Chapter 26
Im nächsten Moment kommt auch schon eine Frau, gefährlich nah an der Tür vorbei.
Mate und Nico halten die Luft an und zum Glück bemerkt die Frau sie nicht.
Um sicher zu gehen, warten sie noch einen Moment, dann schlüpft erst Nico und dann Mate möglichst leise aus dem Raum und machen ihn wieder zu.
„Wie finden wir den eigentlich wieder?“, zischt Mate und folgt Nico eine Treppe hinauf.
„Egal, notfalls nehmen wir eben ein anderes Fenster“, flüstert der zurück und biegt um eine Ecke. Lautlos fluchend sieht Mate zu, ihn nicht zu verlieren.
Das Haus ist wirklich gigantisch, was zumindestens schon mal die Gefahr einschränkt, dauernd irgendwelchen Angestellten zu begegnen.
Nico pirscht durch unzählige Gänge und Flure, Mate dicht hinter ihm.
„Wir sind jetzt fast eine viertel Stunde hier“, bemerkt Mate und bleibt stehen. „Wir finden sie so nicht.“
„Und was schlägst du vor?“, raunt Nico zurück, nachdem er sicherheitshalber um eine Ecke gespäht hat.
„Wir fragen jemanden, wo sie ist.“
„Bist du verrückt? Wir können ja gleich zu dem Typ persönlich gehen“, zischt Nico angespannt.
„Die merken bestimmt nicht, dass wir hier nicht angestellt sind, bei dem großen Ding“, widerspricht Mate. „Komm.“
Er geht gelassen den Gang zurück und Nico seufzt.
„Warum läufst du mitten im Gang, dich kann jeder sehen?“
„Nico, meinst du die verraten uns, wo Liz ist, und kaufen uns unsere Geschichte ab, wenn wir hier rumschleichen? Ab und zu habe ich das Gefühl, das du zu viele Aufträge hinter dir hast.“ Mate spaziert einfach weiter, eine größere Treppe hinunter.
Unten läuft gerade ein Mann in einem schwarzen Anzug vorbei. Am liebsten wäre Nico sofort hinter einer Ecke verschwunden, doch er reißt sich zusammen und geht hinter Mate die Stufen hinunter.
„Entschuldigen Sie!“, ruft Mate und winkt kurz, damit der Mann sie entdeckt. Verwundert aber auch etwas misstrauisch dreht er sich zu den zwei um.
„Können Sie mir sagen, wo Li … Elizabeth ist?“ Mate erreicht das untere Ende und bleibt erwartungsvoll vor dem Mann stehen.
Einen schrecklich langen Augenblick sieht der Mann ihn nur reglos an, dann sagt er: „Sie ist mit Herr Moralez in der Stadt, wissen Sie das nicht?“
„Mist, ja … das war der Punkt, der mir nicht eingefallen ist“, beeilt sich Mate zu sagen und schüttelt den Kopf.
„Warum suchen Sie sie denn?“
Mate hält die Luft an und Nico schiebt sich ein Stück an ihm vorbei.
„Wir … wir sollten ein Überraschungskleid für sie anfertigen.“ Er grinst den Mann an.
„Warum hat mir Herr Moralez denn nichts davon gesagt?“, überlegt der Mann.
„Weil es eine …“
„Ah, ok … kommt heute Abend, nein … Morgen wieder, ich informiere ihn davon, dass Sie hier waren, meine Herren“, meint er und will gerade gehen, als Mate ihn festhält.
„Nein, schon ok, stellen Sie sich nur vor, Elizabeth würde etwas davon mitbekommen, dann wäre alles umsonst!“
„Und was schlagen Sie dann vor?“
„Wir kommen heute Abend einfach wieder“, sagt Nico.
„Nein, heute Abend sind sie nicht da“, wirft der Typ ein.
„Dann eben Morgen und erzählen Sie Herr Moralez möglichst nicht, dass wir hier waren. Der Arme hat schon genug Stress und er will doch, dass alles perfekt wird“, erinnert Mate und entspannt sich ein wenig, als der Mann nickt.
„Super können Sie uns dann den Ausgang zeigen?“
Der Mann wuselt durch die Gänge, als würde er es schon sein ganzes Leben lang machen und zögert nicht einen Moment.
Eilig laufen Mate und Nico ihm hinter her, bis sie in den großen Eingangsbereich kommen.
„Einen schönen Tag noch“, wünscht der Mann und hält die Eingangstür auf. Zwar lächelt er freundlich, doch unterschwellig dringt eine klare Aufforderung durch.
„Ebenfalls“, sagt Mate und verneigt sich leicht, bevor er nach draußen tritt.
„War mir eine Ehre und … vielen Dank.“ Nico nickt ihm zu und geht dann erleichtert nach draußen. Hinter ihnen fällt das schwere Eingangsportal mit einem Rums zu.
Mate zuckt leicht zusammen und dreht sich zu Nico um.
„Verschwinden wir, bevor Herr Moralez hier auftaucht“, murmelt er und läuft zügig los.
„Was machen wir denn jetzt. Wir brauchen zumindestens erst mal was, wo wir die Nacht verbringen können.“
Mate nickt. „Wir suchen uns ein Hotel, dann kommen wir, wenn es dunkel wird, hier her zurück, verstecken uns in Liz Zimmer und warten auf sie.“
„Coole Idee“, keucht Nico, der kurz vor Mate die Einfahrt hinabjoggt.
„Hoffentlich ist das Taxi noch da.“
„Wenn der Typ weg ist, verhau ich ihn!“, knurrt Nico und biegt auf die Straße. Mate schüttelt den Kopf und grinst.
Plötzlich hören sie ein Motorgeräusch.
„Verdammt!“ Sofort gibt Mate Tempo und sprintet los. Wenn Herr Moralez sie jetzt erwischt!
Fluchend wird auch Nico schneller, die beiden stürmen an der weißen Mauer des Grundstücks vorbei und halten verzweifelt nach dem kleinen Weg Ausschau, von dem der Taxifahrer gesprochen hat.
Die beiden laufen so schnell sie können, doch als Mate einen kurzen Blick über die Schulter wirft, sieht er eine schwarze Autonase am Hügel auftauchen.
Entsetzt stolpert er und kann sich gerade noch so auffangen.
„Mate!“ Nico packt ihn am Arm, zieht ihn wieder auf die Beine und rennt weiter. Mate braucht einen Moment, bis er sein Gleichgewicht wieder findet, und jagt dann weiter.
„Wir …“, will er sagen, doch bekommt kein weiteres Wort über die Lippen.
In dem Moment endet die Mauer und ein kleiner Waldweg biegt nach links ab. Beine werfen sich um die Ecke, als das Auto auch schon an ihnen vorbei fährt.
Es ist keine Limousine.
Erschöpft legt sich Mate einfach auf den Rücken. Seine Brust hebt und senkt sich unheimlich schnell.
„Verdammt“, bringt Nico heraus und sieht sich schwer atmend nach dem Taxi um.
Mate nickt, zu erschöpft, um zu antworten. Warum muss es auch so warm sein?
„Da sind Sie ja“, sagt plötzlich eine Stimme hinter ihnen, Mate dreht sich entsetzt um und Nico springt der Person an den Hals.
Röchelnd fällt der Taxifahrer um und Nico lässt ihn erschrocken los.
„Entschuldigung. Dachte Sie wären jemand anderes“, meint er zerknirscht und hilft dem verdatterten Mann wieder auf die Füße.
Er sieht immer noch ungewöhnlich bleich aus und wankt hastig zu seinem Taxi zurück.
„He, warten Sie!“, ruft Mate und rennt ihm hinter her.
Der Mann hat gerade das Auto erreicht, als Mate neben ihm ist und die Tür zuhält.
„Wir wollen Ihnen nichts tun, glauben Sie mir. Es sind nur ein paar Typen hinter uns her, deswegen sind wir so vorsichtig“, versucht er es zu erklären, doch der Taxifahrer fängt bei seinen Worten nur an, verzweifelt an der Tür zu rütteln.
„Fahren Sie uns einfach in die Stadt“, brummt Nico und steigt hinten ein.
„Oder wollen Sie hier warten bis Herr Moralez sieht, wie sie hinter seinem Grundstück hervor fahren?“ Mate lässt die Tür los und steigt ebenfalls hinten ein.
Das scheint dem Mann Beine zu machen, denn er setzt sich schnell in das Taxi und startet dem Motor. Oder er ist einfach froh, die beiden bald absetzen zu können.
Mate starrt hoch konzentriert aus dem Fenster, während Nico unruhig auf der Rückbank hin und her rutscht.
Das Taxi setzt sich erst langsam in Bewegung, wird dann immer schneller und biegt zurück auf die große Straße.
„Also kommen wir heute Abend einfach wieder?“, bricht Nico schließlich die Stille.
Mate schreckt aus seinen Gedanken hoch.
„Was? … Ach so. Ja.“
„Findest du es wirklich eine sehr gute Idee, dann so lange in dem Haus zu bleiben, bis sie wieder zurückkommen?“
„Ich wüsste nicht, was wir sonst machen sollten“, meint Mate schulterzuckend. „Wenn wir dauernd hin und wieder wegfahren und fragen, ist die Chance, das irgendwann mal Moralez aufmacht viel zu groß.“
Nico grunzt etwas Unverständliches.
„Wo wollen Sie eigentlich raus?“, will in dem Moment der Taxifahrer wissen und sieht in den Rückspiegel.
„Ach, irgendwo in der Innenstadt. Am besten dort, wo wir eingestiegen sind“, sagt Mate und sieht wieder aus dem Fenster.
Eine viertel Stunde später hält das Auto kurz vor der Fußgängerzone, unweit von dem Platz mit Brunnen.
„Vielen Dank“, sagt Mate und gibt dem Fahrer noch extra etwas mehr. Zügig gehen sie durch die mittlerweile deutlich leerere Straße.
„Wofür war das denn?“, fragt Nico, als sie gerade den Brunnen erreichen.
„Der arme Mann hat heute ganz schön viel mitgemacht“, erwidert der und bleibt einen Moment stehen.
Die Sonne hängt wie ein glühend roter Ball am Himmel, in ein paar Stunden ist sie wahrscheinlich verschwunden.
„Suchen wir uns ein Hotel“, schlägt Nico vor und setzt sich seine Sonnenbrille wieder auf.
Mate lacht. „Gute Idee. Und was zu essen, ich sterbe vor Hunger.“
„Das kommt in letzter Zeit wirklich etwas zu kurz“, stimmt Nico zu und läuft wieder los.
Mate ist ein kleines Stück hinter ihm.
„Sieh mal, ein fünf Sterne Hotel“, grinst er, als sie an einem gewaltigen goldenen, in der Abendsonne glänzenden Hotel vorbei gehen.
„Klar, ich glaube wir sollten uns eine Luxus Suit nehmen“, bemerkt Nico ironisch.
„Und am Morgen aus dem Fenster steigen, bevor wir zahlen müssen.“ Mate scheint die Vorstellung amüsant zu finden.
„Du hast zu viele Filme gesehen“, brummt Nico und schleift ihn weiter.
Eine Weile gehen sie schweigend nebeneinander her.
Plötzlich sind laute Stimmen zu hören, doch als Mate sich überrascht umdreht, sieht er nur noch einen Mann, der seine beiden Kinder in eine abführende Straße drückt.
Er runzelt die Stirn und dreht sich dann wieder nach vorne um.
„Da gibt es etwas zu essen“, strahlt Nico und geht zu einem kleinen Geschäft.
„Holst du was für uns beide und ich gehe schon mal bis zur nächsten Kreuzung und suche nach einem möglichst billigen Hotel.“ Mate nickt Nico noch mal zu und geht dann weiter.
Nico kramt etwas Geld aus seiner Hosentasche und geht zu dem Laden.
Langsam zieht er die Sonnenbrille ab und steckt sie in seine Tasche, als er eintritt.
Es gibt mehrere Sachen, von denen er noch nie etwas gehört hat, alle mit einer Nummer versehen.
Ein Moment steht er ratlos vor der Theke, während die Frau dahinter geduldig wartet, und entschließt sich dann für die Nummer fünf.
Während das Essen vorbereitet wird, sieht er sich möglichst unauffällig um. Hier sieht es nicht schlecht aus: Der kleine Raum ist gemütlich eingerichtet und bietet Platz für zehn Tische. Auf den Tischen sind schon Kerzen angezündet worden, um das immer schwächer werdende Licht der Sonne auszugleichen.
Plötzlich steigt ihm ein leckerer Duft in die Nase und sein Magen fängt an zu knurren.
Hoffentlich hat Mate ein Hotel gefunden.
Die Frau reicht ihm das eingepackte Essen und Nico legt das Geld auf den Tresen.
Er verabschiedet sich und geht wieder nach draußen. Obwohl die Sonne immer tiefer sinkt, ist es noch ziemlich warm.
Am liebsten würde Nico das ganze Essen auf einmal verdrücken. Leise fluchend macht er sich zügig auf die Suche nach Mate.
Er weicht einem Mann aus und sieht sich um. Hier führen zwei Straßen ab, aber Mate ist nirgendwo zu sehen.
Nico dreht sich einmal im Kreis. Das ist eindeutig die nächste Kreuzung.
„Mate?“, ruft er vorsichtig.
Niemand antwortet und Nico kann ihn auch zwischen den wenigen Passanten nicht ausmachen.
Na toll, denkt er und schüttelt leicht den Kopf.
Plötzlich hört er laute Stimmen aus einer der abführenden Straßen und sieht eine Gruppe Männer, die fluchend nach links abbiegen. Sie sehen alle etwas zwielichtig aus.
Nico zuckt mit den Schultern.
Doch dann sieht er eine einzelne Person die Straße entlang kommen. Nico erkennt Mate an dem Gang sofort.
Erleichtert läuft er auf ihn zu.
„Sorry, ich habe etwas länger gebraucht“, entschuldigt sich Mate und wuschelt sich durch die Haare.
„Kein Ding. Hast du was gefunden?“
„Ähm. Ja, kann man so sagen, aber ich sage gleich, dass es nichts besonders Gutes ist“, antwortet Mate verlegen.
„Macht doch nichts, es muss ja nicht gerade ein Fünfsternehotel sein.“
Mate hustet leicht, sieht jedoch schnell in eine andere Richtung, als Nico ihn fragend ansieht.
„Komm einfach mit“, meint er dann leise und geht zurück in die Seitenstraße.
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