Kapitel 13
Es war nun schon Pearls dritte Monatsversammlung und mit jeder fühlte sie sich mehr abgestoßen von den allgemein bornierten Zügen und dem unendlichen Egoismus der meisten Helden. Ein Blick in den Raum verrät ihr, dass die oberen Stockwerke sich mal wieder um das Kommen gedrückt hatten und sie nur durch jeweils leere Stühle repräsentiert wurden.
Sie will gerade Robin und Louis in den großen Konferenzraum folgen, als sie an der Tür aufgehalten werden. Daisy, die mit ihrem Bruder bereits eintreten ist, dreht sich um und mustert die älteren Mann, der Louis den Weg versperrt. Der Kleinere drückt sich unsicher an die Schulter seines Freundes und dieser blinzelt den älteren Mann verwirrt an.
"Was wollen sie? Wir reißen uns nicht gerade darum die Versammlung alle zu Besuchen." murrt er, bevor Leader diplomatisch interagieren kann. Doch den Mann scheint das kaum zu stören. "Mir wurde aufgetragen den Telepathen zu neutralisieren, so dass er niemanden in dieser Versammlung beeinflussen kann." erwidert der Mann gelassen und öffnet ein kleines Täschchen, aus dem er eine Spritze nimmt und diese vollkommen ruhig aufzieht.
"Ist das denn wirklich nötig?" schaltet sich nun Leader ein, während er Tief mit einem strengen Blick den Mund verbietet. "Ja. Befehl von ganz oben. Nach dem Zwischenfall in einem unserer Lager wurde uns aufgetragen unsere Sicherheitsvorkehrungen zu maximieren." erwidert der Mann, scheint aber dabei kaum so, als habe er etwas dagegen. "Arm frei machen junger Mann."
Tief zieht seinen Freund schützend enger an sich, doch Truth lächelt ihm aufmunternd zu und drückt kurz die Hand seines Freundes, bevor er seinen Pullover ein Stück herab zieht, so dass der Mann ihm die Spritze geben kann. Pearls Blick wandert über die anwesenden Helden, die sie von der Tür aus sehen kann und ist geschockt von den Gesichtsausdrücken. Die meisten scheinen gleichgültig gegenüber dem Schicksal ihrer Mitstreiter, andere schauen sogar hämisch drein, während nur auf wenigen Gesichtern Mitgefühl zu erkennen ist.
Louis taumelt etwas zurück und Pearl schließt eilig zu ihm auf. Kurz nickt sie Tief zu, der gemeinsam mit Leader an den Konferenztisch muss, während sie ein Stück entfernt Platz nehmen würden. "Was haben sie ihm gegeben?" will Protector wissen, doch der Mann lächelt nur und geht an ihnen vorbei zum Fahrstuhl. Seine Arbeit scheint getan.
Leader zieht den anderen am Ärmel mit sich, während Daisy und Pearl den Kleineren in die Mitte nehmen und auf einen Stuhl verfrachten. Die Heilerin kniet sich sofort vor ihren Teamkameraden, während die anderen sich um sie herum verteilen und Beauty ihre scharfen Zähne zeigt, um ihnen die Sicherheitsleute vom Hals zu halten.
"Es geht schon. Mir ist nur etwas schwindelig." versucht Louis die anderen zu beruhigen, doch seine Stimme klingt in ihren Köpfen schwach und weit weg. Daisy nickt sehr sanft und streicht dem Jüngsten der Gruppe durch die Haare. "Ist okay. Versuch dich einfach auf dich zu konzentrieren. Wir sind alle bei dir." verspricht sie und setzt sich dann auf den Stuhl auf Truths anderer Seite, während die Sicherheitsleute sich langsam entspannen. Wenn das Team wollte, könnten sie mit Leichtigkeit den ganzen Tower einnehmen, doch was sollte ihnen das bringen? Sie waren hier, weil sie überleben wollten, weil sie noch immer der Hoffnung waren, dass die Bevölkerung irgendwann erkannte, dass sie nicht böse waren.
Pearl bekommt von der Versammlung kaum etwas mit. Meistens ist es sowieso nur ein Schulterklopfen der verschiedenen Helden, wie toll sie doch waren. Ihr positiver Einfluss war natürlich eine klare Gegebenheit und ein Fakt, doch mittlerweile war das Konzept Superheld etwas, dass von seinem Namen und der Arbeit vergangener Generationen lebte. Als man die Polizei abgelöst hatte und gewissenhaft Verbrecher gejagt hatte, aus dieser Zeit stammte das große Ansehen und die Bewunderung der Bevölkerung. Mittlerweile hatte die Polizei sich wieder erholt und konnte ihre Aufgaben allein übernehmen, so dass ein Held mittlerweile kaum mehr als ein PR Konstrukt war. Ein Raum voller verblendeter Leute, die sich im Licht anderer sonnten, denn waren wir ehrlich. Die meisten, die am Tisch etwas zu sagen hatten, machten ihre Arbeit nicht mehr selbst.
Als Louis sich an sie lehnt, legt Pearl ihm wie selbstverständlich einen Arm um die Schultern und beginnt sanft durch seine dunklen Locken zu fahren. Der Kleinere war mittlerweile ziemlich blass und Protector streichelte eine seiner Hände sanft, während sie immer wieder nervös zum Tisch sah. "Irgendwie ist alles so verzerrt und laut." erklingt Truths Stimme in den Köpfen der beiden Frauen. Die Kraft die anderen zu erreichen hatte er nicht. Fremde Gedanken wirbelten ungefiltert und vollkommen verzerrt durch seinen Kopf, was sein Schwindelgefühl nur noch verstärke. Außerdem machte es ihm Angst, dass er Robins Gedanken nicht zwischen denen aller anderen im Raum ausmachen konnte.
"Was haben sie ihm gegeben?" fragt Pearl besorgt und zieht den anderen enger an sich. Louis war ihr mit seiner sanften und offenen Art sehr ans Herz gewachsen und sie hasste es, dass die Leute ihn leiden ließen, nur weil sie fürchteten, dass der andere ihre Gedanken las. Was er allerdings nicht tat, so lange er nicht das Vertrauen oder Einverständnis der anderen Person hatte.
"Ich weiß nicht. Ich hoffe, dass die Wirkung bald nachlässt. Es scheint ihn zu schwächen und mir gefällt das gar nicht, wie einfach sie über unsere Gesundheit verfügen dürfen." schnaubt die Heilerin und streichelt weiter die zitternde Hand des Jungen. "Ist schon okay." wispert sie sanft und nickt Pearl zu. "Wir haben es bald geschafft."
Als die Versammlung vorbei war, warteten weder Tief noch Leader auf die Erlaubnis sich erheben zu dürfen, sondern eilten sofort zu ihrem Team. Robin hatte seinen Freund in die Arme geschlossen noch ehe ihr Anführer überhaupt seine Papiere zusammen gesammelt hatten. "Ist okay. Ich bin da. Ich bin da." wispert er, während seine Hände sanft auf den Wangen des kleineren liegen und sein außergewöhnliches Auge fragend zu Protector huscht. Diese nickt und gibt dem anderen damit die Erlaubnis Truth mit sich zu nehmen. Und ehe jemand blinzeln konnte, waren beide verschwunden.
"Du musst etwas machen Ced. Das geht langsam echt zu weit. Die hatten Lou sonst was antun können." meint Protector an ihren Bruder gewandt, als sie zusammen im Fahrstuhl stehen und langsam in ihr Geschoss hinab gefahren werden. "Sie haben ihm sonst was angetan." entgegnet Beauty, deren mit grünem Lidschatten betonte Augen wütend funkelten.
"Aber was sollen wir tun? Wenn wir uns geweigert hätten, hätten sie ihn nur von uns separiert." erwidert Leader resigniert. Daraufhin schweigen alle betreten. Die Situation scheint aussichtslos und verfahren zu sein.
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