1. Mai 1997 (Teil 3)
Krieg ist, wenn sich viele Menschen, die sich nicht kennen, gegenseitig töten, weil zwei, die sich kennen, streiten.
1. Mai 1997
Schnell reiße ich mich aus meinen Erinnerungen und teleportiere mich zurück ins Hier und Jetzt. Ich blinzle dreimal mit verengten Augen und versuche verwirrt, die Situation zu erfassen. Anscheinend habe ich irgendeine Anweisung der Lehrer überhört, denn die beiden anderen Teams tuscheln angestrengt miteinander.
„Heer der Schlangen!", ruft Draco Malfoy plötzlich und die Mitglieder seines Teams ziehen sich giftgrüne Leibchen über - ganz zum Missbehagen der Gryffindors unter ihnen.
„Wir sind Team Grün-Silber", fordert Rosier, der zu meinem Ärger nun wieder neben mir steht.
„Das klingt bescheuert", wirft Ginevra Weasley ein, „Team Löwe ist besser."
„Dumbledores Armee!", ruft Potter als nächstes. Viele Schüler, vor allem Gryffindors, jubeln, doch die Slytherins seines Teams stöhnen laut, während sie die feuerroten Leibchen vor Wut beinahe in Fetzen reißen. Gerade als ich rüber schaue, beginnt das Wuschelhaar Granger wild gestikulierend auf den Jungen der Überlebte einzureden.
„Nennen wir uns doch einfach die Coolen oder so", schlägt Potters bester Freund vor.
Bei Merlins Bart, warum ist ausgerechnet mein Team voller Weasley-Blutsverrätern und Rosier-Idioten?
„Team Victory", brülle ich und halte meine Finger in einem V nach oben, was dazu führt, dass Gellert in meine Richtung mit den Augen rollt. Mit meinem Zauberstab tippe ich auf den Haufen weißer Leibchen, welcher sich sofort grau färbt.
„Dann sind wir unauffälliger", erkläre ich meine Farbwahl. Es ist Häuserneutral und niemand scheint etwas dagegen zu haben.
„Kluge Wahl", nickt Professor Flitwick mir zu. „Nun, Ms Gant, Sie sind mir beim Duellieren positiv aufgefallen, trotzdem sind Sie trotzdem bei weitem die Jüngste. Wenn Sie..."
Ich weiß direkt, worauf Flitwick hinaus will. „Schon gut. Ich kann das. Wir werden gewinnen", beeile ich mich klarzustellen.
Der kleine Lehrer lacht. „Die Einstellung gefällt mir. Ihr habt eine viertel Stunde Teambesprechung, bevor es losgeht."
„Super", sage ich erfreut und wende mich wieder an die aufgedrehte Menge um mich herum.
„Ruhe!", rufe ich. Die Schüler quasseln weiter und niemand scheint mich zu beachten. „Team Victory! Zuhören!" Ich fahre mir über die schweißnasse Stirn und seufze. „Ich hasse Kinder."
„So wird das nichts, Grey", lacht mein Großneffe, „Soll ich für dich brüllen?"
Ich lächle ihn dankbar an. „Oh Collins, zumindest ein Anständiger im Team."
„Danke", grinst er und holt tief Luft, „TEAM VICTORYYY!"
Alle drehen sich zu uns um. Perseus murmelt etwas Unverständliches und mischt sich schnell wieder unter die Menge.
„Zuhören", befehle ich so autoritär, wie ich es mit meiner Kinderstimme vermag. „Unser Vorteil", beginne ich zu erklären, „liegt darin, dass die anderen Teams durch Häuserfeindschaften gespalten sind. Ich habe, anders als die anderen, einen neutralen Namen sowie eine neutrale Farbe gewählt. Wir müssen zusammenhalten und die anderen durch einen starken Teamgeist zu Fall bringen." Irgendetwas in mir glaubt zu wissen, dass das Schlammblut Granger gerade im selben Moment eine ähnliche Rede hält. „Durch unsere unauffällige Farbe können wir unsere Teammitglieder einerseits selbst schwerer erkennen, andererseits werden auch die anderen Schwierigkeiten haben, uns zu sehen. Wir müssen im Untergrund bleiben, aus den Schatten heraus angreifen und den Überraschungseffekt für unseren Vorteil nutzen. Wer von euch macht in diesem Jahr die Verteidigung UTZ Prüfungen"
Fünf hochgewachsene Schüler zeigen auf. Chang, Jones, Urquhart, Bell und Davies.
„Gut. Wir werden uns in kleinere Gruppen aufteilen. Jeder von euch fünf führt eine Gruppe an. Wenn ich 'beisammen' sage, kommen alle im Team zusammen, rufe ich 'in Position', seid ihr für eure Gruppe zuständig. Verstanden?" Diese Taktik habe ich aus der Aurorenausbildung als ziemlich effektiv in Erinnerung. „Viele fühlen sich sicherer, wenn sie in einem Haufen stehen, doch dann ist die Zielscheibe für die Gegner größer und einer nach dem nächsten fällt. Wenn wir in kleineren Gruppen arbeiten, können wir von unterschiedlichen Seiten angreifen oder den Weg für eine Kleingruppe freiräumen. Vergesst nicht: es reicht, wenn drei von uns es zum Astronomieturm schaffen. Doch diese drei müssen effektiv und schnell sein. Im Notfall überlasst schnelleren und magisch stärkeren den Vortritt. Wir wollen uns ja nicht gegenseitig den Weg blockieren."
„Was auch für dich gilt", kommentiert Rosier mit einem Ausdruck im Gesicht, als würde es unter seiner Nase fürchterlich stinken, „Wehe wir verlieren, weil du dich für so besonders hältst."
Mich entschieden von dem Jungen abwendend, räuspere ich mich und fahre fort. „Chang, da du Sucherin bist, erwarte ich eine gewisse Ausdauer von dir. Bilde dir eine Gruppe aus den schnellsten Läufern. Ihr werdet zusammen mit mir versuchen zum Astronomieturm zu gelangen. Jones und Urquhart, eure Aufgabe ist die Verteidigung. Ihr bleibt immer ein wenig zurück und sorgt dafür, dass die anderen Truppen uns nicht folgen können. Bell und Davies, geht in den Angriff und macht die Gegner kampfunfähig. Versucht uns so gut wie möglich den Weg freizuräumen. Stupefy, Impedimenta, Incarcerous und für Anfänger ist auch ein einfaches Expelliarmus effektiv. Beachtet..." Doch weiter komm ich nicht.
„Auf drei geht's los", brüllt Gellert.
„Zauberstäbe bereit!", rufen ich und die anderen Teamführer.
„Eins... zwei... drrreeei", brüllt Gellert, „Feuer!"
Bunte Lichtblitze fliegen wie Schüsse zwischen den Teams hin und her. Die meisten feuern einfach drauf los, ohne Taktik und Bedenken, doch andere kämpfen gezielter. Viele fallen schon jetzt und bleiben schreiend oder still wie Leichen am Boden liegen.
„In Position!", brülle ich aus Leibeskräften über den Lärm hinweg.
„Grey, GREY!" Jemand reißt an meinem Arm, ich wende mich um und sehe in das aschfahle Gesicht von Miri.
„Was", zische ich.
„E-es ist mir alles zu viel!", schreit sie, „Das alles - jemand wird sich verletzen!"
„Tut mir leid, aber du hältst uns auf!", sage ich kalt, hebe das Mädchen vor mich und fange mit ihrem fülligen Leib einen Fluch ab. Ohnmächtig erschlafft die Brünette in meinen Armen, ich lasse sie zu Boden fallen und wirbele meinen erhobenen Stab herum.
„Greift das Kind an, dann ist ihr Team direkt raus!", höre ich Dracos lauten Befehl.
Drei rote Flüche kommen zeitgleich auf mich zugeschossen. Ich lache vor Spaß und lasse mich instinktiv zu Boden fallen, sodass sie Millimeter an meinem Kopf vorbeizischen.
„Du denkst wohl, ich wäre hier das leichteste Opfer, Malfoy!", stoße ich ein kreischendes Lachen aus, doch meine dünne Kinderstimme versagt in dem tobenden Lärm des Kampfes.
Mit einer Bewegung, als würde ich ein wildes Tier erdolchen, stoße ich meinen Zauberstab in den Boden, welcher mit enormer Geschwindigkeit auf die gegnerischen Truppen zu wirbelt. Die Schüler schreien auf und heben ihre Arme schützend vor ihre Gesichter, als die riesigen Brocken Erde sie erbarmungslos zu Boden reißen.
„Chang, Beeilung!", befehle ich, denn die junge Asiatin scheint ihre Pflicht als Untergruppenleiterin total vergessen zu haben und hilft stattdessen einer gegnerischen Blondine auf die Beine.
Der hübsche Kopf der Siebtklässlerin schießt mit geweiteten Augen in meine Richtung, dann schweift ihr Blick unsicher über das Schlachtfeld. „Folgt mir", richtet sie das Wort leise an drei händchenhaltende Mädchen mit grauen Leibchen.
Plötzlich wachgerüttelt, lassen sie voneinander ab und rennen mit erhobenen Zauberstäben los. Das Heer der Schlangen, ebenso aufgeteilt wie Team Victory, nimmt mit wildem Kriegsgeschrei die Verfolgung auf. Ich mache Anstalten, hinterher zu sprinten, wende abrupt und sehe mich Dumbledores Armee gegenüber. Potters Team kämpft eng zusammen, wie eine geeinte Macht, die im Gleichschritt vordringt, allerdings auch eine große Zielscheibe.
„Team Jones, haltet Changs Gruppe den Rücken frei", brülle ich, als diese wendig zwischen den Gegnern hindurchflitzt und in der Eingangshalle des Schlosses verschwindet. „PROTEGO TOTALUM!", zaubere ich und gehe leicht in die Knie, um die Flüche von Dumbledores Armee zurückzuwehren.
„Was für Schwächlinge", lache ich, als viele Mitglieder des gegnerischen Teams von ihren eigenen zurückgeschleuderten Flüchen getroffen zu Boden gehen.
Auf einmal reißt mich eine entschlossene Hand herum und mein magischer Schild löst sich auf. Mit einem überraschten Keuchen rutsche ich aus und werde einige Meter mitgezerrt. Eine blitzschnelle Bewegung später schlage ich mit der Rechten über meinem Kopf hinweg nach hinten und versuche gleichzeitig, mich aus dem knorrigen Griff zu befreien. Noch bevor sie die Gelegenheit hatte, das Gesicht meines Gegners mit einigen Blutergüssen zu verschönern, wird meine Zauberstabhand gekonnt abgefangen. Ein animalistisches Knurren dringt tief aus meiner Kehle, als mein Arm hinter meinen Rücken gedreht wird und ich den rasselnden Atem meines Gegners an meiner Wange spüre.
Auf einmal erschlafft mein Körper in seinem Protest. Wie ein wildes Tier, welches einen Leckerbissen gewittert hat, sind alle meine Sinne auf den ungleichmäßigen Atem, dem leicht schwitzigen Geruch und der Berührung der rauen, faltigen Haut konzentriert. Mit einem Seufzen überlasse ich mein Körpergewicht den mich festhaltenden Armen.
„Gellert!", flüstere ich heiser und lasse meinen Kopf nach hinten fallen, um lächelnd in das faltige Gesicht meines Geliebten zu sehen, „Nicht das ich deinen Angriff nicht zu schätzen weiß, aber was bezweckst du damit?"
Mit einer für sein hohes Alter viel zu geschmeidigen Bewegung wirbelt mich Gellert zur Seite. Sekunden später schießt ein Fluch an der Stelle vorbei, an der ich eben noch stand. „Dich davon abzuhalten, dich selbst zu verraten", brummt er.
„Würgende Wasserspeier!", zische ich, „I-ich schätze, ich habe mich treiben lassen!"
Sein warnender Griff um mein Handgelenk wird fester. „Noch eine Chance, dann wirst du disqualifiziert."
„In Ordnung. Niemand wird Verdacht schöpfen, das verspreche ich dir."
Sein Griff lockert sich, sodass ich mich befreien kann. Kurz starre ich in Gellerts altes Gesicht, dann stelle ich mich auf die Zehenspitzen und berühre kurz seine Nasenspitze mit meinen Lippen. Bevor er mich wieder abweisen kann, bin ich auch schon leichtfüßig in der kämpfenden Menge verschwunden.
Die meisten Schüler sind bereits im Schloss, als ich einem roten Stupor-Fluch ausweichend und zwei Schüler aus dem Weg schubsend in die Eingangshalle renne. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Perseus Collins Lisa niederstreckt und eilig in Richtung der Treppen verschwindet. Ich bin dabei, ihm zu folgen, als mir der Weg von einem Jungen mit wild zerzausten Haaren versperrt wird.
„Potter", zische ich den Meister des Tarnumhangs an.
„Expelliarmus!", murmelt der Junge, der überlebte.
„Ein Erstklässlerspruch?", lache ich und weiche lässig aus, „Ich hätte besseres vom ach-so-mächtigen Auserwählten erwartet."
Die Lippen des Schwarzhaarigen verengen sich. „Dann mach du es doch besser, Gant", seufzt er.
Wenn du nur wüsstest, dass dieses dumme Versprechen an Gellert der einzige Grund ist, weshalb du noch im Spiel bist, Potter!
Der Tarantallegra-Fluch kommt so unerwartet, dass ich ihn beinahe nonverbal blockiert hätte. Meine Beine zucken unkontrolliert, sodass ich das Gleichgewicht verliere und schmerzhaft auf den Hintern falle, die Beine nach oben zuckend, wie die eines auf dem Rücken liegenden Käfers.
„Schau sie dir nur an, Harry!", lacht der Weasley-Verräter, seinen Zauberstab noch immer auf mich, seine Teamführerin, gerichtet, „Das war klasse von mir, musst du zugeben, Kumpel."
„Gant!", kommt Chos Stimme von irgendwo weiter vorne. Mein Herz setzt einen Schlag aus, als ich sehe, wie viele von meinen Kämpfern dort am Boden liegen, während ein großer Teil von Potters Armee meine letzten Leute dominiert.
Ich spreche einen „Finite" in Richtung meiner zappelnden Beine und wende mich zu der Stimme. „Hilfe kommt!", brülle ich. „Gruppe Urquhart, herkommen!"
„Gruppe Urquhart, folgt mir!", höre ich das ferne Echo aus der Richtung der Treppen.
„Du hältst uns auf, Gant", zischt der Slytherin, sobald er und seine Gruppe angerannt kommen, „Die Armee der Schlangen ist schon am weitesten vorgedrungen. Wir müssen sie aufhalten!"
„Ich habe einen Plan", erwidere ich ruhig, „Konzentrier dich auf Potter."
Der Slytherin tut mit einem drohenden Blick in meine Richtung wie ihm befohlen. Ich grinse und verschwinde hinter einer dekorativen alten Ritterrüstung, von denen überall im Schloss welche an den Wänden lehnen. Lautlos lasse ich mich auf den Sockel gleiten und halte meinen Zauberstab auf Potter und den verräterischen Weasley gerichtet. Einmal atme ich tief durch und hoffe, dass meine Idee, die einer Slytherin würdig ist, funktionieren wird.
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