Geheime Liebe Seite 4-6
Zum Glück unterbrach das Hupen des Taxis ihre Gedankenflut. Sie stand erleichtert auf und zog sich in der Vorhalle ihren langen Mantel an. Obwohl sie froh war, ihr Elternhaus endlich einmal zu verlassen, erfüllte sie doch der Gedanke an Karl mit großer Angst. Die Liebe, die sie nach so vielen Jahren immer noch für ihn empfand, war nur einseitig. Rena konnte derzeit nicht abschätzen, wie sich das Ganze entwickeln würde und sie hoffte inständig, dass man ihr nicht alle Gefühle für ihn vom Gesicht ablesen konnte.
Die Fahrt mit dem Auto war nicht sehr lang gewesen, immerhin wohnte Margarete mit ihrer Familie nur am anderen Ende der Stadt, in einer ländlichen Gegend. Es war aber zum Glück weit genug entfernt, um einem öfteren Treffen zu entkommen. Das Taxi fuhr gerade die Auffahrt zu dem riesigen Anwesen entlang, als Rena schwer schluckte. Nun war es also so weit! Der Wagen wurde immer langsamer, bis er vor dem Eingang anhielt. Die Haustüre öffnete sich und Grete stand bereits, äußerst elegant gekleidet, davor und wartete bis ihre Schwester ausstieg.
Karl hatte von seinem Büro im ersten Stock aus gehört, dass ein Auto vorgefahren war. Seine natürliche Neugier befahl ihm, nachzusehen wer es war. Als er am Fenster stand und den Vorhang zur Seite schob, sah er gerade wie die Schwester seiner Frau ausstieg.
Rena.
Viel zu lange hatte er sie weder gesehen, noch mit ihr gesprochen. Eindeutig hatte er zu viel Arbeit, weshalb er seit neuestem einen Privatsekretär hatte. Dieser sagte ihm in Wahrheit aber ganz und gar nicht zu, immerhin starrte dieser seiner Frau unentwegt hinterher. Was Grete scheinbar zu gefallen schien, schließlich versuchte diese ständig in der Nähe von Fritz zu sein. Zurzeit hatte Karl alle Hände voll zu tun, den Aufgaben seiner Firma und der Erziehung seines Sohnes gerecht zu werden. Margarete hatte sich noch nie sonderlich viel aus ihrem gemeinsamen Jungen Paul gemacht. Er musste zugeben, dass er die doppelte Verpflichtung einfach nicht mehr schaffte.
Als er auch noch am Schreibtisch seiner Frau Unterlagen eines Internates gefunden hatte, reichte es ihm endgültig! Er wollte nicht, dass Paul bei Fremden lebte! Erzürnt hatte er die Blätter zur Einschreibung in die Privatschule zerrissen und Grete zur Rede gestellt. Gerade noch rechtzeitig, bevor die damalige Diskussion eskaliert wäre, fiel ihm ein, dass doch ihre liebenswerte Schwester Rena sie etwas unterstützen könnte. Diese könnte vorübergehend bei ihnen wohnen, solange bis sich die Lage im Hause Hoffmann wieder beruhigt hatte. Schließlich wohnte auch schon Fritz, der Privatsekretär hier, was also machte eine weitere Person mehr aus. Wenigstens, so hoffte er, konnte er sich mit seiner Schwägerin noch genauso gut wie früher unterhalten. Denn mit seiner Frau fand er keine Gemeinsamkeiten mehr, sie teilten sich schon lange nicht einmal mehr das selbe Schlafzimmer.
Karl tauchte wieder aus seinen verworrenen Gedankengängen auf. Länger als notwendig gewesen wäre, sah er vom Fenster aus Rena hinterher. Er mochte sie, sehr sogar. Aber weitere Gedanken verbat er sich, schließlich war er verheiratet.
Ohne anzuklopfen, wurde die Türe des Büros aufgerissen und Paul stürmte herein. „Papa!", rief dieser aufgeregt, „Tante Rena ist da!" Stürmisch warf er sich in die Arme seines Vaters, der ihn fest an sich drückte. Karl liebte seinen Sohn abgöttisch. Dieser würde, wenn er alt genug war, das Familienunternehmen, eine Metallgießerei, weiterführen.
„Ich weiß, ich habe es vom Fenster aus beobachtet", gab er zärtlich als Antwort zurück. „Viel zu lange haben wir sie schon nicht mehr gesehen", sagte er noch dazu und drückte seine Nase in das Haar seines Sohnes. „Du wirst sehen, jetzt wird hoffentlich alles besser werden", murmelte er weiter, was Paul aber nicht verstehen konnte.
Karl unterbrach seine Arbeit, denn er wollte seine Schwägerin ebenso begrüßen. Er nahm Paul an der Hand und ging mit ihm nach unten. Weit waren die zwei Geschwister nicht gekommen, da seine Frau und ihre Schwester noch immer in der Eingangshalle standen, während der Butler den Koffer hereinbrachte.
Paul ließ seine Hand los und lief auf seine Tante zu, die ihn sofort liebevoll umarmte und den Jungen an sich drückte. Karl blieb etwas abseits stehen, er versuchte sich kurz zu sammeln. Er war nervös, weil er sie nach so langer Zeit wiedersah. Doch er wollte es sich nicht eingestehen, dass ihm die Anwesenheit von Rena so irritierte.
„Werte Schwägerin", brachte er nun hervor, „wie war die Anreise?" Während er sie ansprach, trat er an sie heran und hielt ihr seine Hand entgegen. Sein Blick glitt über ihre sanften Gesichtszüge und auch kurz zu ihrem Dekolleté, das üppiger war als das seiner Frau. Dieser Gedanke schoss ihm unweigerlich durch seinen Kopf, als er sie betrachtete.
Rena ließ Paul los und nahm die Hand ihres Schwagers entgegen. „Sei gegrüßt Karl, die Anreise war gut", sagte sie mit ihrer melodischen Stimme und sah tief in seine braunen Augen. Ihr Blick wanderte weiter über seinen sorgfältig gestutzten Schnauzer und seine sauber gekämmten, silbernen Haare. Diese machten ihn noch attraktiver, als er ohnehin schon war.
Karl nahm ihre Hand in seine und gab ihr einen Handkuss darauf, während er in ihren gutmütigen Augen versank. Unbestimmte Gefühle, die er schon lange verdrängt hatte, kamen zurück an die Oberfläche und ließen ihn unsicher werden. Er ließ ihre Finger los und wandte sich ab. „Ich muss wieder arbeiten", sagte er steif und erklomm die Stufen sofort in das obere Stockwerk.
Rena blickte Karl nach, was ihrer Schwester nicht verborgen blieb. „Komm, ich zeige dir dein Zimmer und das von Paul", sagte sie deshalb unfreundlicher zu ihr, als sie eigentlich vorgehabt hatte. Grete hatte ihrem Mann im Vorfeld versprochen, etwas freundlicher zu ihr zu sein, denn er wusste ganz genau, dass sich die beiden Frauen nicht verstanden.
Also war die Schwärmerei ihrer Schwester noch immer nicht vorbei, dachte die Jüngere böse, als sie den verklärten Blick der Älteren sah, den sie ihrem Schwager hinterherwarf.
Paul, Margarete und Rena gingen nun ebenso nach oben. Kaum hatte Grete ihr das Zimmer gezeigt, hatte sie sich in Luft aufgelöst.
„Komm Tante, ich zeige dir meine neue Eisenbahn, die ich von Papa bekommen habe!", rief der Kleine aufgeregt und zog sie an der Hand entlang in das Spielzimmer. Beide setzten sich auf den Boden und ihr Neffe führte Rena die brandneue Errungenschaft vor.
„Oh, wie schön, die ist ja wirklich toll und sehr fortschrittlich", sagte sie begeistert zu ihm. Die beiden spielten recht lange zusammen, als die Pendeluhr die Zeit für das Abendessen mit sieben Schlägen ankündigte.
Rena war so in Gedanken versunken, dass sie aufschreckte, als die Uhr zu schlagen begonnen hatte. Rasch blickte sie auf und sah zu dem Jungen, der gar nicht zu reagieren schien. „Komm Paul, lass uns lieber pünktlich zum Abendmahl erscheinen!", meinte sie zu dem Buben.
„Ach lass nur Tante, das ist nicht so genau, ich esse sowieso mit den Dienstboten", sagte der Junge teilnahmslos und spielte weiter mit seinem Zug, als ob ihm das Ganze egal wäre.
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