12. Dezember 1996
Kann mir mal bitte jemand das Wasser reichen!
12. Dezember 1996
Duellierclub! Yay! Endlich kann ich wieder meinem Lieblingshobby nachgehen.
Während ich in der Großen Halle, inmitten der Schülermasse warte, suche ich die Siebtklässler nach den besten und talentiertesten Kämpfern ab. Ob sie wohl so gute Opfer abgeben, wie Auroren? Ich lege mir im Kopf spaßige, nützliche und brutale Flüche zurecht, die ich schon viel zu lange nicht mehr benutzt habe.
Viel zu auffällig, wenn du als Kind einen Kampf gegen Siebtklässler gewinnst, meint eine kleine Stimme der Vernunft in meinem Kopf.
Ich schlucke sie runter. Heute ist ein schöner Tag, an dem ich auch mal was riskieren darf! Ich weiß auch schon, wie ich es anstellen werde.
Auf einmal wird die schwere Flügeltür zur Großen Halle mit Schwung aufgestoßen. Mit dramatisch wehendem Umhang und dem Zauberstab parat erhoben, schreitet der uralte Professor Alfred Unruh auf die provisorische Bühne. Tosender Applaus begleitet seine Schritte.
Auf der anderen Seite der Halle teilt sich die Masse, um den zweiten Duellanten, Professor Snape, durchzulassen. Ich verziehe angewidert meine Miene. Das wird ein interessanter Kampf werden. Der wahrhaft talentierte Professor Unruh, der schnell zum Lieblingslehrer aller Schüler geworden ist, gegen den ekligen Vielleicht-Todesser. Ich freue mich zu sehen, wie Letzterer runtergemacht wird. Schade nur, dass Flitwick nicht mitmacht. Aber wenn ich Glück habe, kann ich ja auch mal gegen Professor Unruh antreten.
Schnell wende ich meine Aufmerksamkeit erneut nach vorne. Als spannungsgeladene Einleitung demonstrieren Unruh und Snape ein Duell. Zuerst verbeugen sie sich zueinander. Eine Geste, die beiderseits viel eher stolz, als respektvoll rüberkommt. Als nächstes gehen sie, dem formalen Ablauf folgend, einige Schritte auseinander, bis sie den idealen Kampfabstand erreicht haben.
Dann erst beginnt das eigentliche Duell. Ich kann kaum erkennen, wer den ersten Fluch abfeuert. Das Duell passiert in fast genauso schneller Abfolge, wie meine früheren Kämpfe. Viele der Schüler schreien erschrocken auf, andere beginnen zu heulen. Ich hingegen bin vollkommen konzentriert und analysiere die Technik der beiden Lehrer. Snape kämpft gut, das muss ich zugeben. Er ist agil und schnell, zaubert viel nonverbal und kennt sich eindeutig mit Magie aus. Doch Unruh kämpft sehr gut. Zwar bewegt er sich torkelnd und unsicher auf seinen alten, dürren Beinen, doch seine Kampftechnik ist perfekt. Ich würde schon fast behaupten, er kämpfe wie ein Akolyth.
Wäre Gellert hier, hätte er sicher alles getan, um ihn zu rekrutieren.
Moment mal! Kann es sein, dass ich den alten Mann kenne und ihn bloß noch nicht erkannt habe? Ich habe schließlich schon festgestellt, dass Unruh nicht sein echter Name sein kann. Außerdem war er laut Dumbledore als „dunkler Magier" bekannt. Von seinem Alter her könnte es passen, dass er tatsächlich mal ein Akolyth war und wie ich schon festgestellt habe, ist Unruh Deutscher, wie ein Großteil von Gellerts Leuten.
Ich mustere ihn und gehe die Namen der deutschen Akolythen in meinem Kopf durch. Hans-Steven vielleicht? Er war Österreich-Deutscher. Außerdem ist er verschwunden. Was, wenn er, statt einfach umgezogen zu sein, eine Lehrstelle in Hogwarts bekommen hat? Doch soweit ich es in Erinnerung habe, war Hans kleiner als Unruh und außerdem konnte er kein Englisch. Naja, er hatte mehr als ein halbes Jahrhundert Zeit, um es zu lernen...
Auf einmal werde ich durch einen Schrei aus meinen Gedanken gerissen. Das Duell ist beendet. Snape segelt durch die Luft und fällt inmitten der Schülermasse schmerzhaft zu Boden. Währenddessen fängt Unruh siegessicher seinen Zauberstab auf. Er hält seinen eigenen, sowie Snapes Zauberstab in die Höhe, während der Applaus durch die Große Halle dröhnt.
„Zugabe! Zugabe!", schreie ich durch die Menge.
„Erst mal seid ihr dran", meint Professor Unruh, steigt von der Bühne und beginnt, uns mit Hilfe von Snape in Paare aufzuteilen.
Das Fetthaar schiebt mich unfreundlich zu einer dummen, kleinen Hufflepuff. Beinahe hätte ich die Existenz des langweiligen und unauffälligen Hufflepuff-Hauses vergessen. Will Snape, dass ich das winzige Kind unter meinen Füßen zerquetsche? Oder warum sonst befiehlt er mir, gegen sie zu kämpfen?
„Wow, wie kannst du nur so gut zaubern?", fragt sie mich keine zwei Sekunden, nachdem wir anfangen.
„Ich bin Vic... Ich meine Grey Gant", erkläre ich von oben herab. Es hätte dramatischer geklungen, hätte ich wie früher Victoria Collins gesagt.
Ich sehe das komplett eingeschüchterte Mädchen mitleidlos an. „Weißt du was? Ich glaube ich habe keinen Bock, gegen ein inkompetentes Kleinkind zu kämpfen."
Damit lasse ich sie allein.
Die gesamte Schülerschaft ist so schlecht trainiert, dass Professor Snape die Kämpfe mit einem „Finite Incantatem" beenden muss, bevor es noch einen schwerwiegenden Unfall gibt.
Einen Moment lang besprechen sich die beiden Lehrer. Dann sagt Professor Unruh: „Schaut alle her! Wir werden euch jetzt einen einfachen Schutzschild demonstrieren."
Doch dazu kommen die Lehrer nicht mehr, denn genau in diesem Moment stolziert eine hochgewachsene, wunderschöne Brünette auf die Bühne. Ihre obligatorische Slytherinrobe ist aus einem edlen Material gefertigt und auf ihrer Stirn glänzt ein goldener Stirnreif, der ihre wohlgeformten Locken aus ihrem püppchenartigen Gesicht hält. Trotz ihrer atemberaubenden Schönheit und offensichtlich adeliger Herkunft, sieht sie nicht älter aus, als eine Teenagerin. Ein Glück, dass Hogwarts so viele Schüler beherbergt, denn so wird niemand dazu kommen, dass das Mädchen fremd ist.
Mit vielen Verwandlungen bis zur Unkenntlichkeit verändert, sehe ich meinem Lieblingslehrer herausfordernd in die Augen. „Professor Alfred Unruh, ich, Ciara aus dem edlen und uralten Haus der Pinecones, würde Sie gerne zu einem Duell herausfordern."
Für einen kurzen Moment meine ich, Verwunderung in dem alten Gesicht zu lesen. Doch einen Atemzug später scheint er die Situation durchschaut zu haben. In dem Moment wird mir klar, dass es nicht bloß ein Schullehrer ist, den ich da reinlegen will, sondern ein erfahrener Krieger.
Zu meinem Glück spielt er mit.
„Ich nehme an", antwortet er würdevoll mit den Worten der formalen Kampfetikette. Ich meine, ein amüsiertes Glitzern in seinen dunklen Augen zu entdecken.
Mein Herz hämmert gegen meine Brust, als ich mich respektvoll vor dem alten Mann verbeuge und wir unsere Zauberstäbe in die Richtung des jeweils anderen heben.
Adrenalin rauscht durch meinen Körper und verbreitet ein Gefühl des Glücks. Endlich, endlich kann ich mich wieder beweisen. Die unzähligen Übungkämpfe zwischen Gellert und mir schießen mir durch den Kopf, als ich probiere, diesmal taktisch an den Kampf ranzugehen.
„Gellert, da bist du ja wieder. Wie sind die Verhandlungen gelaufen? Wirst du bald frei sein?", frage ich aufgeregt, als sich mein Geliebter zu mir auf die Terrasse gesellt.
„Hast du denn jemals daran gezweifelt, Victoria?", antwortet er kühl, was mich zum Lächeln bringt.
„Natürlich nicht."
Sein Blick fällt auf die Überreste meiner Trainingspuppe, die eindeutige Abdrücke dunkler Magie aufweisen. „Du hast trainiert?"
„Selbstverständlich."
Er blickt mich herausfordernd an, ein charakteristisch gefährliches Glitzern in den unterschiedlich farbigen Augen. „Dann wollen wir mal sehen."
„Taktisch denken, Victoria!", hallt mir Gellerts dunkle Stimme durch den Kopf.
Ich blocke einen feindlichen Zauber ab und schaue zu meinem alten Professor. Direkt beginne ich damit, seine Schwachstellen zu analysieren. Sie liegen definitiv nicht in der magischen Kraft meines Gegners, sondern in seiner körperlichen Verfassung.
Ich zeige mit meinem Zauberstab auf seine Füße und zaubere ein „Deprimo".
Bingo! Eine laute Explosion, die ein Loch in den Boden reißt, bringt Professor Unruh aus seinem Gleichgewicht. Kollektives Aufatmen um mich herum. Ich nutze den Moment aus, drehe mich um neunzig Grad und stelle mich seinem Rücken entgegen. Dann komme ich mit einem „Expelliarmus!" direkt zum Punkt. Als hätte er sein Leben lang nichts Anderes getan, dreht er sich mit erstaunlicher Eleganz zu mir um und blockt geschickt ab, während er mir einen unbekannten Zauber entgegenschleudert.
Nicht wissend, wie ich diesen abblocken soll, werfe ich mich zur Seite hin weg, während ich einen Flederwicht-Fluch heraufbeschwöre. Bevor sich der Quälgeist gegen den Professor wenden kann, wirft dieser mir meinen eigenen Fluch zurück. Die Fledermausflügel schlagen mir um die Ohren, als das Wesen mir um den Kopf fliegt und mir schwindelig wird.
Gellert hebt den Zauberstab. Ich hebe meinen. Ich weiß, dass ich keine Chance gegen den gefürchtetsten dunklen Magier aller Zeiten habe, dennoch hindert mich mein Stolz daran, abzulehnen.
Um zumindest nicht direkt zu verlieren, steige ich so aggressiv, wie ich kann, in das Duell hinein. Grelle Lichtblitze fliegen zwischen uns hin und her. Ich merke, wie sich Gellert zurückhält, um das Duell nicht direkt zu beenden.
Es macht echt Spaß. Ich liebe diese Spannung zwischen uns, selbst wenn es nur ein Übungskampf ist. Jeder Fluch, den Gellert auf mich hetzt, ist eine Herausforderung. Jeder provokante Blick, den er mir zuwirft, macht mich an.
Mit einem „Evanesco" ist der nervige Quälgeist wieder verschwunden. Allerdings nicht, ohne mir wertvolle Zeit gekostet zu haben. Eine Zeit lang komme ich kaum zum Angriff und bin nur mit dem Abwehren und Ausweichen beschäftigt. Letztendlich lässt ein "Glisseo" von Professor Unruh mich zu Boden fallen.
Verloren habe ich jedoch noch lange nicht. Im Sturz zaubere ich ein stilles "Impedimenta", dem, während ich mich auffange, ein „Obscuro" folgt. Zweiterer sitzt. Perfekt! Doch Herr Unruh scheint sich ohne Sicht genauso gut orientieren zu können, wie mit. Er verschwendet keine Zeit damit, meinen Fluch aufzulösen, sondern lenkt mich durch einen Zauber ab, der mich zum Husten bringt.
Ohne mich dadurch allzu sehr ablenken zu lassen, aktiviere ich meinen Schutzschild und stehe wieder auf. Doch plötzlich ist der Lehrer hinter mir und ehe ich mich versah, fliegt mir auch schon mein Zauberstab aus der Hand.
Was für'n Mist! Doch so schnell gebe ich auch nicht auf.
Ich erkenne eine Schwachstelle, die Gellert mir bietet. Es ist nichts als ein kurzer Moment des Aufatmens zwischen zwei Flüchen. Sofort reagiere ich. Mit pausenlosen, brutalen Flüchen schlage ich auf ihn ein. Gellert reagiert. Ein Schild - und meine dunkle Magie kommt auf mich zurückgeschossen.
Verdammte Scheiße!
Ich ducke mich, rolle mich ab, will aufstehen - und finde Gellerts Zauberstab zwischen meinen Augen wieder. Wie hat er sich so schnell bewegt?
Vorsichtig versuche ich, meinen Zauberstab zu heben, um von unten auf ihn abzufeuern.
„Davon würde ich dir abraten, Victoria", raunt er mir mit seiner tiefen, sexy Stimme zu.
Ich weiß, dass er recht hat. Wenn der Zauberstab deines Gegners an der schwachen Stelle zwischen deinen Augen liegt, hast du verloren. Selbst wenn ich zuerst abfeuern würde, würde mich sein Fluch zuerst treffen. Es ist eines der besten Haltegriffe im Zauberduell.
Bevor ich eine Regung seinerseits sehe, macht mein Zauberstab auch schon Anstalten, mir aus der Hand zu fliegen und als ich blocke, hält Gellert ihn schon längst in seinen Händen. Nun hat er wirklich gewonnen und ich wieder mal verloren.
„Es ist noch nicht vorbei!", zische ich Professor Unruh zu.
Der Lehrer hebt amüsiert eine Augenbraue.
Ich erkläre, indem ich demonstriere. Meine peinliche Zeit als Muggelkämpferin soll schließlich nicht komplett umsonst gewesen sein. Mit einem Schritt stehe ich vor meinem Gegner. Ich lege meine rechte Hand um seinen Rücken, lade ihn auf meine Hüfte und werfe ihn mit einem O Goshi aus der Judokampfkunst zu Boden. Den Überraschungsmoment nutzend, reiße ich ihm meinen Zauberstab aus der Hand.
Doch bevor ich den letzten Fluch dieses Duells abfeuern kann, überrascht mich der Zauberer, indem er zwei Flüche auf einmal auf mich zufliegen lässt. Ich weiche aus, blockiere den anderen, aber übersehe den Dritten.
Uff, war der hart. Ich werde nach hinten geschleudert, während mir mein Zauberstab zum zweiten Mal aus der Hand gerissen wird.
„Ich schätze, jetzt aber schon", murmelt Professor Unruh, während die Menge jubelt und applaudiert. Zu meinem Erstaunen klingt der mächtige Alte doch tatsächlich ein wenig außer Atem.
Besorgt gehe ich auf den noch immer am Boden liegenden Lehrer zu. Hoffentlich war das Duell nicht zu viel für seine alten Knochen. Doch als ich ihm meine Hand reiche und ihn zurück auf die Beine ziehe, lächelt er und gibt mir ein anerkennendes Nicken.
Mein Atem geht rasend. Ob wegen der Anstrengung oder der Nähe zwischen uns, kann ich nicht sagen.
„Jedes Mal machst du denselben Fehler, meine Schöne", zieht mich Gellert auf.
„Und der wäre?", frage ich, während ich ihn zu mir auf den Boden ziehe und seine coole Frisur durcheinanderbringe.
„Du verschwendest deine Energie mit aggressiven Sprüchen, statt taktisch zu denken."
„Hm", mache ich, die schon längst akzeptiert hat, dass er der bessere Zauberer ist. „Dafür bist du aber wirklich der Einzige, der eine Chance gegen mich hat."
„Das stimmt wohl", stimmt er mir gnädig zu. „Aber Taktik und Überrumpelung sind vor allem dann wichtig, wenn dir dein Gegner magisch überlegen ist."
Oh Merlin, wie ich diesen Mann liebe!
„Das weiß ich doch", flüstere ich, meine Aufmerksamkeit schon ganz woanders.
Gellert, der dies bemerkt, zieht sich amüsiert von mir weg. Allerdings nur bis er beschließt, mich genug gefoltert zu haben. Dann gibt auch er der Situation nach.
Ich reiße mich erneut aus der Erinnerung und erwidere das Lächeln meines Professors. Diesmal habe ich Gellerts Rat erhört und mit Taktik statt reiner Gewalt gekämpft. Zwar habe ich auch diesmal verloren, doch es war sehr knapp und immerhin eine Verbesserung.
Dann kommt mir allerdings ein anderer Gedanke, der mein Lächeln sofort verblassen lässt. Dieser alte Typ ist nicht Gellert. Er hätte mich nicht besiegen dürfen!
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