stück für Stück zerbröckeln.
„Hey, Hugo, man wir haben so eine krasse Armee. Oh, und wir haben dich, Sir Hugo von Micasterius"
„Ach" Er machte eine ärgerliche Handbewegung in meiner Richtung, aber er lächelte wenigstens kurz um die Erwähnung seines Ritternamens, von dem er immer geträumt hatte, als er noch so viel jünger war.
Ich brauchte Freunde hier an meiner Seite, ohne sie würde ich es nicht schaffen, würde zerbrechen.

Auf der anderen Seite sah ich Kevin mit Basti reden, die beiden hatten ernste Gesichter. Dann umarmte Basti Kevin so wie sich nur beste Freunde umarmen können. Diese Art von gegenseitigem Trost, dass man den anderen spürte. Richtig spürte, mit jeder Traurigkeit. Kevins Schultern bebten, aber vielleicht hatte ich mir das nur eingebildet.

Der Plan war recht simpel: Heikos Truppen würden das Haupttor angreifen. Venis das West und Kevins das Osttor. Veni sollte den Weg zur Festung freikämpfen, Heiko und Kevin ihm den Rücken freihalten. Ich und Basti würden uns unter die Minenarbeitern mischen und einen Gang finden. „Dreimal links, zweimal rechts, einmal links, einmal rechts." Immer wieder, immer wieder. Bis ich es nie nie nie vergessen würde. Bis ich es selbst im Schlaf mitsprechen konnte. Ich blickte auf meine Sanduhr, der Sand rieselte besorgniserregend schnell.
Bastis Gesicht war ausdruckslos, als er von Kevin zu mir kam. Wir verabschiedeten uns von jedem, als würde es das letzte Mal sein. Ich probierte mir die Gesichter von jedem meiner Freunde einzuprägen, ihre Stimme, die Art wie sie gestikulierten. Falls einer von ihnen nicht zurückkam, durfte ich es nicht vergessen.

Dann zogen wir los, ich löste meinen Umhang und Basti tat es mir gleich. Jetzt trugen wir nur noch die dunkelgrauen Hosen und weißen Leinenhemden, die uns als Arbeiter kennzeichneten. Ich hörte das rhythmische Klopfen der Steine von Weitem, mit jedem Schritt hämmerte es sich tiefer in meine Ohren ein. Es war genau die kurze Mittagspause, die die Arbeiter hatten. Sie saßen an dem Bach, schweigsam, wenige redeten und niemand lachte. Ich erinnerte mich, dass hier die Kriegsverweigerer arbeiteten. Es war einfach gewesen, sich den Ruß in die Haare zu schmieren und niemandem fiel auf, dass wir nicht dazugehörten. Uns wurde jedem eine Spitzhacke in die Hand gedrückt. Dann gruben wir uns durch den Stein. Es war Körperarbeit, mein Körper schmerzte nur nach wenigen Sekunden, ich schwitze. Basti band sich sein Hemd um die Hüfte und arbeitete mit nacktem Oberkörper weiter. Ich hielt kurz inne um die Muskeln und Sehnen zu bewundern, wie sie sich unter der Haut bewegten. Doch die eine Sekunde reichte um ein harsches „Weiterarbeiten!" zu kassieren. Ich blickte auf meine Sanduhr unter meinem Hemd.

„Wir haben nur noch wenig Zeit" rief ich Basti zu. Er blickte mich an, nickte. Aber die Situation schien fast ausweglos, wir waren unter der ständigen Überwachung des Aufsichters. Ich deutete auf einen kleinen viel engeren Spalt, in den nur wenige mit ihren Spitzhacken krochen, vermutlich weil die Luft dort noch stickiger war als hier. Ich hatte das Gefühl meine Lungen könnten eh nicht viel mehr von dem Dreck, dem Staub und der Angst verkleben. Wir begannen uns darauf zuzuarbeiten, ich drückte mich in den schmutzigen Spalt. Hier konnte ich gerade so aufrecht stehen, Basti musste jedoch den Kopf einziehen. Meine Schultern brannten, mir war schwindelig. Der Boden vibrierte unter meinen Füßen, schien mich daran zu erinnern, dass in diesen Gängen unberechenbare Magie schlummerte. Seltsamerweise glitt es mir fast in die Fingerspitzen, ich musste mich nur auf einen Stein vor uns konzentrieren und er bröckelte vor uns zusammen. Es gab dem Blick frei auf ein schwarzes riesiges Monster an Gängen. Basti starrte mich verwundert an, als könne er selbst kaum glauben, was gerade passiert war. Alles hier zog mich an, es war als fließe eine unsichtbare Energie durch meinen Körper, die von den Steinen ausging.

„Rein" zischte ich, denn ich hörte schon die scharfe Stimme eines Wächters der immer näherkam. Dreimal links, zweimal rechts, einmal links, einmal rechts. . Basti schnippte einmal kurz, schon leuchtete eine kleine kreisrunde Flamme über uns.
Die Angst übermannte mich wieder, ließ mir keinen Platz zum Luftholen, ich wollte nicht in die Dunkelheit. Aber Basti war bei mir, drückte meine Hand. Eine Weile sagten wir nichts, lauschten nur unseren Schritten und unserem Atem in der modrigen Luft. Basti sah gut aus, obwohl er Kratzer im rußigen Gesicht hatte, seine Haare in alle Richtungen abstanden und erst seine Lippen, seine wunderschönen Lippen, die leicht aufgesprungen waren.
„Ist doch egal" murmelte Basti verträumt, beugte sich zu mir hinunter und küsste mich.
Zeit spielte keine Rolle mehr, wir strahlten und ich probierte alles ihm mit diesem Kuss zu erzählen.

Dass ich hoffte, dass wir das hier gewannen.
Dass ich unfassbare Angst hatte, solche Angst, dass mir schlecht war.
Dass ich zerbrechen würde, wenn ich ihn verlor.
Dass ich ihn so sehr liebte.
Dass ich wollte, das er spürte wie sehr er mich liebte.
Dass ich hoffte, das er auch manchmal sich so sah, wie ich ihn.
Dieser Moment sollte nicht enden, er sollte mich enger an sich ziehen und dann würden wir nachhause gehen und nicht in den dunklen Tod marschieren.

Doch diese eine Frage, die mich so lange quälte, verpuffte irgendwie zwischen den anderen ganzen Fragen. Ich war für Basti schon immer genug gewesen, immer. Dämlich, dass ich es jetzt bemerken musste, jetzt wo wir in einem dunklen Schacht standen und es ungewiss war, ob wir uns je wiederküssen würden. Er hatte es mir tausend Mal, zehntausend Mal gesagt und ich begriff es erst am Ende. Auch wenn es unglaublich klang, auch wenn es immer unglaublich klingen mochte, hatte sich jemand in mich verliebt. Ich dachte meine gesamten Gefühle wären taub, doch jetzt fühlte ich soviel mehr als Angst, soviel mehr um es zu beschreiben.

„Wenn das vorbei ist Stegi, wenn das alles vorbei ist, dann bauen wir uns ein Haus"
„Wir hängen so blaue Vorhänge auf"
„Mit Blümchen" ergänze Basti.
„Ich werde mir einen Schaukelstuhl besorgen und nichts anderes machen als den ganzen Tag in der Sonne zu liegen"
„Ich werde unseren Kindern erzählen von alldem"
Ich starrte ihn an. „Unseren... Kindern?"
Er war kurz stehengeblieben. „Natürlich will ich Kinder mit dir haben. Ich will nichts lieber als mit dir alt zu werden. Ich will noch so viel mit dir erleben."
Ich nickte, konnte mein Lächeln nicht aus dem Gesicht kriegen. War doch alles egal, noch ganz kurz, dann würden Basti und ich alles haben. Nur noch so kurz.
„Versprichst du mir, dass du das auch alles ohne mich machst" Bastis Stimme schaffte es mir das Lächeln zu nehmen und die Kälte wieder zurück in meine Adern fließen lassen.
„Wie meinst du das?" Ich wusste sehr wohl was er meinte, aber ich wollte es nicht aussprechen.

„Kannst du mir versprechen, dass wenn ich es nicht schaffe, du dich nicht vergräbst? Das du wieder in deinem Schaukelstuhl sitzt und die Sonne auf dein Gesicht scheinen lässt?"
„Und du hängst dir Blümchenvorhänge auf, egal ob mit mir oder ohne mich"
Wir starrten uns an, meine Angst ihn zu verlieren, spiegelte sich in seinen weit aufgerissenen Augen wieder.
Dann reichte er mir den kleinen Finger, ich verhakte meinen mit seinen.
„Erzähl mir etwas von deiner Kindheit, Stegi"

Und ich erzählte, erzählte ihm bis meine Stimme heiser klang, nur um die Stille zu vertreiben und sein Lächeln zu sehen.
„Stegi ähm, wann genau sind wir eigentlich das letzte Mal abgebogen?"
Ich dachte nach. Langsam aber sicher breitete sich Eiseskälte über meinen gesamten Körper aus.
Es war lange her.
Viel zu lange her.

„Wir sind beinahe aus der Stadt draußen" hauchte ich. „Oder irgendwo anders, denn an dieser Abzweigung geht es nur nach rechts..?"
Basti flüsterte viel leiser, wir drängten uns Rücken an Rücken mit gezückten Schwertern.
Es war als ginge ein hämisches, allzu bekanntes Lachen durch die gesamte Luft.
Ihma. „Mir ist nur so langweilig mein Kind" fast klang sie entschuldigend, als sie uns umwehte.

Bastis Licht wurde ausgepustet und er probierte es vergeblich anzuzünden. „RENN!" er klang heiser vor Panik und meine Füße entschieden schneller als mein Hirn, nur in diesen Gang immer weiter, immer weiter. „LAUF SCHNELLER" er brüllte uns es war egal was wir weckten. Der Stein schien gegen uns zu arbeiten, jeder Atemzug tat stechend weh.

Doch endlich Licht, ich sprintete die Treppen hoch, es spornte mich an und ließ mich endlich auf das Gras fallen, egal wo es war.
Dann richtete ich mich auf, sah Basti rennen und dann auch stoppen, erleichtert. Aber ich sah auch den Mann, von wabernden Schatten umhüllt mit leeren Augenhöhlen, der die Hand durch all den Rauch ausstreckte.
Ich reagierte aus Reflex, streckte die Hände aus, baute einen Schutzwall vor Basti auf und brüllte im selben Moment ein gellendes: „Achtung!"
Er starrte verdutzt mich an, dann blickte er wieder hasserfüllt auf die grauen Rauchkringel die ihn fast umgebracht hatten. Ich ließ die Hände sinken, rappelte mich auf und stellte mich Seite an Seite mit Basti. Wir waren auf einem offenen Feld vor den nördlichen Mauern der Stadt. Von fern hörte man die Schreie der Soldaten, ansonsten war es ganz ruhig. Beinahe friedlich.

„Wie?" Basti starrte mich an, seine Augen waren voller Träume.
„Wir haben alle unsere Geheimnisse, nicht wahr, Brüderchen?"
Mein Gehirn hatte sich aufgehängt, wie eine alte Schallplatte. Sicherlich hatte ich mich verhört, ganz sicher.
„Patrick" Bastis Stimme klang so unfassbar traurig, doch ich verstand es immer noch nicht.

„Patrick... ist doch tot?"
„Ja, das ist er. Mein Bruder Patrick ist tot, schon lange gestorben und irgendein Parasit hat sich in seinem Körper eingenistet."
„Nanana, du warst schon immer etwas übereilig, kleiner. Ich bin immer noch am Leben, du kannst es nur nicht ertragen, das ich endlich mal mächtiger bin als du"
„Patrick hätte mir niemals wehgetan" Ich verstand immer noch nicht ganz.

„Menschen ändern sich mein lieber Bastian. Willst du es deinem mickrigen Blondschopf erklären oder soll ich es tun" Er hatte mich angelogen, die ganze verdammte Zeit hatte er mich angelogen. Meine Fäuste ballten sich, die Nägel gruben sich tief in das Fleisch.
„Ich hätte es dir schon viel früher erzählen müssen. Aber ich konnte irgendwie nicht, und je länger ich es nicht erzählt hatte, desto schrecklicher wäre es gewesen es dir zu erzählen.
Mein älterer Bruder, Patrick, war immer eifersüchtig gewesen auf meine Magie, auf meine Kräfte. Dabei konnte er schon damals viel mehr und"
„Vater hat dich immer mehr geliebt. Das wissen wir beide."

„Er hat sich jedenfalls zurückgezogen, hat in den Höhlen und Gängen gespielt und irgendwann, als er zwölf war muss er irgendjemanden oder irgendetwas begegnet sein und danach-" Bastis Stimme brach. „Danach war er nicht mehr mein Bruder. Nicht mehr, den ich kannte. Unser Dienstbote hatte zwei kleine Kinder, der eine war vielleicht so alt wie ich. Er konnte unglaublich gut jonglieren, jeder hat ihn dafür bewundert. Alle am Hof haben geklatscht und applaudiert wenn er anfing seine Tricks zu präsentieren, er hatte eine richtige kleine Berühmtheit erlangt. Mein Bruder hasste ihn, er erzählte es mir jedes Mal beim Einschlafen wie sehr er diesen Jungen hasste. Zwei Wochen später wurde die Leiche des Jungens gefunden, er war erstochen worden. Ich schwieg, ich habe immer geschwiegen. Das war der Fehler, die Magie fraß Patrick von innen auf. Als ich sechzehn war, drei Tage nach meinem sechzehnten Geburtstag brachte er meinen Vater um. Ich hätte ihn ebenfalls ermorden sollen, aber er war immer noch mein Bruder. Ich liebte ihn. Deshalb verjagte ich ihn nur, riet ihm sich nie wieder blicken zu lassen" Seine Augen füllten sich mit Tränen, er wischte sie mit dem Ärmel trocken, doch das Wasser versiegte nicht.

Die Wut auf Basti war verblasst. Nur noch das Mitleid blieb zurück.
„Ich wollte nur ein wenig glänzen, auch mal ein wenig wert sein. Wollte nur ein wenig besonders sein, ein wenig mehr dir ähneln. Dieses Problem kennst du sicher auch, nicht wahr, Stegi" Basti zuckte bei der Nennung meines Namens zusammen, doch ich war damit beschäftigt die Abscheu gegen mich selbst in Zaum zu halten. Ihma.
„Sie erfüllt so ziemlich jedem Wünsche, nicht nur dir"
Meine Schuld. Patrick und ich hatten erschreckend viele Parallelen.

Ich ballte die Fäuste zusammen, bombardierte ihn wütend mit einem Ball kompakter Magie.
Er wehrte ihn ab, mühelos. Basti fragte nicht, er kämpfte mit mir Seite an Seite. Abwechselnd bombardierten wir Patrick mit kleinen Magieschüssen, hielten ihn in Schach doch kamen nicht wirklich an ihn ran. Wir schwächten uns nur. Ich nickte Basti zu, probierte ihm mit Blicken meinen Plan zu erzählen und er verstand. Langsam und unauffällig umzingelten wir ihn, griffen dann von beiden Seiten an. Er kam nicht gegen uns an, wurde langsam aber sicher in die Enge getrieben. Ich zückte mein Schwert, überließ Basti den Kampf mit Magie und probierte, wann immer die Rauchkringel den bleichen Körper nicht schützten, zuzuschlagen.

Ich fühlte mich so vereint mit Basti, gleich war es vorbei, gleich. Noch ein gezielter Schlag von Basti. Noch ein Schwerthieb von mir. Dann bäumte er sich auf, die schwarzen Rauchkringel umflogen uns, es war fast als explodierte er noch ein letztes Mal, als würde jede seiner Schatten eine scharfkantige Scherbe sein.
Dann lösten sich die Schatten die um den Mann herum schwebten auf, gaben den Blick auf einen jungen Mann frei, der die gleiche Nase und das gleiche Kinn wie Basti hatte.
Er sackte auf der von Blümchen übersähen Wiese zusammen, seine Leiche verschwand im Gras.
Es war vorbei, endlich vorbei.
Langsam sprudelte das Glück in mir hoch, ich drehte mich zu Basti um, um ihn in die Arme zu reißen.
Kaum sah ich ihn an, durchbohrte etwas mein Herz.

Er röchelte, hielt sich seine rechte Bauchgegend. Zwischen seinen Fingern quoll rotes, dickflüssiges Blut hervor.
Er sank auf die Knie, presste die Lippen zusammen und ich stand einfach nur da. Hilflos.
Es war so unglaublich schrecklich
„Oh nein Basti" ich rannte den kurzen Weg zu ihm, kniete mich neben den nun mittlerweile auf dem bodenliegenden jungen, dunkelhaarigen Mann.

Er hatte seine Hand von der Wunde genommen, die einfach immer noch blutete. Die einfach nicht aufhörte zu bluten.
„Basti, alles wird gut, ja?" Ich war vor Angst nicht fähig zu denken, riss mir von meinem Hemd einige Streifen ab, die ich sofort auf die Wunde presste.
„Hörst du?" Meine Stimme zerbarst in tausend Stücke.
Basti hörte mir nicht zu, schaute mich nur mit einem merkwürdigen verklärten Blick an.
„Du bist heute wunderschön, Stegi. Hab ich dir das schon mal gesagt?"

Seine Stimme klang heiser und krächzend. Ich presste meine Finger noch mehr auf die Wunde, legte den Kopf in den Nacken und weinte die Sterne an. Der Schmerz zerriss mich von innen. Ich zitterte, zitterte unaufhörlich, probierte Luft zu finden in all dem Horror. Es gab keine Luft.
„Die anderen kommen gleich, Basti, Halt nur ganz kurz durch, hörst du? Eine Sekunde, es wird alles gut" Ich hörte meine verzweifelte Stimme selbst in ihrer Hoffnungslosigkeit.
„Ich hätte dich gern geheiratet, ich hätte gerne mit dir Kinder gehabt." Flüsterte er und schaute mich an. Sein Atem ging unregelmäßig, er schien um jedes Wort zu kämpfen.

Mein Blick fiel auf die Sanduhr und endlich begriff ich warum sie die ganze Zeit lief.

Vier Sandkörnchen waren noch oben.
„Bitte Basti, ich wollte mit dir Blümchenvorhänge aufhängen und ich" meine Augen quollen über, irgendetwas gewaltiges drückte auf meine Lungen. Die verdammte Sonne schien und die Bienen summten um die Blümchen herum. Basti starb. Es gab nichts was dem widersprach, doch ich leugnete es dennoch. Ich würde genau jetzt hier zersplittern, wenn ich es mir eingestehen würde.
Bastis Körper zuckte zusammen, er verdrehte die Augen, sodass das weiße zu sehen war. Seine Hand fand ihren Weg in meine, er umklammerte sie.
Drei Sandkörner.
„Es tut mir so leid" flüsterte ich, der Schmerz in meinem Inneren behinderte mich am Atmen.
„Ich liebe dich. Sag den anderen, dass ich sie liebe. Sag dir, dass ich dich liebe. Das darfst du nicht vergessen"

Zwei Sandkörner. Ich presste die Lippen zusammen um nicht loszuheulen.
„Basti, morgen werden wir die Sonne aufgehen sehen, und dann kannst du mir hundert Mal sagen, dass du mich liebst, halt nur ganz kurz durch, bitte"
Ich wusste das es für Basti und Stegi kein morgen geben würde.
Nicht in diesem Leben.
Ein Sandkorn.

„Spiel für mich" Basti presste nur mühsam die Worte hervor.
Ich wollte den Kopf schütteln, ich war beschäftigt mit Amten, aber ich holte dennoch meine Mundharmonika heraus und fing behutsam an zu spielen.
Die ersten Töne kamen heraus, es war als würden Stimmen sich erheben zu singen. Ich hatte schon sooft davon gehört, vom Totenlied. Nie hatte ich geahnt wie schwer es sein würde es zu spielen, wo einem die Arbeit doch von Magie abgenommen wurde.
Bastis Atem ging nur noch selten, bis das Keuchen schließlich endgültig verstummte. Ich sank zusammen, sank im hohen Gras zusammen und rührte mich nicht mehr.
Wenn ich nur mit dem Gras verwachsen würde.

Irgendwann, die Stunden kamen wir die Tage vor und die Sekunden wie Jahre, hob mich jemand behutsam auf, probierte meine Hand von Bastis zu lösen. Ich konnte den Mann, dessen Haar im Mondlicht silbern leuchtete jetzt nicht allein lassen.

Verstand das niemand?

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Epilog:

„An diesem Tag fand ich heraus, wie nah unfassbares Glück und unglaublicher Schmerz beieinanderliegen können. Genau einen Tag später erblickte mein kleiner Sohn Bastian die Welt und irgendwie ging das Leben weiter. Ich..."Veni starrte in die Menschenmenge hinein, es war der fünfte Gedenktag.
Ich brauchte wieder Luft, also nickte ich Venis Frau kurz zu, nahm meine kleine Patentochter auf den Arm und verließ den großen Versammlungsraum. Irgendwann musste ich es doch schaffen zu atmen an diesen gottverdammten Gedenkfeiern.

Ich schritt über den Platz, lehnte meine Stirn an den kühlen Stein, der den König darstellen sollte.

Es würde nie aufhören wehzutun, niemals. Die Zeit heilte nie alle Wunden, ich hatte nur gelernt mit dem Schmerz umzugehen.
Wenn Basti mich jetzt sehen würde, würde er lächeln. Stolz auf mich sein, dass wusste ich.
Die kleine Sophie deutete mit ihrem dicken Fäustchen auf einen Schmetterling, lachte aus vollem Herzen. Ja, er wäre definitiv stolz. Allein der Gedanke an sein Gesicht, ließ den Himmel wieder Näherrücken. Ich hatte so lange geglaubt ich würde diesen Schmerz nicht überstehen, das er mich zerreißen würde. Doch irgendwie hatte ich es geschafft, stand vor dieser Statue. Ich hatte dafür gesorgt, dass sie ihn so abbildeten wie er wirklich war. Nicht kriegerisch. Nein, er saß einfach dort, das Schwert neben sich abgelegt und starrte in den weiten Himmel. Er hatte es vermutlich immer gewusst, dass er sterben würde.

Verdammte scheiße, es tat immer noch weh, meine Wangen waren nass.
„Tegi tauig" brabbelte Sophie vor sich und probierte mir die Tränen wegzuwischen.

Ich weinte nur noch mehr, es tat so gut zu weinen, nicht mehr stark sein zu müssen. Er war tot, der der mir am nächsten stand war gestorben, es war ok zu weinen. Auch noch fünf Jahre danach. Das Kleinkind auf meinem Arm streckte die Hand aus und helle blaue Funken stoben heraus. Ich lächelte schwach, es war nicht alle Magie schlecht. Obwohl ich so viel Zeit damit verbracht hatte mich zu verfluchen, probiert die Schatten zu verjagen. Doch sie waren ein Teil von mir geworden, irgendwie musste ich sie akzeptieren.
Ich wandte mich von dem jungen, sanft lächelnden Mann ab und ging in die Richtung meiner Wohnung, wartete bis die Dämmerung mich und Sophie verschluckte.
Ich war nicht allein.

Hier nochmal ein ganz großes Dankeschön an Strizzilo
die mit mir in mühevoller Arbeit Songzeilen rausgesucht hat, danke dass du dich für mich so gequält hast.

Und nochmal an Sunabird und EWieElla
für euer Feedback zum Cover, jetzt ist es wirklich gut <3
(Und nochmal sorry das basti jetzt tot ist)

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