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,,Heute ist dein großer Tag!", flüsterte meine Mutter mir zu, während sie mühsam mein Haar nach hinten flocht.
Stumm nickte ich. Heute war mein Tag, der Tag der Ernte, der Tag, an dem sich mein Leben von Grund auf ändern würde. Es gab nur drei Möglichkeiten: Entweder, ich lebte in drei Wochen noch und hatte somit die 43. Hungerspiele gewonnen, womit ich dann in Reichtum leben würde, oder ich lebte nicht mehr und hätte somit Distrikt 4 nicht gut genug vertreten, oder ich lebte noch und sah den Tributen vom Fernseher aus zu.
Möglicherweise - und das hoffte ich! Hatte ich die 43. alljährlichen Hungerspiele gewonnen, wenn ich nach Hause kommen würde. Den Gedanken als eine der 23 Tribute, die draufgehen zu werden, hatte ich notdürftig zur Seite geschoben.
,,Ich bin stolz auf dich!", lobte mich mein Vater, der gerade den Kopf zur Tür hereinstreckte.
,,Also bitte! Das kannst du ihr auch sagen, wenn sie wieder da ist!", fing meine Mutter an zu zetern. Sie hasste es, wenn jemand das Zimmer betrat, wenn ich oder sie sich gerade fertig machte.
Mein Vater schaute mich mitleidig an, verzog sich dann aber.
Tat Mama nur so, oder glaubte sie tatsächlich, dass ich die Einzige sein werde, die von 24 übrigbleiben würde? Oder stärkte sie mir nur den Rücken und glaubte selbst nicht daran? Nein, wahrscheinlich nicht. Was hätte sie davon, wenn eine ihrer Geldquellen starb?
Zweifel überkam mich. Nicht jetzt, dachte ich, nicht hier.
,,Und fertig!", beendete Mutter ihr Werk. Schnell drehte ich mich zum Spiegel um und bewunderte meine Haare, die aufwändig nach hinten gesteckt worden waren.
,,Gut siehst du aus!", lobte sie und klatschte vor Freude in die Hände. Das tat sie wirklich selten. Nur wenn sie sich wirklich sehr auf etwas freute.
,,Veeeeeriiiikkkaaaa", krähte mein Bruder von unten. Er war erst fünf, und somit nicht qualifiziert, sich bei den Hungerspielen als Tribute freiwillig zu melden.
Ich atmete bezüglich meines erneut kommenden Zweifels noch einmal durch. Bevor ich meinen Blick von mir abwand und die Tür des Badezimmers öffnete.
Meine Mutter folgte mir. Sie trug ein wunderschönes rotes Kleid, welches bis zu ihrem Schienbein reichte, wie meines.
Mit schnellen Schritten folgte ich meinem Bruder und meinem Vater, die sich gerade ihre Schuhe anzogen. Ich tat es ihnen gleich und trat aus unserem Haus.
Gemeinsam folgten wir den plattgetrampelten Weg hinunter zum Justizgebäude, welches in der Mitte unseres Distriktes erbaut worden war. Viele Menschen hatten sich bereits versammelt.
Meine Mutter gab mir einen kurzen Kuss auf die Stirn. ,,Bereit, dein Leben zu ändern? Das ist dein Augenblick!", flüsterte sie mir zu. Jeglicher Zweifel war verschwunden. Ich wollte nur noch das Blut meiner Gegner fließen sehen.
,,Ich bin stolz auf dich!", wiederholte mein Vater und drückte mir meine Schulter.
,,Tschüss!", trällerte mein Bruder, der den Ernst der Lege anscheinend nicht verstand. Allerdings war das ja auch nicht notwendig.
,,Tschüss!", verabschiedete ich mich auf dieselbe Weiße von ihm und stellte mich dann zu den anderen fünfzehnjährigen Mädchen.
Die Stimmung war geteilt: Manche hielten vor Angst Händchen, andere versuchten, ihre Panik zu verstecken und wieder andere machten sich scheinbar keine Sorgen. Logisch: Wir waren ein Karriero Distrikt, was bedeutete, dass sich immer jemand freiwillig meldete.
Der Mann vorne auf der Bühne räusperte sich. Er hatte blaue Haare und war auch blau geschminkt. Sein Kostüm war ein Fischernetz und seine Kleidung darunter war meerblau.
,,Ich habe die Ehre Sie dieses Jahr zu den 43. alljährlichen Hungerspielen begrüßen zu dürfen!" Applaus brandete auf. Lauter Applaus.
,,Wir werden nun herausfinden, welche junge Frau und welcher junge Mann dieses Jahr Distrikt 4. vertreten darf!" Es brauchte mehrere Anläufe denn der Applaus wollte und wollte einfach nicht abebben. Jetzt brandete er wieder auf.
Mit einer schnellen Handbewegung griff der Mann in die Lostrommel.
,,Fi-", noch bevor er den Rest des Namens aussprechen konnte, fiel ich ihm ins Wort.
,,Ich melde mich freiwillig als Tribut!" Zu meinem Glück war meine Stimme selbstsicher und schallte laut über den Platz. Sofort hörte man mehrere ,,Du musst schneller sein!" oder ,,Verdammt wieso warst du nicht schnell genug!" Wie jedes Jahr beschwerten sich die Eltern bei ihren Kindern, die zu langsam waren. Aber dieses eine Mal, war ich die schnellste!
Es brauchte kein Friedenswächter, die mich nach vorne brachten. Von selbst lies die Menge mich durch. Elegant und selbstsicher schritt ich nach vorn auf die Bühne. Oben angekommen lächelte ich triumphierend in die Menge.
,,Wie doof ich doch war davon auszugehen das sich hier niemand freiwillig melden würde?", fragte der Mann lächelnd in die Menge und bekam dafür Gelächter.
,,Also, Mädchen, wie ist dein Name?"
,,Verika Vinesko." Sprach ich laut und deutlich in die Menge. Sofort brandete erneut Applaus auf. Lächelnd verbäugte ich mich.
,,Kommen wir nun zu den Jungen!" Es dauerte erneut Ewigkeiten bis den Applaus abermals abebbte und die Stimme des wie ich jetzt erkennen konnte, jungen Mannes wieder zu hören war.
Es war klar, dass sich auch hier wieder jemand freiwillig melden würde.
Der Mann zog einen Zettel und faltete ihn langsam auf. ,,E-", schon nach dem ersten Buchstaben wurde er von gleich mehreren Rufen unterbrochen.
,,Ich melde mich freiwillig!"
Die erste Stimme gehörte einem Jungen der bestimmt schon 18 war. Er hatte blonde Haare und ein markantes Gesicht. Seine Schultern waren breit und seine Arme bemuskelt. Automatisch machten die Leute Platz, um ihn durchzulassen.
Auch hier blieben die Friedenswächter aus den, wie ich schritt auf er mit einem triumphierenden Gesicht auf die Bühne.
,,Na bitte! So, wie darf Panem dich nennen?"
,,Maverick Asiro!", brüllte er in die Menge.
Nochmal Applaus. Das den Leuten die Handflächen nicht schon längst wehtaten? Anscheinend nicht.
,,Wie kraftvoll!", quiekte der Mann. ,,Gebt euch bitte die Hände!"
Wir taten wie uns geheißen und gaben uns brav die Hände. Er drückte extra fest zu, das war ihm anzusehen. Klar, es konnte nur ein Gewinnen aber wir beide wussten, dass wir als Meute auf die anderen losgehen würden. Teamarbeit die wir später so oder so brechen mussten.
Zwei Friedenswächter führten uns ins Justizgebäude. Keiner bewachte uns von hinten, wieso auch? Wir hatten uns ja beide Freiwillig gemeldet!
Der Raum, in den wir gebracht wurden, war groß und mit meerblauem Samt eingekleidet. Wunderschön sah es hier aus.
Genussvoll strichen meine Hände über das Sofa das königlich in der Mitte des Raumes stand. Ich hatte den ersten Schritt geschafft!
Und schon bald würde Blut durch meine Finger rinnen und das wird nicht mein Blut sein! Ganz und gar nicht! Ein fettes Grinsen schmückte mein Gesicht.
,,Wunderbar! Bravour!"
Lächelnd betrat meine Familie den Raum. Mutter hatte Leris an der Hand der bewundernd die Wände ansah. Mein Vater klopfte mir anerkennend auf die Schulter.
Ohne meinen Gesichtsausdruck zu ändern, schaute ich auch meine Familie an. Die Gesichter meiner Eltern wurden von stolzem Lächeln geschmückt. Mein Bruder war immer noch ganz fasziniert von diesem Raum.
,,Du wirst das super machen!", freute sich meine Mutter und strich mir eine Haarsträhne hinter's Ohr, die sich gerade von meiner aufwändigen Frisur gelöst hatte.
,,Denk dran: Du bist nicht eine dieser armseligen Häufchen Versagern aus Distrikt 11. und 12. du kommst aus Distrikt 4. und das kannst du allen zeigen. Du kannst es mit jedem aufnehmen!", schärfte mein Vater mir ein.
,,Blut wird meine Hände tränken und es wird nicht meins sein!", entgegnete ich.
,,Na aber sicher doch!", stimmte Mutter mir zu und umarmte mich. Auch Vater umarmte mich. Und dann schmiss Leris sich ebenfalls an mich.
,,Ich werde Panem zeigen wer ich bin!", flüsterte ich ihnen zu, bevor die Friedenswächter hereintraten. Es brauchte keinen der meine Familie von mir wegdrängte. Sie traten freiwillig aus dem Raum.
Es dauerte lange bis endlich jemand hereinkam, um mich abzuholen. Jetzt ging es richtig los!
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