Teil 2 - Die nächste Aufgabe
Fynnick
Wieder war ich allein und wieder stürzte ich durch die Leere, unvermittelt traf mich das Gefühl auf den Boden auf zu schlagen und ich zuckte zusammen. Es tat nicht weh und trotzdem war es das unangenehmste was ich bisher erlebt hatte.
Neugierig darauf zu erfahren wie die nächste Aufgabe aussehen würde öffnete ich die Augen und rappelte mich auf. Ich hatte keine Angst zu erfahren was auf mich zukommen würde. Vielleicht hatte ich mich Mittlerweile damit abgefunden in diesem Spiel gefangen zu sein, oder ich hatte inzwischen so viel erlebt, dass es mich nichts mehr anging, dass immer wieder aufs Neue mein Leben auf dem Spiel stand. Natürlich war ich anfangs ängstlich, hatte mir Gedanken gemacht was sein würde wenn ich starb, aber dann hatte ich etwas erkannt:
Ich hatte nichts. Keine Familie an die ich mich erinnern könnte, keine Freunde die ich wieder sehen wollte, es gab niemanden den es interessierte wenn ich starb. Außer mich vielleicht, aber nach meinem Tod wäre das auch egal, trotzdem hatte ich bis hier hin nicht aufgegeben. Ich hatte weiter gekämpft und ich würde nicht aufhören, denn mein Ziel war es heraus zu finden ob es noch mehr gab als das Spiel gegen die Zeit."
Ich schaute mich um, neben mir ragten riesige Hochhäuser auf, vor sowie auch hinter mir erstreckte sich eine lange Straße, gesäumt von Bäumen und weiteren Gebäuden.
Als ich mich um die eigene Achse drehte erblickte ich hinter den Häusern einen Turm der höher war als alles andere in dieser Stadt, mit der riesigen Uhr die an ihm angebracht war erinnerte er mich entfernt an einen Kirchturm. Zwei Zeiger wanderten über das große Ziffernblatt, einer für die Stunden und einer für die Minuten. Es schien kurz nach zwölf zu sein, doch ich wusste, dass diese Uhr keinesfalls die Uhrzeit angab, sondern die Zeit die mir blieb die Tür zu finden, sie zu öffnen und hindurch zu treten.
Besser gesagt die Zeit die uns blieb, denn wie ich fest stellte war ich nicht allein, Adya, ein Mädchen mit langen geflochtenen Zöpfen, von der ich vermutete dass sie wohl aus dem indischen Raum stammte (sie selbst wusste es natürlich nicht mehr...), stand neben mir und blickte ebenfalls zu der Uhr hinauf.
Es ist jedes Mal aufs neue unheimlich.",
sagte sie ehrfürchtig.
Dabei hat man es schon so oft gesehen.",
antwortete ich ihr. Adya und ich kannten uns schon von einigen früheren Aufgaben und waren mittlerweile so etwas wie Freunde geworden.
Komm lass uns zu den Anderen",
schlug sie vor, die Anderen? Innerlich stöhnt ich genervt auf, konnten wir nicht einfach zu zweit sein? Es war so viel angenehmer sich nicht ständig Gedanken über den Rest der Gruppe machen zu müssen. Doch, dass ich nicht viel von den Anderen hielt zeigte ich kein bisschen und nickte Lächelnd.
Fynnick!",
quietschte auf einmal Jemand und dann wurde ich stürmisch umarmt, es war der kleine Joel dem ich in der vorletzten Aufgabe mehr oder weniger das Leben gerettet hatte. Er schien mich wirklich ins Herz geschlossen zu haben und ich würde Lügen wenn ich behauptete ich würde ich nicht auch mögen. Er war klein, blond und ständig am grinsen, mit genau diesem Grinsen strahle er mich nun an und entblößte dabei seine Zahnlücke.
Man konnte ihm gar nicht böse für etwas sein, wenn man so angeschaut wurde und ich musste lachen. Insgeheim fragte ich mich aber trotzdem wie er unter der ständigen Belastung so ausgelassen sein konnte, da ich ihn gerade einmal auf elf schätzen würde.
Joel redete weiter:
Es ist super dass du auch da bist Fynnick. Das da ist Linh, die kenne ich nicht, ich glaube sie ist eine von den neuen, aber Markus ist klasse, glaub mir."
Er zeigte erst auf das asiatische Mädchen welches gerade erst neu dazu gekommen war und dann auf einen großen, dünnen Jungen mit roten Haaren und Zahnspange, der etwas unbeholfen aussah. Ich nickte wieder, nicht auch noch eine von den Neuen, mit ihnen war es immer doppelt so schwer die Ausgänge zu finden. Irgendwo konnte ich ja verstehen wie schwer es war sich neu in das Spiel einfinden zu müssen, zu lernen wie man sich verteidigen konnte und damit um zu gehen praktisch ständig in Gefahr zu schweben. Trotzdem nervte es mich immer alles erklären zu müssen, oder dauernd da zu sein um irgendwen zu retten.
Ich weiß echt nicht was das ganze hier soll, aber ich schlage vor, dass wir möglichst schnell den Ausgang finden von dem der Gamemaster geredet hat, ich habe keine Lust drauf zu gehen.",
meldete sich das Mädchen zu Wort über, dass ich soeben noch nachgedacht hatte. Diese Aussage überraschte mich, so viel zu dem Thema Zeit sich einzufinden und mit dem Gedanken an das Spiel fertig werden. Linh war dem Anschein nach jedenfalls ziemlich entschlossen.
Gut dann los, wo wollen wir anfangen?",
fragte Adya. Erneut ließ ich meinen Blick umher schweifen, und endlich fiel mir auf was die ganze Zeit nicht gestimmte hatte. Natürlich war die Stadt nicht bewohnt, andere Menschen als uns, hatte ich seit Beginn des Spiels noch kein einziges Mal gesehen, aber die Stadt war nicht nur verlassen, sie war verfallen. Überall wucherten Pflanzen über die Gebäude, Fenster waren zerschlagen und große Teile der Fassaden fehlten an jedem Haus. Jetzt wo ich es bemerkt hatte fragte ich mich wie ich es hatte übersehen können, wo es doch so offensichtlich war das die Natur dabei war sich diesen Ort aus den Händen der Menschen zurück zu erobern.
Ähhm...also.",
das war das erste Mal, dass Markus sich zu Wort meldete.
Ich glaube wir brauchen die Tür nicht zu suchen, sie ist da vorne.",
stellte er fest und zeigt die asphaltierte Fläche hinunter, von der ich ausging, dass sie einmal eine große Straße gewesen war. Tatsächlich befand sich gerade noch in Sichtweite eine knall rote Tür, mitten auf dem bewucherten Grünstreifen. Schon wieder ein Detail welches mir vor rein paar Minuten noch entgangen war, irgendwas stimmte hier doch nicht. Normalerweise war ich sehr aufmerksam, was auch verständlich war wenn es um mein Leben ging.
Gut. Auf geht's",
meinte Linh und begann zielstrebig in Richtung Tür zu laufen. Mit wenigen Schritten war ich bei ihr, packte sie grob am Arm und zog sie zurück. Ihre Reaktion darauf hatte ich nicht kommen sehen und so fiel ich zu Boden als ihr Fuß schmerzhaft in meiner Magengegend landete. Was soll das!" fuhr sie mich an, wurde zum Ende hin aber etwas leiser da ihr bewusst zu werden schien dass sie überreagiert hatte. Ich nahm mir einen Moment zeit bis ich ihr antwortetet:
Wenn die Tür so offensichtlich da rum steht, dann ist doch klar, dass irgendwas nicht stimmt. Ich wette irgendwo da hinten warten Fallen auf uns. Außerdem brauchst du nicht gleich jeden der dich berührt zusammen schlagen.",
fügte ich gereizt hinzu. Während ich sprach hatte Linhs Gesicht einen leichten rosa Ton angenommen und sie schaute zu Boden:
Tut mir Leid das war mehr so ein Reflex, immerhin wurde mir gerade erzählt dass ich mich in einem Spiel auf Leben und Tod befinde." Ha! Innerlich freute ich mich, sie brauchte also doch Zeit um das zu verarbeiten, sie hatte nur anderer Methoden damit um zu gehen.
Adya kam zu mir und zog mich wieder auf die Füße
Alles gut?",
erkundigte sie sich, etwas leiser so, dass nur ich sie verstand fügte sie noch hinzu: Du hättest sie auch einfach rufen können." Ich nickte, nein hätte ich nicht, denn vielleicht wäre es dann schon zu spät gewesen oder sie hätte nicht gehört. Aber das rieb ich Adya nicht unter die Nase, ich wusste wie sehr sie so etwas hasste.
Nichtsdestotrotz sollten wir uns einen Weg zu der Tür suchen.",
bemerkte Adya nun für alle hörbar.
Müsste von Fallen nicht etwas zu sehen sein, wenn welche da sind?",
warf Markus ein, ich wollte ihm antworten, doch Joel kam mir zuvor:
Nein, ich war schon in so einer Pyramide mit ganz vielen Fallen, die hat man auch nicht immer gesehen."
Na da frage ich mich aber wie du das überlebt hast."
Lihn hatte die Augenbrauen hochgezogen so, dass sie unter ihrem Pony verschwanden und schien zu ihrer gewohnten, leicht genervten Tonlage zurückgekehrt.
Ach, ich weiß auch nicht so genau, aber ich bin ja noch hier.", erklärte Joel leichthin und grinste. Lihn schaute fassungslos zwischen ihm und uns anderen hin und her. Einen Moment lang schwiegen wir, dann erhob Lihn wieder die Stimme:
Mir ist das echt zu blöd, entweder seid ihr übervorsichtig oder es interessiert euch nicht im Geringsten was eigentlich abgeht. Kann mir doch egal sein ob das ein Traum ist oder nicht, ich verschwinde jetzt!",
mit diesen Worten drehte sie sich um und stolzierte die Straße in Richtung der roten Tür entlang. Was war denn mit der auf einmal los? Ich machte mir nicht die Mühe sie noch einmal zu warnen. Vielleicht hatte ich sie deutlich überschätzt als ich glaubte sie wüsste mit der Situation um zu gehen.
Hab ich was falsches gesagt?",
erkundigte sich Joel schuldbewusst.
Nein, würde ich nicht sagen.",
kopfschüttelnd sah Adya Lihn hinter her:
Die krieg sich schon wieder ein."
das bestimmt, aber nur wenn sie nicht gleich stirbt.",
meinte ich mehr oder weniger besorgt, wofür ich ein Rippenstoß von Adya kassierte.
Immer noch zielstrebig und aufrecht lief Lihn auf den Ausgang zu, zu meinem Erstaunen geschah jedoch rein gar nichts, keine Explosion, kein Loch das sich im Boden öffnete, keine Geschosse. Eventuell hatte ich tatsächlich überreagiert und es gab keine Fallen? Aber das war unmöglich, das Level musste einen Haken haben, so einfach würde der Gamemaster es uns nicht machen.
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