Glück
„Wäre es nicht toll, ein Schmetterling zu sein?" Die Wangen vor Freude gerötet, betrachtete Emma den schwarz-weißen Falter auf dem gelben Löwenzahn, musterte all seine feinen Linien und sämtliche zarten Punkte.
Verwirrt sah Tom zu seiner Freundin hinüber: „Du kannst doch kein Schmetterling sein." Manchmal hatte Emma wirklich verrückte Ideen.
„Warum denn nicht?", neckte sie ihn, ihre blonden Zöpfe wehten im Sommerwind. „Mama sagt immer, ich kann alles werden, was ich sein möchte."
„Aber kein Schmetterling", entgegnete Tom. „Das sind Insekten und Menschen können keine Insekten sein." Er fand, damit war zu dem Thema alles gesagt. Zufrieden mit sich setzte er sich auf die ausgebreitete Picknickdecke und biss in sein Butterbrot.
Emma stupste ihn mit dem Fuß in die Seite. Von den plötzlichen Bewegungen aufgescheucht, erhob sich der Schmetterling majestätisch von seiner Blume. „Oh, wie hübsch er ist", stieß Emma begeistert aus und ließ sich neben Tom auf die Decke plumpsen. Sie legte sich hin, kreuzte die Arme unter ihrem Kopf und wippte mit den Fußspitzen zu einer Melodie, die nur sie zu hören vermochte.
„Weißt du", begann Emma, „du musst einfach träumen. Stell dir mal vor, wie schön es wäre, durch die Lüfte zu schweben, auf Blumen zu landen, die Flügel im Sonnenschein auszustrecken..." Weiter kam sie nicht, da sie von einer Wolkenformation abgelenkt wurde, die über ihre Köpfe zog. Tom wusste, dass Emma darin tausend verschiedene Gesichter, Tiere oder Geschichten ausmachen konnte.
Tom guckte in den Himmel und sah weiße Klumpen. Vielleicht musste er seinen Blickwinkel verändern. Er legte sich zu seiner Freundin und bewegte unbeholfen seine Füße. „Kannst du mir erzählen, was du siehst?", bat er Emma.
Sie strahlte ihn an und ihr Gesicht leuchtete jetzt noch heller als vorhin beim Erblicken des Schmetterlings. „Das da ist die Nase und siehst du die großen Ohren?" Sie deutete mit ihrem Zeigefinger auf den vorderen Teil der Wolke, und tatsächlich formte sich der Klumpen Weiß vor Toms Augen zu einem Gesicht. „Und dahinter ist der Körper", erklärte Emma weiter. „An dem Körper sind Bänder. Es ist ein Hase, der ein Schiff zieht. Das Schiff ist die Wolke dort drüben. Kannst du die Masten sehen? Sie sind unterwegs in einen magischen Wald und weißt du, wen sie da treffen möchten?"
„Nein", murmelte Tom. „Ich auch noch nicht. Das verrät uns erst die nächste Wolke."
So lagen sie da, vereint im Betrachten des Himmels. Mit dem Geruch von Sommer, Gras, Löwenzahn und Freude in den Nasen, während Emma Tom übersetzte, was die Wolken ihr anvertrauten. Als sie aufbrachen und ihre Picknickdecke zusammenrollten, nahm Tom Emmas Hand. „Du, Emma", sagte er, „es wäre wirklich super, wenn man ein Schmetterling sein könnte."
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