Um dich herum ist es dunkel.

Es gibt nur eins, was du mehr verabscheust als Wasser, und das ist die Dunkelheit.

Dummerweise hat dieser Ort von beidem, der Dunkelheit und dem Wasser, mehr als genug.

Von allen Seiten dringt das Geräusch fallender Tropfen an dein Ohr. Angewidert starrst du in das schwarze Nichts. Du wünscht dir, du wärst niemals hier herunter gekommen. Leider blieb dir keine andere Wahl.

Es ist stickig hier.

Am liebsten würdest du zum Lichtschalter rennen - oder noch besser: zurück zur Tür.

Aber der Weg wird dir durch ein Labyrinth aus zahlreichen aufeinandergestapelten Kisten versperrt.

Es gibt kein Entkommen.

Angespannt tastest du dich an der Wand entlang. Deine Finger stoßen auf eine Schicht undefinierbaren Schleim. Du zuckst zurück und verlierst die Wand.

Fluchend tastest du den Raum um dich herum ab.

Da! Das muss die Bananenkiste sein. Erleichtert greifst du dir eine der Früchte.

Mit zitternder Stimme rufst du: "Oma, ich hab sie!"

Ein schwacher Lichtschein durchbricht die Dunkelheit.
Du seufzt auf. Endlich! Dort, an der Tür, steht Oma mit ihrer Taschenlampe und weist dir den Weg durch das Durcheinander.

Wie mit Puddingbeinen läufst du auf sie zu, ohne dich auch nur einmal umzudrehen. Bloß raus hier, aus diesem scheußlichen Keller, denkst du dir.

Die letzten Meter sind immer die schlimmsten, denn du weißt, dass dein Countdown gleich abgelaufen sein wird.

Oma steht nur da und lächelt.

Wenn du nicht rechtzeitig oben bist, wird sie die Tür schließen und dich hier drinnen einsperren.

30 Sekunden noch.

"Es ist doch nur zu deinem Besten", hörst du sie sagen. "Du musst diese Angst endlich überwinden." Dir ist das egal. Du möchtest einfach nicht in den Keller.

20 Sekunden.

Sie zählt mit, das weißt du. Einmal hast du es nicht geschafft, rechtzeitig zur Tür zu gelangen. Die Stunden danach waren der blanke Horror.

10 Sekunden.

Du bist schon fast an der Treppe.

8 Sekunden.

Du fragst dich zum wiederholten Mal, warum dieser Keller so groß sein muss. Und unordentlich.

5 Sekunden.

Keuchend erreichst du die Treppe und sprintest sie hoch.

3 Sekunden.

Du verfluchst Omas Bein, der Grund, dass du überhaupt hier runter musst.

1 Sekunde.

Endlich - endlich - kommst du oben an und reichst ihr die Banane.

Du bist so froh, wieder in der hell erleuchteten Küche zu sein, dass du fast zusammenbrichst. Mit rasenden Herzen lässt du dich auf einem Stuhl nieder.

Es dauert eine Weile, bis dir aufgeht, dass Oma gar nicht mehr lächelt. Stirnrunzelnd sieht sie auf die Banane in ihrer Hand hinunter und sagt: "Ach! Das hätte ich ja fast vergessen. Wir brauchen dringend noch Kirschen für Tante Susies Geburtstagstorte. Könntest du bitte.. ?"

Den Rest des Satzes bekommst du gar nicht mehr mit, du bist schon auf dem Weg zum Fußboden.

Ein letztes Mal verdrehst du die Augen, während Oma noch endet: "...auch noch die Kirschen holen?"