Verrat tut weh
GUZMAN
„Ich bin die verdammte Ratte!"
***
Noch immer tun mir alle Knochen weh, aber wenigstens ist das Auge nicht zugeschwollen, das die Faust direkt abgekriegt hat. Aber mit genügend Pillen und einigen Joints sind die Schmerzen erträglich. Nachdem ich meinem Vater die Kohle auf den Schreibtisch gelegt und mich aufs Ohr gehauen habe, habe ich ihn nicht gesehen.
Aber er war hier, denn das Geld war nicht mehr da. Dafür eine Nachricht, die er mir in ein paar Zeilen in seiner kleinkarierten und leicht krakeligen Schrift aufgeschrieben hat. Sie beinhaltete nur, dass ich dieses Mal Waffen, die in einem Van sind, den ich in irgendeinem Parkhaus in der City abholen soll. Anscheinend ist es eine Art Geschenk, die ihm zwar keine Kohle einbringt, ihm aber Pluspunkte bei russischen Mafiatypen verschafft.
Es interessiert mich auch nicht, was er da wieder dreht. Ich soll den Van zu einer Lagerhalle in Navolato fahren und zwar bis heute um sechzehn Uhr. Die Fahrt dauert nicht lange, aber ich bin spät dran. Also ziehe ich mir die Jacke über, packe Zigaretten und Feuerzeug ein und will die Villa meines Vaters verlassen, als ich Rosa gegenüberstehe.
„Was machst du hier?", frage ich sie überrascht. In ihren bernsteinfarbenen Augen sehe ich jede Menge, doch ich kann nichts davon deuten. Ihre Atmung ist beschleunigt und sie streicht sich den Pony aus der leicht verschwitzen Stirn. Ist sie auf der Flucht?
„Scheisse, ist die DEA hinter dir her?", knurre ich, packe sie und ziehe sie wortlos ins Innere. Sie stolpert auf mich zu, prallt gegen mit dem Kopf gegen meine Brust, als die Tür mit einem lauten Plopp ins Schloss fällt. Ich halte den Atem an, versuche mein wild pochendes Herz in den Griff zu kriegen. Sie schaut zu mir hoch, blinzelt hektisch, sodass ich ihr das Haar aus dem Gesicht streiche.
Für einen Moment erwidert sie den Blick mit der gleichen Sanftheit, die sogleich verschwindet. Rosa richtet sich auf, räuspert und öffnet ihren sündhaften Mund, als würde sie mir etwas sagen wollen. Ich runzle die Stirn, habe keine Ahnung, was los ist, doch als sie mich aus hellheiterem Himmel küsst, schaltet sich mein Gehirn aus und die Begierde übernimmt.
Sie flackert sofort auf, lässt mich wie ein Raubtier über sie herfallen. Ich ziehe sie zu mir heran, presse sie an mich und lasse sie mit einem brutalen Kuss wissen, was ich jetzt von ihr verlange. Rosa zieht sich die Jacke aus, lässt sie auf den Boden fallen und lässt ihre Hände aufgeregt über meinen Körper wandern.
Braves Mädchen! Ich merke, dass sie aufgebracht ist, dass sie mir etwas sagen wollte, es aber nicht geschafft hat. Und ich würde sie auch danach fragen, doch sie geht in die Knie, öffnet meine Hose, befreit meinen Steifen und nimmt ihn in den Mund.
„Fuck!", knurre ich und vergrabe meine Finger in ihrem dunklen Haar. Spüre, wie weich es ist, während sie schmatzende Geräusche von sich gibt, die in meinem Kopf alles zum Explodieren bringt. Ich denke an nichts anderes mehr, als ihre Lippen um meinen Schwanz, ihre Zunge, die über die Spitze gleitet, und ihre Hände, die an meinen Eiern spielen. Ein tiefes Grollen steigt in meiner Brust empor und bringt zum Ausdruck, was gerade in mir abgeht.
„Tiefer", stöhne ich durch zusammengebissenen Zähnen, während sie mich ansieht. Ihre dichten Wimpern geben den perfekten Rahmen für das wunderschöne Gesicht und die Tiefen, die wie flüssiger Honig schimmern. Verschleiert von Lust und etwas Dunklerem, das ich nicht benennen kann. Noch immer hämmert mein Herz gegen meine Rippen, so stark, dass der Schmerz sich in süße Lust verwandelt und mich dazu treibt ihrem versautem Spiel ein Ende zu setzen.
Denn ich will in ihr kommen, also ziehe ich sie auf die Füße, dirigiere sie küssend an die Wand und öffne ihre Hose, lasse meine Hand in ihr Höschen gleiten und spüre ihre Nässe an meinen Fingern. Ich reibe sie, bringe sie dazu sich auf die Lippe zu beißen, bis die Abdrücke blutige Ränder bilden. Ihr Blick ruht auf mir, gleitet über meine Brust, bis zu meinem Schwanz, der auf und ab wippt. Zuckend sehnt er sich nach ihrer Pussy, die sich sanft um ihn schließt. Ihn tief in sich auf nimmt, bis meine Eier ihr alles von mir geben, was ich besitze.
Doch ich will, dass sie kommt und ich ihr dabei zusehen kann. Es hat etwas Magisches an sich. Ihre Schönheit verdoppelt sich, wenn sie den Höhepunkt erreicht und die Ekstase diesen einen Ausdruck verleiht, der sie wie eine heilige aussehen lässt.
„Ja, genauso", keuche ich an ihr Ohr. Lecke und sauge daran, beiße hinein und höre sie schreien. Spüre, wie ihre Muskeln sich um mich anspannen, zitternd und voller Vorfreude auf den rosa Nebel, den sie in wenigen Sekunden umhüllen wird.
„Ich ... ich ...", stöhnt sie, beugt den Rücken durch, präsentiert mir ihre üppige Oberweite, die ich durch den Stoff ihres Shirts massiere und ihre Nippel spüre, die sich dagegen drücken.
„Komm für mich, Vögelchen!", knurre ich und reibe fester. Immer stärker. Immer über den einen Punkt ihres Körpers, an dem sich so viele Nervenenden befinden, die irgendwann nicht mehr können und ein Feuerwerk der Neuronen abfeuern. Rosa reißt die Augen auf, schreit meinen Namen, zittert unkontrolliert, während die Welle des Orgasmus sie überrennt.
Gott! Allein bei diesem Anblick könnte ich kommen, doch ich zerre knurrend an ihrer Hose, ziehe sie nach unten, dränge mich zwischen ihre Beine und dringe in einem Ruck in sie ein. Spieße sie auf und beginne sie zu vögeln. Mein Tempo ist von Anfang an schnell, hart und brutal. Rosa schreit meinen Namen, wieder und wieder, während ich sie mit jedem Stoß noch tiefer beglücke. Das Brennen setzt ziemlich schnell ein, kämpft sich von meiner Wirbelsäule nach unten und endet in meinen Eiern, die immer wieder gegen ihren süßen Arsch klatschen.
„Du. Gehörst. Mir." Auf jedes Wort folgt ein Stoß und dann kann ich nicht mehr und stöhne ihren Namen, während ich pumpe und pumpe. Schwer atmend halte ich sie in meinen Armen, gebe ihr den Halt, den ich ihr aus dem Körper gevögelt habe und küsse sie leidenschaftlich. Unsere Herzen schlagen im gleichen Takt, während unsere Atemzüge sich wieder normalisieren. Ich bin immer noch in ihr und würde es am liebsten die ganze Zeit sein.
Doch ich habe einen Auftrag, den ich erledigen muss und so geil der Quickie auch war, ich muss langsam los. Also ziehe ich mich aus ihr zurück, versichere mich, dass sie allein stehen kann und verstaue alles wieder in meiner Hose. Während Rosa wie benebelt an der Wand lehnt und durch mich hindurchsieht. Normalerweise schätze ich diesen Zustand, aber bei ihr sieht es seltsam aus. So, als wäre sie nicht in der Lage sich zu rühren, als hätte ich sie gegen ihren Willen genommen. Doch das habe ich nicht. Das würde ich niemals tun!
„Alles in Ordnung?", frage ich sie deshalb. Rosa blinzelt, verzieht ihr Gesicht zu einem Lächeln, dass ihre Augen nicht erreicht. Ich will schon fragen, was los ist, als mir in den Sinn kommt, dass heute die Beerdigung dieses Jungen war. Ich schlucke, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll.
Also gehe ich auf sie zu, streichle ihre Wange und küsse sie so sanft ich nur kann. Doch als meine Lippen ihre berühren und sie den Kuss so intensiv erwidert, dass ich mich frage, ob sie sich über Nacht zu einer Nymphe verwandelt hat. Doch auch wenn ich an einer zweiten Runde Interesse habe, kann ich nicht. Also beende ich den Kuss sanft, aber bestimmt und halte ihr Gesicht in meinen Händen.
„Ich weiß, dass du vieles durchgemacht hast und das ich zum Teil Schuld daran habe, aber ich will, dass du weißt, dass ich für dich da bin", sage ich, bevor ich es mir anders überlege. Ich bin zwar kein Romantiker, aber ich bin auch kein Monster. Es geht ihr offensichtlich schlecht und dieser Fick war eine Ablenkung, doch irgendetwas an ihrem Blick sagt mir, dass das nicht alles ist. Sie verschweigt mir etwas.
Denn ich konnte in ihren Augen wie aus einem Buch lesen. Doch heute fällt mir das so schwer wie noch nie. Selbst vor vier Jahren wusste ich genau, dass diese Frau einiges auf sich genommen hat, um dorthin zu kommen, wo sie war. Und, dass sie sich nach jemandem sehnt, der ihre wilde Seite akzeptiert und sie fördert. Und genau das tue ich. Ich tue verdammt nochmal beides!
„Mit deiner Hilfe konnte ich die Schulden zurückzahlen, was ich ohne dich nicht geschafft hätte. Du bist so vieles, Rosa. Eine wilde Schönheit, die mich dazu bringt, schnulzige Sachen wie diese zu sagen. Und, dass ich mich zum ersten Mal frage, wie es wäre, wenn ich mich an jemanden binden würde."
Ich lache kurz über mein schräges Verhalten, schüttle den Kopf und habe keine Ahnung, was ich da überhaupt sage, aber es ist alles die Wahrheit. Weshalb ich weiter mache, ohne auf ihre Reaktion zu warten.
„In letzten Tagen mit dir, habe ich gemerkt, dass ich nicht zum Weichei mutiere, wenn ich mir eingestehe Gefühle für jemanden zu haben. Und das habe ich für dich Rosa. Ich weiß nicht, ob es so etwas wie Liebe ist, aber es fühlt sich verdammt gut an. Und das eben, ich bin mir sicher, dass du es gebraucht hast, aber für mich war es mehr als nur ein Fick", sage ich und überlege, was ich tun kann, wenn sie mir gleich einen Korb gibt. Mein Blick fällt auf ihre geschwollenen Lippen, auf denen ich die Spuren ihrer Zähne sehen kann. Gedankenverloren fahre ich sie mit meinem Daumen nach und als ich in ihre Tiefen schaue, erwidert sie es.
„Du bedeutest mir viel, Rosa." Die Worte stehen zwischen uns und für einen kurzen Moment habe ich Angst, dass sie eine Kluft zwischen uns entstehen lassen. Aber als sie mir fest in die Augen schaut und mich küsst, langsam und bedächtig, weiß ich, dass dem nicht so ist. Fast erleichtert schließe ich die Augen und genieße diesen beinahe unschuldigen Kuss. In ihren Augen tobt ein Sturm, der sich langsam wieder auflöst und das ist das Einzige was zählt. Denn nach dem Regen scheint die Sonne.
„Ich muss jetzt los, aber wenn du willst, kannst du mich begleiten", sage ich und lächle sie an. Rosa nickt und zieht sich wieder an. Dabei sagt sie kein Wort, wirkt aber ruhiger als vorhin. Ich öffne die Tür und lasse sie voraus gehen, danach schließe ich die Tür und steuere auf den Wagen meines Vaters zu, denn meiner ist in der Werkstatt. Trotz meines unschlagbaren Fahrstils haben die Cops ein paar Treffer gelandet und mir eine Rechnung von mehreren Tausend Dollar eingebracht. Als wir auf dem Weg in Richtung City sind und aus den Boxen Post Malones Rockstar dröhnt, durchbreche ich das Schweigen als Erster.
„Wieso wolltest du zu mir?" Ich will nicht, dass es falsch rüberkommt, aber ihr Auftauchen kam wie aus dem Nichts. Es passt auch nicht wirklich zu ihr, soweit ich das bis jetzt sagen kann. Ich drehe den Kopf und schaue sie ein paar Sekunden lang an, ehe ich den Blick wieder auf die Straße richte. Die Fahrt dauert noch ein bisschen, ist aber nicht lang genug, um ihr alles aus der Nase zu ziehen.
„Die DEA-"
„Ist nicht hinter mir her", unterbricht sie mich scharf und sieht mich eindringlich an. Ich nicke, bin aber noch nicht überzeugt. Mein Gefühlsausbruch von vorhin rückt in den Hintergrund und darüber bin ich auch froh, denn es hat sich zwar gut angefühlt, aber ich habe das Gefühl, dass sie mich nicht ernst genommen hat.
„Was war es dann?", hake ich nach, stelle den Blinker und biege nach links ab und halte wegen einer roten Ampel. Ich schaue sie wieder an und als sie nichts sagt, keimt in mir wieder dieses Hirngespinst auf, dass sie etwas mit dem geplatzten Deal zu tun hat.
Doch das kann nicht sein, oder?
„Ich war auf der Beerdigung", setzt sie an und schaut dann aus dem Fenster. Die Blechlawine hinter uns wird länger, doch die Ampel springt auf Grün und ich gebe Gas. Lasse die Vollidioten hinter mir und überhole langweilige Schnarchnase, die konstant ihr Tempo behalten. Einige hupen, andere fluchen, aber das kratzt mich nicht im Geringsten.
„Ich habe mich schuldig gefühlt. Wegen mir ist dieser Junge jetzt tot und seine Familie kennt nicht die ganze Wahrheit", endet sie und schüttelt den Kopf. Ich spüre wieder diesen Sturm, muss ihn nicht einmal in ihren Augen sehen, um zu wissen, dass sie nichts damit zu tun hat. Sie würde das nicht tun.
„Rosa, er kannte", wieder unterbricht sie mich.
„Er kannte das Risiko eben nicht! Vor meiner Ankunft, waren die Estrellas zwar nicht alle sauber, aber sie haben nie einen von den jüngeren Mitgliedern mitgenommen. Aber ich ... ich", sie deutet aufgebracht auf sich und schüttelt erneut den Kopf. So heftig, dass ihre Haare hin und her wehen. Ich will meine Hand auf ihr Knie legen, um ihr zu zeigen, dass ich für sie da bin.
Doch sie dreht sich weg und gibt mir das Gefühl, dass es das letzte ist, was sie jetzt möchte. Ich mahle mit dem Kiefer und umklammere das Lenkrad fester, versuche mich zu beruhigen, was gar nicht so einfach ist. Nicht, unter diesen Umständen. Als ich in das Parkhaus fahre und das richtige Deck suche, hat sich die Stimmung zwischen uns merklich abgekühlt, was mich nervt.
Wie kann sie sich jetzt so verhalten?
Sicher, einer ihrer Leute ist gestorben, aber sie muss nach vorne schauen. So schwer es manchmal auch ist. Ich habe das Deck gefunden auf dem der Van steht, parkiere auf einer freien Fläche und schalte das Licht aus. Während das Klicken des Motors zu hören ist, der sich abkühlen muss, sitze ich da und frage mich, ob ihr meine Worte überhaupt etwas bedeutet hatten.
Keine Ahnung, wie lange ich in die Ferne starre, während Rosa aus dem Fenster schaut. Aber irgendwann wird es mir zu bunt und ich lehne über sie rüber, hole die Knarre aus dem Handschuhfach – auch mein Vater hat immer eine dabei – und entsichere sie vor ihren Augen. Das Geräusch sticht sich in meinen Kopf und verursacht einen kurzen Schmerz, der sogleich wieder verfliegt, als sie mich aus geweiteten Augen ansieht.
„Keine Sorge, ich erschieß dich schon nicht", sage ich in der Hoffnung, dass sie lächelt. Doch ihre Pupillen sind nun so groß, dass sie die gesamte Iris ausfüllen und mich an zwei schwarte Löcher eines Schädels erinnern.
„Was ist los mit dir?", frage ich und klinge ungehalten, was mir leid tun sollte, aber langsam fehlt mir die Geduld dazu. Rosa schluckt, streicht sich das Haar aus dem Gesicht und atmet tief durch.
„Was wollen wir hier?", fragt sie mit ungewohnt zittriger Stimme. Ich schaue sie an, versuche aus ihr schlau zu werden, doch noch immer verschließt sie sich vor mir.
„Ich soll einen Van nach Navolato fahren. Ein Geschenk meines Vaters an einige Russen. Wieso?"
Sie beißt sich auf die Lippen und wenn sie sich umsehen würde, würde ich glatt glauben, dass sie etwas verheimlicht. Dass sie die Ratte ist, die ich die ganze Zeit über gesucht habe.
Bis jetzt erfolglos. Ganz automatisch verengen sich meine Augen zu Schlitzen, was sie nicht aus dem Konzept bringt. Jedenfalls nicht so, dass es mir auffällt. Aber vielleicht ist sie doch eine bessere Schauspielerin als ich dachte und würde mit dieser Nummer garantiert einen Oscar gewinnen.
„Kommst du mit?", frage ich sie. Rosa atmet durch, bevor sie mir antwortet.
„Mache ich gerne." Ich warte auf ein Aber, doch es kommt nicht. Also beschließe ich zu nicken, öffne die Tür und steige aus. Rosa tut es mir gleich und als wir nebeneinander hergehen, sieht sie sich kein einziges Mal um, was mich besänftigt – vor allem den leisen Hauch eines Zweifels, der sich immer wieder einnisten will.
Der Van steht zwischen zwei älteren Modellen einer Honda und eines Mercedes eingeklemmt und macht einen genauso schäbigen Eindruck. Der Lauf der Knarre sticht sich mit jedem Schritt mehr in meinen Rücken und gibt mir ein Gefühl von Sicherheit. Ich greife unter das rechte Hinterrad und hole die Schlüssel hervor, öffne den Kofferraum und sehe einige Kartons mit Bastelkram.
Darunter verbergen sich illegale Waffen, die auf dem Schwarzmarkt ein nettes Sümmchen einbringen würden. Doch mein Alter will sie als Geschenk geben, macht mir aber Vorwürfe, dass ich das Koks und das Geld verloren habe. Die zehn Kartons zusammen ergeben im Schnitt die gleiche Summe.
Was hat er also für ein Problem mit mir?
„Ich dachte immer, das überlässt ihr den anderen Kartellen", meint Rosa und schmunzelt vor sich hin. Wie es scheint hat sie sich wieder gefangen, was mich freut. Denn ich hasse es mir auszumalen, was passieren würde, wenn sie wirklich die Ratte wäre, der mich an die DEA verraten hätte. Wir passen echt gut zusammen, das Vögeln eingeschlossen.
„Es ist ein Geschenk, kein Geschäft. Das ist ein Unterschied", erwidere ich und schließe den Karton wieder. Sie steht da, die Hände in die hinteren Hosentaschen vergraben und sieht mich mit einem schelmischen Ausdruck in den Augen an.
Ihr Lächeln wirkt heiterer und erreicht ihre bernsteinfarbenen Tiefen. Ich gehe auf sie zu und küsse sie, während aus der Nähe Reifen quietschen. Zuerst schenke ich dem Geräusch keine Beachtung, doch dann – als näher kommt und lauter wird – öffne ich die Augen und erkenne aus dem Augenwinkel ein Auto, das auf uns zurast.
„Verdammte Scheisse!", knurre ich, zücke meine Waffe und richte sie auf Rosa. Sie schnappt entsetzt nach Luft und sieht mich weit aufgerissenen Augen an. Sie sieht sich hektisch um und als sie den Wagen sieht, der immer näher kommt, schluckt sie hart.
„Was soll das?", zischt sie und funkelt mich wütend an. Ich höre weitere Fahrzeuge, entsichere die Waffe und ziele zwischen ihre Augen. Ein Schuss und sie ist tot. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich sowas tun würde, es sogar müsste, aber es würde mich in zwei Hälften reißen, wenn ich abdrücken würde.
„Du hast die Cops gerufen, oder?", brülle ich sie an. Meine Stimme wird von den Motorgeräuschen verschluckt und als der Wagen nahegenug ist, drücke ich ab. Feuere auf den Wagen, sehe, wie Rosa zusammenzuckt, als hätte sie nicht damit gerechnet, dass ich sie nicht abknallen würde. Sie erwidern das Feuer, sodass ich mich ducke und Rosa anschreie, dass sie wegrennen soll. Doch sie bleibt.
„Ich hab sie nicht gerufen, das musst du mir glauben", flüstert sie und sieht mir in die Augen. Ich glaube ihr und drücke mich noch enger gegen den Wagen. Patronen prallen am Gehäuse ab und fliegen unkontrolliert durch die Gegend und werden so zu Blindgeschossen, die einen noch immer treffen können.
„Bleib hier", knurre ich und spähe um die Ecke. Der Wagen ist stehen geblieben, die Türen stehen offen, sodass sie so geschützt sind. Doch, was sie nicht bedacht haben sind ihre Füße, auf die ich schieße. Schuss um Schuss. Schreie hallen durch die Garage, die Agents fallen um, als wären sie dämliche Dominosteine, die zu nahe aneinander gereiht waren und halten sich die blutigen Beine. Einer versucht noch zu schießen, doch knalle ihn ab.
„Los!", schreie ich Rosa zu und renne im gleichen Augenblick los. Wir rennen gemeinsam durch das Deck, während die Verstärkung eintrifft und auf uns schießt. Ich rufe ihr immer wieder zu, dass sie die Richtung ändern soll. Zickzack ist schwerer zu treffen als eine gerade Linie. Wir haben das Ende erreicht, denn der Ausgang haben die Schweine von der DEA zugesperrt, sodass es nur noch eine Chance gibt zu entkommen.
„Wir müssen springen", sage ich deshalb und klettere auf den Rand der Brüstung. Das Deck ist das letzte von zehn und die Straße befindet sich etwa dreißig Meter unter uns. Wir haben nur eine Möglichkeit und die ist zwar waghalsig, aber durchaus machbar.
„Was hast du vor?", fragt sie panisch.
„Komm schon!", dränge ich sie verzweifelt und strecke ihr die Hand hin. Immer wieder schießen sie auf uns und als eine Patrone direkt vor ihre Füße in den Boden einschlägt, packt sie sie und steht nun neben mir. Wir schauen uns in die Augen, in denen ich Todesangst sehen kann. Ich weiß, ich habe nicht die Zeit dazu, doch ich küsse sie. Kurz und leidenschaftlich. Ihre Lippen fühlen sich sanft und so unglaublich richtig an, dass ich mir sicher bin, dass sie nichts damit zu tun hat.
„Vertrau mir", raune ich ihr ins Ohr, nachdem ich mich von ihr gelöst habe, während der Wind an uns zerrt. Noch einen letzten Blick auf die Agents, die uns verfolgen – von denen ich einen erkenne, es ist der, der meinen Vater auf der Feier des Gobernadors festgenommen hat -, ehe ich ihre Hand umfasse und wir springen. Im freien Fall lässt sie mich los, will so den Sturz abfedern, doch sie knallt auf das Vordach des gegenüberliegenden auf und bleibt benommen liegen, während ich eine Rolle mache ich taumelnd zum Stehen komme.
„Steh auf!", brülle ich, schaue nach oben und nehme meine Waffe, ziele auf diese Mistgeburt und drücke ab. Zwei, dreimal. Beim vierten Mal ist das Magazin leer und ich werfe sie weg, höre, wie sie über das Dach schlittert und schließlich auf die Straße fällt. Ich renne zu ihr, packe Rosas Hand und schleife sie solange hinter mir her, bis ihre Beine wieder ihren Job übernehmen. Sie taumelt zwar immer noch, doch sie geht und das ist das Einzige was zählt.
Wir rennen über die niedrigen Dächer der Nebengebäuden, während die Cops hinter uns her sind. Schüsse fallen noch immer, während die Autos auf der Straße neben uns herfahren. Sie sind sich daran gewohnt, sind so abgestumpft, das keiner stehen bleibt, um zu verfolgen, was hier passiert.
„Ich ... kann nicht mehr", höre ich sie hinter mir keuchen. Ich bleibe stehen, weiche einer Patrone aus und kann sie nicht hierlassen. Also renne ich zu ihr, greife ihr unter die Arme und ziehe sie hinter mir her.
„Wir haben es gleich geschafft", sage ich und hoffe, dass es auch stimmt. Mein Herz hämmert so stark, dass der Schmerz alles übertrifft, dass ich schon einmal gespürt habe. Während meine Lungen bei jedem Atemzug rasselnde Geräusche machen, schnauft Rosa so, als ob sie seit Jahren Kettenraucherin wäre.
Sie sieht sportlich aus, ist es aber nicht, was uns zum Verhängnis werden kann. Doch wir haben das Ende der Häuserkette erreicht und uns einen Vorsprung verschafft. Ich schaue nach unten und atme auf, als ich einige Kisten in der Gasse eines Hinterhofs sehe, die zu einem Turm gestapelt wurden.
„Du musst jetzt klettern, okay?", frage ich sie und schaue in ihr Gesicht. Sie ist trotz der Anstrengung blass und ihre Augen sind noch immer so stark geweitet, dass nichts von ihrer eigentlichen Farbe zu erkennen ist. Ich schlucke hart und klettere als erster runter, danach schaue ich nach oben und rufe ihr zu.
„Mach schon!", knurre ich. Doch sie bewegt sich nicht. Ich sollte sie stehen lassen, meinen eigenen Arsch retten, doch das kann ich aus einem beschissenen Grund nicht. Also klettere ich wieder nach oben, obwohl jeder Knochen in mir schmerzt und sich meine Muskeln wie Beton anfühlen, greife nach ihr und entgehe nur knapp einer Kugel, die nur wenige Zentimeter neben mir einschlägt. Ich zucke zusammen und höre Rosa vor Panik schreien.
„Fuck! Los!", feuere ich sie weiter an Zusammen klettern wir runter, Stück für Stück. Unten angekommen rennen wir weiter durch die Gasse, bis Rosa einfach stehen bleibt. Ich atme hektisch, spüre, wie mein Herz gegen meine Brust hämmert.
„Was zur Hölle?", brülle ich fassungslos und will zu ihr, sie weiterziehen, doch was dann kommt, kann ich nicht verhindern. Denn aus dem Augenwinkel sehe ich diesen Agent, der vor dem Abgrund stehen bleibt und auf uns zielt.
Ich will Rosa anschreien, ihr klarmachen, dass er auf sie zielt, doch da löst sich der Schuss bereits und trifft sie im Oberschenkel. Ihr Schrei brennt sich für immer in mein Gehirn ein, der mir durch Mark und Bein geht. Sie bricht zusammen, hält die Wunde mit ihren Händen zu, die voller Blut sind.
„Lauf! Renn und bring dich in Sicherheit!", schreit Rosa, als ich sie retten will. Ich verstehe nicht, will es ignorieren, doch dann sagt sie etwas, das alles ändert.
„Ich bin die verdammte Ratte!"
Diese fünf verfickten Wörter wirbeln in meinem Kopf herum, als würde sich dort nichts anderes befinden. Mein Herz setzt einen Schlag lang aus, stolpert ein paar Mal und dann schlägt unfassbar langsam weiter.
Ich habe das Gefühl, dass die Welt sich aufhört zu drehen und mir jemand den Boden unter den Füssen wegzieht, als wäre es bloß ein schäbiger Teppich.
„Das kann nicht sein. Rosa, nicht du", wispere ich. Rosa liegt am Boden, hält sich das blutende Bein, Tränen fließen ihre Wangen hinunter und doch fühle ich nichts. Als wäre ich eine leere Hülle und kein Mensch aus Fleisch und Blut. Als die Sirenen plötzlich die Stille zwischen uns zerreißt, holt sie wie von Zauberhand eine Knarre aus ihrem Hosenbund und richtet sie auf mich.
„Geh, oder ich schieße dich und wir landen zusammen im Knast." Ihre Stimme klingt so seltsam fremd, dass ich nicht glauben kann, dass sie es wirklich macht. Nicht sie.
Verdammte Scheisse!
„Das würdest du nicht tun", sage ich, ohne es zu wollen. Der Ausdruck in ihren Augen hat sich verändert, hat an Härte zugenommen. Und dann macht sie es. Sie drückt ab, die Kugel zischt an mir vorbei, streift meine Schulter und hinterlässt neben dem Geruch nach verbranntem Leder auch ein Brennen, dass sich in meinem ganzen Körper ausbreitet.
„Verschwinde!", schreit sie mir entgegen, während ihr noch immer Tränen übers Gesicht laufen. Ich halte mir die verletzte Stelle, höre die Sirene noch deutlicher und weiß, dass ich verschwinden muss.
„Das wird ein Nachspiel haben, verdammte Bitch!", schleudere ich ihr entgegen, ehe ich mich umdrehe und losrenne. Blind vor Wut und verletztem Stolz.
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Oh, Oh! Was sagt ihr?
eure Amanda
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