Folter
GUZMAN
„Ich schwöre dir, dass ich dich kalt mache!",
***
„Rosa!"
Ich reiße die Augen auf und werde hin und her geschleudert. Ich presse die Augen zusammen, versuche genug Sauerstoff in meine Lunge zu saugen, doch je mehr ich atme, desto schlimmer werden die Schmerzen, die durch meinen Körper schießen. Erinnerungen tauchen auf, Bilder suchen mich heim. Da war eine Explosion in Jesus Villa. Verdammte Scheisse!
„Jesus?", brülle ich und huste, denn meine Lunge fühlt sich an, als hätte jemand Zement hineingegossen. Und egal wie oft ich nach Luft schnappe, ich bekomme nicht genug davon.
„Bist du da?", füge ich hinzu, nachdem ich mich beruhigt habe. Langsam versuche ich mich aufzurichten, was bei dem Geschaukel und Geruckel gar nicht so einfach ist. Wo bin ich überhaupt? Den Motorengeräuschen nach zu urteilen und dem Ruckeln bin ich in einem Transporter gefangen. Aber von wem und vor allem wieso?
„Antworte doch!", brülle ich, doch es kommt keine Antwort. Was bedeutet, dass ich allein hier drin bin und das bedeutet wiederum, dass diese Typen mich gezielt ausgesucht haben. Ich halte mir den Kopf, spüre eine Platzwunde, die notdürftig verarztet wurde. Heftiger Schwindel erfasst mich, weshalb ich mich fürs erste nicht mehr bewege. Ich erinnere mich, dass ich eine Person gesehen habe, bevor ich bewusstlos geworden bin. Eine, die ich kenne.
„Gandia!"
Meine Stimme ist so laut, dass sie sogar das Klingeln in meinen Ohren übertönt. Hass durchströmt mich, fließt wie flüssige Lava durch meine Adern und bringt mich dazu, mich trotz der Schmerzen aufzurichten und gegen die Wand des Transporters zu lehnen. Meine Atmung geht abgehackt, was mich flacher atmen lässt und somit kommt auch weniger Sauerstoff in meinen Körper.
„Ich schwöre dir, dass ich dich kalt mache!", brülle ich und trete mit dem gesunden Bein gegen den Boden. Wieder und wieder. Außer Atem knalle ich meinen Kopf an die Wand des Vans und schreie vor Wut und Verzweiflung.
Plötzlich hält der Wagen, Türen werden geöffnet und zugeschlagen und dann macht jemand die Schiebetür auf und die Lichter der Taschenlampen, die auf mich gerichtet sind, blenden mich. Ich kneife die Augen zusammen, um besser sehen zu können, doch ich kenne die Typen nicht, die mich packen und hinauszerren.
„Du elender Bastard!", spucke ich Gandia ins Gesicht, als ich vor ihm stehe. Links und Rechts hält mich ein Agent fest, die um einiges muskulöser und trainierter wirken als die, die Rosa bewacht haben.
„Es ist auch schön dich wieder zusehen, Guzman", antwortet Gandia und lächelt, als wäre es ihm wirklich ein Vergnügen. Vielleicht ist es das auch, wenn ich nicht wüsste, dass er ein Auge auf meine Rosa geworfen hätte, würde ich glatt annehmen, dass er eine Schwuchtel ist. Doch ich weiß es besser, denke ich zerknirscht und würde ihm am liebsten das Herz herausreißen, während es noch schlägt.
„Ich mach dich kalt!", erwidere ich und höre ihn lachen.
„Bringt ihn in den Verhörraum", weist er die Typen an, die mich abführen, ohne auf meine Drohung einzugehen.
„Ich meine das ernst, Gandia! Du bist ein toter Mann!", schreie ich ihm über die Schulter hinweg zu. Seine schlichte Gestalt verschwindet aus meinem Blickfeld, als sie mich in ein Gebäude zerren. Ich wehre mich, doch ich habe keine Chance. Sie schleifen mich durch endlose Gänge, biegen tausendmal ab, bis sie mich in einen heruntergekommenen Raum bringen. Sie setzen mich auf einen Stuhl, fesseln mich an Händen und Füssen und verschwinden wortlos.
„Ihr Hurensöhne!", brülle ich, während ich wie ein Verrückter an meinen Fesseln zerre. Doch es ist zwecklos, die Knoten bringe ich niemals auf. Irgendwann gebe ich es auf, lasse zu, dass die Schmerzen, die ich mir durch den Aufprall bei der Explosion zusätzlich hinzugezogen habe, mich in Beschlag nehmen.
Ich lasse den Kopf hängen und warte darauf, dass er rein stolziert kommt und mich verhöhnt und verspottet. So, wie er es das letzte Mal bereits getan hat. Doch dieses Mal habe ich ihm etwas anzubieten und wenn er wirklich seinem Land dienen will, dann wird er diesen Deal annehmen. Ganz einfach. Und sonst ist er ein verdammter Heuchler, den ich sowas von fertig machen werde, wenn ich hier raus komme.
Ich frage mich, ob er Rosa bereits in seiner Gewalt hat. Aber wenn er die Explosion geplant und die ganze Zeit dort gewartet hat, dann wird er es vielleicht noch nicht erfahren haben. Ich weiß ja nicht einmal, wo ich mich befinde, das heißt, dass Rosa vielleicht in ein anderes Polizeirevier gegangen ist, um ihren irrwitzigen Plan durchzuziehen und das würde ihr ein wenig Zeit verschaffen, um noch einmal darüber nachzudenken. Doch wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht sie das auch durch.
„Wir werden uns jetzt etwas unterhalten", höre ich plötzlich eine Stimme direkt neben mir. Ich hebe den Kopf und sehe Gandia vor mir stehen. Er sieht mich mit seinen Wieselaugen an und lacht mir dreckig ins Gesicht.
„Was du auch immer vor hast, es wird nichts bringen. Von mir erfährst du nichts!", brülle ich und zerre an meinen Fesseln. Ich will ihm damit zeigen, dass er meinen Willen nicht brechen kann, niemals.
„Das werden wir ja sehen", antwortet er grinsend. Und bevor ich etwas sagen kann, landet seine Faust in meinem Gesicht. Mein Kopf fliegt zur Seite, Blut spritzt durch die Luft und mein Kiefer fühlt sich an, als wäre er gebrochen.
Benommen starre ich auf den Boden, blutiger Speichel tropft an meiner aufgeplatzten Lippe herunter. Doch ich komme nicht dazu ihn wieder anzusehen, ihm weiter Drohungen an den Kopf zu werfen, denn er lässt Schlage wie Regentropfen auf mich niederprasseln. Einer nach dem anderen. Ins Gesicht, in den Magen und wieder von vorne.
Irgendwann weiß ich nicht mehr, wo er genau hinzielt und wo er trifft, denn es fühlt sich alles gleich an. Als würde mir jemand mit einem Brandeisen die Haut versengen. Stück für Stück. Stöhnend drehe ich den Kopf, oder die blutige Masse, die davon übrig geblieben ist und versuche aus den Schlitzen zu erkennen, was er als nächstes vor hat. Ich höre ihn atmen, schwer und mit tiefen Zügen.
„Wo ist Rosa?", schreit er mich an. Ich sitze da, verprügelt und zugerichtet und doch lache ich ihm ins Gesicht. Denn von mir wird er nichts erfahren. Mein Lachen erfüllt den nach Schweiß und Blut riechenden Raum und lässt mir denn Magen umdrehen. Ich würge, doch es kommt nichts hoch.
„Du schweigst?" Er steht vor mir, beugt sich zu mir runter. Sein heißer Atem schlägt mir ins Gesicht und er riecht nach Rache. Doch meine Lippen bleiben verschlossen, auch wenn er mich zu Tode foltern wird. Ich werde ihm nichts verraten.
„Legt ihn auf den Tisch!", befielt er. Ich zucke zusammen, weiß, was das bedeutet. Die zwei Gorillas von vorhin treten an mich heran, packen mich an den Schultern und ziehen mich auf die Füße. Ich schreie, meine Knie geben unter den peinigenden Schmerzen nach.
Doch sie heben mich hoch und legen mich auf den Tisch, während der eine meine Füße festhält, legt mir der andere ein Tuch über das Gesicht. Und als der erste Schwall Wasser sich über mich ergießt, sich meine Nase und mein Mund damit füllt und ich kaum noch Luft bekomme, weiß ich, dass er mich nicht leben lassen wird.
Ich werde schon bald das zeitliche Segnen, doch das ist es wert. Rosa ist es wert. Also halte ich es aus, jede quälende Sekunde, in der ich Todesängste ausstehe. Als mir jemand das Tuch vom Gesicht reißt, huste ich und spucke das Wasser aus, dass sich bereits einen Weg in meine Lunge gesucht hat. Zwischen meinem Husten höre ich sein Lachen. Es brennt sich in meinen Verstand und wird mich nie wieder loslassen. Dafür klingt es viel zu schrill, als wäre er ein verdammter Eunuch!
„Redest du jetzt?", zischt er mir ins Ohr. Ich drehe den Kopf zu ihm, huste mir die Seele aus dem Leib und nehme all meine Kraft zusammen, um ihm zu antworten.
„Fick ... dich!" Ich schaue ihm in die Augen und sehe für einen Moment, dass er damit nicht gerechnet hat und dieser Augenblick war es wert, das ganze noch einmal durchzustehen. Denn er mahlt mit dem Kiefer, presst mir das Tuch aufs Gesicht und lässt mich noch einmal Waterboarden.
Mein Körper beginnt sich zu wehren, will überleben, auch wenn es ausweglos erscheint. Ich strample mit den Beinen, während ich drohe zu ertrinken. Als er mir das Tuch wegnimmt, drehe ich den Kopf auf die Seite, würge alles aus mir heraus und huste das verdammte Wasser aus meiner Lunge. Doch es ist so viel, dass ich kaum hinterher komme. Ich schreie auf, als er mich am Haar packt und meinen Kopf nach hinten drückt, sodass mein Hals über streckt wird und ich zu röcheln beginne.
„Du wirst es mir verraten. Ansonsten wirst du sie nie wiedersehen!", knurrt er und sieht aus, als wäre er ein Wahnsinniger. Ich weiß, dass er es ernst meint. Er würde mich töten, ganz egal ob er herausfindet, wo sie ist, also muss ich ihm etwas sagen. Aber garantiert nicht das, was er hören will.
„Ich ... ich ...", huste ich und sehe ihn lächeln.
„Setzt ihn auf!" Vier Hände packen mich und helfen mir in eine aufrecht sitzende Position. Ich schnappe nach Luft, meine Lunge fühlt sich an, als hätte sie jemand verätzt. Als wäre das Wasser mit einer giftigen Substanz versetzt gewesen, die mich von innen heraus tötet. Die Schmerzen bringen mich fast um, doch ich muss es tun. Ich muss für Rosa stark sein.
„Ich höre!", knurrt er. Ich versuche zu sprechen, doch ich huste nur noch schlimmer. Als ich mich halbwegs beruhigt habe, schaue ich ihn an.
„Es gibt ein Buch ... Es gehört meinem Vater", setze ich an, muss aber abbrechen, weil ich wieder husten muss. Meine Lunge rasselt bei jedem Atemzug und mein Kopf fühlt sich an, als wäre ich viel zu lange unter Wasser gewesen, was auf eine krankhafte Art und Weise auch stimmt.
„Ein Buch? Was soll ich damit?", knurrt er. Gandia verliert langsam die Kontrolle, das spüre ich deutlich. Ich muss ihn damit ködern, sonst sind wir alle verloren.
„Darin steht alles, was meinen Vater belastet. Er ist das Monster, dass du jagen solltest, nicht Rosa, oder mich", ende ich und schaue ihm direkt in die dunklen Augen, die mich fixieren. Als könnte ich in meinem Zustand noch an Flucht denken, geschweige denn sie durchführen. Selbst ich weiß, dass das glatter Selbstmord wäre.
„Und wo ist dieses Buch?", fragt er und streicht sich über den Bart.
„Nicht hier", antworte ich. Ich habe es im Trailer gelassen, als hätte ich geahnt, dass ich in die Luft gesprengt werde. Was mich auf ein anderes Thema bringt.
„Was ist mit Jesus? Lebt er noch?" Gandias Gesichtszüge verfinstern sich wieder, was mich das schlimmste annehmen wird. Doch als er meint, dass er überlebt hat und sich Ärzte um ihn kümmern, atme ich erleichtert auf. Doch irgendetwas sagt mir, dass er nicht in einem regulären Krankenhaus liegt, sondern irgendwo festgehalten wird.
„Wenn ich dir verrate, wo dieses Buch ist – und ich verspreche dir, dass es dort ist – dann wirst du uns alle in Ruhe lassen. Denn du hast dann den, den du eigentlich wolltest. Okay?", schlage ich vor. Mein Herz rast noch immer, als würde es am liebsten davonrennen. Und verübeln kann ich es ihm nicht.
„Angenommen du sagst die Wahrheit und das Buch enthält belastende Beweise gegen deinen Vater, dann wirst du mir helfen ihn zu fassen. Im Gegenzug lasse ich Rosa und deinen Freund frei. Wie hört sich das an?" Wie der schlechteste Deal aller Zeit, doch würde es nur um mich gehen würde ich darauf scheissen. Doch das geht es nicht, also nicke ich.
„Deal", sage ich und nicke zu Bekräftigung, was ein verdammter Fehler ist, denn mich überkommt ein derartiger Schwindel, dass ich fast vom Tisch gefallen wäre, hätte mich nicht einer der Gorillas gepackt. Was für ein Service!
„Gut, dann sag mir, wo es ist." Ich schlucke, lasse ihn zappeln. Doch dann gebe ich ihm die Koordinaten und als er damit verschwindet, packen mich die Agents und fesseln mich wieder an den Stuhl. Als ich allein bin, gestatte ich mir zum ersten Mal, dass die Angst sich auch körperlich bei mir zeigt.
Ich beginne zu zittern, Schweiß dringt mir aus allen Poren und mein Herz schlägt so unregelmäßig, dass ich wahrscheinlich einen Schrittmacher brauche, oder wie diese Dinger heißen, die alte Leute brauchen. Ich will nicht weinen, doch mein Körper steht unter enormen Druck, also öffnen sich die Schleusen und ich heule wie ein Baby.
Schluchzer dringen über meine Lippen, während der Rotz mir aus der Nase lauft, den ich mir nicht einmal wegwischen kann. Und weil ich allein bin, mich niemand hört, beginne ich zu schreien. Brülle meine Wut heraus, bis mir die Stimme versagt und ich völlig erschöpft bin.
Mein Kopf fühlt sich viel zu schwer an, also lasse ich ihn hängen und drifte immer wieder weg. Wache auf, dämmere wieder weg. Wieder und wieder. Bis irgendwann etwas zu Rauschen beginnt. Ich reiße den Kopf hoch, versuche aus meinen zugeschwollenen Augen etwas zu sehen, was fast nicht möglich ist.
Vor mir wurde das Bild einer Überwachungskamera angeschaltet, auf dem ich versuche etwas zu erkennen. Doch ich sehe nur verschwommene Schemen, Schatten und Licht. Sonst nichts. Dafür ist mein Gehör umso schärfer, ganz automatisch und was ich da höre, schnürt mir die Kehle zu.
„Rosa?", rufe ich und spüre, wie langsam wieder Leben in meinen Körper kommt. Ich beginne mich zu wehren, zerre und reiße an den Fesseln, während ich sie reden höre.
„Ich biete Ihnen einen Deal an. Einen, den Sie nicht ausschlagen sollten. Denn Sie kriegen dafür Rodrigo auf dem Silbertablett serviert und mich obendrauf." Was? Was soll das heißen? Jemand lacht, es ist Gandia, Ich höre auf mich zu wehren, höre genauer zu.
„Du lieferst dich mir aus? Zu welchem Preis?", erwidert er.
„Nein, tu das nicht Rosa", flüstere ich verzweifelt.
„Sie lassen Guzman gehen. Er hat weder etwas mit dem Geschäft seines Vaters zu tun noch mit mir. Das ist es doch, was Sie wollten. Mich, oder?", sagt Rosa laut und deutlich. Schweigen. Was ist los? Wieso sagt Gandia nichts?
„Nicht ...", wispere ich und schnappe nach Luft, als ich seine Stimme höre.
„Du hast zwar mein Interesse geweckt, doch du bist nicht von staatlichem Interesse. Du nützt mir also nichts." Gut, er geht nicht darauf ein. Doch als ich das Rauschen wieder höre, versuche ich auf dem Bildschirm etwas zu erkennen. Doch das Bild ist weg. Ich kann sie nicht mehr hören.
„Nein! Rosa!", schreie ich und zerre so stark an den Fesseln, dass sie sich wie ein Messer in meine Haut ritzen. Hitze steigt in meinen Handgelenken auf. Doch das ist mir egal. Ich schreie, wehre mich so heftig, dass der Stuhl ins Wanken gerät. Doch bevor er umfällt, taucht einer meiner Bewacher auf und verpasst mir einen Schlag ins Gesicht und wieder ist alles dunkel.
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Was sagt ihr zu diesem Kapitel?
eure Amanda
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