fourtyfour
Mit unseren Radlern in der Hand durchforsten wir den großen Biergarten und finden die Männer letztendlich an einem großen Tisch, der sich leicht hinter ein paar Bäumen versteckt.
Marc sieht uns als erstes, murmelt etwas vor sich hin und kurz darauf dreht sich Tom um, der den Rücken zu uns gekehrt hatte.
Seine Mundwinkel schießen urplötzlich in die Höhe und seine Augen scheinen, mit jedem Schritt den wir näher kommen, an leuchtender Intensivität zuzunehmen.
Tom streckt seine Hand nach meiner aus und zieht mich zu sich auf den Schoß, als er sie zu fassen bekommt.
"Habt ihr schon gegessen?" Lucy setzt sich neben Moritz und küsst ihn nach ihrer Frage.
"Nein, müsste aber bald kommen!" antwortet Marc mit einem gequälten Gesichtsausdruck.
Tom's Hände schlingen sich um meine Hüfte, während ich meine Lippen auf seine lege.
"Was macht ihr nachher noch?" Robin zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich und Lucy fängt natürlich sofort an zu erzählen:
"Ich muss bald zurück zur Arbeit und Elli wollte Passbilder machen, eine Bewerbungsmappe kaufen und ihre Bewerbung gleich höchstpersönlich abgeben!"
Die Männer richten allesamt ihren Fokus auf mich.
"Was ist?" ich schaue allen ins Gesicht und kann mir schon denken, das sie wegen der BEWERBUNG so reagieren.
"Wie kommst du jetzt so schnell an ein Jobangebot?" Moritz legt seine Stirn in Falten und lehnt sich in seinem Stuhl zurück.
"Frag deine Freundin!" mit einem Grinsen deute ich auf Lucy, die darauf kritisch von den Männern beäugt wird.
"Macht euch doch nicht ins Hemd. Das ist ein ganz netter Typ. Er hat mir von seinem Personalmangel erzählt und ich ihm wiederum von Elli. So kam das eine zum anderen und nachher bringt Elli ihm die Bewerbung vorbei!"
Marcs Blick streift an mir vorbei zu Tom.
Am liebsten würde ich jetzt Tom ins Gesicht schauen, aber ich lasse es bleiben und halte mich an meinem Vorhaben fest, es zumindest zu versuchen.
"Und der hat dir das einfach so auf der Straße erzählt oder wie?" Robin lehnt sich leicht nach vorne um Lucy genauer zu betrachten.
"Sagt mal! Ich hab sie doch an keinen Zuhälter weitergeleitet oder sowas. Das ist ein Stammkunde in meinem Geschäft und der ist voll korrekt. Also macht euch nicht ins Hemd!" sie wirkt schon leicht angepisst und es dauert nicht mehr lange, bis sie die Kurve kratzen wird.
Moritz setzt jetzt allem die Kirsche auf:
"Ein ganz netter, korrekter Stammkunde also?"
Lucys Augen verdunkeln sich und ihrem Gesichtsausdruck nach explodiert sie gleich.
"Ja, Torben ist Chef eines Eventmanagements und braucht dringend Mitarbeiter. Was ist daran jetzt so falsch?"
"Soso, der liebe Torben. Kommt der öfters zum Einkaufen?" langsam verstehe ich Moritz' Problem auch nicht mehr.
"Moritz! Ein Stammkunde kommt regelmäßig zum Einkaufen und wenn man sich die bei Stange halten will, unterhält man sich mit denen auch. Das sind meistens die Leute, die einen über Wasser halten, wenn es mit der Laufkundschaft nicht so läuft!" das musste ich jetzt einfach loswerden, bevor die Situation noch komischer wird.
"Komm Elli, wir zahlen und gehen dann zurück!" Lucy steht auf ohne Moritz auch nur eines Blickes zu würdigen.
"Lass stecken Schatz, ich mach das schon!" jetzt versucht er alles wieder in die Richtigen Bahnen zu lenken, aber der Zug ist schon abgefahren.
"Nein, danke. Ich hau jetzt das Geld von Torben auf den Kopf!" sie läuft schon Richtung Theke, während ich Tom zum Abschied küsse, den Männern ein allgemeines "Ciao" schenke und somit Lucy hinterher hechte.
Nachdem wir gezahlt haben, machen wir einen großen Bogen um die Männer und laufen zurück zu Lucy's Laden.
"Was war das denn gerade? War der jetzt eifersüchtig oder hab Ich das ganze überbewertet oder wie oder was?" Lucy versteht die Welt nicht mehr.
"Keine Ahnung was das jetzt sollte! War schon etwas seltsam. Ich schätze mal, dass das Problem eher bei mir lag als an allem anderen.." mein entschuldigender Blick trifft auf Lucy, die aber sofort mit dem Kopf schüttelt:
"Du kannst da rein gar nichts dafür! Wenn die sich um dich sorgen, ist das vollkommen in Ordnung, aber Moritz muss mich doch nicht so dumm anmachen!"
Trotz ihrer Versicherung, das ich nichts dafür kann, fühle ich mich jetzt irgendwie schlecht und schuldig.
Lucys Geschnatter geht voll an mir vorbei, aber sie scheint mich auch nichts zu fragen, da nicht ein einziger erwartungsvoller Blick in meine Richtung folgt.
"So, hier ist der Fotograf. Zieh das durch und hau Torben aus den Socken, damit sich das gezicke wenigstens gelohnt hat!" sie umarmt mich freudestrahlend und setzt danach ihren Weg zu ihrem Laden fort.
Trotz fehlender Motivation betrete ich den Laden und lass Passfotos von mir erstellen.
Anschließend laufe ich mit immer noch düsteren Gedanken die Straße entlang, bis ich vor einem Schreibwarenladen stehe.
Es ist ein kleiner süßer Shop, der mich nicht so stark abschreckt wie ein großes Kaufhaus.
Trotzallem betrete ich zögerlich, nach einem klingeln an der Türe, den kleinen Shop und stelle zu meiner Erleichterung fest, das sich keine andere Kunden hier aufhalten.
Mit schneller Geschwindigkeit suche ich nach den Bewerbungsmappen, schnappe mir eine und bezahle.
Erleichtert ausatmend setze ich den ersten Fuß auf den Gehweg und lass augenblicklich die ganze Anspannung von mir abfallen.
Durch Googlemaps lande ich nach vierzig Minuten direkt vor meinem Zielort.
Das Gebäude ist ungefähr drei Stockwerke hoch und wird von ziemlich alten Gemäuer umhüllt.
Die unzähligen Bodentiefen Fenster lassen das Gebäude etwas freundlicher wirken und die unzähligen Werbeplakate an den Mauern, locken einige Passanten an.
Hier in der etwas belebteren Innenstadt, herrscht ein größeres Gedränge und ich fühle mich leicht unwohl.
Meine Stimmung wird durch das dauernde ungewollte anrempeln der gestressten Leute nicht unbedingt in die positive Richtung gedrückt.
Soll ich wirklich da rein?
Was ist, wenn genauso ein Arsch wie Timo Fontander da drin auf mich wartet.
Oder so eine Chefvögelnde Cecilia?
Was, wenn ich die abwertenden Blicke nicht aushalte und meine Gedanken mich direkt dort drin übermannen?
Ich bin noch nicht bereit dafür!
Nein!
Ich laufe ein paar Schritte rückwärts und drehe mich abrupt um und stoße natürlich prompt gegen eine Person.
Meine Bewerbungsmappe fällt zu Boden und hätte dieser Mensch vor meiner Nase nicht so eine absolut schnelle Reaktion, würde ich womöglich genau neben meiner Mappe liegen.
"Alles in Ordnung?" zwei dunkelbraune Augen mustern mich besorgt, während sich die Hitze in meinem Wangen ausbreitet.
"Sorry. Das war wirklich nicht meine Absicht! Ich sollte besser aufpassen, wohin..."
"Alles gut! Es ist nichts passiert. Bei dem Menschengewirr ist so ein Zusammenstoß nicht abwegig!" die Hände, die mich vor meinem Sturz bewahrt haben, ziehen sich zurück und ein breites, ernst gemeintes Lächeln schmettert mir entgegen.
Der Mann vor mir, ich schätze ihn auf Ende dreißig, ist einen Kopf größer als ich und trägt dunkelbraune kurzgeschnittene Haare.
Sein Körper ist von einem dunkelblauen Anzug umhüllt, der seiner ziemlich dürren Statur schmeichelt.
Er bückt sich kurz um meine Mappe vom Boden aufzusammeln und mit einem schnellen Blick zu mustern.
Danach trifft sein Blick wieder auf mich und er zieht fragend eine Augenbraue nach oben:
"Wollten sie gerade die Bewerbung da drin abgeben?"
"Ja, das wollte ich!"
Seine Mundwinkel zucken leicht:
"Kommen Sie mit, ich bring sie rein!"
Drin angekommen, begrüßt er eine rothaarige junge Frau, mit stylischer Brille am Empfang:
"Hi Caro. Du ich bin kurz mit Frau..äh." sein fragender Blick trifft auf mich, worauf ich verdutzt mit "Biener. Elli Biener" antworte.
Er nickt mir kurz zu und widmet sich wieder Caro:
"Also, ich bin kurz mit Frau Biener oben. Stell anrufe nur durch, wenn sie wichtig sind, okay?"
"Alles klar! Achso, der Herr von dem Ballonverleih hat angerufen, der erwartet deinen Anruf!" sie zieht ihre Augenbrauen nach oben und kaut auf ihrem Bleistift herum.
"Jaaaaa, den hab ich ganz vergessen. Erinnere mich nachher nochmal dran!" er fährt sich kurz darauf durch die Haare um mir mit einer anschließenden Handbewegung zu deuten, das ich ihm folgen soll.
Ich fühle mich leicht überfordert und würde am liebsten wieder rückwärts aus dem Gebäude rauslaufen.
Tief durchatmend sträube ich mich gegen meinen Fluchtdrang und folge dem Herrn zu den Aufzügen.
Als sich die Türen öffnen, hält er seine Hand an die Lichtschranke und lässt mir den Vortritt.
Nachdem er ebenfalls den Aufzug betreten hat, drückt er auf den kreisrunden Knopf, mit der Zahl drei und der Aufzug schließt seine Türen.
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