Das liebe Geld
GUZMAN
„Glaubst du an mich, Vögelchen?"
***
Der Geruch von Schweiß steigt mir in die Nase, als wir den Tunnel verlassen und in eine alte Schwimmhalle treten. Sie ist in zwei Parteien eingeteilt, hier oben stehen die Zuschauer, die den Kampf verfolgen, der gerade stattfindet, während die Typen sich unten im leeren Becken die Knochen brechen.
Das dumpfe Geräusch, dass immer entsteht, wenn Fäuste auf einen menschlichen Körper treffen, sticht sich in meinen Kopf. Ich sauge alles in mir auf, schaue in die jubilierenden Gesichter der Zuschauer, die einen Haufen Asche dafür bezahlt haben, hier zu sein und die horrende Wetten auf ihren Favoriten abgeschlossen haben.
„Willst du das wirklich durchziehen?", höre ich Rosas Stimme neben mir. Nur langsam drehe ich mich zu ihr um, schaue in ihr wunderschönes Gesicht und frage mich, ob sie Zweifel an mir hat.
„Du hast das doch vorgeschlagen, oder etwa nicht?", frage ich zurück und öffne die Manschettenknöpfe meines Hemdes, stecke die Klunker in die Hosentasche, während ich mich umsehe.
Rosa scheint nicht zu wissen, was sie darauf sagen soll. Aber es ist süß, dass sie sich Sorgen um mich macht. Als ich eine große Blondine, mit gemachten Titten und einem knackigen Hintern entdecke, weiß ich, wen ich gesucht habe.
„Ich mach das schon", sage ich, bevor ich auf die heiße Braut zugehe, sie anspreche und ihr klarmache, was ich will. Und das wäre nicht nur hier abzuräumen, um die Schulden loszuwerden, die ich dank der DEA habe. Noch immer tappe ich im Dunkeln, während Jesus seine vollgedröhnte Birne nutzt, um mir die Ratte zu liefern, die mir das hier eingebrockt hat.
Auf einmal habe ich richtig Bock jemanden den Schädel einzuschlagen und ihnen zu zeigen, was ich drauf habe. In Miami habe ich regelmäßig an illegalen Straßenfights mitgemacht und dort jeden plattgemacht – na ja, bis auf ein paar Ausnahmen.
„Sie haben Glück, Senior. Unser Champion hat noch einen freien Platz zu vergeben. Als Nachtisch für unsere hochkarätigen Gäste sozusagen", meint sie in verführerischem Tonfall und klimpert mit ihren gefakten Wimpern.
„Ich bin mir sicher, dass ein Mann Ihres Formats so einiges herausschlagen kann", fügt sie lächelnd hinzu, legt mir ihre Hand auf den Arm und sieht zu mir auf. Ich könnte sie klarmachen, ohne mich groß anzusträngen, doch als das honigsüße Lächeln der Veranstalterin erstirbt, schaue ich nach rechts und sehe Rosa neben mir stehen. Sie sieht einfach nur heiß in ihrem Kleid aus und die Erinnerung an unseren Quickie im Auto, lässt mich die gemachten Titten der Blondine so was von vergessen.
„Ich werde nur zu gerne ihrem Publikum zeigen, dass ein Davila -Spross weiß, wie man sich beweist", erwidere ich charmant, ohne Rosa zu beachten. Sie versteift sich neben mir, taxiert die heiße Blondine und als ich sie offen ansehe, erkenne ich sogar so etwas wie Eifersucht in ihren bernsteinfarbenen Augen.
„Sehr wohl. Der Jackpot beläuft sich auf einige siebenstellige Summe. Aber der Einsatz kostet Sie eine Million Dollar. Wenn Sie damit einverstanden sind, Señor Davila, sind wir im Geschäft", antwortet die Blondine mit den saphirblauen Augen. Ihre gemachten Nägel glitzern im Licht der Neonröhren, die über uns an der Decke befestigt sind und als ich ihre Hand ergreife, den Deal sozusagen besiegle, spüre ich Rosas Blick auf mir.
„Ich kündige Sie an, mein Assistent wird die Formalitäten mit Ihnen klären." Ich nicke und schaue ihr nach, grinse, als ich sehe, wie sie mit dem Arsch wackelt, nur um mich scharf zu machen. Doch es erstirbt, als ich Rosa sehe, die mich ansieht, als wäre ich ein dämlicher Straßenköter, der jede läufige Hündin bespringt.
„Was soll das? Du hast keine Million", knurrt sie und funkelt mich wütend an. Darüber kann ich nur lachen, was sie noch mehr provoziert, doch das ist gut. Ich mag ihr Feuer, das rassige Temperament, welches sie zur Furie werden lässt, wenn sie sich in die Ecke gedrängt fühlt, oder wie jetzt der Stich der Eifersucht sie küsst.
„Jetzt unterschätzt du mich aber, Rosa", ziehe ich sie auf und schaue sie arrogant an. Spiele mit ihrem Haar, doch sie schlägt mir zickig die Hand weg, was mich noch lauter lachen lässt. Sie schaut sich um, doch die meisten sind mit dem Kampf beschäftigt, der schon bald zu Ende gehen wird. Denn ein Blick auf den Gegner des heutigen Champs und ich weiß, dass er keine weitere Runde durchhalten wird.
„Ich bin nicht arm, Rosa. Ich habe mir mein Geld hart erarbeitet und kann die geforderte Summe aufbringen", sage ich und höre die Glocke, die den Kampf beendet. Ich drehe mich um, klatsche wie die anderen Zuschauer und beobachte meinen Gegner.
Er ist zwar sicher gute zwei Meter groß, so breit wie ein Schrank und kräftiger als ein Grizzly, aber er hat schon sechs Gegner hinter sich, davon waren die wenigstens von meinem Format, was bedeutet, dass er zwar müde aussieht, aber noch über genügend Kraftreserven verfügt, die er mobilisieren kann.
Ich darf ihn nicht unterschätzen, dass wäre das dümmste, was ich machen kann. Doch meine Beobachtungen zahlen sich aus, denn er fasst sich immer wieder an die Schulter und nachdem ich mir den Feldstecher meines Nachbarn ausgeliehen habe, erkenne ich dort auch eine Narbe. Sie stammt wahrscheinlich von einer Operation an der Schulter, was mir einen Vorteil liefern wird.
„Señor Davila", fragt jemand hinter mir. Es ist ein aalglatter Typ im Anzug, der sich als Assistent der Veranstalterin – Seniorita Charlotte – vorstellt. Er bittet mich nach hinten, um die Sicherheit meines Einsatzes zu garantieren und mich für den Kampf vorzubereiten. Als ich mit ihm mitgehe, zwinkere ich Rosa zu, die mit verschränkten Armen vor der Brust dasteht und mir hinterhersieht.
„Glaubst du an mich, Vögelchen?", rufe ich ihr zu, ehe sie aus meinem Blickfeld verschwindet. Das ganze Prozedere geht nicht einmal zehn Minuten, danach wärme ich mich auf. Das Jackett und die Fliege habe ich ausgezogen. Das weiß Hemd so aufgeknöpft, dass man meine Tattoos erkennt und die Ärmel habe ich nach hinten gerollt. Das einzige was mich ein wenig einschränken könnte, ist diese Hose.
Denn ein Smoking ist nicht zum Kämpfen gedacht. Ich mache ein bisschen Cardio, wärme meine Muskeln auf und als das Signal erklingt, werde ich von der Menge empfangen. Sie klatscht, jubelt und scheint nicht genug zu kriegen. Doch dieser Kampf wird der letzte des heutigen Abends sein, denn der heiß gefeierte Champion wird nicht mehr lange leben. Denn so läuft das hier nun mal, entweder man wird zerfetzt, oder man besiegt den Hünen. So war das schon bei den Römern.
Brot und Spiele, ein perfektes System, um die Menschen bei Laune zu halten und für Unterhaltung zu sorgen. Im gleichen Atemzug wird so die Spreu vom Weizen geteilt und übrig bleiben Gladiatoren, die noch heute allen in Erinnerung sind. Ich schaue nach oben, suche den dunklen Haarschopf meines Vögelchens und als ich sie entdecke, zwinkere ich ihr zu.
Sie steht da wie eine Statue, auf ihrem Gesicht liegt ein Schatten, den ich erst einmal gesehen habe und das war, als der Deal geplatzt und die DEA hinter uns her gewesen ist. Was es dieses Mal ist? Macht sie sich Sorgen um mich? Die Stimme des Moderators reißt mich aus meinen Gedanken, denn er stellt uns der tobenden Menge vor.
Der Champion des Tages nennt sich el besado por el diabolo, was der vom Teufel geküsst bedeutet. Und genauso sieht er aus. Das fettige Haar hängt ihm in Strähne ins Gesicht, während die rote Kriegsbemalung auf seiner Stirn wirklich wie aus der Hölle aussieht. Sein massiger Körper ist bereits von einigen Treffern gezeichnet, doch er steht noch auf beiden Beinen, was sich schon bald ändern wird. Wir bekommen unsere Waffen zugeteilt, denn ein Untergrund Fight-Club ist niemals nur ein reiner Faustkampf.
Dieses Mal sind es Faustringe, die mich an Wolverine erinnern. Rasiermesserscharfe Dinger, die dich in Sekunden zerfetzen können. Ich nehme beide an mich, atme tief durch und bringe mich in Position. Der Countdown erklingt, die Menge zählt mit und als die Null erscheint, bin ich hell wach und fühle den Boden unter seinen Schritten erzittern. Wir tänzeln um uns herum, schlagen zu, doch keiner trifft.
Die Spannung steigt und als sie ihren Höhepunkt erreicht hat, treffen mich die Krallen an der Seite. Mein Hemd wird sofort rot, saugt sich mit dem austretenden Blut voll, während pulsierende Schmerzen mich erfassen. Ich atme tiefer, bis in den Bauch und konzentriere mich auf den nächsten Schlag.
Dieses Mal treffe ich ihn, verletze ihn am Arm und sehe zu, wie das Blut herunterrinnt. Zuerst langsam, dann schneller. Die erste Runde ist zu Ende, die zweite beginnt und eine dritte wird es nicht gegeben. Denn nachdem er mich mit einem Schrei attackiert hat, greife ich an und treffe ihn mit dem Fuß in der Seite. Er stöhnt, wird von der Wucht herumgerissen und so schaffe ich es, dass ich ihm am Bauch treffe.
Die spitzen Krallen dringen tief in seine Haut ein, ziehen eine Spur bis zu seinem Nabel. Das Publikum schreit, klatscht und feuert mich an. Doch der Hüne ist nicht klein zu kriegen, er blutet zwar wie ein Schwein, doch er macht weiter. Geht auf mich los, verpasst mir einige Faustschläge gegen das Gesicht.
Ich taumle nach hinten, fange mich aber, doch er drängt mich in die Offensive und bringt mich dazu die Deckung fallen zu lassen. Ich ziele auf die Schulter, wie ich es von Anfang an vor hatte. Einmal, zweimal, ein drittes und ein viertes Mal, erst dann lässt er von mir ab. Wankt, bleibt aber stehen. Ich muss die Gelegenheit nutzen, renne auf ihn zu und hole mit der Hand zum finalen Schlag aus.
Er reißt den Kopf hoch, als er mich kommen sieht, doch es gibt kein Entkommen. Die Stahlkrallen kriegen seinen Hals zu fassen und schlitzen ihm die Kehle auf. Blut spritzt in alle Richtungen, besudelt mich und lässt das Publikum verstummen. Es ist so still, dass das gurgelnde Geräusch des Typen zu hören ist. Er hält sich den Hals, fällt auf die Knie und verliert nach wenigen Sekunden das Bewusstsein.
Als einer nach ihm sieht, schüttelt dieser nur dem Kopf. Schwer atmend und verletzt stehe ich da, sehe zu, wie der andere wie ein Schwein ausblutet und sonne mich in meinem Sieg. Der Moderator kommt zu mir, nachdem zwei Sanitäter den Toten wegbringen und kürt mich zum Sieger. Die Menge flippt aus, als ich mit erhobenen Händen dastehe und das Blut meines Gegners schmecke, welches sich auf meinen Lippen befindet.
Doch der Geschmack ist das Gefühl wert, dass durch meine Adern rauscht und jede Zelle meines Vaters ausfüllt. Mein Herz pumpt in meiner Brust, als würde es mir väterlich auf die Schulter klopfen und mir sagen, dass es stolz auf mich ist. Ich versuche Rosa oben auszumachen, doch sie ist nicht mehr da.
„Du hast es geschafft!", schreit sie und rennt auf mich zu. Ich schließe sie in meine Arme und drücke sie an mich. Ihr scheint es egal zu sein, dass ich voller Blut bin und mir ist es scheissegal, dass sie mich so fest umarmt, dass die Schmerzen schnell auf eine zwölf steigen.
„Du hast gewonnen", wispert sie, schaut in meine Augen und küsst mich vor versammelter Mannschaft. Zuerst will ich sie von mir schieben, ihr klarmachen, dass wir nicht zusammen sind. Doch ich mache es nicht, stattdessen erwidere ich den Kuss ungeachtet all jener, die uns zusehen. Der Jubel nicht ab, im Gegenteil und es fühlt sich einfach nur grandios an.
„Ich hab nicht an dir gezweifelt", sagt sie, als sie meine Wunde am Bauch verarztet. Sie sieht mir in die Augen und widmet sich danach der Kratzspur des Typen, dessen Leiche nun irgendwo weggeschafft wird. Als hätte er niemals existiert. Das zeigt mir, wie sehr wir austauschbar sind und das bringt mich dazu Rosa zu sagen, wieso ich die Schulden begleichen musste.
„Ich hatte das Geld, dass ich meinem Vater schulde", setze ich deshalb an und habe damit ihre Aufmerksamkeit auf mich gezogen. Eine Falte zeichnet sich auf ihrer Stirn ab, als sie mich betrachtet. Ich atme tief durch, sitze mit nacktem Oberkörper vor ihr und lasse mich von ihr verarzten. In jeder anderen Situation hätte mich das angeturnt, doch jetzt möchte ich mich ihr einfach anvertrauen. Ihr das sagen, was ich sonst für mich behalte und mit mir ausmache.
„Als wir uns damals in Miami getroffen haben, war ich dort schon über ein Jahr. Ich musste zu meinem Onkel, weil mich mein Vater dazu gezwungen hat und eigentlich war ich auch froh, von ihm wegzukommen. Denn wir hatten noch nie ein gutes Verhältnis zueinander und vor allem nicht nach dem Tod meiner Mutter."
Ich mache eine Pause und atme zu tief ein, was mich das Gesicht vor Schmerz verziehen lässt. Der besorgte Blick von Rosa, lässt mich mein Kühlpaket wieder an das geschwollene Auge drücken, das mir der Ellenbogen des Hünen eingebrockt hat.
„Renaldo und ich, wir waren Partner. Er hat mich nie, wie ein Angestellter behandelt, sondern immer auf Augenhöhe. Ich war noch grün hinter den Ohren und baute einen Scheiss nach dem anderen, aber selbst da waren wir ebenbürtig. Er lernte mich, wie man ein Netzwerk aufbaut. Wie man an Lieferanten, an Zwischenhändler kommt oder direkt an die Kunden liefert. Ich war von Anfang an dabei und als wir uns in Miami einen Namen aufgebaut hatten, bekam ich den gleichen Anteil wie er. Ich gab es weiß Gott mit vollen Händen aus, warf aus zum Fenster heraus – das habe ich wirklich gemacht – und doch blieb so viel auf der hohen Kante, dass ich für eine Weile ausgesorgt hätte", sage ich lache bei der Erinnerung, wie ich fünf Tausend Dollar aus dem Fenster meines Wagens geworfen habe. Die Leute feierten mich, obwohl sie mich nicht kannten, obwohl sie nicht wussten, was ich getan hatte, um so viel zu verdienen.
„Du wolltest es nicht für seine Machenschaften verwenden. Das verstehe ich", reißt sie mich aus meinen Gedanken. Blinzelnd schaue ich sie an, ziehe scharf den Atem ein, als sie die Wunde desinfiziert – die man durch die vielen Tattoos gar nicht richtig sieht – und nicke. Sie klebt ein großes, quadratisches Pflaster auf die Wunde und meint, dass wenn es sich entzündet, ich sofort zum Arzt gehen soll.
„Ja, Ma'am", sage ich und salutiere vor ihr, was sie zum Schmunzeln bringt. Ihre bernsteinfarbenen Augen leuchten und der Glanz in ihnen zeigt mir, dass sie mich nicht dafür verurteilt, dass ich mein Leben aufs Spiel gesetzt und einem anderen das Leben genommen habe. Das fühlt sich unerwartet gut an, fast so, als ob ich das erste Mal einen Menschen getroffen habe, der dasselbe durchgemacht hat wie ich.
„Ich kenne das", sagt sie und schweigt eine Weile, ehe sie sich mir ebenfalls öffnet.
„Nach dem Tod meiner Mutter waren Papa und ich auf uns allein gestellt. Sicher, wir hatten die Estrellas, hatten Abuelo, aber sie hat einfach überall gefehlt. Als ich die Schule abgeschlossen hatte – und das ich das geschafft habe, ist wirklich ein Wunder, wenn man bedenkt, dass ich um ein Haar auf die schiefe Bahn geraten wäre – eröffnete mir Papa, dass er und Mama ein Konto für mich eingerichtet hätten. Aber nach ihrem Tod, war das Geld knapp und er konnte nicht mehr regelmäßig darauf einzahlen, weshalb die Mitglieder der Estrellas und natürlich Abuelo dafür gesorgt haben, dass die Kosten für mein Studium gedeckt sind", sie macht eine Pause, streicht sich den Pony aus der Stirn und lässt den Blick durch den Raum schweifen.
Es ist derselbe in dem ich mich vorbereitet habe, der nur mit einem alten Sofa gefüllt ist, auf dem ich sitze, während Rosa auf einem Schemel vor sitzt und mich gedankenverloren ansieht.
„Du hast es nicht genommen, um dein Studium zu finanzieren", schlussfolgere ich und sehe, wie sie langsam nickt.
„Ich konnte es nicht. Mein Stipendium hat die meisten Kosten gedeckt und mit meinen zwei Nebenjobs konnte ich es ausgleichen. Aber mein Vater weiß davon nichts und wenn er es wüsste, würde er es nicht für die Bar nehmen, die rote Zahlen schreibt", endet sie und seufzt, reibt sich übers Gesicht und verschmiert ihren roten Lippenstift.
Lächelnd beuge ich mich trotz der Schmerzen und dem Gefühl des gespannten Pflasters auf meiner Haut zu ihr rüber, um die Farbe mit meinem Daumen wegzuwischen. Sie hält den Atem an, während ihre Augen dunkler werden und mich in ihren Bann ziehen. Ich könnte sie jetzt küssen, könnte ihr sagen, dass sie eine Kämpferin ist. Doch meine Lippen bleiben verschlossen und nachdem ich fertig bin, lehne ich mich wieder nach hinten, was meine Schmerzen etwas eindämmt.
„Ich störe Sie nur ungern, Señor Davila, aber ich möchte Ihnen für ihren grandiosen Sieg gratulieren", höre ich Seniorita Charlottes säuselnde Stimme. Mein Blick fällt auf ihre fraulichen und ziemlich sicher künstlichen Kurven, ehe ich mich erhebe und mir die Seite halte, die heftig zu pochen beginnt.
„Vielen Dank", sage ich und schüttle ihre Hand. Bin überrascht, dass sie mich an sich zieht und mich auf die Wange küsst. Zweimal. Dabei spüre ich Rosas Blick auf mir ruhen und als sie sich erhebt und mit einer gemurmelten Entschuldigung aus dem Zimmer begibt, könnte ich diese Bitch für ihren beschissenes Timing in die Gosse katapultieren, aus der sie ziemlich sicher gekrochen ist.
„Geht es Ihrer Freundin nicht gut?", fragt sie gespielt besorgt. Ich schüttle den Kopf, nehme das Preisgeld an mich, das mir in einem seriösen silbrigen Koffer überreicht wird und suche nach Rosa. Ich finde sie draußen vor der Tür, während sie an ihrer Zigarette zieht.
„Was sollte das?", knurre ich, als ich auf sie zu gehe. Sie schnippt die Asche auf den Boden, nimmt zwei Züge und drückt die Zigarette auf dem Boden aus.
„Ich wollte euch etwas Privatsphäre geben. Immerhin hattet ihr noch einiges zu besprechen, so wie sie sich dir an den Hals geschmissen hat", zischt sie und will sich eine neue anzünden. Ich schnappe sie ihr aus der Hand und werfe sie weg, was Rosa schnauben lässt.
„Was?" Ihre Augen blitzen gefährlich und ich habe keine Ahnung, was gerade in ihr abgeht, aber cool ist es ganz und gar nicht.
„Ich will wissen, was mit dir nicht stimmt. Vorhin war doch alles super, oder habe ich mir das nur eingebildet?", sage ich verständnislos. Rosa seufzt theatralisch und verschränkt ihre Arme vor der Brust.
„Sie wäre die liebend gerne an die Wäsche gegangen und du ... du musst sie noch ermutigen!"
„Aha, also bist du doch eifersüchtig!", unterbreche ich sie und überwinde die Distanz zwischen uns. Doch sie macht einen Schritt nach hinten, weicht mir aus und meidet meinen Blick.
„Weißt du was? Vergiss es!", knurre ich, warte darauf, dass mein Wagen vorgefahren wird und steige wortlos ein, während Rosa einfach dasteht. Höllisch sexy. Doch meine Geduld ist gegen Null gesunken und die Schmerzen bringen mich fast um, vor allem das Sitzen lässt mich nur bedingt atmen. Ich starte den Motor und will Gas geben, als sie ihren süßen Arsch endlich bewegt und einsteigt.
„Hättest du mich einfach hier stehen lassen?", knurrt sie, als sie sich angeschnallt hat. Ich schaue sie nicht an, überlege ernsthaft, ob ich anhalten soll und ihr den Verstand aus dem Hirn vögeln soll. Doch ich entscheide mich dagegen, auch wenn ich wirklich Bock hätte.
„Willst du mich jetzt ernsthaft ignorieren?" Ich mahle mit dem Kiefer, überlege, was ich tun soll und schaue sie an.
„Du bist einfach abgerauscht, als wärst du total eingeschnappt. Klar, die Bitch wollte mir an die Wäsche und ich fand sie wirklich heiß, aber ich war mit dir da, hab mich dir anvertraut und nicht dieser Charlotte. Das sollte dir Antwort genug sein, oder?"
Sie schweigt und als ich meinen Blick wieder auf die Straße richte, sieht sie mich an. Doch sie sagt kein Wort, was sie auch nicht muss. Ich sehe es auch so, die kurze Einsicht, dass ich recht habe, huscht für eine Millisekunde über ihr bildschönes Gesicht, ehe sie aus dem Fenster schaut. Ich schalte das Radio an, während ich den Wagen durch die Nacht lenke. Als ich die Einfahrt erreicht habe, halte ich an, was sie die Braue heben lässt.
„Ich dachte, dass dein Vater nichts mitbekommt", erkläre ich ihr. Rosa nickt, löst den Gurt und will aussteigen, als ich sie aufhalte. Meine Finger schließen sich um ihr Handgelenk, darunter kann ich ihren wild pochenden Herzschlag spüren, was mich lächeln lässt.
„Danke, dass du mitgekommen bist", sage ich und meine es verdammt ernst. Ohne sie, säße ich wahrscheinlich noch immer an diesem beschissenen Pokertisch und würde mich gegen alte Säcke behaupten müssen.
„Woher hast du eigentlich davon gewusst?", frage ich sie. Mein Griff wird fester, aber nur, weil ich Angst habe, dass sie aussteigt und mich mit meinen Gefühlen allein lässt. Rosa schluckt, streicht sich mit der freien Hand den Pony aus der Stirn und sieht so aus, als ob sie in Erklärungsnot gerät.
„Durch einen Fall aus Miami", meint sie und sieht mir fest in die Augen. Ich spüre, dass das nicht die ganze Wahrheit ist, aber ich will die Stimmung zwischen uns auch nicht kaputt machen, also schiebe ich die Zweifel beiseite und nicke.
„Dann muss ich mich diesem Pendecho danken, der in die Falle getappt ist", sage ich lachend und ziehe ihre Hand an meine Lippen.
„Gute Nacht, Rosa", sage ich und schaue ihr dabei in die Augen. Die merklich dunkler werden und mich an unseren Fick von vorhin denken lassen.
„Gute Nacht, Guzman", erwidert sie und steigt aus, als ich ihre Hand loslasse. Ich schaue ihr zu, wie sie im Schatten der Bäume verschwindet und lege den Rückwärtsgang ein. Als ich mich auf dem Weg zur Villa meines Vaters bin, wähle ich Jesus Nummer. Der beim fünften Klingeln rangeht, wie immer völlig zugedröhnt.
„Kannst du Gedanken lesen?", fragt er und kichert, als wäre er ein vierjähriges Kind. Ich verdrehe die Augen.
„Nein. Und wenn ich es könnte, würde ich dich dann noch anrufen?", knurre ich und lasse ihn nicht zu Wort kommen.
„Hast du etwas rausgefunden?"
Im Hintergrund höre ich laute Musik, die leiser wird, als er sich bewegt. Er schlurft nach draußen und setzt sich ächzend auf die Liege, die in der Nähe seines riesigen Pools steht.
„In der Tat, Bro. In der Tat", sagt er, während sich der Himmel über mir langsam erhellt. In zwei Stunden geht die Sonne auf und dann bin ich meinem Vater endlich nichts mehr schuldig. Bis zum nächsten Mal ...
„Ich habe alle Jungs überprüft, auch die von Rosas Gang. Keiner hatte in den letzten Wochen Kontakt zur DEA."
Ich reibe mir übers müde und zugerichtete Gesicht, ertaste unter meinen Fingern das zugeschwollene Auge und bin froh, dass um diese Zeit nur wenig Verkehr herrscht.
„Bist du dir wirklich sicher?", vergewissere ich mich.
Zu hundert Prozent, Bro. Außer bei Rosa. Ich weiß, dass du sie magst, Alter, aber sie könnte die Ratte sein. Es würde alles passen. Der Tod ihres Großvaters hätte die perfekte Gelegenheit für die DEA sein können, um an sie heranzutreten."
„Du laberst Scheiße!", knurre ich, weil ich das einfach nicht wahrhaben kann. Auch wenn mir immer wieder die Zufälle durch den Kopf gegeistert sind und ich nicht von der Hand weisen kann, dass es wirklich passen würde. Aber dann gibt es Situationen wie heute, in denen ich mir absolut nicht vorstellen kann, dass sie mich belügt.
„Aber -"
„Such weiter. Rosa kann es nicht sein!", brülle ich und lege auf. Atme zu tief und stöhne auf, als die Schmerzen mich beinahe übermannen.
„Verdammte Scheisse!", brülle ich und hämmere gegen das Lenkrad, als ich an einer Ampel stehen bleiben muss. Nein. Sie kann es nicht sein, niemals. Das Gehupe hinter mir, reißt mich in die Wirklichkeit zurück und bringt mich dazu den hinter mir zu verfluchen und ihm die Fresse zu polieren, würde er auf falsche Gedanken kommen.
Doch er lässt es bleiben und ich lege auch noch die restlichen Kilometer zurück. In der Villa angekommen lege ich ihm den geöffneten Koffer auf den Schreibtisch und falle in mein Bett. Der letzte Gedanke, bevor mich die Müdigkeit einholt, ist der, dass Rosa nicht die Ratte sein kann.
Denn, das was ich heute zwischen uns gespürt habe, kann nicht gespielt sein. Und darauf will ich aufbauen, ganz egal, in welche Scheisse mich das auch manövriert.
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Was denkt ihr, wird er dahinterkommen?
eure Amanda
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