thirtyfour
Ich sitze schon im Bett und kämpfe mit mir selbst, da ich mit meinem Entschluss plötzlich nicht mehr ganz so im Einklang liege.
Er wird dich verlassen!
Dann musst du ganz alleine zurück in deine Wohnung und diesmal wird dir Niemand helfen.
NIEMAND!
DU BIST ALLEINE!
ALLEINE!
Ich drücke mir meine Hände gegen die Ohren, in der Hoffnung die Stimme in meinem Kopf so verdrängen zu können.
Leider ohne Erfolg.
Bei dem Gedanken daran, was Tom von einer Mörderin an seiner Seite hält, wird mir mehr als übel und ich muss mich beherrschen nicht den ganzen Boden vollzukotzen.
Mein Herz wird mit Angst gefüllt, die sich ihre Bahnen durch meinen gesamten Körper zieht und mich von innen her auffressen zu scheint.
Vielleicht solltest du wirklich zurück!
Du hast es nicht anders verdient!
Andrew wird dich nie in Ruhe lassen und vielleicht wird sein Zorn noch viel größer, wenn du es Tom erzählst.
Er kommt dich holen und es ist nur eine Frage der Zeit, bis er es schafft!
Mit angewinkelten Füßen, an die Ohren gepressten Händen und einem Gefühlschaos zum davonlaufen, sitze ich auf dem Bett und bin komplett in meinen Gedanken gefangen.
Erst als ich in eine Umarmung gezogen und nonstopp angesprochen werde, kann ich mich ein Stück weit auf die Realität konzentrieren.
"Elli! Bitte rede mit mir! Was ist los?" ich kann Tom's Stimme nur gedämpft wahrnehmen, da meine eigene Stimme im Kopf alles übertönt.
Tom's Griff um meinen Körper wird fester, aber das scheint genau das zu sein, was mein Geist braucht, um wieder zurückzufinden.
Meine Anspannung wird geringer, meine Arme lassen langsam von meinem Kopf ab und ich lehne mich voll an Tom's Körper.
"Wird es besser?" er nuschelt mir in die Haare, worauf ich ihm eine nickende Bestätigung gebe.
Er zieht mich auf seinen Schoß und rutscht weiter mach hinten, damit er seinen Rücken an der Wand anlehnen kann.
"Jetzt atmest du ganz tief durch! Wenn du noch Kraft dazu hast, erzählst du in deinem eigenen Tempo, was du loswerden möchtest"
"I-ich weiß nicht, ob du mich...also, ich kann verstehen wenn du mich los werden willst, nachdem ich dir das erzählt habe...." ich weiß nicht was mich reitet, Tom jetzt wirklich die Wahrheit zu sagen.
"Egal was kommt, ich steh an deiner Seite!" sein Kuss trifft mich an meiner rechten Schläfe, worauf ich mir ein kleines ironisches Auflachen nicht verkneifen kann.
Meine Hände beschäftigen sich mit dem Saum meines Hoodie und mein Blick ist fest auf das Fenster, an der gegenüberliegenden Wand gerichtet:
"Naja, weist du... Ich hab da doch den Autounfall angedeutet.... Damals.." es kostet mich große Überwindung diese Worte über meine Lippen kommen zu lassen: "Damals saß ich mit Andrew, meinem Verlobten, in unserem Auto.... Der ganze Tag war schon recht bescheiden und im Büro war der Kaffe leer..." kurz muss ich auflachen, da ich bei Soetwas wirklich wütend werden kann
"... mein damaliger Auftrag hatte mir einige schlaflose Nächte abverlangt und... ja, ist ja jetzt auch nicht so wichtig.... auf jedenfall war ich pissig ohne Ende und Andrew sagt mir ganz nebenbei.....das seine Mutter am nächsten Tag kommen will und sie auch 3 Nächte lang bleiben wird. Seine Mutter ist, Verzeihung, eine Hexe! Sie meckert den ganzen Tag, nichts kann man ihr recht machen.... und ich hatte ja noch meinen großen Auftrag, bei dem ich eh schon gefühlt 6Tage hinterherhing und Andrew war ebenfalls von morgens bis abends beim arbeiten" ich halte kurz inne und werfe einen kurzen Blick auf Tom, um ihn aber sofort wieder abzuwenden.
"Mir ist die Hutschnur geplatzt! Ich habe ihn direkt angeschrieen und konnte mich nicht mehr beruhigen. Desshalb hat er nicht auf die Straße geachtet... weil... weil ich ihn abgelenkt habe... und" mir steigen die Tränen in die Augen und ich atme schwer durch während Tom nach meinen Händen greift und sie sanft drückt.
"Dann kam der Knall. Ein LKW ist ungebremst in seine Seite reingedonnert... Andrew hat... hat es nicht gesehen, weil ich blöde Kuh..." mich überwältigen kurzzeitig die Emotionen, worauf mich Tom an sich drückt und sanft meinen Rücken streichelt.
"Als die Rettungskräfte eingetroffen sind, haben sie mich zuerst rausgeholt. Ich habe sie angefleht und angeschriehen, das sie zuerst IHN retten sollen... aber sie haben mich nur angeschnauzt, das ich nichts zu bestimmen hätte. Kaum war ich raus, hat das Auto Feuer gefangen, warum auch immer, und...Er ist..." meine Stimme bricht, mein Körper zittert und die Tränen laufen siedendheiß über meine Wangen.
"Ssssscht! Ganz ruhig Elli!" ich kann gar nicht verstehen, das er immer noch neben mir sitzt, obwohl ich ihm gerade erklärt habe, das ich am Tod meines Verlobten schuld bin!
"Er... ist verbrannt... und .. Ich.. bin Schuld!" ich kralle mich in Toms Shirt und überflute ihn mit allen Tränen die mein Körper hergibt.
Am liebsten würde ich schreien!
So laut und erbarmungslos wie möglich.
Am liebsten würde ich um mich schlagen!
So fest, kraftvoll und ungehalten wie auch die Schuldgefühle auf mich einschlagen.
Doch ich liege nur in Toms Armen wie ein Häufchen Elend und bringe nur noch eine feste und bestimmte Frage aus meinem Mund:
"Warum konnte ICH nicht sterben, anstatt ihm?"
Tom spannt sich merklich an:
"Nein Elli! So darfst du nicht denken! Du bist nicht Schuld an seinem Tod! Du hast es verdient zu leben, weil du so ein toller und liebenswerter Mensch bist!"
Hat er mir die letzten zehn Minuten eigentlich zugehört?
"Woher willst du das wissen? ICH BIN SCHULD!" meine Trotzigkeit wird wehemennt ignoriert.
"Ich weis das Du nicht Schuld bist!" da die Überzeugung in seiner Stimme nur so vor Bestimmtheit trotzt, muss ich ihn unbedingt fragend anschauen.
"Naja... Ich hab mir die Unterlagen anfordern lassen.. Ich musste wissen was passiert ist! Ich konnte es einfach nicht glauben, das du wegen einem simplen Autounfall so traumatisiert bist...."
Der hat was gemacht?
Ich glaub ich spinne...
"Euch trifft absolut keine Schuld. Ihr hattet grün und der LKW hatte rot. Leider hat der Fahrer seine Zigarette fallen lassen, die genau zwischen seinen Beinen gelandet ist... Während er damit beschäftigt war, das Desaster zwischen seinen Beinen irgendwie zu entschärfen, hat er natürlich die rote Ampel übersehen und ist desshalb auch voller Wucht in euch reingeknallt. Selbst wenn ihr nicht gestritten hättet, wäre dieser Unfall genau so passiert. Andrew hätte weder mit einer Vollbremsung, noch mit Vollgas den Aufprall verhindern können. Ausserdem war er schon nach dem Aufprall direkt Tot durch Genickbruch und hat von dem Feuer rein gar nichts mitbekommen. Desshalb haben die Rettungskräfte sich intensiv um DICH gekümmert!"
Momentan kann ich ihn nur fassungslos anstarren.
"Hat dir das denn nie jemand genau erklärt?" sein Blick wirkt genauso fassungslos wie meiner.
Ehrlich gesagt, keine Ahnung!
So wie es aussieht, hatte ich überhaupt GAR KEINE Ahnung.
Ich zucke mit den Schultern und lehne mich wieder an seinen Körper.
Meine Tränen haben ihren Rückzug vollzogen und sich wieder in die Tränenkanäle zurückbegeben.
Der Unfall wäre so oder so passiert....
Der LKW-Fahrer war schuld!
Tom legt seine Hand auf meinen Kopf und drückt ihn etwas stärker an sich:
"Hast du gehört? DU bist NICHT Schuld!!"
Ich nicke ihm zur Bestätigung zu, da mir für eine Antwort jegliche Kraft fehlt.
Meine Wangen fühlen sich unnatürlich heiß und schmierig an.
Meine Augen sind schmerzhaft geschwollen und brennen fürchterlich.
Meine Hände sind eiskalt und mein ganzer Körper schmerzt vor lauter Anstrengung.
Allerdings ist mein Kopf leer und still!
So still, wie schon lange nicht mehr, das es fast schon gruselig ist, diese penetrante Stimme nicht in Dauerachleife zu hören.
Elli, du bist nicht Schuld!
Okay, ich dachte ich hätte sie ausgelöscht, aber sie lebt noch....
Solange sie mich nicht ins verderben reitet, kann sie sich ab und zu einen Kommentar leisten.
Mein Körper entspannt, meine Augen schließen sich und ich gleite seelenruhig in eine lange Schlafphase.
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