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Kapitel 34 [Eve]

„Es nützt nichts", sagte ich ruhig, während ich Cuinn dabei beobachtete, wie er an der Türklinke rüttelte und kurz darauf zum Fenster trat und versuchte, es mit Gewalt zu öffnen.

Er fuhr herum und funkelte mich angespannt an. „Und du willst jetzt genau was tun? Hier warten und Däumchen drehen und rätseln, was mit uns passieren wird?", fragte er. „Falls es dich wirklich so interessiert, kann ich es dir auch sagen: man wird uns töten. Rätsel gelöst."

Ich beugte mich mit einem kühlen Ausdruck in den Augen nach vorne. „Vorhin warst du doch derjenige, der alles auf die leichte Schulter genommen hat, als er einfach stehengeblieben ist. Als auf ihn geschossen wurde! Du hast mir übrigens immer noch nicht gesagt, wieso du das getan hast. Wieso du dich nicht einfach an den verfluchten Plan gehalten hast!"

Cuinn verschränkte die Arme vor der Brust. „Das ist jetzt vollkommen egal. Wir müssen jetzt sofort einen Weg hier raus finden."

Ich deutete auf die Tür. „Die ist abgeschlossen und zu zweit schaffen wir es nicht sie aufzubrechen." Ich wandte mich zum Fenster. „Und aus dem Fenster können wir nicht, weil wir da nicht einfach runterspringen können. Aber ich bin offen für weitere Vorschläge." Mit fest aufeinander gepressten Lippen musterte ich Cuinn, der sich nun müde durch die Haare strich.

Das Zimmer, in das uns die dunkel gekleidete Gestalt eingesperrt hatte, hatte kein Badezimmer und war außerdem deutlich kleiner als die Räume, in denen wir untergebracht waren.

Ich klopfte gegen die Wand und lauschte, in der Hoffnung, Daisy und Kai könnten im Nebenraum sein und versuchen mit uns durch die Wand zu kommunizieren.

„Wir könnten den Täter, wenn er das nächste Mal kommt, überraschen und überwältigen", schlug ich vor und meine Stimme war überraschend sicher und fest im Vergleich zu meinem Inneren, das gleich in den Ohnmacht zu fallen drohte.

Cuinn vergrub seine Hände in den Taschen des Kapuzenpullis. „Dein Plan hat das letzte Mal ja wunderbar funktioniert", meinte er mit gepresster Stimme und sah mich einen Moment fast schon zornig an.

Ich blinzelte zweimal, ehe ich verächtlich auflachte, um zu verbergen, dass mich seine vorwurfsvollen Worte verletzten. „Du hast zwei Sekunden Zeit, dieses Müll-Argument zurückzunehmen."

Cuinn erwiderte meinen Blick stur und kurz glaubte ich, er würde auf seiner Meinung beharren und mir die Schuld daran geben, dass wir hier gefangen waren, doch dann blinzelte er und seufzte leise.

„Du hast Recht. Dein Plan hätte funktioniert, wenn wir gewusst hätten, dass hier ein zweiter Täter mit Waffe herumläuft." Er schluckte und warf mir einen erschöpften Blick zu. „Tut mir Leid. Ich will einfach nicht... sterben." Er stand noch immer am Fenster, während ich an der Tür lehnte.

„Ich auch nicht", sagte ich leise und meine Augen richteten sich starr auf das Fenster hinter Cuinn, wo die Berggipfel zu sehen waren.

„Ich hasse Schnee", sagte ich gedankenverloren, ohne zu realisieren, dass ich die Worte laut aussprach. „Und ich hasse Berge und Hütten und allem voran, hasse ich Märchen." Ich klang verächtlich, hasserfüllt, verbittert. Aber vor allem hoffnungslos.

Cuinn sagte darauf nichts, doch niemand von uns setzte sich auf das Bett oder auf den Boden, denn das war das Gleiche, wie eine Niederlage einzugestehen und, wie es aussah, waren wir beide Menschen, die Niederlagen selbst dann nicht akzeptieren wollten, wenn sie haushoch verloren hatten.

„Weißt du", begann ich, während meine Augen über Cuinn schweiften, und auf einmal fühlte ich mich unglaublich verletzlich, weshalb ich rasch fortfuhr, ehe ich es mir anders überlegte. „Ich glaube, wenn ich dich anders kennengelernt hätte. Du weißt schon. Im echten, normalen Leben da draußen, wo man sicher und gewöhnlich lebt. Ich glaube, ich hätte dich am Anfang seltsam gefunden. Zu breit lächelnd. Zu selbstsicher, dass es fast schon arrogant ist."

Cuinns gerade noch abwesende Augen sahen mich interessiert an und er legte den Kopf schräg.

„Und dann?", wollte er wissen, ohne sich von der Stelle zu rühren, als müssten wir den größtmöglichen Abstand behalten.

Ich fuhr mir leicht nervös über die Lippen. „Dann, wenn ich dich näher kennengelernt hätte, hätte ich vielleicht gemerkt, dass du auch anders sein kannst." Cuinns Lippen formten ein halbherziges Lächeln. „Du magst mein Selbstbewusstsein nicht?"

„Doch, doch, das ist es nicht. Ich mag es, wenn Leute selbstbewusst sind. Aber ich mag es auch, wenn sie sich öffnen." Sagt gerade diejenige, die sich vor jedem verschließt, meinten die Stimmen in meinem Kopf, doch ich ignorierte sie.

Cuinns Blick glitt über mein Gesicht und verharrte eine Weile an meinen Wangen, die sich schlagartig röteten.

„Wenn ich dich da draußen, im echten Leben kennengelernt hätte, hätte ich dich von Anfang an durchschaut", sagte Cuinn mit einem selbstbewussten Schmunzeln, woraufhin ich die Augen verdrehte. „Deine Art von Selbstbewusstsein nennt man übrigens auch Arroganz. Nur mal so."

Cuinn ging nicht auf meine Stichelei ein und legte den Kopf in den Nacken, um gedankenverloren an die Decke zu starren. „Weißt du, als du im Badezimmer damals eingesperrt warst, habe ich dich zum ersten Mal weinen sehen. Du kannst also weinen."

„Natürlich kann ich weinen. Jeder kann weinen."

„Ich kann es nicht", erwiderte Cuinn mit einer seltsam ruhigen Stimme. Ich schluckte und sah ihn genauer an, musterte die Ringe unter seinen Augen und seine trockenen, aufgesprungenen Lippen.

„Gestern Nacht hast du aber geweint", sagte ich fast schon vorsichtig und erinnerte mich daran, wie ich ihm die Träne von der Wange gestrichen, wie meine Fingerspitzen die Spur nachgefahren hatten.

„Ich weiß", sagte Cuinn und ich meinte ein kleines Lächeln auf seinen Lippen zu erkennen. „Ich habe mich gestern zum ersten Mal nicht dafür geschämt."

„Man muss sich dafür nicht schämen. Vor allem nicht in unserer Situation."

Meine Gedanken lachten verächtlich auf, und erinnerten mich fast schon mitleidig daran, dass ich Ratschläge vielleicht erst einmal selber befolgen sollte, bevor ich sie jemand anderem erteilte.

„Hast du dir das schon einmal selber gesagt?", stellte Cuinn die Frage, die ich befürchtet hatte.

Ich seufzte schwer. „Ja. Zu oft."

„Wieso tust du es dann nie? Gefühle zeigen, meine ich?"

„Du tust so, als wäre ich ein Stein, der nie auch nur den Ansatz eines Lächelns zeigt. So extrem ist es dann nämlich nun auch wieder nicht", sagte ich und tat so, als wäre ich eingeschnappt, was Cuinn mit einem matten Lächeln erwiderte. Doch dann atmete ich tief durch und fügte leise hinzu: „weil ich mich nie sicher fühle."

„Und fühlst du dich jetzt sicher?" Ich schnaubte. „Wir sind hier eingesperrt und werden vermutlich bald sterben. Also nein, ich fühle mich definitiv nicht sicher."

Cuinn hob eine Augenbraue. „Du weißt ganz genau, was ich meine. Fühlst du dich sicher genug, um jetzt Gefühle zu zeigen?" Ich öffnete meinen Mund und schloss ihn langsam wieder, ehe ich Cuinn misstrauisch anblickte. „Was für Gefühle?"

Cuinn zuckte mit den Schultern, wobei er sich sichtlich anstrengen musste, nicht zu grinsen. „Keine, Ahnung, das kann ich doch nicht wissen. Was auch immer du halt gerade fühlst."

Ich schluckte. Ich wollte in meinem Leben bereits vieles sagen und hatte es nie getan. Vielen Menschen. Meinen Eltern. Alten Freunden. Meinem strengen, unglaublich schlechten Physikprof. Und auch Cuinn. Insbesondere Cuinn.

Doch, wie auch in dem Moment, als er unser Versteck verlassen hatte, um den Köder zu spielen, wollten meine Lippen keine Worte formen. Sie wussten nicht, was sie sagen konnten, denn sie hatten so wenig Zeit, und zu viel zu sagen.

Meine Gedanken rasten und mein Herz klopfte wie ein Schmetterling, der gerade erst Fliegen lernte. Worte flackerten vor meinen Augen umher.

Ich könnte ihm sagen, dass ich in seiner Gegenwart manchmal vergesse, wie man denkt. Oder, dass ich ihm dankbar dafür bin, dass er mir seine neuen Erkenntnisse immer als erstes anvertraut. Oder, dass ich mir, als er damals seine Hand an meine Wange gelegt hat, gewünscht habe, dass er sie da für immer behält. Dass er mich nie wieder loslassen soll.

Es gab viele Möglichkeiten. Vieles, was ich sagen konnte. Und dennoch schaffte ich es irgendwie, einen seltsamen Satz, der weder lustig, noch romantisch, noch ansatzweise intelligent klang, hervor zu pressen. „Ich finde dich... sehr... schön."

Cuinn schien genauso perplex zu sein wie ich, denn wir starrten uns einen Moment lang an wie zwei sehr, sehr langsam denkende Menschen, ehe Cuinns Mundwinkel zuckten und ich mir am liebsten mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen hätte, wenn ich nicht noch einen Funken Selbstachtung besessen hätte.

„Das war ein Kompliment", stellte Cuinn fest und hätte ich nicht seine linke Hand bemerkt, die nervös über seinen Pulli streifte, hätte ich vermutlich niemals hinter seine selbstbewusste Fassade geblickt.

„Also, du weißt schon. Nicht hübsch, sondern schön", fuhr ich hastig fort. „Also, du bist natürlich auch hübsch, ich wollte damit nicht sagen, dass du es nicht bist. Aber du bist hübsch und schön." Mein Puls raste und ich war mir wirklich unsicher, ob ich nicht vielleicht den Verstand verloren hatte.

Wieso ist meine Stimme so seltsam zittrig und nervös und piepsig, als wäre ich ein kleines Kind?

„Sehr schön", fügte ich beinahe schon flüsternd hinzu.

Etwas regte sich in Cuinns Gesicht. Ich wusste selber nicht, was es war, oder, ob ich es mir nicht vielleicht einfach nur einbildete, doch seine Gesichtszüge wurden kaum merklich weicher. Entspannter. Er schluckte.

„Hübsch und schön? Ist das nicht das Selbe?" Seine Stimme klang ein wenig heiser. Auch, wenn alles in mir wegsehen wollte, wenn ich auf keinen Fall wollte, dass Cuinn meine roten Wangen sah, konnte ich nicht anders, als hinzusehen.

Cuinn erschien mir auf einmal gleichzeitig viel zu weit weg und so nah, dass ich meine Hand nach ihm ausstrecken konnte. Ich blieb reglos stehen, immer noch am anderen Ende des Zimmers.

„Der Unterschied ist, dass hübsche Menschen hübsch sind. Sie haben hübsche Augen, hübsche Gesichtszüge, eine hübsche Figur. Aber sie sind nicht alle schön. Zumindest aus meiner Sicht. Schöne Menschen haben ein wunderschönes Lächeln, bei dem man das Gefühl hat, auch lächeln zu müssen", mein Herzschlag drohte zu explodieren, doch ich fuhr unbeirrt fort, löste meinen Blick nicht von Cuinns braunen Augen, „sie haben schöne Augen, in denen die tiefsten Gefühle zu lesen sind."

Deine Augen schimmern manchmal golden, Cuinn, wollte ich sagen, doch das erschien mir dann doch zu kitschig.

„Sie leuchten", sagte ich schließlich. „Schöne Menschen leuchten."

Cuinn schwieg einen Moment und ich konnte in seinen Augen genau das Flackern sehen, das ich so schön fand, ich schien seinen Herzschlag zu hören, der so schnell ging wie meiner.

„Und ich... leuchte?", fragte er schließlich und ich nickte, erst zögernd und dann selbstbewusster. Mit großen Augen beobachtete ich, wie er langsam das Zimmer durchquerte und zu mir an die Tür trat, ohne mich dabei zu berühren.

„Ich glaube, es gibt auch eine andere Art von schönen Menschen. Sie leuchten nicht, sie glitzern", sagte er und ein kleines Lächeln huschte über seine Lippen. „Ich glaube, mein ehemaliger Deutschlehrer wäre stolz auf unsere Metaphern."

Der amüsierte Ausdruck wurde rasch von einem ernsten ersetzt und ich spürte, wie alles in mir sich danach sehnte, meine Hand auszustrecken, seine Wangen nachzufahren, die Halsbeuge, die leicht von seinem Kapuzenpulli freigelegt wurde, zu berühren.

„Diese schönen Menschen glitzern, als würden sie aus Kristallen bestehen", fuhr Cuinn leise fort. Er streckte seine Hand nach mir aus, und hielt kurz bevor seine Fingerspitzen mein Gesicht berührten, inne.

Ich hielt die Luft an, mein Herz raste. „Sie sind manchmal so schön, dass sie eine Eisschicht bilden, um sich zu schützen, um zu verhindern, dass ihre ganzen glitzernden Kristalle zerbrechen."

Cuinns ernste Augen blickten mir entgegen, ich spürte, wie seine Fingerspitzen die Haut unter meinem Auge berührten und ganz leicht darüber strichen. Immer wieder wanderte sein Blick über mein Gesicht, verharrte auf der Narbe an meiner Schläfe, auf meinen Lippen, meinen Augen. Er sah mich an, als wäre ich etwas Kostbares.

„Aber manchmal schaffen es diese schönen Menschen, diese Eisschicht schmelzen zu lassen." Cuinns Stimme war nun mehr ein Flüstern und ich lauschte ihnen als wären sie eine Zauberformel, ein magisches Märchen, das dich verführte, dich dazu zwang, zu zu hören, um das Ende zu hören.

Meine Haut brannte, aber auf eine schöne Art und Weise. Ich machte ebenfalls einen Schritt auf ihn zu, sodass wir dicht voreinander standen, sodass sich unsere Gesichter fast berührten.

Cuinns Lippen streiften meine erst zaghaft, ganz langsam, während unsere Finger sich wie von selbst fanden und miteinander verschränkten. Ich vergaß das Atmen, verlernte das Denken und Sprechen, alles was ich konnte, war das Fühlen dieser tausend wunderschönen Explosionen, die sich überall auf meiner Haut verteilten, wie ein Schmetterling, der nun endlich seine Flügel ausbreitete, um loszufliegen.

Meine Finger strichen über Cuinns Gesicht, fuhren durch seine Haare, und seine berührten meine Lippen, meine Halsbeuge, ließen mich erschaudern, ließen meinen Herzschlag rasen und meinen Atem stocken, während ich in seine unbeschreiblichen Augen starrte, die ebenso verloren zu sein schienen wie meine.

Ich stieß gegen die Tür hinter mir, meine Lungen schrien nach Luft, doch ich wollte nicht atmen, ich wollte nur ihn. Ihn alleine. Ich wusste ganz genau, dass dieser Moment vergehen würde, dass wir bald sterben würden, dass dieser Kuss der erste und letzte sein würde, und doch fühlte sich mein Kopf wie benebelt, berauscht an, als ich mich vorsichtig von ihm löste und ihn betrachtete.

Er lächelte und mir fiel auf, dass es sein Lächeln war. Das, bei dem sein linker Mundwinkel ein wenig breiter lächelte als der rechte. Seine Hand lag auf meiner Taille und ich wollte am liebsten noch näher an ihn heran treten, doch wir standen bereits so dicht beieinander wie nur möglich.

Auch um meine Lippen tanzte ein Lächeln, so ehrlich und glitzernd wie schon lange nicht mehr, und so blickten wir uns an, in einer angenehmen Stille, denn unsere Augen, unsere geröteten Wangen und unser Strahlen sagte bereits genug.

Wie ein unsichtbarer Schatten stahl sich ein wehmütiger Ausdruck in meine Augen und ich berührte Cuinns Lippen, als müsste ich mich vergewissern, dass all das Wirklichkeit war.

„Ich hasse diesen Menschen, der das alles hier tut", flüsterte ich und schluckte, denn ich wollte nicht weinen. Nicht, weil ich Angst hatte vor Cuinn zu weinen, sondern weil ich diesen wunderschönen Moment nicht mit Tränen vertreiben wollte.

Ich hasste mich selber für die Worte, denn als auch in Cuinns soeben noch leuchtende Augen, ein trauriges Glitzern erschien, würde ich alles dafür geben, um noch einmal zurückzuspulen, noch einmal diese Berührungen, diese Wärme und Nähe zu erleben.

Hüte dich, deine Feinde zu hassen, denn es trübt dein Urteilsvermögen", erwiderte Cuinn schließlich leicht lächelnd.

„Lass mich raten. Das ist ein Zitat aus der Pate", meinte ich mit einem Schmunzeln, das jedoch nicht die gesamte Angst aus meiner Stimme nehmen konnte.

Cuinns Grinsen wurde ein wenig breiter. „Ich bin schockiert, wie du gut du mich schon kennst."

„Du zitierst ungefähr in jedem zweiten Satz eine Person aus der Pate. War also nicht so schwer zu erratem", bemerkte ich mit hochgezogenen Augenbrauen, während wir uns immer noch so unglaublich nah standen, dass ich das Waschmittel seines schwarzen Kapuzenpullis riechen konnte.

Cuinns Augen glitten über mein Gesicht, doch ich hielt seinem Blick stand, ließ mich nicht einschüchtern. „Erzähl mir etwas über dich, Eve", bat Cuinn mich leise. „Etwas, das ich noch nicht weiß."

„Ich liebe Kaffee mit Zucker", erwiderte ich, ohne nachzudenken. „Und mit Lieben meine ich eigentlich, dass ich eine Sucht habe." Als Cuinn lächelnd schwieg, fuhr ich fort: „Und ich liebe Singen. Auch wenn ich, zugegeben, so klinge wie eine verstimmte Gitarre, die in einen Topf Nudelsuppe getaucht wurde."

„Das will ich hören", sagte Cuinn mit einem schelmischen Grinsen.

„Vergiss es. Nie im Leben."

„Ach, komm schon." Cuinns Stimme klang fast schon ernsthaft flehend, einzig und allein seine zuckenden Mundwinkel verrieten ihn. „Wir sterben doch sowieso, du brauchst dich also für nichts mehr zu schämen."

„Du bist nicht lustig, Cuinn. Nur, falls du das denkst", erwiderte ich spitz. „Idiot", fügte ich leise, halb scherzend hinzu.

Cuinn gab schließlich seine gespielt ernste Miene auf und auch, wenn in unseren Augen noch die wehmütige, ängstliche Traurigkeit schimmerte, lächelte er leicht. „Mir hat es besser gefallen, als du mich noch als schön und leuchtend bezeichnet hast."

Ich blickte ihm spöttisch entgegen. „Du bist schön und leuchtend. Aber auch Idioten können schön sein."

Mein Herz bebte, als Cuinn sich mir erneut näherte. „Ich liebe deine Ehrlichkeit, Eve", flüsterte er dicht an meinem Ohr und mein Atem setzte für einen kurzen Moment aus. „Es gibt nichts, was ich mehr hasse, als Menschen, die mir ins Gesicht lügen", fügte er hinzu. „Ich könnte dir dazu übrigens auch ein Zitat aus..."

Ich lachte kurz auf. „Ich glaube, ich habe inzwischen verstanden, dass du der Pate auswendig kannst. Ich habe den Film übrigens noch nicht gesehen, also habe ich keine Ahnung, worüber du da immer sprichst."

Cuinn blickte mich gespielt entgeistert an. „Ist dir klar, dass das der zweitbeste Film der gesamten Filmgeschichte ist? Unfassbar, ich habe gerade eine Frau geküsst, die der Pate nicht gesehen hat."

Ich grinste unschuldig und während wir uns betrachteten, spürte ich einen schweren, schwermütigen Klumpen in meinem Hals, der mir das Atmen erschwerte.

„Du weißt schon, dass wir sterben werden, oder? Dass das hier... nie etwas wird", meine Stimme wurde immer leiser und in Cuinns Augen schlich sich ein verlorener Ausdruck, „dass wir..." Meine Stimme brach und ich wagte es nicht, die Worte auszusprechen. Dass wir keine Zukunft haben.

In Cuinns Gesicht geschah so viel, dass ich Schwierigkeiten hatte, seine Gefühle zu deuten, doch seine gerade noch hoffnungslosen, verzweifelten Augen wurden entschlossen und hart. Nicht bereit aufzugeben.

„Wir sind noch nicht tot", sagte er und schluckte schwer, er schien hin und hergerissen zwischen der Angst und der Hoffnung, die uns noch blieb.

„Wir werden es aber bald sein", sagte ich, denn diese Worte mussten ausgesprochen werden, ich wollte nie wieder von der hinterhältigen Hoffnung betrogen werden, ich wollte die kalte Wahrheit, denn Hoffnung machte das Loslassen noch schwieriger.

Doch Cuinn umfasste mein Gesicht mit beiden Händen und sah mich eindringlich an.

„Vergiss für einen Moment, was da draußen auf uns wartet." Seine Stimme klang beinahe schon flehend.

Ich zitterte leicht. „Ich will nicht sterben, Cuinn. Ich will nicht sterben", flüsterte ich mit einer dumpfen Panik.

Cuinn beugte sich vor. „Wir warten jetzt. Bis wir geholt werden oder bis jemand kommt, um uns zu töten. Wir werden es ihnen nicht leicht machen." Er küsste mich kurz. Ganz leicht und eilig, als hätte er Angst, ich würde mich von ihm losreißen. „Ich will auch nicht sterben, Eve", fügte er flüsternd hinzu. „Und ich habe auch nicht vor diesen Idioten meinen Hals hinzuhalten."

Er schwieg einen Moment und dann zog er mich in eine Umarmung, in der wir uns gegenseitig auffingen, festhielten.

„Weißt du, wieso ich vorhin stehen geblieben bin, als auf mich geschossen wurde, obwohl wir etwas anderes ausgemacht hatten?", fragte er und zog mich noch fester an sich, wenn das überhaupt ging. „Weil ich einen Moment lang dachte, dass es vielleicht gar nicht so schlecht wäre, wenn die Kugel treffen würde."

Ich löste mich langsam aus der Umarmung und blickte in seine dunkelbraunen Augen, in denen ich den tiefen Abgrund entdeckte, die tiefen Wunden, die ihn schon immer verfolgten. Mein Herzschlag raste.

„Du wolltest dich opfern", flüsterte ich völlig ungläubig, zornig und panisch zugleich, denn auf einmal erkannte ich, dass er unsichtbare Wunden hatte, die ich niemals sehen würde. Er war in einem Abgrund und ich konnte ihn nicht hinausziehen. Ich konnte ihn nicht retten, ohne selber abzustürzen.

„Du warst kurz davor, den tragischen, mutigen Helden zu spielen." Meine Stimme war verletzt, anklagend und ich spürte eine Träne an meiner Wange entlang sickern. Meine Hände zitterten, ich war nicht in der Lage wütend oder traurig oder verzweifelt oder hoffnungslos zu sein. Ich fühlte mich leer.

Cuinns Blick folgte der Träne, bis sie an meinem Kinn hinab tropfte und richtete ihn dann wieder auf meine Augen. Ich werde ihn nie erreichen.

„Nein, Eve", sagte er leise und ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich war nicht kurz davor, den mutigen Helden zu spielen."
Seine Augen wurden dunkler, ein Sturm zog in ihnen auf. „Ich war kurz davor, etwas sehr Feiges zu tun."

Du warst kurz davor, zu sterben, verdammt, wollte ich schreien, doch ich war wie betäubt.

„Es tut mir Leid", sagte Cuinn leise und sein Blick war so abwesend, dass er diese Entschuldigung vermutlich an sich selber richtete. „Es tut mir Leid, dass ich dachte, ich könnte es einfach so beenden. Es war feige."

Ich bin feige, wollte ich rufen. Ich. Ich. Ich. Nicht du.

„Das, was du getan hast, war ein Fehler", sagte ich leise. „Aber du bist nicht feige. Du bist alles andere als feige." Einzig und alleine Cuinns flatternde Lieder verrieten mir, dass er meine Worte gehört hatte.

„Wir werden nicht einfach so sterben, Eve", flüsterte er und ich hörte aus ihnen sturen Stolz, aber da war auch etwas Anderes.

Cuinn war gebrochen. Verletzt.

Aber er hatte den stärksten Willen, den ich je bei einem Menschen gesehen hatte.

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