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☆Oskar☆

(Dieser Oneshot ist ab dem 21.08.24 auch als Kurzgeschichte verfügbar. Unter dem Titel: "Oskar; Only human - but a little bit different")

Faszinierend, wie ein Körper aussieht, nachdem er regelrecht ausgeblutet ist.
Wie die rote Flüssigkeit sich ihren Weg aus dem Körper in die Freiheit gebahnt und der Haut jegliche Farbe entzogen hat.

Schon gefühlt seit Stunden beobachte ich den roten See, der so faszinierend im Kerzenschein schimmert.
Ich weiß, das ich Papa bescheid geben sollte, damit er weiß das Mama tot ist, aber ich komme von dem Anblick einfach nicht los.

Es war fast schon abzusehen, das es so kommen wird!
Tagelang, ach was, schon seit Wochen hatte sie mit Depressionen zu kämpfen.
Mit fürchterlichen Dämonen im Kopf, die nichts gutes im Sinn hatten.
Papa hat gekämpft, Steven hat geheult und ich habe nur zugesehen.
Ob es der Tatsache geschuldet ist, daß ich nicht wirklich akzeptiert wurde?
Ich weiß es nicht.
Kenne ich das Gefühl der Akzeptanz doch gar nicht.
Weiß nicht, was es bedeutet, wenn man von Liebe spricht.
Vielleicht sollte ich meinen Eltern dankbar sein.
Dankbar, das sie mich nicht so verletzlich gemacht haben, wie meinen Bruder, das Wunderkind.
Der Erstgeborene, das Wunschkind.
Der, der beim Anblick unserer Mutter hier am Boden, innerlich sterben wird.
Nicht so wie ich dasitzen und das Meer an Blut bestaunen wird.
Natürlich werde ich meine Mutter vermissen.
Ihre Stimme.
Ihr leichtes Lächeln, wenn sie versucht hat mir vorzuspielen, das ich genauso wertvoll bin wie Steven.
Ihre Hand, die mir mein Kinn zurechtgerückt hat, wenn ich wieder nicht gut genug war.
Doch ich bin auch der, der diese Sache hier nüchtern betrachten kann.
Ich weiß, das es Mama jetzt besser geht, da sie ihren Dämonen entfliehen konnte.

Als ich die knarzenden Schritte über die Flurdielen höre, schließe ich die Augen.
Frage mich, ob ich ihn weinen sehen werde, wenn er seine tote Frau hier liegen sieht.
Ob er mich schimpfen wird, weil ich hier bei ihr bin.

"Oskar? Bist du im Badezimmer?"
Verschlafen hört er sich an.
Warum er wohl aufgewacht ist?
Hat ihm die Frau an seiner Seite gefehlt?
Oder hat er es vermutlich gefühlt?
Wenn ja, dann sollte er seine Gefühle trainieren, denn die haben viel zu spät ausgeschlagen.
"Oskar?"
Gleich ist er hier.
Hier bei seiner Frau, die endlich befreit ist und bei seinem Sohn, der nie gewollt war.
Ungerecht, wenn man es aus seiner Perspektive betrachtet.
Wird einem doch das genommen, was man liebt und es bleibt einem das erhalten, was man gerne abgeben möchte.

Das Licht geht an und blendet meine, an den Kerzenschein angepasste, Sicht.
Automatisch halte ich mir die Hände vor meine Augen, da sie fürchterlich zu brennen anfangen.
"Was machst du denn... Oh mein Gott!"
Er ist geschockt.
Gerne würde ich seinen Gesichtsausdruck sehen, doch meine Augen schmerzen immer noch.
Unerwartet werde ich gegen seinen Körper gedrückt und mit einer Hand festgehalten.
Mit der anderen Hand fuchtelt er spürbar umher.
Vielleicht prüft er, ob sie noch lebt.
Absurder Gedanke, wenn man das Meer aus Blut am Boden sieht.

"Nein.... Warum tust du uns das an?" die brüchige Stimme ist neu.
Normalerweise hat er eine feste, dunkle Stimme.
Nun legt sich auch der zweite Arm um meinen Körper und ich spüre, wie mein Vater am ganzen Körper zittert.

Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt haben, versuche ich einen Blick nach oben zu erhaschen.
Dort, wo sich das Gesicht meines Vaters aufhält und dem Feuchtigkeitsstand meiner Haare zu urteilen, doch sehr traurig sein muss.

"Komm mit, Junge. Wir müssen den Notarzt rufen und die Polizei!" schneller als ich die gesagten Worte verarbeiten kann, werde ich in die Höhe gezogen und von Papa davon getragen.
Gerne wäre ich noch hier geblieben, aber wahrscheinlich möchte das Papa nicht, denn er hat mir keine Wahl gelassen.
Er drückt mich auf den Weg ins Wohnzimmer fest an seinen Körper.
Etwas zu fest für meinen Geschmack, was ich durch etwas Gezappel verdeutlichen möchte.
"Pssscht. Ich bin ja da!"
Ich weiß das er da ist, das braucht er mir nicht zu sagen.
Ich höre und spüre ihn.
Möchte ihn gar nicht spüren, denn jede Berührung schmerzt.
Doch da Er zu kämpfen hat, lasse ich es zu.
Ertrage den Schmerz, denn er wird auch wieder vorüber gehen.

☆☆☆☆☆☆

Mein Bruder scheint heute besonders fest zu schlafen, denn der wacht auch nicht auf, als die ganzen Polizisten und Sanitäter hier hereinlaufen.
Ein wildes Gewusel beginnt, Stimmengewirr.
Obwohl mich Papa auf dem Sofa abgesetzt und mir gesagt hat, das ich hier sitzen bleiben soll, mache ich mich auf den Weg zu Steven.
Der soll das alles doch nicht verpassen, wenn hier so viel Trubel herrscht.
Als ich an dem mit Menschen vollgestopften Badezimmer vorbeilaufe, höre ich Papa Schluchzen.
Sein Gesicht habe ich immer noch nicht gesehen und entschließe mich, einfach kurz stehen zu bleiben.
Leider versperrt mir der riesige Polizist die Aussicht, damit ich fast gar nichts sehen kann.
Da der Mann allerdings breitbeinig dasteht, lege ich mich auf den Boden und versuche einen Blick durch die dadurch entstandene Aussparung zu erhaschen.
Leider sehe ich nur lauter fremde Menschen und nicht das erhoffte, traurige Gesicht.
Einer der Männer bemerkt mich jedoch, nachdem er meiner Mutter einmal mit der flachen Hand über das Gesicht gefahren ist.
Warum er sie wohl streichelt?
Fühlen wird sie bestimmt nichts mehr.
Die Augen des Mannes weiten sich und er sieht mich erschrocken an.
"Moritz! Hinter dir liegt ein Kind auf dem Boden. Kannst du ihn bitte hier wegbringen?"
"OSKAR! ICH HABE DOCH GESAGT, DAS DU IM WOHNZIMMER WARTEN SOLLST!" da ist wieder die vertraute Stimme, die die ich nur allzu gut kenne.
"Ihr Sohn hätte das nicht sehen sollen!" höre ich den Arzt sagen.
Zumindest denke ich, das der Gesichtsstreichler der Arzt ist, da er solche Gummihandschuhe und eine rot/neongelbe Jacke trägt.
"Er hat sie gefunden. Er saß hier neben ihr. Keine Ahnung wie lange..." wieder mein Vater.
Aus der Stimmlage werde ich allerdings nicht schlau.
Er weint nicht und er schreit nicht.
Noch bevor ich mir weitere Gedanken machen kann, schiebt sich ein Kopf mit blonden Haaren in mein Sichtfeld:
"Hey kleiner. Wollen wir mal nach draußen gehen und uns den Streifenwagen anschauen?"
Wortlos stehe ich wieder auf und nehme etwas Abstand zu dem mir Unbekannten.
Während der Mann in solch einer tollen Uniform dasteht, bin ich mit einem Schlafanzug ausgestattet, der mit vielen in der Nacht leuchtenden Dinosaurierer bedruckt ist.
"Coolen Schlafi hast du da an. Leuchten die etwa, wenn es dunkel ist?"
Ja, das tun sie.
Erschließt sich eigentlich von selbst, wenn man das Material betrachtet.
Aber das kann der Polizist vielleicht gar nicht wissen, denn der trägt bestimmt keinen Schlafanzug mehr, der im Dunkeln leuchtet.
Als er Anstalten macht, sich auf mich zuzubewegen, weiche ich ihm aus.
Schaue ihn aus großen Augen an und wende mich anschließend von ihm ab.
Laufe.
Laufe einfach über den Flur, öffne die Haustüre und lasse mich von der Dunkelheit umhüllen.

Es regnet.
Als würde der Himmel weinen, weil Mama endlich bei ihm angekommen ist.
Weil sie endlich Frieden gefunden und das Leid ein Ende hat.

Meine nackten Füße tragen mich über den nassen Steinboden, bis in den Garten, der direkt neben dem Haus angrenzt.
Kalt.
Der Regen ist sehr kalt und frisst sich durch den Stoff meiner Klamotten.
Schon nach kurzer Zeit laufen kleine Rinnsäle meine Stirn hinab, über mein Gesicht, auf den Boden.
Ich breite die Arme aus und schließe die Augen.
Aus dem Hausinneren ist lautes Gebrüll zu hören.
Ich glaube, Steven weiß jetzt auch, das Mama nicht mehr lebt.
Doch genauso wie Papa, gönnt er Mama nicht die Erlösung.
Sieht nur, das sie weg ist.
Hat nur egoistische Gedanken und lenkt den Schmerz in die Öffentlichkeit.
Manchmal beneide ich ihn, das er so viele Gefühle besitzt und diese mit seinem Gesicht und seiner Stimme wiedergeben kann.
Ich kann das nicht.
Ich bin wie Mama jetzt, nur nicht ganz so tot.

"OSKAR?"
Die Stimme gehört weder zu Papa, noch zu Steven.
"OSKAR, WO BIST DU?"
Hier bin ich.
Hier im Garten.
Lichtkegel huschen durch die Dunkelheit, est einer, dann zwei.
Lege mich flach auf den nassen Untergrund.
Genieße die Kälte durch den nassen Boden und den strömenden Regen.
"OSKAR?"
Seid doch ruhig!
Genießt die Stille.
Die Stille, die sich jetzt Mama geholt und sie mit sich mitgenommen hat.

Steven hat aufgehört zu schreien.
Vermutlich tröstet ihn Papa.
Legt seine Arme um ihn und wippt sanft hin und her, bis er wieder ruhig ist.
Die Wärme die Steven bekommt, stelle ich mir vor, wie die Kälte, die sich gerade meinen Körper erobert.
Sich durch meine Klamotten, über meine Haut in die Knochen schleicht, sich dort ausbreitet und fast schon schmerzt.
Ich bin sprichwörtlich geerdet.
Verschmelze mit der Natur, sinke in den matschigen Boden und fühle mich verbunden.
Das erste Mal richtig mit Mama verbunden.
Wir sind jetzt beide stumm.
Ich und auch Sie.
Gefühlstot.
So nennt mich Papa immer.
Ein lebender Toter, der keinerlei Emotionen zeigt.
Der nicht spricht, obwohl er es könnte.
Warum sollte ich aber etwas sagen, wenn es nichts zu sagen gibt?
Mama hat für uns beide gesprochen.

Wie aus dem Nichts werde ich vom Boden hochgezogen, gegen einen Körper gedrückt.
Die Nähe ist mir unangenehm.
Brennt förmlich auf meiner Haut, will sie nicht spüren.
Versuch mich mit meinen Händen wegzudrücken.
Werde dadurch aber nur noch fester gegen den Fremden Körper gepresst.
"Psssscht. Ganz ruhig. Ich bring dich rein!"
Muss wohl der Blonde von vorhin sein.
"Ich hab ihn!" ruft er durchs Haus, bringt mich ins Wohnzimmer.
Ein paar weitere Schritte ertönen, ein Deckenlicht wird angeknipst.
Meine Hände pressen sich gegen mein Gesicht.
"Wo war er?" eine fremde Stimme.
"Draußen im Regen. Er lag auf dem Boden. Er ist komplett durchnässt und kalt!" wieder der Blonde.
"Die Klamotten müssen runter, sonst holt er sich den Tot! Wo ist der Vater?"
Nein.
Will nicht diese Kälte verlieren und aufgewärmt werden.
Möchte mich spüren.
"Der ist bei dem anderen Jungen. Die stehen beide unter Schock!" brummt jemand aus dem Flur.

"Hey Kleiner. Du musst deine nassen Sachen ausziehen. Schaffst du das?" der Blonde drückt mich von sich weg, stellt mich auf den Boden.
Als ich meine Hände von meinem Gesicht nehme und gegen das Licht blinzle, erkenne ich den Arzt neben mir.
Erwartungen.
Sie erwarten etwas von mir, doch Ihre Gesichter sind nicht voller Zorn, sondern mit anderen Emotionen gefüllt.
Kann es nicht zuordnen und fühle mich unwohl.
Der Arzt geht vor mir in die Knie:
"Komm, ich helfe dir!"
Ich trete einen Schritt zurück, spüre den Polizisten in meinem Rücken.
"Du brauchst keine Angst zu haben. Wir müssen dir aber schnell die nassen Klamotten ausziehen, sonst wirst du krank!"
Kralle meine Hände in die Beine hinter mir, halte die Luft an, schließe die Augen.
Eine Hand legt sich auf meine Stirn, schiebt die nassen Strähnen zur Seite.
Die Handfläche brennt auf meiner Haut, ziehe meinen Kopf zurück, möchte ausweichen.
"Du brauchst keine Angst zu haben. Alex tut dir nichts, er möchte dir nur helfen!" erklärt der Blonde und legt seine Hände auf meine Schultern.
Erneutes, unerträgliches brennen.
Reiße mich los.
Renne aus dem Raum und stoße gegen einen weiteren Mann.
Dieser schiebt gerade eine Liege, mit einem schwarzen Sack den Flur entlang.
Er drückt mich zur Seite und setzt seinen Weg fort.

Renne weiter, bis zu meinem Zimmer.
Öffne die Türe, verkrieche mich unter meinem Bett.
Still.
Still und kalt.
Atme durch und entspanne mich.
"Oskar?"
Die Männer suchen mich wieder.
Wollen mich nicht in Ruhe lassen.
Warum kommt Papa nicht, um sie wegzuschicken?
Das Licht geht an.
Schritte verteilen sich überall im Raum.
Kauere mich zu einer Kugel zusammen, denke an Mama.
Mama.
Sie ist frei.

Schuhspitzen halten vor meinem Bett, kurz darauf sind Knie zu sehen und gleich danach Hände und ein Gesicht.
Der Blonde legt sich mir Gegenüber auf dem Boden nieder.
Beobachtet mich.
Ich rutsche ein kleines Stück weiter gegen die Wand.
"Hey Oskar. Magst du denn nicht mal da raus kommen?"
Nein.
Im Nebenraum sind laute Stimmen zu hören.
In Steven's Zimmer.
Stampfende Schritte.
"OSKAR! KOMM HER UND ZIEH DICH AUS! SOFORT!"
Ich gehorche.
Der Polizist zieht sich zück, während ich mich unter meinem Bett hervorkämpfe.
Stelle mich auf meine Beine, schaue Papa an.
"Ausziehen, wirds bald!"
Der Arzt wirft Papa einen komischen Blick zu, doch der merkt das gar nicht.
Rot.
Seine Augen sind rot und dick.
"OSKAR!"
Er hasst es zu warten.
Ich füge mich, entferne meine Klamotten so schnell wie möglich.
Nackt.
Ich stehe komplett ungeschützt vor den drei Menschen, doch das interessiert mich nicht.
Mustere Papa unentwegt.
"Warum hat ihr Sohn so viele blaue Flecken am Körper?"
Ein genervtes Schnauben.
"Er ist Gestört. Kann Berührungen nicht ertragen. Manchmal ist es aber nötig. Wenn er sich wehrt, kommt das dabei raus. Er spricht auch nicht, falls sie das bemerkt haben. Schon seit drei Jahren nicht mehr" emotionslos wendet er sich meinem Kleiderschrank zu und sucht nach einem neuen Schlafanzug.
Der Arzt geht vor mir in die Knie und mustert meine blaue Flecken.
Ich weiche einen Schritt zurück.
"Keine Angst, ich fass dich nicht an. Kannst du dich einmal drehen? Mir deinen Rücken zeigen?"
Ich tue, was er mir sagt.
Mein Vater wirft die Kleidungsstücke auf mein Bett:
"Anziehen und danach ins Bett!"
Ich greife nach dem Schlafanzug und vernehme ein tiefes Brummen neben mir.
Schaue dem Blonden ins Gesicht, der seine Augenbrauen zusammengezogen und und seine Hände vor der Brust verschränkt hält:
"Reden Sie immer so mit ihm? Er hat doch gerade seine Mutter verloren. Können sie nicht etwas mitfühlender sein?"
"Er ist Gestört. Zeigt niemals Emotionen, desshalb geht man davon aus, das er auch kaum Trauer oder Freude empfindet. Wieso dann bemühen, wenn es eh zwecklos ist!"

"Papa?" Steven kommt ins Zimmer gelaufen.
"Ja mein Schatz?"
"Kommst du wieder zu mir?"
Leises, ungläubiges Lachen hinter meinem Rücken.
Als ich meinen Schlafanzug am Körper trage, schlüpfe ich unter die Bettdecke.
Papa hat Steven auf dem Arm, drückt seine Lippen auf dessen Haare.
Der Arzt sieht immer wieder zwischen uns hin und her.
Der Polizist hat seine Lippen komisch verzogen und mustert mich nonstopp.
"Auf ein Wort, bitte!" der Arzt schnappt sich meinen Vater am Ellenbogen und tritt mit ihm hinaus in den Flur.
Der Blonde fährt sich mit beiden Handflächen durch sein Gesicht, bevor er sich neben meinem Bett in die Hocke begibt.
Er erhebt seine Hand, nähert sich meinem Kopf, hält dann aber doch inne:
"Magst du das wirklich nicht?"
Nein.
Seine Hand legt sich auf meinem Kopfkissen ab.
Vor der Türe werden der Notarzt und Papa sehr laut.
Bestimmt wegen mir.
Es ist immer wegen mir.
Papa hat auch oft mit Mama so laut geredet, weil ich falsch bin.
Nicht so wie Steven.
Nicht Normal.

"Hast du deine Mama gefunden?" seine Stimme gefällt mir.
Klingt gut, bereitet mir eine Wärme in meinem Körper, die nicht schmerzhaft oder angsteinflößend ist.
Ich deute unbewusst ein nicken an, was den Mann vor mir überrascht.
"Du kannst dich ja doch mitteilen, mh?" frägt er mich ganz leise, als ob es ein Geheimniss wäre.
"Da mangelt es wohl eher an der Aufmerksamkeit des Vaters" diese Worte sind eher an ihn selbst gerichtet, als an mich.
Er schließt die Augen, seufzt schwer auf.

Der Arzt kommt wieder herein, ohne Papa.
Geht ebenfalls neben meinem Bett in die Hocke, schaut mich an, schaut den Polizisten an.
"Wo ist der Vater?" nuschelt der Polizist, kaum hörbar.
"Mit seinem anderen Sohn in dessen Zimmer verschwunden...."
"Er kann doch nicht..." der Blonde unterbricht seinen Satz.
Redet nicht weiter.
Der Arzt seufzt schwer auf, legt seine Stirn in Falten.
"Kannst du eine Kindeswohlgefährdung ausschließen?" forscht der Polizist bei dem Arzt nach, worauf mich beide anschauen.
"Ich weiß nicht, ob eine fremde Umgebung gut für ihn ist!"
Ich schließe meine Augen, damit Papa nicht wütend wird, falls er zurückkommt.
Er möchte das ich schlafe, also werde ich das auch tun.
Strample noch schnell meine Decke weg.
Zu warm.
Viel zu warm.

"Aufstehen, Oskar!"
Als ich meine Augen öffne, steht Papa vor mir.
Er sieht anders aus als sonst.
Älter.
"Wir müssen einiges erledigen. Du musst mitkommen. Ich kann dich nicht alleine lassen!"
Er verlässt den Raum.
Ich stehe auf und laufe auf direktem Weg in das Badezimmer.
Mein Blick wandert zu der Stelle, an der Mama heute morgen noch lag.
Die weißen Fugen des Fliesenboden sind rot.
Rot von dem Blut, das aus ihren Handgelenken gelaufen ist.
Auch ihre Oberschenkel waren voller Blut.
Lasse mich auf die Knie fallen, mein Finger gleitet über die Fugen.
Frei.
Mama ist frei.
Lege mich auf den Boden, über die roten Fugen, fühle mich ihr verbunden.
Sage ihr in Gedanken, das es in Ordnung ist, das sie gegangen ist und nie wieder kommen wird.
Ob ich ihr folgen dürfte?
Würde ich sie in ihrer Ruhe stören?

"Oskar?" Papa betritt das Badezimmer.
Bleibt neben mir stehen und mustert mich.
"Was machst du da?" seine Stimme ganz leise, kaum zu hören.
Ich öffne die Augen, schaue ihn an.
"Bist du traurig? Weißt du überhaupt, was das ist? Verstehst du überhaupt, was passiert ist?" seine Stimme wird immer brüchiger.
Er setzt sich auf den Rand der Badewanne, Flüssigkeit tritt aus seinen Augen hervor.
"Was mach ich denn jetzt nur? Warum bist du nur so anders wie dein Bruder? Warum weinst du nicht? Warum zeigst du nicht, wie du dich fühlst? WARUM REDEST DU NICHT MEHR?"
Wütend.
Er ist wütend auf mich, weil ich Gestört bin, wie er immer sagt.
So gestört wie er denkt, bin ich gar nicht.
Ich kann viel besser und schneller lesen, als mein Bruder.
Nicht laut, nein, aber in meinem Kopf.
Ich kann viel besser und schneller rechnen.
Schöner schreiben.
Schöner malen.
Artiger sein.
Aber er sieht nur das, was ich nicht kann, nicht ertrage.
Ich erkenne nich alle Gefühle und kann mir nicht merken, welcher Gesichtsausdruck zu welchem Gefühl passt.
Weiß manchmal nicht, wie sich Gefühle anfühlen.
Habe keinerlei Empathie, hat der Arzt gesagt.
Aber ganz stimmt das nicht, doch das wissen sie nicht.
Sie haben nie zugehört, als ich ihnen das erklären wollte.
Haben nie gefragt, was in mir vorgeht.
Darum habe ich aufgehört es zu versuchen.
Habe aufgehört zu reden, bin stumm geworden.
Ob ich noch reden kann, weiß ich nicht.
Bisher hat es ganz ohne Worte geklappt und ich habe es nicht mehr versucht.
"Immer das gleiche mit dir! Nur Arbeit uns Sorgen bescherst du uns. Wegen dir ist Mama krank geworden.... und jetzt? Jetzt ist sie weg. Und kommt nie wieder. NIE WIEDER! HAST DU DAS VERSTANDEN?"
Er lässt sich auf die Knie fallen, umfasst mit beiden Händen mein Gesicht.
Schmerz.
Papa drückt fest zu, zittert.
"OB DU DAS VERSTANDEN HAST? OSKAR!!!! SAG DOCH ETWAS. SAG MIR, OB DU DAS VERSTEHST!"
Natürlich verstehe ich es, Papa.
Jedes einzelne Wort.
Verstehe, das du traurig sein musst, obwohl es Mama jetzt besser geht.
Ich murre auf.
Seine Handflächen brennen sich in meine Haut ein, er weiß es, lässt aber nicht los.
"SAG MIR DAS ES DIR WEH TUT! ÖFFNE DEINEN MUND UND SAG ES!"
Ich kann es nicht.
Versuche seine Hände von mir wegzudrücken.
Schaffe es nicht, da er zu stark ist.
Er lässt von mir ab, aber nur, um mich Sekunden später unter den Armen zu packen und mich fest an seinen Körper zu ziehen.
Seine Arme schlingen sich um meinen Körper.
Drücken so fest zu, bis mir fast die Luft zum Atmen fehlt.
"SAG MIR DAS ES DIR WEH TUT UND ICH LASS DICH LOS!"
Versuche mich panisch von seinem Griff zu befreien.
Strample, schlage mit meinen Fäusten auf ihn ein.
Schaffe es nicht.
Seine Hand legt sich um meinen Kiefer, drückt fest zu und bewegt ihn, damit er sich öffnet und schließt.
"SO BEWEGT MAN DEN MUND UM SPRECHEN ZU KÖNNEN, FALLS DU DAS VERGESSEN HAST. SAG ES JETZT! SAG, DAS ICH DIR SCHMERZEN ZUFÜGE UND DANN HÖRE ICH AUF!!" sein schreien hallt durch das ganze Haus.
Mein Kiefer schmerzt.
Schmerzt unendlich.
Meine Haut brennt überall dort, wo er mich berührt.

"Papa? Was machst du mit Oskar? Lass ihn los! Er kann nicht reden!" Steven betritt das Badezimmer.
Schüttelt Papa an der Schulter, damit er wieder zu Sinnen kommt.
Er schafft es.
Papa lässt locker, lässt seinen Kopf in den Nacken fallen.
"Es tut mir leid, Oskar... Aber du macht mich immer so wütend. Richtig wütend!"
Es klingelt an der Haustüre.
"Ich geh schon" Steven verschwindet wieder aus dem Zimmer und ruft kurze Zeit später nach Papa.
Er legt mich auf den Boden zurück und verschwindet.
Mein Körper schmerzt.
Das kann ich fühlen.
Schmerz.
Ich ziehe mein Oberteil aus und lege mich flach auf den Boden, um die Kälte zu spüren.
Meine Augen schließen sich ganz automatisch.
Stimmen sind zu hören.
Papa ist sehr laut.
Da sind nochmal zwei Männerstimmen und auch eine von einer Frau.

Lange Zeit passiert nichts.
Irgendwann betritt eine Person den Raum.
Setzt sich neben mich.
Papa kann es nicht sein, der hätte schon längst etwas gesagt.
Ich öffne ein Auge, um zu sehen wer das ist.
Ein Mann.
In Uniform.
Polizeiuniform.
Der Blonde, von heute morgen.
"Hey. Weist du noch wer ich bin? Ich bin Moritz. War heute nacht schon da!"
Ich nicke leicht und schließe wieder mein Auge, um seiner Stimme zu lauschen.
"Vielleicht fragst du dich, warum wir hier sind... Alex ist auch da. Der Arzt. Weist du noch? Und eine Frau. Die möchte sich gerne überzeugen, daß es dir gut geht. Du brauchst keine Angst zu haben, wir wollen dir nichts böses!"
Ich nicke leicht, denke, er hat es verdient.
Er achtet auf meine Körpersprache.
"Warum bist du so rot am Rücken?"
Ich öffne meine Augen, schaue ihn an.
Habe das Gefühl, er kann das Geschehene dort ablesen.
"ALEX?"
Während wir auf den Arzt warten, schauen wir und nonstopp in die Augen.
Er lächelt.
Es gefällt mir, das verändert sein Gesicht.
"Was denn, Moritz?" der Arzt kommt hereingelaufen, setzt sich neben den Polizist.
"Schau dir bitte seinen Rücken an!"
"Ich weiß was los ist... Steven hat es mir gerade erzählt" seufzt der Arzt.
"Wie? Was hat er dir erzählt?" Moritz schaut fragend zu seinem Nebenmann.
"Astrid hat gerade mit Oskar's Vater gesprochen und Steven hat mich zur Seite gezogen. Er hat erzählt, das Okar heute wieder Schmerzen zugefügt wurden. Nicht das erste mal!" sein Blick brennt auf mir.
"Wenn das stimmt, wird sein Kiefer bald ebenfalls in sattem blau erstrahlen!"
Schweigen.
"Wie stehen die Karten?" will Moritz wissen.
"Zumindest werden wir Oskar mitnehmen können, um ihn durchzuchecken. Kommst du mit?" Alex fixiert den Polizist mit seinen Blicken.
Moritz schaut wieder zu mir, legt seinen Kopf schief:
"Möchtest du denn, das ich mit dir mitkomme?"
Ja, das möchte ich.
Er gibt sich Mühe, möchte mich verstehen.
Mein schwaches nicken verschafft beiden Männern ein kleines Lächeln.

Was auf mich zukommt, weiß ich nicht, aber Angst habe ich keine.
Warum?
Weil ich nicht weiß, was Angst bedeutet.

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