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Vers la flamme

Raymond hatte sich nie für einen sonderlich emotionalen Menschen gehalten. Natürlich hatte er Gefühle, er war nicht völlig kaltherzig. In seiner Vergangenheit hatte es viele Momente gegeben, die ihm die Luft aus den Lungen gepresst hatten, dafür gesorgt hatten, dass sein Brustkorb sich schmerzhaft zusammen zog und sein Hals brannte, als hätte er Benzin getrunken. Doch in den Büchern, die er gelesen hatte, fühlten die Personen noch viel intensiver als er selbst. Ständig war die Rede von zersplitternden Herzen und Menschen, die ihren ganzen Schmerz heraus schrien, unfähig ihn länger allein in sich zu tragen. Explosionsartig waren ihre Gefühle aus ihnen heraus geplatzt. Raymond konnte das nie wirklich nachvollziehen. Trauer, Schmerz, starke Gefühle...all das hatte er erlebt: Der erste Tod in der Familie, das erste gebrochene Herz und die erste Liebe, aber nichts davon hatte ihn so fühlen lassen, als würde sein Innerstes nach außen gestülpt werden. Er hatte immer gedacht, dass er deshalb vielleicht unnormal sein würde. Er war kein lauter Mensch, der seinen Schmerz heraus geschrien hatte, er hatte stets für sich allein geweint. Als er noch jünger war, wurde er dafür gelobt: Oh, was für ein starker junger Mann er doch war. Er hatte das nie verstanden. Wenn alle stetig darüber redeten, schrieben und philosophierten, warum wurde er dann für Gegenteiliges gelobt? Aufgrund seines Geschlechtes? Steckte da noch mehr dahinter?
Mit den Jahren hatte er sich mit dem Gedanken angefreundet, dass er einfach ein ruhigerer Mensch sei als andere. Dass sein Mitteilungsbedürfnis einfach geringer war, als das der Anderen. Schmerz, Gefühle und Trauer: einige Menschen maßen dies in einer Art Skala. Null bedeutete eine kaum beeinträchtigende Fülle von Gefühlen und zehn bedeutete, dass man vor Schmerz beinahe verging. Und Menschen neigten dazu sich die zehn aufzuheben. Das hatte Raymond in seinem Leben schon öfter mitbekommen. Während seines Medizin Studiums hatte er eines seiner Praktika in der Notaufnahme eines Krankenhauses vollführt. Dort hatte er jeden Tag mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun, doch eines hatten sie alle gemeinsam: Auch wenn sie schrien wie am Spieß, wenn sie ihre eigenen Zentimeter-tiefen Wunden hielten und kurz vor dem Zusammenbruch standen, auf die Frage: ‚Wie würden Sie Ihren Schmerz auf einer Skala von eins bis zehn beschreiben?', hatten sie alle mit ‚neun' geantwortet.
Raymond hatte das nie verstanden. Für was hoben all diese Menschen sich die zehn auf? Planten sie etwa ein noch traumatisierendes Erlebnis zu haben?
Doch jetzt verstand er. Wenn man einmal die zehn auf der Schmerzens Skala erlebt hatte, dann kam nichts diesem Erlebnis gleich. Nicht mal annähernd.

Es brauchte sieben gezielte Tritte auf den Türknauf der vergilbten Badezimmertür, bis diese endlich aus den Angeln sprang und den Weg freigab.
Bei dem Anblick der sich ihm bot ergriff ihn sofort eine immense Panik. In den ersten Sekunden wusste Raymond noch nicht einmal worauf er sich als erstes konzentrieren sollte. Sein Blick wanderte so schnell hin und her, dass das Bild um ihn herum völlig verschwamm und bis der Psychiater begriff, dass es nicht an seiner immensen Panik lag, dass er nur noch verschwommen sehen konnte, sondern dass sich tatsächlich Tränen in seinen Augen sammelten, war er schon auf die Knie gefallen.
Raymond streckte zitternd seine Hände aus. Aus dem Nokia Telefon, das auf dem blutbeschmierten Badezimmer Boden lag, drang eine blechende, beinahe brüllende Stimme.
„Chester? Was ist los?", Raymond erkannte die mit Besorgnis gedrängte Stimme Weddingtons', dann raschelnde Geräusche am anderen Ende der Leitung, als würde er in Hektik Sachen zusammen packen. „Milo? Geht es dir gut? Antworte mir!"
In Raymonds Kopf machte sich ein kurzzeitig alles verdrängender Ton bemerkbar, der so hochfrequentiert war, dass seine Schläfen schmerzhaft zu pochen begannen.
Wenige Sekunden später hatte er das Mobiltelefon an die hintere, geflieste Wand geworfen, wo es so kaputt – wie Raymond sich fühlte – zu Boden schepperte.
In der Stille war die flache Atmung von Milo so ohrenbetäubend, dass sich Raymond die Nacken-Haare aufstellten. Auf den Knien rutschte er zu seinem Freund.
Milo lehnte sitzend und schwer atmend an der Badewanne. Sein grauer Wollkragenpullover war über und über mit Blut bedeckt und die unmittelbaren Fliesen neben ihm, taten es ihm gleich. Neben ihm lagen die zerbrochenen Überreste einer Whiskey-Flasche.
„Milo...?", stieß Raymond schließlich heiser aus. Er wusste nicht was er tun sollte. Überall war Blut. Was sollte er nur tun?
Sein Blick wanderte hektisch über die zahlreichen Schnitte an den Armen und dem Hals des Jüngeren. Einige waren nur oberflächlich, andere waren klaffend, tief und mit kleinen Glassplittern bestückt.
Ganz langsam öffnete Milo den Mund. Raymond konnte vor lauter Schock nichts anderes machen als ihn anzustarren. Die Stimme des Kleineren war nicht mehr als ein Hauchen.
„Ich...wollte es rausschneiden."
Raymond wusste er musste etwas tun. Die Glassplitter entfernen, die Wunden reinigen, nähen und verbinden. Und dann abhauen. Mit Milo. Die Zeit drängte und vermutlich war Weddington schon längst auf dem Weg. Aus dieser Situation konnten sie sich nicht mehr herausreden. Es zählte jede Sekunde. Und dennoch...dennoch konnte er sich keinen Zentimeter rühren. Seine Hände waren noch immer ausgestreckt in die Richtung des Dunkelhaarigen, sie zitterten vor seinem Sichtfeld wie die Äste eines Baumes im Auge des Sturms.
„Was...was wolltest du rausschneiden?"
„Das Monster in mir.", die Antwort kam prompt. Milo hob den Kopf an und seine grünen Augen schimmerten fiebrig. „Derjenige, der all diese Menschen umgebracht hat."
Die kühle, steinharte Stimme des Jüngeren war wie eine Ohrfeige, doch wenigstens katapultierte sie den Psychiater in die Realität zurück und löste seine Starre.
Zitternd legte Raymond schließlich seine Hände über die tiefste Wunde Milos: Ein waagerechter Schnitt mit einem Durchmesser von etwa acht Millimetern, der direkt über den Kehlkopf verlief. Raymond legte seine Hände über den Schnitt und drückte zu.
Gerade mit so viel Kraft, dass er die Luftzufuhr des Jüngeren nicht abschnürte und die Blutung trotzdem stillte. Doch der Schnitt hatte die Karotis erwischt und unter den beinahe pergament-farbenen Händen Raymonds trat bereits nach wenigen Sekunden wieder Blut hervor. Es rann stetig und völlig ruhig, wie ein kleiner Bach, durch die Finger des Psychiaters. Und Raymond spürte wie seine Panik ins Unermessliche stieg.
Es würde keine zehn Minuten dauern und Milo war verblutet und Scotland Yard stand im Badezimmer und konnte sie gleich beide verhaften. Zumindest Raymond, wenn Milo Glück hatte, war es bis dahin schon vorbei...
Nein, er musste jetzt eine Entscheidung treffen.

Eigentlich hatte sie Ordnung immer gemocht. Und eigentlich hatte sie auch immer alles in ihrer Macht stehende getan um besagte Ordnung herzustellen. Egal ob es sich dabei um ihre Wohnung handelte, um ihr Auto oder ihren Arbeitsplatz. Ordnung war der Schlüssel für einen funktionierenden Verstand. Doch wieso auch immer, sahen ihr Schreibtisch und der umliegende Boden jetzt alles andere als ordentlich aus. Dokumente, Zeugenbefragungen, einzelne Videobänder, die sie schon gefühlte dutzende Male zurück gespult hatte, Fotos über Fotos und zahlreiche kleine Klebezettel, die sie sonst nutzte um ihre Gedanken zu ordnen, doch die mittlerweile ihren eigentlichen Zweck vollkommen verfehlten, da sie eher das Gedanken Wirr-warr in ihrem Kopf widerspiegelten, als geordnete Indizien.
Stöhnend ließ Jones ihren Kopf in die Hände fallen. Sie raufte sich die braunen Haare, die sie vor etlichen Stunden noch ordentlich nach hinten gebunden hatte, doch mittlerweile hatten die Strähnen ein Eigenleben entwickelt und taten was sie wollten.
Sie musste doch irgendwas übersehen haben. Leider hatten sie und Green in der Mörderhütte O'Kellys keine neuen Spuren gefunden, was allerdings nicht verhindern konnte, dass Jones' Skepsis trotzdem höher als der Buckingham Palace war.
Es ergab einfach keinen Sinn. Wieso sollte ein Mörder mit so einem peniblen Zeitplan auf einmal sein Muster zu morden ändern?
O'Kelly hatte einmal jährlich, pünktlich wie eine Zeituhr, jemanden ermordet. Stets an derselben Stelle und die Leiche vollkommen unspektakulär entsorgt. Der Maskenmörder dagegen hatte nur einen peniblen Eindruck gemacht, doch darunter verbarg sich Chaos. Er hatte vollkommen willkürlich gemordet, zu Zeiten, die sich in keiner Weise überschnitten hatten und Opfer, die weniger mit einander zu tun hatten, als London mit Sommer.
...zumindest nach bisherigen Ansichten. Das bedeutete im Umkehrschluss allerdings, dass O'Kelly entweder extrem schizophren war oder es sich um zwei unterschiedliche Mörder handelte, mit Motiven die so gleichwertig waren wie Tag und Nacht.
Doch das hatte sie ja schon von Anfang an gewusst und auch immer wieder gegenüber Weddington kund getan, doch für ihn waren Fakten nun mal schwarz und weiß. Sie hatten O'Kellys Fingerabdrücke auf dem letzten Opfer des Maskenmörders gefunden und das war ein eindeutiger Beweis. O'Kelly hatte kein Alibi, was ihn freisprechen konnte. So war für Weddington der Fall in Stein gemeißelt. Doch etwas an der ganzen Sache war fischig: Selbst wenn O'Kelly nicht der Maskenmörder war, konnte man ihm die anderen, einmal-jährlich aufgetretenen Mordfälle zweifelsohne zu ordnen. Er hätte also so oder so ein Leben lang hinter spanischen Gittern verbracht. Also wieso sollte er lügen? Wieso sollte er felsenfest behaupten, er sei nicht der Maskenmörder?
Er hatte absolut nichts davon.

Die junge Ermittlerin zwang sich dazu, sich aufzurichten. Irgendetwas übersah sie. Den entscheidenden Punkt.
‚Wenn du einmal nicht mehr weiter weißt, mi amor, dann versuche an den Ursprung zurück zu gehen. Sonst rennst du stetig nur im Kreis. Manchmal musst du deinen eigenen archimedischen Punkt finden. ', hatte ihre Großmutter immer zu ihr gesagt.
Erschöpft richtete sich Jones auf und trottete von ihrem Schreibtisch auf ihr mit weißen Laken überzogene Bett zu. Rücklings ließ sie sich in die weichen Kissen und Decken fallen und starrte die Wand an.
„Mein eigener archimedischer Punkt also...", murmelte sie, während sich tief in ihrem Inneren ein Gedanke entzündete, der so schnell Feuer fing, dass sie wenige Minuten später atemlos aufsprang.

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