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Aufgeben ist keine Option

ROSA

„Ich bin immer für dich da, Rosa. Aber du musst mir unbedingt erzählen, was los ist." 

***

Ich öffne die Augen, versuche mich nicht an das zu erinnern, was passiert ist. Und doch haben sich die Bilder auf meine Netzhaut gebrannt. Noch immer spüre ich seine Hände, die mich an den Haaren durch den Raum geschleift haben, fühle den kaputten Boden, der sich in meine Wunde gegraben, sie aufgerissen hat und höre seine zischenden Worten. 

Ich schlucke, was bei einer ausgetrockneten Kehle gar nicht so einfach ist. Ich huste, kann mich kaum noch beruhigen. Das Pochen in meinen Schläfen wird dadurch verstärkt und zwingt mich dazu ruhig liegen zu bleiben, die Augen zu schließen und zu hoffen, dass sie nach mir suchen. Wenn nicht Guzman, dann Papa und die Estrellas. 

Sie müssen inzwischen bemerkt haben, dass ich bei niemanden sein kann, um mich vor der Abreise, die heute – oder wäre sie gestern gewesen? – zu drücken. Obwohl nach allem, was passiert ist, sehne ich mich nur noch nach den Staaten. Weg von hier, weg von allem. Von Guzman, von Gandia, von alles und jedem. 

Ich denke an den Traum zurück, an die tröstenden Worte meiner Mutter, die mich in den Arm genommen hat und gesagt, dass ich stärker bin, als ich denke und, dass ich das überleben werde. Ich werde leben. Diese Worte geben mir die Kraft die Augen zu öffnen und mich nach etwas umzusehen, dass mir bei der Flucht helfen könnte. 

Denn eines weiß ich, ich werden nur lebend hier raus kommen, wenn ich jetzt stark bin und mich meiner Angst stelle. Meine Mama ist bei mir, wird mich führen und mir den Weg zeigen. Auf einmal sehe ich alles klar vor mir und mein Blick bleibt auf einer Spritze hängen, die auf dem Tablett liegt, dass nur einen Meter von mir entfernt ist. Aber die Fixierung an meinen Händen macht es mir unmöglich daran zu kommen, außer ... 

Eine Schwester war doch hier, also muss sie irgendwo sein. Gandia würde mich niemals unbeobachtet lassen, dass hat er mir beim letzten Mal ziemlich deutlich gezeigt. Sein krankhafter Wahn wird mich umbringen, wenn ich nicht fliehen kann. Aber wie? 

Ich muss an die Spritze gelangen, um die Schwester betäuben zu können, damit ich mich als sie ausgeben kann. Das Alter stimmt zwar nicht ganz überein, aber die Nonnenkutte wird mir helfen. Als ich mich bewege, hindert mich die Infusion, dessen Zugang in meiner Armbeuge liegt, was mich auf eine Idee bringt. Wie viel Schmerz kann ein Mensch ertragen? Im Ernstfall so viele, dass man sie im besten Fall nicht mehr spürt. 

Das kann ich nur hoffen, denn mein Plan kann nur funktionieren, wenn die Nadel in meinem Arm ausgerissen ist und ich so wahnhaft bin, dass die Schwester mich beruhigen muss. Und das kann sie nur mit der Spritze machen, die ich ihr dann abknöpfen werde. Ich muss sie nur noch anlocken, also schreie ich. Ich schreie und schreie. Meine Kehle brennt wie Feuer, doch ich ignoriere den Schmerz und mache weiter. Bis endlich die besagte Schwester hereinkommt und sich meiner annimmt.

„Was ist denn los?", brummt sie und bleibt vor meinem Bett stehen. Ich will etwas sagen, doch meine Stimme bricht, Tränen brennen heiß in meinen Augen und fließen mir über die Wange. Alles echt, aber aus anderen Gründen.

„Es tut so weh", wispere ich und huste. Meine Lippen fühlen sich rissig an, als ich sie kurz befeuchte, was fast unmöglich ist. Denn meine Zunge klebt am Gaumen fest. Die Nonne ist vielleicht um die sechzig, hat bereits tiefere Furchen im Gesicht als mein Großvater vor seinem Tod. Aber das sind die Entbehrungen des Lebens, denke ich und bete, dass mein Plan aufgehen wird.

„Und wo?", meint sie genervt. Ich deute mit einem Kopfnicken auf meine Handgelenke, die Gott sei Dank durch die Handschellen gerötet und die Haut zum Teil aufgerissen ist.

„Es brennt wie die Hölle", flüstere ich weinend und schluchze auf, als ich sie kurz bewege. Ein Brummen erklingt aus der Brust der Nonne, als sie sich an die Kutte fast und einen Schlüssel hervorholt. Den, der mir zur Flucht verhelfen wird.

„Dann verarzte ich sie dir kurz. Aber dann hältst du deinen Schnabel, verstanden?" Ich nicke, halte beinahe den Atem an, als sie sie öffnet. Zuerst die Linke, danach die Rechte. Erleichtert atme ich aus, denn die Schmerzen sind echt, aber nicht so gravierend, aber das muss sie ja nicht wissen. Und so wie sie sich gibt, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie sich großartig dafür interessiert. 

Ich bewege meine Hände, versuche wieder etwas Gefühl in die Finger zu bekommen, die seltsam kribbeln, als wären tausend Ameisen damit beschäftigt darüber zu laufen. Schweigend tupft sie die aufgerauten Stellen ab, was mich zusammenzucken lässt. Den Blick, den die Frau mir dabei zuwirft, geht wohl über ihre Nächstenliebe hinaus, die Teil ihres Gelübdes war. Denn er sagt mir, dass ich mich nicht so anstellen soll. Trotz ihres stattlichen Bauchs kommt sie schneller voran, als mir lieb ist. Deshalb muss ich Zeit schinden, um an diese Spritze zu gelangen.

„Könnte ich etwas Wasser bekommen?", krächze ich und huste absichtlich so stark, dass sie angewidert das Gesicht abwendet. Als sie mir den Rücken zuwendet, um mir ein Glas einzuschenken, nutze ich meine Chance; ich strecke mich so gut es geht und taste nach der Spritze, die ich nach zwei Versuchen zu fassen kriege. 

Schnell ziehe ich mich wieder zurück, als sie sich zu mir umdreht und mir das Glas in die Hand drücken will. Doch dazu kommt sie nicht mehr, denn ich schnelle nach vorne und injiziere ihr das Zeug in den Oberarm.

„Was soll das?", knurrt sie und weicht von mir zurück. Sie fasst sich an die Stelle als das Mittel zu wirken beginnt. Denn ihre Knie geben nach und sie fällt wie ein nasser Sack zu Boden.

„Ich befreie mich. Wonach sieht es denn sonst aus?", sage ich abschätzig und verlasse das Bett, beginne die Lady auszuziehen, was mit einer Schusswunde im Bein nicht ganz so einfach ist. 

Aber ich muss es schaffen, also ziehe ich es durch und als ich mir das beschissene Krankenhaushemd ausziehe und die Kutte überstreife, die nach Schweiß und ekligem Brandweinessig riecht, spüre ich das Adrenalin durch meine Venen rauschen. Es gibt mir Kraft und die Energie, die ich brauche.

„Bye, Bye", sage ich lachend, als ich ihr die Handschellen angelegt habe und schleiche mich hinaus. Ich bin unbewaffnet und humple wahrscheinlich schlimmer als Quasimodo, aber ich schaffe es dennoch mich durch das Labyrinth, dass dieses alte Lagerhallte darstellt, zu huschen, als wäre ich hier vollkommen allein. Doch, dass ich das nicht bin, erkenne ich, als ich fast zwei Typen in die Arme laufe, die schwer bewaffnet sind. Sie tragen keine Uniform, aber Gandia wird nur seine besten Leute für mich abgestellt haben. 

Alles andere würde nicht zu ihm passen. Ich dränge mich gegen einen Betonstützpfeiler und spähe nach vorne. Ich muss an eine Waffe kommen, sonst habe ich keine Chance. Ich bin nicht gut ihm Nahkampf, aber wenn ich an eine Pistole gelange, dann kann ich mich verteidigen. Mir bleibt nicht viel Zeit und als würde mir das Schicksal, oder Gott persönlich, in die Hände spielen, höre ich das der eine sich verabschiedet, um einen bestimmten Ort aufzusuchen. Ich folge ihm unauffällig und warte solange ich kann. 

Doch als er mich entdeckt und seine Waffe zückt, habe ich keine andere Wahl. Ich schlage zu, treffe aber ins Leere und versuche es noch einmal, bevor er dazu kommt abzudrücken. Keine Ahnung, wie ich es dann trotzdem geschafft habe, dass ich ihm die Waffe aus der Hand schlagen konnte. Aber als ich auf ihn ziele, den Hahn spanne und ihm in die Augen schaue, schluckt er so heftig, dass sein Adamsapfel rauf und runter hüpft wie ein verdammter Ping Pong Ball.

„Sie werden mich gehen lassen und kein Wort darüber verlieren", sage ich dunkel und bewege mich langsam und Schritt für Schritt rückwärts, behalte ihn immer im Blick und sehe ihn nicken.

„Ach und noch was. Ich brauche Ihre Schlüssel", sage ich und tue so, als ob ich ihm ins Bein schießen will. Ich ziele auf die Knie, spüre, wie mein Finger zuckt, der auf dem Abzug liegt und merke, dass er einknickt.

„Okay, okay!", meint er panisch und kramt in seiner Hosentasche herum. Er wirft ihn mir hin und als ich ihn aufhebe und so fest umklammere, dass sich die Spitzen des Schlüsseln in meine Handflächen bohren, lächle ich. Vielleicht auch wegen der Anspannung, die sich in mir staut, aber vor allem, weil ich es so gut wie geschafft habe. Oder sehe ich das zu optimistisch? Wird Gandia am Schluss bereits auf mich warten?

„Wo steht Ihrer?", frage ich ihn ungeachtet meiner Zweifel. Der Typ mit dem Bürstenschnitt und dem Wohlstandsbäuchlein, dass sich über seiner schusssicheren Weste abzeichnet, scheint zuerst nicht zu kapieren, was ich meine. Doch als ich mit dem Schlüssel spiele, fällt der Groschen und er erklärt mir, wo ich den silbrigen Passat finde.

„Bezahlt euch die Regierung so scheisse?", frage ich lachend, doch es ist mein Erst. Aber ich habe keine Zeit mehr und renne trotz der Schmerzen los. Er wird meine Drohung missachten, weil er darauf trainiert wurde und wenn nicht, dann sind es die dämlichsten Agents, die Gandia für meinen Schutz ausgesucht hat. 

Und das würde seine Intelligenz beleidigen. Trotz meines Humpelns schaffe ich es heraus, finde den Wagen des Typens und öffne die Tür, als ich das Klicken einer Waffe höre, die entsichert wird. Ich schlucke, weiß, dass ich so was von geliefert bin. Kurz überlege ich einzusteigen, doch dann wäre ich ein zu leichtes Ziel, also entscheide ich mich dagegen.

„Das wars", höre ich ein Mann auf Spanisch sagen. Es ist also nicht Gandia, erleichtert atme ich aus, drehe mich langsam um und zücke meine Waffe. Ich habe nur diesen Moment, den ich nutzen muss und obwohl es gegen jedes meiner Prinzipien spricht und ich niemals so etwas tun wollte, tue ich es trotzdem.

„Das denke ich nicht." Damit drücke ich ab und treffe ihn am Bein. Der Schrei des Mannes ist so schrill, dass ich zusammenzucke und fast die Waffe fallen gelassen hätte. Doch ich kann ihm nicht helfen, also drehe ich mich um und steige ein. Starte den Motor und fahre mit quietschenden Reifen los. 

Mein Weg führt mich zu Lina, dort bin ich fürs erste sicher. Als ich vor ihrem Haus parke, bin ich einen Moment unsicher. Doch die Angst geschnappt zu werden und dann Gandias krankhaftem Wahn ausgeliefert zu sein, bringt mich dazu auszusteigen und zu klingeln. Ich stehe vor ihrer Tür, verkleidet als Nonne, die gerade auf einen Agenten der DEA geschossen hat. Ich kenne die Gesetzeslage und die Haftstrafe, die mich erwartet, wenn sie mich finden.

„Komm schon", flüstere ich, während ich sturmklingle. Immer wieder schaue ich mich um, doch die Gegend ist eine der sichersten in Culiacán. Aber auch hier, können sich die Cops überall verstecken. 

Panisch schaue ich mich um und kann nicht fassen, dass ich – gerade ich, die, die nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten wollte- es nun doch bin und vor der Polizei auf der Flucht bin. Aus dem Augenwinkel sehe ich einen Schatten hinter der Tür, wahrscheinlich wegen der Verkleidung. Also ziehe ich die Haube vom Kopf und klingle erneut. Ich höre Schritte, dann ist Stille ... endlich öffnet sie die Tür.

„Rosa?", stößt sie überrascht aus. Ich lasse ihr keine Zeit, dränge sie rein und schließe die Tür.

„Was soll das?", zischt sie und sieht mich verständnislos an. In ihren Augen kann ich erkennen, dass sie keine Ahnung hat, was passiert ist. In mir keimt die Hoffnung, dass Gandia gelogen hat, was das mit den abgebrannten Häusern der Estrellas und dazu die Bar meines Vaters angeht. Sonst würde sie mich doch nicht so ansehen, oder?

„Das kann ich dir nicht sagen und es ist auch besser, wenn du nichts davon weißt. Aber ich muss dringend telefonieren", sage ich und hoffe, dass sie versteht, was ich von ihr will. Lina zögert, spielt an ihrem Ehering herum, der für meinen Geschmack viel zu groß ist und meint dann, dass ich ihr Handy haben kann. Ich nicke und folge ihr, spüre bei jedem Schritt, die Pistole in meinem Rücken und hoffe, dass Lina sie nicht bemerkt. Denn meine beste Freundin hasst Waffen und flippt jedes Mal aus, wenn sie welche sieht. Und das kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen.

„Hier", meint sie und gibt mir ihr Handy. Ich lächle sie dankbar an.

„Ich lege dir frische Kleider raus, du möchtest sicher aus dieser Kutte raus", sagt sie leise und verlässt die Küche. Ich setze mich auf den Stuhl und schaue einen Moment aus dem Fenster, blicke raus auf die Straße und gönne mir eine kurze Pause. In mir herrscht ein solches Chaos, dass ich nicht weiß wohin mit mir. 

Als ob alles in nur wenigen Sekunden in sich zusammengebrochen ist und ich nun vor einem riesigen Scherbenhaufen stehe und keine Ahnung habe, wie ich alles wieder zusammensetzen soll. Und vor allem, ob ich das überhaupt kann. Denn auch wenn ich aus dieser Nummer lebend wieder rauskomme, was geschieht danach? Kann ich danach einfach so weiterleben, oder muss ich die Konsequenzen meiner Taten spüren? 

Als Anwältin weiß ich, dass ich gegen zig Gesetze verstoßen habe, aber als Mensch – der aus Angst um sein Leben geflohen und all diese Dinge getan hat – kann ich nicht behaupten, dass ich sie bereue. Nicht einmal das mit dem angeschossenen Agenten, der garantiert keine lebensgefährliche Verletzung davongetragen hat, aber trotzdem unter Schmerzen leidet. 

Und was ist mit mir? 

Habe ich nicht auch schlimmes durchgemacht? 

Habe ich nicht auch unter Todesangst gelitten, als er mich an den Haaren durch die Zelle geschleift hat, davor als er auf mich geschossen hat und während ich mich an Händen gefesselt in einem Pseudokrankenhausbett gelegen habe? Erst jetzt nehme ich das stärker werdende Brennen wahr, das meinen Oberschenkel hinauf und hinab wandert. 

Ich verziehe das Gesicht, als ich das Bein strecke und eine Welle der Pein durch mich hindurchrauscht. Also ziehe ich es wieder an und weiß, dass ich mir genug Zeit genommen habe. Also wähle ich zuerst die Nummer meines Vaters, doch während es klingelt und klingelt, wird der Knoten stärker, der sich in meinem Magen gebildet hat.

„Geh schon ran", dränge ich ihn, doch als die Mailbox anspringt, lege ich auf und probiere es noch einmal. Fluche auf, weil wieder nur die Mailbox anspringt.

„Wo steckst du nur?", wispere ich und kratze mich am Kopf. Diese dumme Haube hat bestimmt Läuse darin gehortet, so schrecklich wie mich das juckt.

„Alles in Ordnung?", höre ich Linas Stimme. Überrascht schaue ich auf und blicke in ihr schmales Gesicht, dass wie immer total gepflegt aussieht. Im Gegensatz zu mir, denke ich und fühle mich ziemlich unwohl. Ich muss schrecklich aussehen, denke ich, als ich bemerke, dass sie mich mitfühlend mustert.

„Ich habe dir ein Bad eingelassen, weil ... na ja, ich dachte, dass du das gebrauchen könntest", fügt sie hinzu und kommt einen Schritt auf mich zu. Unsicher bleibt sie stehen und knetet ihre Hände, was sie immer macht, wenn sie nervös war.

„Danke, aber ich gehe lieber duschen", sage ich und denke an die Schusswunde, obwohl ein Schaumbad wirklich verlockend ist. Nach allem was ich durchgemacht habe, würde das mir wahrscheinlich mehr nützen als eine kurze Dusche. Aber das hier ist keine Lösung, sondern nur ein Zwischenstopp auf meiner Reise, deren Ziel ich nicht einmal kenne, aber ich weiß, dass ich mich nicht zu lange an einem Ort aufhalten darf. Also stehe ich auf, verziehe das Gesicht und atme zischend aus.

„Geht es dir nicht gut?", fragt sie alarmiert und eilt mir zu Hilfe. Ich will nicken, doch ich knicke fast ein und wäre gestürzt, wenn sie mich nicht gehalten hätte. Sie stützt mich, während wir aus der Küche in den Flur und von dort nach oben gehen. Das Treppensteigen fühlt sich fast wie ein Triathlon an, der kein Ende nimmt. Oben angekommen lehne ich mich gegen die Wand, versuche gegen die Schmerzen anzuatmen, scheitere kläglich.

„Danke, Lina", sage ich, statt auf ihre Frage von vorhin einzugehen. Sie runzelt ihre Stirn, verschränkt die Arme vor der Brust, während sie mich fragend ansieht. Ich schlucke, spüre das Brennen wieder und wünschte mir, dass ich einfach nur aus diesem Albtraum aufwachen könnte. Doch das ist das reale Leben, es gibt kein Zurück. Ich kann nur nach vorne schauen.

„Nicht dafür, Rosa. Ich bin immer für dich da", sagt sie mitfühlend, streichelt meinen Arm und lächelt milde.

„Kann ich noch etwas für dich tun?" Ich überlege, dann schüttle ich den Kopf. Nachdem sie mich ins Bad begleitet und sich vergewissert hat, dass ich allein klarkomme, lasse ich mich außer Atem auf den Wannenrand, aus der ein herrlicher Duft nach Jasmin und Zitrone steigt. Ich überlege doch baden zu gehen, doch entscheide mich dagegen. 

So gut es geht befreie ich mich aus dieser kratzigen und miefigen Kutte, betrachte einen kurzen Augenblick den früher einmal weißen Verband, der nun viel mehr rote Stellen aufweist. Ich atme durch, stehe stöhnend auf und gehe zur Dusche, drehe das Wasser auf und stelle mich darunter. Als es über meinen Kopf, meine Brust, über meinen Bauch bis zu meinem Oberschenkel fließt, keuche ich auf und beiße mir auf die Lippe. 

Denn der stechende Schmerz, der mich durchzuckt, übermannt mich beinahe. Ich lehne mich an die kühlen Fliesen, während sich meine Brust in hektischer Abfolge hebt und senkt. Tränen schießen mir in die Augen, vermischen sich mit dem heißen Wasser und tropfen auf den Boden. Mein Blick folgt ihrem Weg und als sich das Wasser rotverfärbt, kann ich die Schluchzer nicht mehr länger unterdrücken. 

Sie dringen über meine Lippen und erfüllen die gläserne Kabine, die sich bereits beschlagen hat. Ich berühre den nun vollgesogenen Verband und verfluche den Tag, an dem ich beschlossen habe zurückzukehren. Ich hätte nicht herkommen dürfen und die Wut auf mich verschiebt sich auf meinen Boss, der es erst möglich gemacht hat. 

Er hätte mich zum Arbeiten zwingen müssen, stattdessen gab er mir eine Woche frei, um mich um meine Familie zu kümmern. Die ganze Wut, die sich in mir angestaut hat, bricht aus mir heraus und manifestiert sich in Tränen, die mir in wilden Bächen über die Wangen strömen. Mein ausgelaugter Körper wird von grässlichen Schluchzern geschüttelt, was ihn noch mehr Kraft kostet, die ich doch gar nicht mehr besitze. Keine Ahnung, wie lange ich so verharre, aber irgendwann beginnen meine Knie zu zittern. 

Also wische ich mir über das Gesicht, atme tief durch und wasche mir die Haare, shampooniere sie mir zweimal ein und spüle sie aus. Das gleiche mache ich mit meinem geschundenen Körper, dessen bizarres Ausmaß ich erst vor dem beschlagenen Spiegel erkenne. Ich stehe mit einem weißen Tuch um den Körper geschlungen davor und kann mich kaum wiedererkennen. 

Die blauen Flecken an Armen, Beinen und an meinem Bauch sind Zeugen der Brutalität, die Gandia an mir ausgeübt hat. Meine Augen sind glanzlos, sehen leer aus und sind blutunterlaufen. Kratzspuren an meinen Wangen und an einigen anderen Stellen meines Körpers zeigen von meiner Gegenwehr, die mir trotzdem nichts gebracht hat. Irgendwann überwältigen mich die Gefühle so sehr, dass ich den Blick abwenden muss. 

Doch da entdecke ich an meinem rechten Arm etwas. Stirnrunzelnd fahre ich über die leichte Erhebung an der Innenseite meines linken Oberarmes. Ich ertaste etwas, dass sich verschieben lässt. Das war vor meiner Entführung und der Geiselnahme noch nicht da und dann, als hätte jemand einen Schalter betätigt, weiß ich was es ist. 

Zuerst verfalle ich in Panik, mein Herz hämmert so stark gegen meine geprellten Rippen, dass mir schwindelig wird und ich mich am Waschbecken festhalten muss, um das Gleichgewicht zu halten. Doch sie wird schnell durch eine Starre abgelöst, die mich für einige Zeit in Beschlag nimmt. Schlussendlich verwandeln sich all diese Gefühle in ein einziges, das der Wut und die, bringt mich dazu nach einer Rasierklinge zu suchen und mit dieser schneide ich mir in den Oberarm. 

Genau dort, wo ich dieses Ding spüre. 

Blut sickert über meine Haut, tropft ins Waschbecken und auch auf den Boden. Ich schreie vor Schmerz auf, als ich mit meinem Finger in die Wunde greife und das metallene Ding herausnehme. Ich säubere es unter dem Wasser und betrachte den GPS-Tracker, den mir Gandia wahrscheinlich höchst persönlich eingesetzt hat. 

Geschockt halte ich es zwischen meinen Fingern und weiß, dass die ganz genau wissen, wo ich bin und dass es nicht mehr lange dauern wird, bis sie hier aufkreuzen. Zuerst will ich es zerstören, doch dann kommt mir eine andere Idee. Ich humple zur Toilette, klappe den Deckel auf und lasse das kleine Teil hineinfallen. Ohne zu zögern betätige ich die Spülung und sehe zu, wie es in den Tiefen der Kanalisation verschwindet. Das wird mir nicht viel Zeit verschaffen, sie aber vielleicht in die Irre führen.

„Ist alles in Ordnung?" Zu Tode erschrocken wirble ich herum und stehe Lina gegenüber, die mich besorgt ansieht. Sie hält frisches Verbandszeug in den Händen, was angesichts meines durchnässten und blutgetränkten Verbands keine schlechte Idee ist.

„Nein, alles okay", antworte ich und spüre, dass sie es mir nicht abkauft. Doch sie bohrt nicht weiter, für das ich ihr von Herzen dankbar bin. Ich setze mich auf den Wannenrand und schaue zu, wie sie es Stück für Stück abwickelt und zum Vorschein kommt eine aufgeplatzte Naht, die noch immer blutet. Lina schluckt, dass sie nicht gleich grün im Gesicht wird, ist ein Wunder, denn früher konnte sie kein Blut sehen.

„Sieht übel aus", spreche ich das aus, was sie denkt.

„Das wird schon", meint sie eine Spur zu optimistisch. Denn in ihren dunklen Augen kann ich erkennen, dass sie sich nicht sicher ist, was sie tun soll.

„Hast du Heftklammern?", frage ich und klinge kein bisschen panisch. Es ist die einzige Lösung die Wunde geschlossen zu halten, denn Linas und meine Nähkünste lassen zu wünschen übrig. Sie sieht mich an und ich weiß, dass sie mir das ganze lieber ausreden würde, doch sie sieht ein, dass ich keine andere Wahl habe.

Schweigend steht sie auf und verschwindet. Ich desinfiziere die Wunde großzügig und wimmere, als das Brennen sich in meinem ganzen Körper ausbreitet. Ich brauche dringend etwas gegen eine mögliche Entzündung, aber jetzt zu einem Arzt zu gehen, wäre viel zu gefährlich. Ich muss es also ohne schaffen. 

Ich durchsuche ihren Erste-Hilfekoffer und atme auf, als ich Paracetamol sehe. Schnell drücke ich drei Tabletten heraus und spüle sie mit etwas Wasser runter. Als sie wiederkommt und den Tacker in der Hand hält schauen wir uns an. Keine ist sich sicher, ob das funktionieren wird, aber es muss sein.

„Ich kann das nicht", sagt sie aufgebracht und schüttelt den Kopf. Sie kann mir nicht in die Augen schauen, doch sie muss, wenn sie mein Leben retten will.

„Lina, ich weiß, dass du das kannst", erwidere ich mit fester Stimme. Auf einmal fühlt sich alles in mir ruhig an, so, als wäre ich mir zu hundert Prozent sicher, was ich hier tue. Doch das muss an den Schmerzen, dem Adrenalin und den Tabletten liegen, die ich mir gerade eingeworfen habe.

„Rosa ... ich hab Angst", sagt sie, als sie sich vor mich hinkniet. Lina schluckt und ihre Hand zittert verdächtig, als sie ansetzen will. Mulmig halte ich sie auf und lege meine Hand auf ihre.

„Ich auch. Aber wir müssen das tun. Du musst das tun, Lina. Jetzt", sage ich. Sie nickt, atmet tief durch und will wieder ansetzen, doch ich halte sie wieder auf.

„Du musst die Wunde ein wenig zusammendrücken, ja genau so", weise ich sie an. Meine beste Freundin seit Kindertagen wird mir sogleich Heftklammern in eine Schusswunde setzen, damit ich fliehen kann und nicht als Geisel in die Fänge Gandias gerate, oder wegen des Blutverlustes sterbe, den ich durch den eben genannten Agenten erlitten habe.

„Auf drei", sagt sie und reißt mich aus meinen Gedanken. Innerlich zähle ich mit und als sie das erste Mal abdrückt und sich die Metallhaken in mein Fleisch graben, schreie ich so laut, dass Lina zusammenzuckt. Ich presse meine Hand auf den Mund, keuche und japse nach Luft. Mein Herz explodiert fast, so sehr rast es. 

Ich höre Lina beten, das leise Flüstern dringt zwar in meine Ohren, aber wird nicht weiterverarbeitet. Denn mein Gehirn ist mit der Bewältigung der zweiten Schmerzwelle beschäftigt, die über mich hinwegfegt. Wie ein Hurrikane, der alles in sich aufsaugt, was ihm in die Quere kommt. Ein drittes Mal und ich habe das Gefühl fast den Verstand zu verlieren, so sehr nehmen mich die Schmerzen ein.

„Geschafft", stößt Lina gequält aus und plumpst zu Boden. Der Tacker fällt aus ihrer wie Espenlaub zitternden Hand neben sie und ich halte mein Bein, dass wie unter Strom zittert. Ein grausamer Anblick, der sich uns bietet, aber das Blut wird weniger und die Schmerzen ebben langsam ab. Doch ein Pochen bleibt, was sich nur verstärkt, wenn ich es bewege.

„Danke", flüstere ich dankbar und erschöpft zugleich.

„Ich bin immer für dich da, Rosa. Aber du musst mir unbedingt erzählen, was los ist." Das schulde ich ihr, füge ich gedanklich hinzu und weiß, dass sie recht hat. Ich nicke, lasse mich von ihr verarzten und nachdem ich mich notdürftig angezogen habe – eine rosa Jogginghose, den passenden Sport-BH und den gleichen Hoodie, sitze ich in der Küche und schlinge das Chilli runter, was sie am Abend zuvor gekocht hat, spüle mit Wasser nach und als ich nichts mehr runterbekomme, erzähle ich ihr alles. 

Das ich eine DEA-Informantin bin, klammere ich aus, aber sonst entspricht alles der Wahrheit. Es tut gut sich zu öffnen, erzählen zu können, was die letzten Tage auf mir gelastet hat und als ich ende, steht sie wortlos auf und nimmt mich in den Arm.

„Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich dir schon viel früher geholfen", wispert sie den Tränen nahe. Ich erwidere die Umarmung und genieß einen Moment diese Zuneigungsbekundung, die Balsam für meine Seele ist. 

Immer wieder schaue ich mich um, doch bis jetzt sind sie nicht aufgetaucht und eigentlich müsste ich weiter. Doch ich bin zu erschöpft, um noch einen Schritt zu gehen. Ich kann also nur hoffen, dass sie mich erst geortet haben, nachdem ich den Tracker entdeckt, entfernt und die Toilette runtergespült habe.

„Du hättest nichts tun können. Das ist alles meine Schuld", sage ich und streichle ihr über den Arm. Lina schnieft und setzt sich wieder hin, nachdem sie sich von mir gelöst und ich ihr die Tränen weggewischt habe, die sich aus ihren Augenwinkeln gelöst haben.

„Trotzdem, ich hätte dich beschützen können. José hätte dich beschützen können", meint sie leiser. Sie meint, dass er geschäftlich unterwegs ist und blendet damit aus, dass dies auch illegales beinhaltet. Doch wer bin ich, wenn ich ihr jetzt das unter die Nase reiben würde. Also schweige ich und lausche in die Stille, die sich über uns gelegt hat.

„Und was hast du jetzt vor?", fragt sie. Ich schaue aus dem Fenster, stelle erleichtert fest, dass die Sonne bereits untergeht und das die Nacht mir vielleicht den Schutz gibt, den ich brauche, um unerkannt durch die Stadt fahren zu können.

„Ich muss weiter, hier zu bleiben wäre viel zu gefährlich", sage ich. Lina sieht mich mit diesem besorgten Ausdruck in den Augen an.

„Du schaffst es nicht einmal allein die Treppe rauf oder runter zu gehen. Du brauchst Ruhe und Schlaf, also bleibst du hier." Sie nickt, als würde sie damit ihre Worte bekräftigen. Ich muss nicht in mich hineinhören, um zu wissen, dass sie recht hat. Ich würde es nicht weit schaffen und dann würden sie mich sowieso kriegen. Und dass sie bis jetzt nicht aufgetaucht sind, wird wohl bedeuten, dass sie dem GPS Tracker weiterhin folgen.

„Ist gut. Aber ich werde morgen früh aufbrechen", sage ich entschlossen. Lina steht auf und meint, dass sie mir das Gästebett bereit machen wird. Bevor sie aus der Tür verschwindet, halte ich sie auf.

„Ja?", fragt sie blinzelnd und sieht mich an. Ich zögere, nicht, weil ich ihr nicht vertraue, sondern, weil ich ihr diese Last aufbürde. Und das, obwohl sie schon genug durchgemacht hat.

„Danke. Für alles", sage ich und lächle. Sie erwidert es und geht nach oben. Seufzend nehme ich ihr Handy und wähle Guzmans Nummer. Es klingelt und klingelt, als die Mailbox anspringt, entscheide ich mich dafür ihm eine Nachricht zu hinterlassen.

„Ich bin es, Rosa. Mir geht es soweit gut. Triff mich in dem Café, in dem wir uns schon einmal getroffen haben. Ich werde Morgen gegen Mittag dort sein und auf dich warten", sage ich und will auflegen, entscheide mich aber dagegen.

„Und Guzman ... es tut mir leid." 

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ich hoffe es hat euch gefallen :D

eure Amanda 

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