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SIEBEN

»Was willst du trinken?«, fragte ich Mia auf dem Weg in die Küche.

»Was hast du denn?«, wollte sie wissen. Ich konnte Schritte hinter mir hören und kurze Zeit später tauchte sie im Türrahmen der Küche auf.

»Uff, da fragst du jetzt was.« Ich verzog das Gesicht und starrte auf die Schränke und den Kühlschrank. Ich öffnete eben diesen und sah hinein.

»Äähm, also ich hätte Milch.« Ich hörte Mia verhalten kichern. »Dann hätte ich noch Orangensaft.« Ich nahm die Packung in die Hand und überlegte, wann wir die gekauft hatten. Ein Blick auf das Haltbarkeitsdatum verriet mir, dass der Saft seit über einem Monat abgelaufen war.

»Okay, der hat sich gerade von selbst erledigt«, erklärte ich, während ich die Flüssigkeit in den Abfluss goss.

»Und sonst so?«, wollte Mia wissen und zog eine perfekt gezupfte Augenbraue in die Höhe.

»Nun ja, ich hätte da noch das leckere Lübecker Wasser direkt aus der Leitung«, pries ich ihr das Leitungswasser an und wackelte mit den Augenbrauen. Ein breites Grinsen legte sich auf ihre rot gemalten Lippen und gab ihre makellosen weißen Zähne preis.

»Mmmh, das klingt verlockend. Aber ich hätte irgendwie Lust auf etwas mit mehr Umdrehungen.«

»Oh, da hätte ich was.« Ich warf schnell die Packung in den gelben Sack unter der Spüle und öffnete den letzten Schrank auf der linken Seite. Ich kniete mich hin und griff nach ganz hinten durch. Blind tastete ich mich vorwärts und spürte kaltes Metall unter meinen Fingern.

»Hier muss es doch irgendwo sein«, murmelte ich und streckte konzentriert die Zunge heraus.

»Kann ich dir helfen?«, hörte ich Mia besorgt fragen.

»Nein, alles gut. Ich weiß, ich habe hier irgendwo noch eine Weinflasche rumstehen. Warte... Aha«, ich ertastete glattes Glas und umfasste den Flaschenhals. Langsam und vorsichtig rangierte ich die fragile Fracht aus dem Schrank heraus und brachte eine dickbäuchige, grünschimmernde Weinflasche zum Vorschein. »Tadaa«, jubilierte ich und sah sie strahlend an.

»Perfekt«, flötete Mia und suchte bereits meine Schränke ab.

»Die Weingläser sind drinnen, in der Vitrine, wo auch meine ganzen Schildkröten sind.«

Sofort machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand im Wohnzimmer. Ich lief ihr hinterher und drehte währenddessen den Verschluss ab. Bei der Weinflasche handelte es sich um einen feinen Tropfen von einem deutschen Gut, welcher wohl preislich in der Mitte liegen würde. Er gehörte nicht zu den ganz billigen für zwei oder drei Euro, aber auch nicht zu den überteuerten von bis zu tausenden von Euros.

»Das ist mein Lieblingswein und ehrlich gesagt auch der Einzige, den ich wirklich gerne trinke.« Verträumt starrte ich auf das Etikett, auf dem Weingut Friedstein, Jahrgang 2016 zu lesen war.

Als ich etwas klirren hörte, hob ich besorgt meinen Blick. Ich konnte Mia gerade dabei beobachten, wie sie zwei meiner teuren Weingläser von WMF auf dem Couchtisch abstellte und sich danach wieder stirnrunzelnd meiner Vitrine zuwandte.

»Du hast da aber eine tolle Sammlung«, hörte ich sie murmeln und ich konnte die Ironie förmlich triefen hören. Eigentlich war es keine Sammlung, es war eher ein bunter, zusammengewürfelt Haufen aus dutzenden von Schildkröten aus Glas, Stoff, Ton, Metall, Holz und was es noch für Materialien gab.

»Jaah.« Ich zog das Wort in die Länge und seufzte innerlich. Noch immer starrte Mia meine Sammlung an, mit einer Hand auf dem Türgriff.

»Was ist das denn für ein scheußliches Ding?« Ihre Stimme schoss beim letzten Wort in die Höhe und ich sah verwirrt zu ihr. Ihr Arm fuhr in meine Vitrine und brachte eine schrecklich pinke und viel zu glücklich dreinschauende Schildkröte aus Plüsch hervor. Ich wusste noch ganz genau, wie sie mir Bea vor etwa vier Jahren zum Valentinstag geschenkt hatte.

Wir waren zu der Zeit beide hochgradig single und einsam gewesen, sodass wir beschlossen hatten, den vierzehnten Februar einfach gemeinsam zu verbringen. Wir hatten uns gegenseitig eine Kleinigkeit geschenkt und ebendiese Schildkröte hatte ich von ihr bekommen, während sie einen zwanzig Euro Gutschein von Douglas erhalten hatte.

»Pack es bloß wieder zurück, sonst werde ich noch blind«, witzelte ich und hob panisch gespielt die Arme und kniff die Augen zusammen.

»Warum sammelst du bloß all diese ekligen Tierchen, wenn du sie nicht einmal magst?«, lachte Mia und traf damit meinen wunden Punkt.

»Um dir das zu erzählen, bin ich noch zu nüchtern. Es ist eine sehr lange und sehr traurige Geschichte, die mit einer selbstgemachten Schildkröte anfing, und mit einem nicht gesagten: Nein, danke, aufhört.«

Neugierig wandte sich Mia mir zu. Ihr Blick war forschend auf mich gerichtet und sie scannte mein Gesicht. Immer wenn das Thema Schildkröte zur Sprache kam, fühlte ich mich unwohl. So auch heute. Meine Wangen wurden heiß und schnell wandte ich mich von ihr ab. Stattdessen schenkte ich uns beiden ein Gläschen ein und fing den Tropfen an der Öffnung mit meinem Finger auf.

»Mmmh«, brummte ich selig, als ich die rote Flüssigkeit von meinem Finger leckte. »Ein wirklich guter Jahrgang.« Es war eine lächerliche Art, das Thema zu wechseln, aber ich hoffte, Mia würde sie ergreifen.

»Ich bin immer offen, für komplizierte und lange Geschichten.« Ein Stöhnen verließ meine Kehle. Der Grund, wieso ich eine immens große Schildkröten Sammlung besaß, war wohl mein best gehütetes Geheimnis und ich hegte zurzeit kein Interesse daran, etwas an dieser Situation zu ändern.

»Bitte entschuldige, wenn ich jetzt etwas forsch klinge«, ich drehte mich zu ihr um, und stellte leicht erschrocken fest, dass sie nur noch eine Armbreit von mir entfernt stand.

»Aber?«, fragte sie, zog eine Augenbraue hoch und schnappte sich ein Weinglas aus meiner Hand.

»Aber ich habe wirklich keine Lust, darüber zu sprechen. Besonders da ich dich heute aus einem anderen Grund hergebeten habe.« Mia quetschte sich an mir vorbei, ließ sich elegant auf dem Sofakissen nieder, schlug ein Bein unter sich und sah mich aus großen blauen Augen erwartungsvoll an. Auch ich setzte mich auf die Couch und nippte an meinem Glas.

»Weißt du, was das Gute an diesem Wein ist?«

»Na?«

»Er muss nicht atmen.« Ich zwinkerte ihr zu und stellte das Glas wieder auf dem Tisch ab. Sie tat es mir nach und rückte etwas näher zu mir.

»Was wolltest du denn dann mit mir besprechen?«, fiel sie mit der Tür ins Haus.

Nervös knabberte ich an meinem Daumen. Die Nacht über hatte ich wachgelegen und das für und wider abgewogen. Was es alles für Vorteile hätte, wenn ich studieren würde und auch was es für Nachteile hätte.

Mein Problem war, dass die Vorteile sich erst nach einem Abschluss ereignen würden und ich wusste zu der Zeit nicht, ob ich so lange warten könnte. Daher war meine Unsicherheit über die Nacht immer mehr und mehr gestiegen und auch Jonas Worte hatten ihren Weg zurück in meine Gedanken gefunden. »Ich glaube kaum, dass du Arbeit und Studium unter einen Hut kriegen würdest.«

Mia würde hier und jetzt meine Entscheidung grundlegen beeinflussen. Entweder würde ich noch heute meine Bewerbung für die Unis rausschicken, die ich mir ja bereits herausgesucht hatte, oder ich würde den Gedanken daran für die nächsten zehn Jahre verwerfen.

»Also«, begann ich und nahm meinem Finger aus dem Mund. Er glänzte feucht und ich wischte ihn unauffällig an meiner Jeans ab, während ich mit einer Hand über meinen Oberschenkel fuhr. »Ich habe für mich festgestellt, dass ich in meinem Beruf unglücklich bin. Es ist viel Arbeit und bis auf ein Lächeln der Patienten bekommt man wenig zurück. Das Geld ist nicht schlecht, aber es honoriert nicht annähernd das, was man leistet. Ich meine ein Bänker sitzt den ganzen Tag in seinem Büro, schiebt Geld hin und her, ruft vielleicht ein paar Kunden am Tag an und hat am Ende des Monats dreitausend Euro auf dem Konto. Ich hingegen«, ich merkte bereits, dass ich mich wieder in meinen Frust hineinsteigerte und meine Wangen fingen jetzt nicht mehr nur wegen des Weins zu glühen an, »halte das Leben von Menschen in den Händen, pflege und wasche sie jeden Tag, gebe ihnen ihre Medikamente und halte ihre Hand in schlimmen Zeiten und leihe ihnen mein Ohr. Jedoch bekomme ich gerade mal etwas über zweitausend Euro und auch nur, weil ich Zulagen ohne Ende bekomme, fürs Wochenende, für Nächte, fürs Einspringen.«

Mein Puls rauschte mir in den Ohren. Ich konnte nicht leugnen, dass mich meine derzeitige Situation aufregte. Wie hätte ich es auch verstecken sollen? Ich saß schließlich schnaufen und mit knallrotem Kopf auf Jonas, verflixt, unserer Couch und redete mich in Rage.

»Tief Luft holen.« Beruhigend strich mir Mia über den Oberschenkel und lächelte mich schief an. »Ich verstehe, was du sagen willst. Du bist unglücklich, habe ich recht?«

Ich schnaubte laut auf. »Unglücklich ist fast schon untertrieben. Ich bin frustriert, genervt, angepisst. Ich glaube, das trifft es besser.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und rutschte nach tiefer in das Sofakissen.

Mia nahm ihr Weinglas und hielt es mir provokativ unter die Nase. »Wir haben noch gar nicht angestoßen«, erinnerte sie mich und holte mich damit aus meinen negativen Gedanken. Ich atmete tief durch und holte mir ebenfalls mein Glas.

»Auf die tapferen Krankenschwestern, die uns jeden Tag das Leben retten.« Sie stieß mit mir an und ich musste mit den Augen rollen.

»So, wie du es sagst, klingt es lächerlich.«

»Oh, entschuldige. So war das nicht gemeint«, entschuldigte sie sich halbherzig und zwinkerte mir schelmisch zu. Sie nahm mich auf den Arm, ganz bestimmt. Aber es half gegen meine schlechte Laune, daher war ich ihr dafür dankbar. Ich trank einen tiefen Zug und leerte damit mein halbes Glas.

»Und was hast du jetzt vor?«

»Wie meinst du das?« Verwirrt runzelte ich die Stirn und sah sie über mein Weinglas hinweg an.

»Na komm, ich hör deinen Frust bis hier her. Und da du mir geschrieben hast, dass du etwas mit mir bereden möchtest, habe ich eins und eins zusammengerechnet und oh Wunder, die Antwort war nicht zwei.« Erneut zwinkerte sie mir zu und ich musste glucksen. Warum auch immer ich da gerade an Pippie Langstrumpf denken musste, wusste ich auch nicht.

»Oha, du wirst irgendwann mal definitiv eine gute Psychologin.«

»Danke«, sagte sie, legte ihren Kopf schief und lächelte mich mit geschlossen Augen an. Nachdem ich einen weiteren, dieses Mal aber kleineren Schluck getrunken hatte, fing ich an zu erzählen.

»Ich habe überlegt, ob ich etwas verändern soll. Ich habe das Gefühl, in meinem Beruf festzustecken und nicht mehr vorwärts oder rückwärts zu kommen. Daher habe ich überlegt«, der Alkohol löste nicht nur meine Zunge, sondern auch den Knoten in meinem Bauch, der sich seit der Unterhaltung mit Jona dort eingenistet hatte, »ob es nicht eine gute Idee sein würde, studieren zu gehen.« Ich hatte gesprochen, ohne eine Atempause zu machen und schnappte nun hektisch nach Luft.

»Mmmh.« Mia sah mich mit zusammengekniffen Augen an und schnippte an ihr Weinglas. Ein angenehmer, tiefer Ton breitete sich im Raum aus und ließ mein Inneres vibrieren. Ihr Blick war auf meine Nasenspitze fixiert und ich konnte es sprichwörtlich in ihrem Kopf arbeiten hören.

Nach zwei weiteren Sekunden der Stille hielt ich es nicht länger aus: »Und, was denkst du?«

»Mmmh«, brummte sie erneut und sah anstelle von mir nun die Decke an. Worüber sie wohl so lange nachdenken muss? Ob sie es mir gleich genau wie Jona ausreden würde? Oder würde sie es für eine tolle Idee halten und mich darin bestärken. War es denn eine gute Idee? War es eine dumme? War ich dumm? War ich zu naiv und sah das große Ganze nicht? Wieso sagte sie nichts? Konnte sie nicht einfach irgendetwas sagen? Mir es ausreden, die Idee als Dummheit abtun und wir konnten es damit sein lassen?

»Ich finde, das klingt gut«, unterbrach sie meine Gedanken und überraschte mich damit auf äußerste.

»Was?«, fragte ich sie und meine Kinnlade fiel krachend zur Erde.

»Ich weiß zwar nicht, was dir für ein Studiengang vorschwebt, aber wenn du schon jetzt in deinem Job unglücklich bist, wie willst du dann die nächsten vierzig Jahre schaffen? Außer du willst dutzende Kinder kriegen und einfach Zuhause das süße Mütterchen spielen.«

»Um Gottes Willen«, prustete ich heraus. »Also das ist wirklich nicht das, was ich mir von meinem Leben erhofft hatte. Klar will ich Kinder bekommen, aber erstens nicht Dutzende, sondern eher eins oder zwei. Und zweitens werde ich höchstens ein Jahr zuhause bleiben und auf die Kinder aufpassen. Ich bin nicht dafür geschaffen, hinter dem Herd zu stehen.«

»Du meinst vor dem Herd, denn dahinter ist kein Platz«, zog mich Mia auf und ich streckte ihr als Antwort die Zunge heraus. Kichernd trank sie aus ihrem Glas und leerte es damit. Um nachzuziehen, stürzte ich die letzten zwei Schlucke meines Weines hinunter und stellte zeitgleich mit ihr das Weinglas auf dem Tisch ab.

»Also, was schwebt dir denn so vor?« Sie fand nicht, dass es eine dämliche Idee war. Sie bestärkte mich! Mia war nicht auf Jonas Seite, sondern auf meiner, und ich konnte es kaum fassen.

Aufgeregt hüpfte ich auf der Couch leicht auf und ab und begann zu erzählen. »Also am liebsten würde ich Medizinpädagogik studieren, nur leider ist da der Schnitt sehr hoch. Sonst hatte ich noch überlegt, ob ich eventuell Politikwissenschaft studieren...«, ich konnte den Satz kaum zu Ende sprechen, da unterbrach mich Mia bereits.

»Nein! Wenn ich dir einen Rat geben darf, dann nimm nicht Politikwissenschaft.«

»Wieso?« Sie hatte mich etwas aus meinem Redefluss geworfen, daher lehnte ich mich entspannt in das Sofakissen und hörte ihr gespannt zu.

»Der Stoff ist so trocken und langweilig, ich glaube nicht, dass du damit glücklich werden würdest. Und außerdem, was willst du damit später arbeiten? Ich schätze dich eher als den Typ Mensch ein, der gerne mit anderen zusammenarbeitet und Leuten hilft. Politik hat keine Seele, das würdest du nicht lange aushalten.«

»Mmmh«, jetzt lag es an mir, gedankenverloren an die Decke zu starren. Also Politikwissenschaft dann doch nicht? Was könnte ich denn damit alles arbeiten? Nur in der Politik? Am Ende wäre das wahrscheinlich wirklich zu langweilig für mich. Und ich könnte mich auch ohne dieses Studium in der Politik engagieren und somit etwas für die Zukunft bewegen.

»Okay, Politikwissenschaft ist damit vom Tisch«, teilte ich Mia meinen Entschluss mit. »Ich hatte aber noch sozial Arbeit und Gesundheitswissenschaft überlegt.«

»Von sozialer Arbeit kann ich dir auch direkt abraten. Da hast du viel mit Sozialfällen zu tun. Zum Beispiel beim Jugendamt, da wirst du viel mit zerrütteten Familien zu tun haben und deren Schicksale hören. Oder in Jugendzentren ebenfalls. Mehr fällt mir dazu gerade nicht ein, trotzdem würde ich dir davon abraten. Du würdest diese Schicksale viel zu nah an dich heranlassen und könntest auch Zuhause nicht abschalten.«

»Mmmh, dann waren es nur noch zwei«, murmelte ich und rieb mir das Kinn. »Und was denkst du über Gesundheitswissenschaft und Medizinpädagogik?« Ich hatte etwas Angst, vor ihrer Reaktion, da sie mir die ersten beiden Studiengänge bereits ausgeredet hatte. Daher war ich mir unsicher, ob sie mich wirklich weiterhin bestärken würde, oder ob es doch im Ende daraufhin hinauslief, dass sie es mir ausredete.

»Also Gesundheitswissenschaft finde ich sehr gut. Da arbeitest du glaube ich bei der Krankenkasse, richtig?«, wollte sie wissen. Ich war darüber dankbar, dass sie über dieses Studienfach scheinbar nicht so viel wusste, daher konnte ich das erste Mal an diesem Abend mit meinem Wissen punkten.

»Ja genau. Da geht es eher um die Prävention, Gesundheitsvorsorge und weniger Symptome behandeln.«

»Das klingt doch ganz gut. Und das andere war Medizinpädagogik?« Ihre Frage klang eher wie eine Aussage, aber ihr verwirrtes Gesicht sprach Bände.

»Richtig. Wenn ich Medizinpädagogik studiere, kann ich zum Beispiel in eine Pflegeschule und die Auszubildenen in den Pflegeberufen unterrichten. Ich forme damit sozusagen die Krankenschwestern von Morgen.«

»Würdest du denn gerne unterrichten?«

»Uff, du triffst mit deinen Fragen immer das Schwarze«, gestand ich ihr und war geplättet.

»Tja, das ist eins meiner heimlichen Talente.« Belustigt warf sie ihr rotes Haar zurück und grinste mich an.

»Ich bin mir nicht ganz sicher. Wenn du mich fragen würdest, ob ich mir vorstellen könnte, Lehrerin an einer Grundschule oder weiterführenden Schule zu sein, würde ich ganz klar nein sagen. Mir würden die ganzen Kinder auf den Zeiger gehen, die werden auch immer frecher.«

»Ich weiß genau was du meinst.« Schallend begann Mia an zu lachen und ich konnte förmlich sehen, wie der Alkohol seine Wirkung bei ihr entfaltete. Immer noch gackernd goss sie uns beiden ein zweites Glas ein und reichte mir meins, welches bis zum Rand gefüllt war.

»Oh Gott, ich weiß genau, was du meinst. Wenn ich nur im Bus neben solchen Gören sitzen muss, die mit gerade mal zwölf Jahren bereits ihr erstes iPhone besitzen, würde ich am liebsten im Strahl kotzen. Und wie die dann immer reden.« Zur Untermalung ihrer Darbietung winkelte sie die Arme an, hob ihre Hände divenhaft und sprach mit verstellter, piepsender Stimme weiter. »Oh ich bin so toll. Ich will später Influenzerin werden. Dass das eine Grippeart ist, weiß ich nicht einmal, weil ich so hohl in der Birne bin.«

Ich verschluckte mich fast an meinem Schlückchen Wein und fing fürchterlich an zu husten. Mia konnte sich nicht länger zusammenreißen, lachte ebenfalls aus vollem Halse und schlug mir dabei kameradschaftlich auf den Rücken.

Um mir noch eine obendrauf zu geben, witzelte sie: »Stirb leise, Nicky.« Das brachte mich nur noch mehr zum Lachen und ich konnte nicht mehr an mir halten. Ich kicherte und hustete abwechselnd, bis ich keine Luft mehr bekam und mein Gesicht mit Sicherheit eine unnatürliche Färbung angenommen hatte.

Japsend rang ich um Atem, während Mia mir skeptisch dabei zu sah, wie ich um mein Leben kämpfte. »Soll ich dir einen Schluck Wasser holen?«, bot sie mir besorgt an und ich schüttelte nur mit dem Kopf. Denn Worte hätte ich nicht hervorbringen können. Ich musste mich dazu zwingen, an etwas anderes zu denken. An fließendes Wasser, sprudelnde Wasserfälle, das Rauschen des Meeres und langsam beruhigte ich mich und bekam wieder Luft.

»Gib. Mir. Noch. Zwei. Minuten«, quetschte ich aus meiner Lunge hervor. Sie gab mir die Zeit und nippte weiterhin vorsichtig an ihrem Glas.

Als ich mich endlich so weit gefasst hatte, dass ich wieder ganze Sätze hervorbrachte, trank ich aus meinem Glas und feuchtete meinen trockenen Mund an.

»Geht's wieder?«

»Jaja«, erwiderte ich atemlos. Mit einer Hand schlug ich auf meine Brust, räusperte mich und setzte mich wieder gerade hin.

»Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.«

»Sorry, dass ich hier gerade fast verreckt bin und dir damit Angst eingejagt habe.«

»Entschuldigung akzeptiert.« Fast hätte ich wieder angefangen zu lachen, konnte es gerade noch so unterdrücken.

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