Geheime Liebe Seite 10-12
Er setzte sich neben sie und reichte ihr den Whiskey. „Schön, dass wir uns endlich wieder sehen, wenngleich du unsere Gegenwart immer gemieden hast, als wir zu euren Eltern zu Besuch gekommen sind", während er das Gespräch so direkt begann, verzog er, ohne es zu wollen, sein Gesicht zu einer schmerzlichen Grimasse. Denn es tat ihm weh, dass sie nie anwesend war, wenn er einen seiner seltenen Besuche absolviert hatte.
Rena wurde es heiß und kalt, wie sollte sie nur darauf antworten? Alles, was sie sagen würde, wäre falsch und gelogen, doch die Wahrheit ging noch viel weniger. Der Schmerz ihrer unendlichen Liebe zu ihm schien sie gerade zu erdrücken, denn ihre Kehle begann sich zuzuschnüren. Sie schluckte den dicken Klumpen in ihrem Hals hinunter und räusperte sich kurz.
„Es, es ist kompliziert und ich möchte nicht darüber sprechen", sagte Rena mit rauer Stimme zu Karl und wandte ihren Blick von ihm ab. Gedankenverloren nippte sie an ihrem Getränk und wünschte sich nichts mehr, als sich einfach in Luft auflösen zu können.
Karl betrachtete seine Schwägerin genau und er merkte, dass es nichts bringen würde, jetzt nachzubohren. Obwohl er es unbedingt wissen wollte, warum sie ihn und seine Familie mied. Ja, er wusste, dass sich die beiden Schwestern nicht leiden konnten, aber das Gefühl, dass noch etwas mehr dahintersteckte, ließ ihn nicht los.
„Gut, lass uns nicht mehr darüber reden, vielleicht kommt einmal der richtige Zeitpunkt und du möchtest es mir erzählen", sagte er nun, da er sie nicht weiter drängen wollte. Mit den Augen nahm er jedes einzelne Detail von ihr auf, damit er wieder lange davon zehren konnte.
Rena biss auf ihrer Unterlippe herum und schüttelte verneinend den Kopf. „Wohl eher nicht", war das Einzige, das sie zu ihm sagte. Die Situation wurde für sie immer unangenehmer und der Grund, warum er mit ihr alleine sein wollte, unverständlicher.
Karl passte die Sachlage überhaupt nicht. Er fühlte sich von ihr so weit entfernt, als hätte er jeglichen Zugang, den er jemals zu ihr gehabt hatte, verloren. Sie sah ihn nicht einmal mehr an, was ihn schmerzte. Er hatte bei den früheren Gesprächen mit ihr immer so gerne in ihre ruhigen, lieblichen Augen gesehen. Obwohl diese meistens einen traurigen Schimmer in sich trugen, zumindest hatte er diesen Eindruck. Wild wirbelte ein Sturm seiner alten Gefühle und Empfindungen für sie in seinem Herzen und ihm wurde schlagartig bewusst, dass man Liebe nicht kontrollieren konnte.
„Rena, ich bin daran schuld, dass du hier bei uns bist. Ich brauche deine Hilfe", sprach er nun endlich das eigentliche Thema an, das ihn schon viel zu lange beschäftigte.
Nun sah sie ihn doch überrascht an, da sie glaubte, sich verhört zu haben. „Weshalb?", hauchte sie nur leise und stellte das Kristallglas auf dem Tisch ab. Sie war sich nicht mehr sicher, ob sie genug Kraft hatte dieses weiterhin zu halten.
„Glaube mir, es war ein schwerer Schritt, mir die derzeitige Situation einzugestehen", sprach er unheilvoll und ließ keine Sekunde den Blick von ihrem Gesicht gleiten. „Paul braucht eine weibliche Bezugsperson, die ihn liebt und unterstützt. Margarete war es noch nie und wird es auch nie werden. Und, und ich könnte ebenso etwas Unterstützung gebrauchen", fügte er an. Es war ihm alles unglaublich peinlich, doch jetzt war nicht mehr die Zeit für falschen Stolz, er bedurfte Renas Hilfe. Er leitete als Generalsekretär ein riesiges Stahlbauunternehmen, aber sein Privatleben zu organisieren überschritt inzwischen seine persönlichen Kompetenzen.
Rena starrte ihn an, als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen, was Karl trotz der ernsten Situation lächeln ließ. „Sieh mich nicht so an", sagte er und ohne darüber nachzudenken, hatte er mit seinem Daumen über ihre Wange gestrichen. Als ihm bewusst wurde, was er gerade getan hatte, zog er seine Hand so schnell weg, als hätte er sich verbrannt.
Rena war zu einer Säule erstarrt, nicht nur, dass er sie liebevoll anlächelte, nein, er hatte sie auch noch zärtlich an der Wange gestreichelt. Sie wollte nur noch verschwinden, die ganzen Ereignisse des heutigen Tages hatten sie komplett überfordert. „Was ist mit Paul, geht es ihm nicht gut?", fragte sie deshalb, damit sie der Situation rasch entkommen konnte.
Karl ballte seine Hand zu einer Faust. Die Berührung ihrer zarten Gesichtshaut war keine gute Idee gewesen. Er musste sich jetzt zusammenreißen und dem Treffen ein schnelles Ende bereiten! „Nein, mit Paul ist alles in Ordnung! Er ist manchmal etwas unkonzentriert und braucht Unterstützung beim Lernen. Herr Zeisler gibt ihm zwar Nachhilfe, aber wenn ich ehrlich bin, passt es mir nicht. Alles Weitere werden wir bereden, sobald es so weit ist. Fällt dir irgendetwas Ungewöhnliches auf, so sag es mir bitte. Ich zähle auf dich Rena und falls du jemals etwas benötigst, kannst du jederzeit zu mir kommen", schloss er das Gespräch ab, schüttete denn restlichen Whiskey seine Kehle hinunter und stand auf.
Rena wusste, dass die Unterhaltung nun beendet war und tat es Karl nach, trank aus und erhob sich von ihrem Sessel. Nervös strich sie mehrmals ihren Rock glatt, um ihre Nerven etwas zu beruhigen.
„Kommst du noch mit zu Paul?", fragte er seine Schwägerin und öffnete dabei die Türe für sie.
Sie war hin und her gerissen. Auf der einen Seite wollte sie von seiner Anwesenheit befreit sein, aber in Wahrheit wäre sie am liebsten Tag und Nacht an seiner Seite. Rena atmete tief ein und roch dabei seinen männlichen Duft. „Ja, ich komme noch mit", antwortete sie auf seine Frage.
Beide gingen die wenigen Schritte weiter zu Pauls Schlafzimmer. Leise öffneten sie die Türe und traten ein. Ihr Neffe lag bereits im Nachthemd in seinem Bett, das sanfte Licht tauchte die Szene in eine friedliche Stimmung. Erst als Renas Blick auf den ihrer Schwester fiel, war der Frieden zerstört. Mörderisch starrte Grete die beiden an und erhob sich, ohne unnötige Zeit zu verlieren, aus dem gemütlichen Schlafsessel. Sie konnte es scheinbar kaum erwarten, ihr Kind zu verlassen und ihrem eigenen Vergnügen nachzugehen.
„Na endlich, was hat da so lange gedauert?", zischte sie den beiden entgegen und rauschte aus dem Zimmer, ohne ein weiteres Wort zu sprechen oder auf eine Antwort zu warten.
Rena schaute Karl betroffen an, denn sie konnte nicht glauben, dass ihre Schwester Paul nicht einmal eine gute Nacht wünschte oder ihm einen Kuss gab! Ihr fehlten die Worte und hätte sie das gewusst, wäre sie schon viel früher hier her gekommen, um ihrem Schwager zu helfen.
Karl wusste ganz genau, was in Rena vorging, aber er wollte vor seinem Sohn nicht darüber sprechen. Deshalb ging er zu dem kleinen Bücherregal, das an der Wand neben dem Fenster stand. „Was darf es heute für eine Gutenachtgeschichte sein, großer Mann?", sprach Hoffmann liebevoll, fuhr mit dem Zeigefinger über die verschiedenen Bücherrücken und sah seinen Sohn erwartungsvoll an.
„Tante, such du eines aus", rief der Kleine freudig und drückte sich noch weiter in die weichen Kissen seines Bettes hinein.
Rena lächelte Paul an und nickte ihm zu. Sie trat an ihren Schwager heran und besah sich die Buchtitel. Als sie so dicht neben Karl stand, begann ihr gesamter Körper zu kribbeln, doch sie versuchte sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren.
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