Falsche Freunde?
GUZMAN
„Du hast dir eine klargemacht? Und wie ist sie so? Und damit meine ich nicht ihren Charakter."
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Ich ziehe am Joint, den mir Jesus reicht, während die Jungs um uns herum sich eine Line gönnen. Das Geräusch erfüllt den Raum. Ich lehne mich nach hinten und genieße die Wirkung, die durch meine Venen strömt.
Meine kleine Party kann nur steigen, weil Papa und Catalina auf ihr Anwesen im Norden geflohen sind, um die Verhaftung besser verkraften zu können. Mich haben sie nicht einmal gefragt, ob ich sie begleiten möchte. Nicht eine Sekunde haben sie daran gedacht, was sowieso scheissegal ist, denn ich wäre nicht mitgegangen.
„Warum starrst du die ganze Zeit auf dein scheiss Handy, Pendecho?", fragt mich Jaime der sich die Nase kurz zuhält, um das Koks zu intensivieren.
Ich puste kleine Kreise in die Luft und höre Jesus vor sich hin kichern. Der Typ baut die besten Tüten, denke ich, während ich mit dem Fuß zur dröhnenden Musik wippe. Ich habe beide Arme auf der Lehne der Couch ausgestreckt, sitze breitbeinig da und genieße die Wirkung des Dope.
„Tu ich doch gar nicht, Cabron! Und jetzt sag mir, wo du die Chics gelassen hast", fordere ich ihn auf.
Als ich Jaime und seine Truppe eingeladen habe, dachte ich, dass er auch ein paar heiße Ladies mitbringen würde. Stattdessen hat er Kique mitgebracht und dieser noch ein paar Cabronnes, die ich nicht kenne. Sie sind eher stille Typen, ziehen sich eine Line nach der anderen rein und amüsieren sich auf ihre Art.
„Ich dachte du hättest eine am Start?", mischt sich Jesus ein, der mich aus glasigen Augen ansieht.
„Du hast dir eine klargemacht? Und wie ist sie so? Und damit meine ich nicht ihren Charakter", will Jaime wissen und macht eindeutige Bewegung mit den Händen. Ich ziehe noch zweimal, inhaliere den süßen Qualm tief in meine Lunge und drücke lasse ihn in das halb leere Tequilaglas fallen.
„Wo soll ich anfangen", beginne ich und höre die Jungs lachen. Jaime streicht sich die dunklen Haare nach hinten, kratzt sich über den Bart und sieht mich auffordernd an. Er ist der älteste Sohn von Juan Jimenez, der Anführer des Jimenez Kartell. Kique ist der jüngere und dann gäbe es da noch Emilio, der aber im Gefängnis ist. Den Grund weiß ich nicht mehr.
„So gut?" Ich lasse ihn weiter zappen und frage mich gleichzeitig, ob ich überhaupt etwas sagen soll. Aber wieso auch nicht? Ist ja nicht so, dass Rosa und ich ein Paar sind. Und sie wird es nie erfahren. Also wieso nicht.
„Sie ist der Hammer! Schon bei der ersten Begegnung hat sie meinen Schwanz gepackt und mit ihrem süßen Mund gefickt. Und bei der zweiten, tja was soll ich sagen? Ich hab sie so durchgevögelt, dass sie am Ende nicht mehr stehen konnte", sage ich und grinse breit. Mein Kopfkino wird angestachelt, sodass mein bestes Stück sich zu Wort meldet. Jaime jubelt und pfeift übertrieben laut, als wäre er beim Pferderennen.
„Whoa, Pendecho! Da hast du dir aber eine schöne Stute ausgesucht", meint Jaime und nickt anerkennend. Wie gerne würde ich ihm die Fresse polieren, doch wie würde ich dann dastehen? Wie ein verliebter Gockel, der keinen Spruch von seinen Kumpels verträgt.
Also ziehe ich am Joint, den sich Jesus schon wieder angesteckt hat und inhaliere den Rauch, ziehe ihn tief in meine Lunge und lasse mich nach hinten fallen und blende das blöde Gewäsch von ihm endgültig aus. Ich schließe die Augen und versuche mich im Nebel der Erinnerungen zurecht zu finden.
Es stimmt schon, Rosa ist eine heiße Frau, aber keine von der ich jemals genug bekomme. Sie ist anders. Besonders. Auch wenn ich so einen Scheiss niemals denken wollte, entspricht es der Wahrheit. Das Klingeln meines Handys reißt mich aus der Dunstwolke, die sich um mich gelegt hat. Ich schaue aufs Display, kneife die Augen zusammen, um etwas zu erkennen.
Morgen geht klar. Wann und wo?
Das Rosa zusagt, hätte ich nicht gedacht. Aber wie es scheint, gehe ich ihr auch nicht aus dem Kopf. Oder sie macht es bloß, um die finanzielle Lage ihres Vaters zu kitten. So oder so, ich kann meinen beruhigen und brauche mich nicht länger mit seinen ständigen Vorwürfen herumzuschlagen. Jedenfalls vorübergehend.
Bevor Jaime und die Jungs was mitkriegen schreibe ich ihr zurück und stecke es in meine hintere Hosentasche.
„Ich schlage vor, wie ziehen weiter. Hier hat es mir eindeutig zu wenig weibliche Gesellschaft", meint Jaime und erhebt sich schwerfällig. Einstimmiges Gemurmel wird laut und auch von mir kommt ein zustimmendes Brummen.
Als ich aufstehe, brauche ich etwas, um das Gleichgewicht zu finden, das mich immer wieder im Stich lässt, was Jesus zum Lachen bringt.
„Hör auf, oder ich mach dich kalt", knurre ich und meine es verdammt ernst. Wenn es eines gibt, dass ich nicht ausstehen kann, dann ist es, wenn man mich belächelt oder auslacht. Das liegt vielleicht an meiner beschissenen Kindheit, oder, dass ich es nicht abkann, wenn mich andere für dumm halten.
Denn das bin ich nicht. Ich bin jetzt auch nicht der Oberchecker, aber ich habe einen gesunden Menschenverstand - vielleicht nicht im bekifften Zustand, aber sonst würde ich das schon von mir behaupten.
„Ist ja gut, Cabron! Beruhig dich und chill mal", erwidert er beschwichtigend, was ich ihm auch raten würde. Mit einer Limousine geht's in die City, keine Ahnung wie spät es ist, aber für Tequila und heiße Bräute ist es nie zu spät. Jemand plündert die Minibar und verschüttet sauteuren Alk auf dem Boden, doch wen interessiert es. Genau, keinen.
Grölend prosten wir uns zu, stossen auf die geilsten Weiber an und lassen uns Koks auf dem Silbertablett präsentieren. Jeder eine Line, oder auch zwei. Ich ziehe mir das Zeug schon seit Jahren rein, geschadet hat es sicher, aber mir ist es scheissegal. Mein Leben war schon vor meiner Geburt beschissen und danach erst recht. Also was solls.
Wir entern einen Club nach dem anderen, lassen uns Champagner, Frauen und so manchen anderen Scheiß kommen, während die einen um ihr Leben rennen, oder den Kampf endgültig verlieren. Culiacán ist und bleibt ein Sündenpfuhl. Niemand kann daran jemals etwas ändern und ich werde sicher nicht damit anfangen. Während Jesus sich einen Lapdance gönnt, zieht sich Jaime mit drei Putas zurück.
Und ich versuche mich nicht schon wieder in Erinnerungen an Rosa zu verlieren. Irgendwie passiert mir das in letzter Zeit öfters, was an diesem Dreckszeug liegt, den Jaime mitgebracht hat. Gestrecktes Koks macht süchtig und beschert einem viel Kohle. Aber es zieht die falsche Kundschaft an. Den Schnee, den wir verticken ist exklusiv und geht für mehrere Millionen über den Ladentisch.
Das Geschäft boomt und mein Kontostand hat sich in den letzten Jahren vervierfacht. Gedämpft dringt Jesus Lachen in meinen Schädel, doch ich blende es weiter aus und falle tiefer in Rosas bernsteinfarbene Augen, in die Bilder ihrer vollen Lippen, die sich um mich gelegt haben und es mir besorgt haben, wie noch keine. Verdammt, allein dieser Gedanke lässt mich steif werden. Ich bin versucht mir einen runterzuholen, Jesus würde es sowieso nicht mitkriegen und was die anderen machen weiß ich nicht.
Der Trip dauert nicht lange an, aber das Runterkommen ist mühsam. Da hilft nur nachlegen, Line um Line. In meinem Rausch kriege ich nicht mit, in wie vielen Clubs wir wirklich waren. Irgendwann schlägt mir ein frischer Wind um die Nase, doch der Schein trügt.
Denn der ekelhafte Geruch von Müll und Ausscheidungen - ob von Mensch oder Tier weiß ich nicht - dringt in mein Bewusstsein und lässt meinen Magen nach unten sacken. Mir wird übel und ich würde am liebsten kotzen, doch irgendetwas hält mich davon ab.
Aber was?
Ein Schrei durchbricht meine Gedanken und ich reiße die Augen auf. Ich kann mich kaum auf den Beinen halten, der Schwindel hält mich im Griff und ich habe das Gefühl zu schwitzen, wie ein Schwein. Wieder schreit jemand wie am Spieß. Ich kneife mir in die Nasenwurzel, versuche mich auf etwas zu konzentrieren, doch ich kann nicht viel erkennen.
Der Himmel über mir ist rabenschwarz und nur wenige Sterne leuchten. Ein Keuchen, gefolgt von dumpfen Geräuschen. Ich schüttle den Kopf und taumle nach vorne, erkenne, dass wir uns in irgendeinem beschissenen Hinterhof befinden. Die Gegend kenne ich nicht, wirkt aber nicht mehr wie das Zentrum von Culiacán.
„Hey, zieh dir das mal rein", grunzt Jaime mir ins Ohr und packt mich am Arm. Normalerweise würde ich ihm so etwas nicht durchgehen lassen, ohne ihm die Nase - oder mehr - zu brechen, aber ich bin viel zu high, um mich wehren zu können.
Er zieht mich nach vorne und deutet in die Dunkelheit hinein. Ich habe keinen Plan, was der kranke Typ meint, doch als er mich näher zieht, erkenne ich etwas. Es bewegt sich am Boden, ganz langsam. Eine dunkle Spur hinter sich herziehend.
Ist das Blut?
Scheisse!
Was geht hier ab? Wieso habe ich mich auch nur so zugedröhnt?
„Na, wen beleidigst du jetzt noch?", verhöhnt ihn Jaime, der mich losgelassen hat und ihn mit der Taschenlampen- App seines Handys beleuchtet. Ich erkenne einen Mann, Ende vierzig vielleicht, mit schwarzen Haaren.
Die Beine sind voller Blut und das eine Knie sieht zertrümmert aus. Jedenfalls steht es seltsam hervor und sieht nicht mehr menschlich aus.
„Was soll der Scheiss?", mische ich mich ein. Denn auch wenn ich nicht viel auf meine Mitmenschen gebe, gibt es auch für mich Grenzen. Und diese sind hier definitiv überschritten worden.
„Jaime! Cabron!", knurre ich und gehe auf ihn zu. Doch er bedroht mich mit einer verfickten Pistole.
„Was stimmt nicht mir dir?" Meine Stimme klingt belegt, kein Wunder von all den Joints, die ich heute geraucht habe. Ich schlucke hart, was verdammt weh tut. Doch der Schmerz lässt mich etwas klarer denken. Wenigstens etwas.
„Was stimmt nicht mit dir? Die ganze Zeit laberst du von dieser Rosa. Was für ein bescheuerter Name", erwidert er verächtlich und spuckt mir vor die Füße. Ich verziehe das Gesicht und würde am liebsten auf ihn losgehen, doch ich bin nicht Superman - auch wenn ich mir das in meinem Zustand vorstellen könnte.
„Dachte immer, dass keine Pussy der Welt dich zu einem schwanzlosen Typen machen kann. Aber wie es aussieht, habe ich mich getäuscht."
Ich balle die Hände zu Fäusten und würde sie ihm gerne in den Rachen stopfen, nur damit er sie schmecken kann. Meine Nasenflügel blähen sich auf, als ich ausatme, um mich zu sammeln.
„Was ist? Bist du jetzt unter die Menschenrechtler gegangen?"
Er provoziert mich und wenn er so weiter macht, dann hat er bald eine Kugel zwischen den Augen und nicht der Mann am Boden.
„Pass auf was du sagst, Pendecho!", knurre ich. Jaime lacht und grunzt, fuchtelt mit der Waffe herum und sieht mich dabei aus seinen wahnsinnigen Augen heraus an.
„Sonst was?", sagt er und drückt ab. Doch die Kugel trifft nicht mich, sondern den Typen.
Er schreit auf, das Geräusch geht mir durch Mark und Bein. Lässt mein Blut gefrieren, keine Ahnung wo er ihn getroffen hat, aber er zuckt und eine dunkle Lache breitet sich unter ihm aus. Jaime drückt noch einmal ab und noch einmal, wieder und wieder. Bis das ganze Magazin leer und der Mann tot ist.
Verdammte Scheisse!
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Oha, hättet ihr damit gerechnet?
eure Amanda
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