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Das Gewitter wütete weiter. Nach einiger Zeit kam auch Regen dazu. Ich wachte auf. Es war unmöglich weiter zu schlafen. Unmöglich sich zu entspannen.
Schnell stieg der Fluss. Immer näher kam uns das Wasser und immer Wilder wurden die Bäume. Immer wieder hörten wir Bäume umfallen. Es war unfassbar laut. Die Wellen des Flusses, der Wind, die Bäume.
Beide zogen wir uns wieder unsere dicken Klamotten an. Es war einfach viel zu kalt ohne.
Mittendrin erklang der Schuss der Kanone. Wieder einer weniger. ,,Es war jemand hier", stieß Asla aus. Wir saßen eng aneinandergepresst am kalten Felsen, der uns wenigstens vor den Bäumen in Schutz nahm.
,,Woher weißt du das?", fragte ich verwundert. Aber ehrlichgesagt war mir das egal. Sollten die anderen sterben wie sie wollten, ich würde das Kapitol noch einmal wieder sehen, und zwar lebendig. Ich werde nach Hause zurückkehren.
,,Ich weiß nicht", gab das ängstliche Mädchen neben mir zu. Die nasse Kälte war unangenehm und schrie gerade nur so nach einer Erkältung.
,,Asla! Wir müssen hier weg!", kreischte ich erschrocken auf, als ich merkte, dass das Wasser bereits unsere Füße erreicht hatte und die Wellen an unsere Beine stießen.
Wir hatten nicht viel was wir mitnehmen mussten, weshalb wir recht schnell versuchten an der felsigen Wand nach oben zu finden. Aber die Wand war Nass und der glitschige, nasse Schlamm machte es nicht besser. Meine Füße rutschten immer wieder und wieder ab.
Ich kletterte vor, nicht die schlauste Entscheidung, aber wir hatten keine andere Wahl. Die Angst in mir war unerträglich, würde ich fallen so würde ich den Sturz wahrscheinlich schwer verletzt überleben jedoch von den Wassermengen mitgerissen werden und ertrinken.
Durch die Kälte, die meine Finger taub werden ließen spürte ich nur leicht, dass ich mir meine Handflächen aufgerissen hatte. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie schaffte ich es trotz des lehmigen Bodens mich nach oben zu kämpfen.
Um Asla zu helfen, drehte ich mich um und griff nach ihrer Hand, die ebenfalls gerade den Boden erreichte. Kaum hatte ich ihre kalte Hand ergriffen verlor sie den Halt unter ihrem Fuß und hielt sich somit nur noch an mir, ihrer anderen Hand und ihrem rechten Fuß.
,,Verika, lass mich nicht los!", flehte Asla. Ich hatte nicht vor sie loszulassen aber sowohl ihre als auch meine Hand waren von Matsch bedeckt. Sie versuchte wieder halt zu bekommen, was ihr nicht gelang. So fest ich konnte hielt ich sie fest. Sie war mein Ticket ins Kapitol und auch meine so ziemlich einzige Überlebenschance. Und eventuell auch eine Freundin. Langsam, aber sicher entglitt sie mir, beinahe wäre sie gefallen jedoch hielt ich sie an ihrer Jacke davon ab.
,,Bitte, las mich nicht fallen." So viel Angst hatte ich noch nie gehört. Alles in meinem Körper erschauderte vor diesen Worten. Denn es waren ihre letzten. Ihre Jacke entglitt meinem Griff. Ich versuchte sie zu halten, aber es gelang mir nicht. Vor Schreck gelähmt sah ich der Gestalt, die ich eben noch in der Hand hielt, zu, wie sie lautlos fiel und mit einem genauso leisen Plätschern in den tosenden Fluss fiel. Vielleich hatte sie etwas gesagt, vielleicht. Aber ich hatte es nicht gehört.
Der Sturm und der Regen hatten immer noch nicht aufgehört. Nachdem das Geschehen in meinen Kopf gefunden hatte, sprang ich auf. So schnell wie ich rannte war ich noch nie gerannt. Ich rannte den Fluss nach unten. Wollte Asla bergen.
An den Seiten liefen mir Tränen nach hinten, zu meinem Ohr. Mehrfach rutschte ich auf dem nassen Schlamm auf, sprang jedoch sofort wieder auf die Beine.
Die 4 auf meinem Rücken konnte man vor lauter Schlamm wahrscheinlich nicht mehr lesen, aber was solls? Das war mir jetzt auch egal.
An einer Biegung des Flusses blieb ich stehen und suchte mit den Augen nach der hängengebliebenen Leiche. Vielleicht, ganz vielleicht hoffte ich das sie noch lebte. Die Dunkelheit machte es jedoch zu einer kaum bewältigbaren Aufgabe.
Ich blickte nach links, nach rechts und begann wieder zu rennen. Weiter unten saß gemacht, eine Gestalt, die gerade mit etwas ausholte und zustach.
Ohne darüber nachdenken zu müssen warf ich ein Messer und die Gestalt kippte zur Seite. Zwei Kanonen wurden abgefeuert. ,,Asla", keuchte ich und lies mich schlitternd auf die Kniee fallen. Sie war Tot aber musste noch gelebt haben als sie hier ankam. Keine Träne rollte mir mehr über die Wangen. Nichts. Asla Kassis aus Distrikt 2 war Tot.
Einen kurzen Augenblick starrte ich noch auf ihre Leiche, nahm mir dann aber alles was sie bei sich trug und widmete mich dann der Gestallt die ich ermordet hatte. Es war das Mädchen aus 6 die Asla mit ihrer eigenen Waffe ermordet hatte. Auch ihr nahm ich alles was ich brauchte.
Dann wandte ich mich ab und ging weiter. Wohin wusste ich nicht. Nur eine Sache hatte sich nach wie vor nicht verändert: Der Sturm. Immer noch brauchte ich dringend eine sicher Stelle, um zu verweilen.
Meine Beine wurden schwerer. Immer langsamer kam ich voran und das mit dem Wissen jederzeit erschlagen werden zu können.
Plötzlich, als wäre nie auch nur irgendwas passiert hörte der Sturm auf. Der Regen, alles. Als wäre nie etwas passiert. Meine nassen Haare hingen mir vor dem Gesicht und immer noch rollten Tropfen auf meinem Ärmel und auf meinem Rücken nach unten. Meine Augen konnten fast nichts sehen und fühlen konnte ich auch nichts mehr.
Bei einem kleinen Abgang lies ich mich nieder. Der ständige Wetterwechsel machte mich wahnsinnig. Ich schloss meine Augen, nur ganz kurz. Wieder sah ich meine Familie vor mir. Wie würden sie reagieren, wenn ich wieder zu Hause war? Wie viel Uhr war es überhaupt? Es kam mir vor wie mitten in der Nacht, aber eigentlich konnte es gar nicht sein das wir noch Nacht hatten. War es in der ganzen Arena noch dunkel oder schon nicht mehr? Ich versuchte meine Augen wieder zu öffnen, aber es ging nicht. Alles war schwer. Und schließlich gab ich nach. Schließlich konnte ich nicht mehr standhalten. Es war unvernünftig und leichtsinnig. Ich war leichte Baute. Vielleicht war das meine letzte Nacht.
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