Unfähig
Wie angewurzelt stand ich da und sah in das Gesicht meines Zwillingsbruder Liam. Sein heimtückisches Grinsen verursachte mir ein mulmiges Gefühl im Magen.
Am liebsten wäre ich weg gerannt denn Finley hatte recht: Ohne Plan würden wir an Liam nicht so einfach vorbeikommen.
Selbstverständlich kannte ich die Schwäche meines Bruders aber.. wie sollte ich sie gegen ihn verwenden?
Ich war es.
Ich ganz alleine.
Ich war Liam's Schwäche.
,,Jetzt sprich doch mal mit mir oder hat es dir so sehr die Sprache verschlagen?! Freust du dich denn kein bisschen mich zu sehen? Komm schon Kavindra steh doch nicht so angewurzelt da!"
Am liebsten wäre ich ihm an den Hals gesprungen aber das konnte ich vergessen.. seine Schwerter waren vermutlich stärker als meine Hände.
Er ging einige Schritte auf mich zu und umso näher er kam, umso mehr Abstand versuchte ich zwischen uns zu bringen.
Liam erreichte die Stelle an welcher ich die Blumen für Luba abgelegt hatte und sah zu ihnen hinab.
Erneut formte er ein grinsen welches allerdings nicht heimtückisch sondern eher verächtlich war.
,,Oh entschuldige das ich dich während deiner Trauer Zeremonie gestört habe." sprach er und sein sarkastischer Unterton ließ meine Wut auf ihn steigen.
Erneut wagte er es mir näher zukommen und zerquetschte genüsslich meine Blumen für Luba unter seinen schweren Stiefel.
Und das war er: der Tropfen welcher das Fass zum überlaufen brachte.
Getrieben von meinem Hass auf meinen eigenen Bruder, stürmte ich auf ihn zu und versuchte ihn zum Fall zu bringen - erfolglos.
Gekonnt wich er mir aus und ich landete unsanft auf dem Boden.
Liam blickte von oben auf mich hinab und es widerte mich an mit solch einem Tyrann verwandt zusein.
Er ging zu mir in die Hocke und fing an mir zu erklären:
,, Weisst du Kavindra ... nicht nur du hattest es in den vergangenen Jahren schwer. Ich kämpfte ebenfalls um die Anerkennung unsere Eltern - vergebens! Selbst nach dem ich Luba verriet schenkte mir Vater nicht die Aufmerksamkeit und Liebe welche ich verdient hätte! Oh nein.. es drehte sich alles nur um dich!
Erst als du gegangen bist merkten sie offensichtlich wie wichtig du ihnen warst und sie starben anfangs fast vor Sorge um dich... doch ICH war immer noch an ihrer Seite und bekam weder Beachtung noch Zärtlichkeit. Nichts! Und das brachte mich dazu ein eigenes kleines Reich zu errichten.. einzig und alleine damit auch ICH Beachtung geschenkt bekomme!"
Mir lief es einen eiskalten Schauer den Rücken hinab. 1000 Fragen schossen mir in den Kopf doch keine einzige davon konnte ich aussprechen, aus Angst, seinen Groll auf mich noch mehr zu schüren.
So vieles ergab nun einen Sinn.
Nur eines nicht: ,,Liam.. wieso willst du das ich sterbe!?" noch während ich ihm diese Frage stellten liefen mir Tränen der Verzweiflung hinab.
Ich wollte weder Liam töten noch mein eigenes Leben lassen.
,,Das liegt doch klar auf der Hand: sobald du dich zu erkennen gibst dreht sich wieder alles nur um dich - und ich werde erneut im Schatten stehen. Zudem wollen Vater und Mutter das du Arista nach ihrem ableben weiterführst. Arista soll durch dich noch mächtiger und reicher werden. Das ist ihr Plan- doch ich werde ihnen zuvor kommen und deinen Platz einnehmen!"
Mir riss es den Boden unter den Füßen weg.
Arista wurde nicht von einem mächtigen König und dessen Ehefrau regiert - nein.. sondern von einem selbstsüchtigem Ehepaar welches einen Größenwahnsinnigen Sohn und eine kampfunfähige Tochter auf die Welt brachten.
Liam atmete schwer aus und entgegnete mir: ,,Schade Kavindra, dich wie ein Häufchen Elend hier sitzen zusehen enttäuscht mich wirklich."
Er erhob sich wieder und blickte erneut zu mir hinab.
Wie paralysiert saß ich immer noch auf der selben stelle und war unfähig mich auch nur einen Millimeter zubewegen.
,,Ich hatte mich auf einen Kampf zwischen uns eingestellt und jetzt sowas... tzzzz.. wie beschämend. Wenn du mich entschuldigst- ich habe noch zutun. Schöne Träume."
Liam zog sein Schwert und mir blieb nichts anderes als ihm einfach bei seinem tun zuzusehen.
Auch ich wollte mich gegen ihn wehren doch ich konnte nicht. Es fühlte sich so an als wäre ich mit dem Boden verwurzelt.
Meine Tränen wurden immer mehr und ich war nicht im Stande dazu sie zu kontrollieren.
Das einzige was ich noch wahrnehmen konnte waren verzerrte Stimmen und das gehässige lachen meines Bruder, ehe alles um mich herum schwarz wurde.
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