Die berühmten 3 Worte
ROSA
„Ich kenne das, wenn die Panik einen überrollt. Wenn man kaum noch Luft bekommt und das Herz so fest gegen die Rippen schlägt, dass man es kaum ertragen kann. Doch du musst dich dem stellen, Rosa. Für uns alle."
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„Nein!", schreie ich aus voller Kehle und schrecke hoch. Mein Herz hämmert wild gegen meine Brust, während ich kaum noch Luft bekomme. Meine Lunge fühlt sich an, als hätte jemand Beton hineingefühlt.
Ich kralle meine Finger ins Laken, um mich davon zu überzeugen, dass ich mich nicht mehr in dieser Zelle befinde, sondern in Guzmans Loft.
„Das war nur ein Traum, Rosa. Ein dummer Traum", wispere ich und schlage die Decke zur Seite und streiche mir durch das verschwitzte Haar. Das Schlucken fällt mir schwer, was mit einer ausgetrockneten Kehle auch kein Wunder ist.
Langsam drehe ich mich zur Seite und taste nach dem Wasserglas, dass auf dem improvisierten Nachttisch aus ein paar Backsteinen und einem Brett gefertigt ist und trinke gierig. Es ist gerade Mal drei Uhr morgens und die anderen schlafen tief und fest.
Noch immer ist es unfassbar, dass Guzman lebt. Wir haben nicht sonderlich viel geredet, er geht mir die meiste Zeit aus dem Weg und wenn ich ehrlich bin, ich ihm auch.
Ich kann nicht einfach so wieder zur Tagesordnung übergehen. Zu vieles ist passiert und einiges kann ich davon nicht mehr rückgängig machen. Ich schiebe die Gedanken an Gandia und mich zur Seite und stelle das Glas wieder an seinen Platz.
Guzman hat mir sein Bett überlassen, was er nicht hätte tun müssen. Mein Vater wollte mich bei sich haben, aber da er bei Pepe und Santiago wohnt, wäre das zu eng gewesen.
Nicht, dass ich nicht mit drei Männern in einem Haushalt klargekommen wäre, aber ich fühle mich noch nicht bereit dazu.
Um niemanden zu wecken taste ich mich im Dunkeln durch das Loft, doch auch nach über einer Woche finde ich mich nicht wirklich zurecht. Aber wie immer finde ich das Badezimmer und als ich das Licht anknipse, fühle ich mich auf einmal etwas sicherer. Nachdem ich mich erleichtert habe, wasche ich mir die Hände und als ich in den Spiegel blicke und mich betrachte, frage ich mich, ob ich mich jemals wieder normal fühlen werde.
„Du bist nicht mehr du selbst", flüstere ich und schüttle den Kopf.
Mein Körper erholt sich langsam von der Tortour, die ich mitmachen musste, aber meine Psyche. Na ja, die Albträume sagen schon viel aus, wie ich finde. Jede Nacht schreie ich das Gebäude zusammen, manchmal sogar mehrfach. Doch bis jetzt haben sich Jesus und Guzman nie darüber beschwert.
Mit einem kalten Schwall Wasser im Gesicht, fühle ich mich schon etwas ruhiger. Ich stütze mich mit den Händen am Waschbecken ab und betrachte mich, während die Tropfen über meine Wangen rinnen. Der Abdruck meiner Zähne verfärbt sich bereits, tut aber immer noch höllisch weh.
Ich zucke zusammen, als ich mit dem Finger vorsichtig darüberfahre. Dass ich mich einmal beiße, um den Druck in mir abzubauen, hätte ich nie gedacht. Aber die Gefangenschaft hat bei mir Spuren hinterlassen. Solche, die sich durch Panikattacken und Selbstverletzung äußern. Was ist nur aus mir geworden?
Ich wende den Blick ab, gehe zur Tür und lösche das Licht. Als ich hinaustrete, sehe ich Jesus vor mir stehen. Seine grünen Augen sehen ziemlich glasig aus und der süße Geruch nach Hasch bestätigt mir, dass er gekifft hat.
„Auch eine Nachteule, was?", scherzt er und schiebt sich an mir vorbei, geht zur Toilette und fängt an zu pinkeln.
Ich verdrehe die Augen und lasse ihn allein, mein Weg führt mich in die Küche. Idas Licht des Kühlschranks erhellt die moderne Einrichtung. Ich nehme mir eine Tupperdose mit kalten Quesadillas heraus und schließe die Tür wieder, sodass mich die Dunkelheit wieder umhüllt. Tröstend, genau wie das Essen.
Ich nehme mir eine heraus, lege sie auf den Teller und verstaue danach alles wieder. Als ich mich umdrehe, steht erneut Jesus vor mir.
„Ich habe nachts auch immer Hunger", meint er und nimmt sich die Hälfte. Ich schaue ihn giftig an, sage aber nichts.
„Klar, wenn du dir einen nach den anderen durchziehst", murmle ich und setze mich an den Tisch, doch Jesus schüttelt den Kopf. „Komm, ich weiß einen besseren Platz", meint er und geht zur Haustür.
Ich frage mich, was er will. Ich trage nur meine Schlafsachen, aber so wie ich ihn kenne, will er gar nicht auf die Straße. Also folge ich ihm, während ich in die Quesidilla beiße und kaue.
Er geht eine weitere Treppe nach oben, die mir noch nie aufgefallen ist. Kein Wundern, ich habe das Loft fast gar nicht verlassen.
Oben angekommen, schiebe ich eine Plane nach hinten und stehe im ausgehöhlten Stockwerk, das keine Fenster mehr besitzt.
Nur noch zum Teil eingerissene Wände und Aussparungen, durch die ein angenehmer Wind weht.
„Jesus?", frage ich und spüre, wie mein Herz anfängt schneller zu schlagen. Ich hasse es, wenn ich nicht weiß, was los ist. Das war schon damals so und auch heute hat sich daran nichts geändert.
„Sag doch was!", zische ich beinahe panisch. Ich schaue mich um, kann aber wegen den Planen nichts erkennen, die langsam hin und her wehen. Eine Gänsehaut überzieht meinen leicht bekleideten Körper. Ich schlucke, zwinge mich einen Fuß vor den anderen zu setzen.
„Wo bist du verdammte Scheiße!", knurre ich und würde ihm am liebsten eine dafür scheuern.
„Hier, wo sonst?", erwidert er irgendwann.
Ich drehe mich hastig um, spüre, wie mich eine Plane an der Hand berührt und wirble wieder herum. Mein Herz hämmert so laut, dass ich fast nichts anderes höre. Wieso musste ich ihm auch folgen.
„Man Rosa, ich bin hier!", höre ich sein leises Kichern. Ich runzle die Stirn, habe keine Ahnung, wo er steckt. Doch als er sich zu erkennen gibt, atme ich erleichtert aus.
„Sorry, ich hab nicht mehr daran gedacht", entschuldigt er sich. Er steht mit den Händen in die Jogginghose vergraben vor mir, während sein Oberkörper völlig nackt ist. So habe ich ihn noch nie gesehen.
„Ich will dir etwas zeigen", reißt er mich aus meinen Gedanken. Blinzelnd folge ich ihm. Keine zehn Meter von mir entfernt, gibt es einen kleinen Vorsprung, der wahrscheinlich als Balkon oder Terrasse gedacht war. Jesus hilft mir darauf und als ich sitze, die Beine in der Luft baumelnd, halte ich den Atem an. Denn der Himmel ist zwar noch dunkel, doch die Lichter der Stadt erhellen den Horizont.
„Fantastisch, oder? Fast so schön, wie auf meinem Anwesen", wispert er. Ich schaue über die Skyline Culiacáns und bin sprachlos. Die Umrisse der Häuser, sehen wie die Schatten der Berge aus, die sich in der unberührten Natur wie Könige aufspielen.
„Ich komme fast jede Nacht hierher", durchbricht Jesus die Stille. Ich schaue ihn wieder an und bemerke, dass er gedankenverloren in die Dunkelheit starrt.
Wir haben nicht viel geredet, aber ich habe mitbekommen, dass er auch etwas Schreckliches durchgemacht hat. Santiago hat etwas angedeutet, aber nichts Konkretes gesagt. Und es jetzt anzusprechen, kommt mir respektlos vor. Aber vielleicht verrät er es mir auch so.
„Weil du eine Nachteule bist?", scherze ich und sehe, wie sich seine Mundwinkel leicht nach oben gehen. Doch es erreicht seine Augen nicht, die nach wie vor gen Himmel gerichtet sind. Eine Traurigkeit geht von ihnen aus, die mich an meine eigene erinnert. Und ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas einmal denken würde.
„Guzman ist nicht mehr derselbe, wie früher. Das sind wir alle nicht mehr", redet er weiter, ohne es an jemand bestimmtes zu wenden.
Ich schlucke, fahre mir durchs kurze Haar und fühle mich auf einmal ziemlich unwohl. Ich habe es immer vermieden das Thema anzusprechen, denn das würde bedeuten, dass ich mich der Realität stellen müsste. Und dazu bin ich nicht bereit. Ob ich es jemals bin?
Ich weiß es nicht.
„Er hat alles für dich getan, Rosa", setzt er an und sieht mich zum ersten Mal an. Kein anklagender Blick, sondern einer, der Besorgnis spiegelt.
Um seinen besten Freund?
Um mich? Um uns beide?
„Ich will dich damit nicht vor den Kopf stoßen, aber er hat wirklich alles getan, um dich zu retten. Wir alle haben gelitten, vielleicht du mehr als wir alle jemals zusammen, aber jeder von uns hat Opfer für deine Rettung gebracht", sagt er und massiert sich seine Hand.
Ich weiß, dass sie durch die Explosion in seiner Villa zertrümmert wurde und wahrscheinlich immer steif bleiben wird. Und das tut mir so unendlich leid.
„Jesus, ich ...", ich verstumme, weiß nicht, was ich sagen soll. Ich verstehe, worauf er hinaus will. Aber ich kann das nicht. Ich will aufstehen, doch er hält mich fest. Seine Finger schließen sich um mein Handgelenk und das so fest, dass er mir das das Blut abschnürt.
„Ich kenne das, wenn die Panik einen überrollt. Wenn man kaum noch Luft bekommt und das Herz so fest gegen die Rippen schlägt, dass man es kaum ertragen kann. Doch du musst dich dem stellen, Rosa. Für uns alle", meint er.
Langsam gehen mir seine Ratschläge auf den Geist, denn er spricht vielleicht aus Erfahrung, aber er trinkt seine eigene Medizin ja auch nicht.
„Deshalb kiffst du dir die Birne weg, oder? Statt dich um eine anständige Physiotherapie für deine Hand zu kümmern!", zische ich, entwinde mich seinem Griff und stehe auf. Für einen Moment habe ich das Gefühl zu fallen und innerlich wünschte ich es mir auch, aber ich fange mich wieder und bleibe stehen.
„Du kannst die Vergangenheit nicht rückgängig machen. Alles, was du kannst, ist sie zu akzeptieren und nach vorne zuschauen. Und das solltest du auch, denn da wartet jemand auf dich, der sein Leben gegeben hätte, hätte er dich damit aus Gandias Klauen befreien können", sagt er düster und sieht mich über die Schulter hinweg an.
Ich schlucke und beiße mir auf die Zunge. Einige Sekunden schauen wir uns an, während seine Worte nachklingen. Dann sieht er wieder in den Himmel und ich verschwinde von hier.
Hat er recht?
Oder sind das nur die Worte eines Mannes, der sich selbst aufgegeben hat?
Ein paar schlaflose Stunden später sitze ich geduscht am Küchentisch und esse meine Frühstücksflocken. Von Jesus ist nichts zu sehen, vielleicht schläft er endlich, oder er sitzt immer noch da oben. Wer weiß das schon so genau.
Mit der Hand stütze ich den Kopf ab, während ich vor mich hin kaue. Das Gespräch und die Stunden danach haben ihre Spuren hinterlassen. Ich fühle mich wie gerädert und könnte auf der Stelle einschlafen. Nur mit Mühe kann ich das Gähnen unterdrücken, dass ich in mir ausbreiten will.
Als Guzman an mir vorbei husch und sich im Gehen die schwarze Lederjacke anzieht, stehe ich auf und folge ihm.
„Willst du irgendwohin?", frage ich und überrasche uns damit beide. Denn bis anhin war ich froh, dass er mir aus dem Weg geht. Doch heute ... ist alles anders. Und nein, es liegt nicht nur daran, dass Jesus recht mit dem hat, was er mir gestern um die Ohren gehauen hat. Und ganz ehrlich? So kann es nicht immer weiter gehen, das wäre lächerlich. Immerhin war da etwas zwischen Guzman und mir und ich will nicht, dass das in die Brüche geht. Wenn es das nicht schon ist.
„Ich meine, ob du ...", füge ich hastig hinzu und breche ab, weil ich keine Ahnung habe, wie ich diesen Satz beenden soll. Guzman dreht sich langsam zu mir um und als sich unsere Blicke kreuzen, halte ich instinktiv den Atem an. Denn seine Augen ... das verdammte eisblau ... erinnert mich an all das, was uns verbindet.
Ich schlucke und fahre mir durchs kurze Haar und frage mich, ob er es abstoßend findet. Oder, ob es ihm gefällt. Aber ich frage ihn nicht danach.
„Ich habe einen Termin", erklärt er mir knapp und reibt sich übers markante Kinn. Ich höre, wie seine Finger über die rauen Barstoppeln fahren und fühle mich in die Zeit zurückversetzt, in der ich sie an meinem ganzen Körper gespürt habe. Das Pochen zwischen meinen Beinen ist so plötzlich da, dass ich mich frage, was es ausgelöst hat.
„Willst du mitkommen?", reißt er mich aus meinen Gedanken. Blinzelnd stehe ich da und bin mir unsicher, was ich antworten soll. Die alte Rosa hätte ihn begleitet, die geschundene Rosa würde sich lieber im Bett verkriechen. Doch wer bin ich wirklich? Welche Rosa. Welche Frau, die ich immer noch bin. Psychisch wie auch physisch.
Ich schlucke. Guzman sieht auf den Boden und fährt sich durchs kürzere Haar. Er sieht gut aus, verdammt heiß trifft es wohl besser. Die Jeans sitzt ziemlich eng und betont seinen Hintern, die stylischen Löcher geben einen Teil seiner Tattoos frei. Das Shirt ist schwarz, genau wie seine Jacke. Nur die Schuhe stechen mit ihren roten Farbe hervor.
Als er den Blick wieder hebt und sie sich kreuzen, beiße ich mir auf die Lippen, denn er hat mich beim Starren erwischt. Ein scheues Lächeln bildet sich auf seinem Gesicht, das ich zögerlich erwidere.
„Du musst nicht, wenn du nicht möchtest", sagt er mit sanfter Stimme. Als ich ablehnen will, kommen mir Jesus Worte wieder in den Sinn. Und deshalb nicke ich.
„Ich komme gerne mit", sage ich und gehe auf ihn zu. Ich habe mich vorhin schon angezogen und bin deshalb startklar. Zusammen gehen wir nach unten, in die Tiefgarage.
Dass es hier sowas gibt, habe ich nicht gewusst. Kein Wunder, hat Guzman dieses Gebäude als seine Leitstelle ausgewählt. Es sieht verlassen aus und die Gegend ist zentral, aber auch nicht gerade hoch frequentiert.
Wir steigen in den schwarzen SUV ein und als ich mich angeschnallt habe, sehe ich zu Guzman rüber. Der den Motor startet und losfährt. Zuerst durch die City, dann in Richtung Highway. Die ersten Kilometer sagt keiner ein Wort, doch dann durchbreche ich die Still.
„Ich weiß, dass du mir aus dem Weg gehst, weil du denkst, dass ich mich zuerst wieder eingewöhnen muss, aber ... aber ...", wieder verstumme ich und schnaube frustriert durch die Nase aus. Guzman schaut mich kurz an, ehe er den Blick wieder auf die verlassene Straße richtet.
„Ich will dir die Zeit und den Freiraum geben, den du brauchst. Ich denke, das ist etwas anderes als aus dem Weg gehen", meint er nach einer Weile. Ich nicke. Ein paar Atemzüge später erreichen wir das nächste Kaff und anschließend auch unser Ziel. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich meine Klappe gehalten. Aber am Ende ist man immer schlauer als am Anfang.
„Willst du im Wagen warten?", fragt er mich, während er sich abschnallt. Ich überlege nicht lange und schüttle den Kopf.
„Okay, dann überlass mir das Reden, okay?", fügt er hinzu.
Ich runzle die Stirn, frage mich, ob er irgendwie angepisst ist, oder wieso er sich so reserviert mir gegenüber verhält. Doch ich nicke und steige aus.
Der Schuppen ist ein Striplokal, das sehr gut läuft, denn nach der Menge des Stoffs nach zu urteilen, was Guzman aus dem Kofferraum des SUVs holt, müssen sie die beste Show in ganz Sinaloa präsentieren.
Ich folge Guzman ins Innere und bin überrascht, dass sich schon um diese frühe Stunde schon Kundschaft hier eingefunden hat. Die Tänzerin twerkt gerade für einen mindestens achtzigjährigen Greis, der sabbernd im Stuhl hängt, während er sich die Hose massiert.
Ich wende den Blick ab und lasse ihn stattdessen durch die Räumlichkeiten schweifen. Alles wirkt heruntergekommen, als wären nicht nur die Besucher in den Neunzigern hängengeblieben, sondern auch das Inventar.
Die Bar hat ja noch Charme mit ihren Kiefernregalen und der schummrigen Beleuchtung, aber der Boden, die Wände, die Möbel wirken wirklich heruntergekommen. Darin sollten sie das Geld investieren und nicht in das Koks, das sie hier verkaufen.
Während The Weeknd aus den altertümlichen Boxen dröhnt, stellt Guzman das Paket auf den Tresen und setzt sich hin. Der Barkeeper mit Pferdeschwanz und Sonnenbrille schenkt ihm kommentarlos einen Shot ein und nimmt das Paket an sich.
„Hier", meint er und schiebt ihn mir zu. Stirnrunzelnd schaue ich ihn an, doch er zuckt mit den Schultern und will ihn selbst trinken, doch ich bin schneller und schnappe mir das Glas, setze es an meine Lippen und kippe das Zeugs runter. Es brennt höllisch und lässt mich wie ein Anfänger husten und die Tränen in die Augen schießen.
„Alles okay?", fragt Guzman mich. Ich nicke und beruhige mich langsam wieder, während sich in mir das warme Gefühl des Tequilas ausbreitet.
Vier Monate ohne Alkohol und ich benimm mich wie eine Jungfrau, denke ich abschätzig und bestelle mir noch einen.
„Denkst du, das ist eine gute Idee?", mischt sich Guzman ein. Ich schaue ihn an und wünschte mir, dass alles wieder normal zwischen uns wäre und nicht so eigenartig verkrampft.
„Ich bin erwachsen, Guz. Ich treffe meine Entscheidungen selbst. Alle", stelle ich klar und weiß nicht, wieso ich das letzte Wort beinahe zische.
Vielleicht will ich ihm so klarmachen, dass es meine Entscheidung gewesen ist mich Gandia auszuliefern und so Papa und ihn zu schützen. Oder ich habe es einfach nur satt, dass jeder mich wie ein rohes Ei behandelt.
Der Pferdeschwanztyp stellt mir das aufgefüllte Glas hin und als ich danach greife, ist Guzman schneller und ext es weg.
„Das war meiner!", stoße ich aus und muss trotz meiner Empörung lachen. Und Guzman auch. Wir lachen darüber, als wäre es ultrawitzig gewesen, doch wir werden von einem älteren Mann unterbrochen.
Er kommt direkt auf Guzman zu und hält in der Hand einen dicken Umschlag, den er auf den Tresen neben das Paket legt und dieses öffnet. Alles geht schweigend von statten, so viel dazu, dass ich ihm das Reden überlassen soll. Ich schaue Guzman vielsagend an, der nur die Schultern hebt und mit dem Fuß im Takt der Bässe wippt.
Noch immer tanzt die Frau für den alten Sack, der anscheinend langsam zum Zug kommt, denn er reibt immer schneller über die Hose, während er den Blick fest auf die Brüste der Braunhaarigen richtet, die sie ihm auf dem Silbertablett präsentiert. Alles ziemlich befremdlich und doch nur ein normales Geschäft. Ein besseres, als wenn sich Männer nehmen, was sie wollen, ohne Einverständnis der Frauen. Na ja, ob sie hier so freiwillig tanzt – und es nur dabei bleibt – weiß ich nicht, ich kann es nur hoffen.
„Kommst du?", reißt mich Guzmans Stimme aus meinen Gedanken.
Ich habe gar nicht mitbekommen, dass der Deal über die Bühne gegangen ist. Aber er verstaut den Umschlag in der Innenseite seiner Lederjacke und sieht mich auffordernd an. Ich nicke und folge ihm nach draußen.
Die Sonne blendet mich immer noch, sodass ich instinktiv die Augen zusammenkneife, was Guzman bemerkt. Denn er hält mir seine Sonnenbrille hin, die ich dankbar aufsetze. Jetzt kann ich die Umgebung besser erkennen. Der Laden liegt direkt an einer mäßig befahrenden Straße, die Richtung Imala führt.
„Wegen vorhin -", setzt Guzman an, doch ich unterbreche ihn.
„Schon okay. Du hast es nur richtig gestellt", sage ich und sehe ihn nicken.
Gott! Wieso muss es zwischen uns so verdammt verkrampft sein?
Wieso kann es nicht wieder normal weitergehen?
Die Frage, was ich tun muss, damit sich alles wieder richtig anfühlt, keimt in mir auf und eine Antwort kommt so schnell, dass ich nicht weiß, was ich davon halten soll.
Vielleicht muss ich mit ihm schlafen, damit es sich wieder normal zwischen uns anfühlt.
„Wollen wir frühstücken?", fragt er nach einer Weile. Ich habe zwar schon eine Portion viel zu süßer Frühstücksflocken intus, aber einen Kaffee wäre nicht schlecht.
„Sehr gerne", sage ich und steige ein.
Zusammen fahren wir zurück in die City und setzen uns in eines der vielen kleinen Cafés, doch es ist dasselbe, in dem wir uns schon zweimal getroffen haben. Am Anfang und gegen Ende unseres kurzen Intermezzos, denke ich wehmütig und schiebe den Gedanken wieder zur Seite. Ich komme mir zwar dumm vor, weil ich das Gefühl habe, dass mich alle anstarren, doch Guzman führt mich in die Nische, in der wir schon einmal gesessen haben.
Nachdem wir bestellt haben, legt sich Schweigen zwischen uns, doch die Hintergrundgeräusche erfüllen unsere Stille. Viele Gäste hat es heute nicht, nur zwei ältere Männer, die sich über das Geschäft unterhalten, dass sie zusammen führen. Sie kommen mir wie beste Freunde vor, sie lachen und beenden die Sätze des anderen. So etwas hatte ich noch nie ...
„Ich habe mich noch nie bei dir bedankt", sage ich, als wir unsere Bestellung serviert bekommen haben. Guzman schneidet ein Stück des Pancakes klein und schiebt es sich in den Mund, doch seine Kaubewegungen werden immer langsamer.
Sirup tropft ihm am Kinn hinunter und ohne zu überlegen beuge ich mich zu ihm rüber und wische es mit dem Daumen weg. Als ich die klebrige Flüssigkeit ablecke, verdunkeln sich seine Augen und das Pochen zwischen meinen Beinen wird stärker.
Ich schlucke und lehne mich wieder nach hinten, lasse den Blick durch das Café schweifen, ehe ich ihn wieder auf Guzman richte.
„Das musst du nicht tun, Rosa", sagt er mit kehliger Stimme, die mir eine Gänsehaut verpasst, die mich sehnsüchtig werden lässt. Wie lange habe ich mir gewünscht, meinen Namen aus seinem Mund zu hören. Ich kann es nicht einmal mehr zählen, so oft war dies der Fall. Nur der Gedanke an meinen Vater und ihn, hat mich das durchstehen lassen.
„Doch, das muss ich. Ihr habt euer Leben für mich aufs Spiel gesetzt, das ist nicht selbstverständlich." Er nickt und nimmt einen Schluck Orangensaft, der wunderbar kühl aussieht. Mein Kaffee dagegen dampft immer noch und fühlt sich verdammt heiß an meinen Fingern an. Und doch lasse ich meine Hand darum geschlossen, ein winziger Versuch etwas Kontrolle in mein Leben zurückzubringen. Kein guter, aber das bin ich mich gewohnt.
„Möchtest du darüber reden? Also über die Zeit bei ... du weißt schon ...", druckst er herum und fühlt sich ziemlich unsicher. Denn er fährt sich immer wieder übers Kinn oder durchs Haar und seine Pancakes hat er nicht mehr angerührt.
Ich weiß nicht was ich antworten soll, doch am Ende schüttle ich den Kopf, was ihn enttäuscht. Ich sehe es ihm an, sein Blick senkt sich und er holt tief Luft.
„Ich brauche noch etwas Zeit, wenn das okay für dich ist", sage ich leise und presse meine Lippen aufeinander. Seine Hand liegt ausgestreckt auf dem quadratischen Tisch und aus einem Impuls heraus lege ich meine in seine und spüre die Anziehungskraft, die beinahe Funken sprühen lässt.
Tausend kleine Stromstöße fegen durch meinen Körper hindurch und bringen mein Blut in Wallung und auf einmal weiß ich ganz genau, was ich brauche, um zu heilen.
Also stehe ich auf und gehe in Richtung Toilette und hoffe, dass Guzman sich noch an unser erstes Gespräch an diesem Tisch erinnert. Denn damals wollte er mich hier vögeln und heute kann er es.
„Willst du das wirklich?", höre ich ihn hinter mir. Ich drehe mich um und sehe, wie er die Tür abschließt. Ich nicke und gebe mich ihm hin. Seine Lippen berühren meine, pressen sich auf meine und als ich sie öffne und seiner Zunge Einlass gewähre, legt sich bei ihm einen Schalter um und er verwandelt sich wieder in den Sexgott, den ich kenne.
Er schlingt seine Arme um mich, reibt sich an mir und liebkost meinen Hals mit leichten Bissen. Ich stöhne, lege den Kopf in den Nacken und löse mich von allen belastenden Gedanken. Sie fliegen mit jedem weiteren Kuss höher und höher, bis sie irgendwann weg sind.
„Fick mich", flüstere ich und dränge mich ihm entgegen.
Er schiebt meinen Rock nach oben und dringt mit zwei Finger in mich ein. Weitet meine Wände und bringt mich dazu, die Augen aufzureißen, weil ich plötzlich Gandias Gesicht vor mir sehe. Seine teuflischen Hände auf mir spüre und sie am liebsten von mir schieben würde, doch es ist nicht er, sondern Guzman. Ihn darf ich nicht wegschieben, ihn muss ich an mich heranlassen.
Ich darf nicht länger in der Vergangenheit leben, doch als er seine Finger herauszieht und stattdessen seinen Schwanz in mich stößt, ist es auf einmal so, als wäre ich wieder in dieser Zelle und würde mich von Gandia ficken lassen. Stoß für Stoß.
Es wird immer schlimmer, doch ich schlinge meine Beine um seine Mitte, lasse mich gegen die Toilettentür pressen und so fest nehmen, dass ich kaum noch Luft bekomme. Der Druck in meinem Unterleib wird stärker und ich weiß, dass ich gleich komme. Doch ich halte es zurück, wieso auch immer. Doch Guzman bemerkt das nicht, er ist so sehr mit seinen Gefühlen beschäftigt, die ihn komplett überrollen, dass er mich vögelt und nichts anderes mehr wahrnimmt.
Ich schließe die Augen, konzentriere mich auf seine Größe, die mich ausfüllt, auf die Stösse, unsere Atmung, die sich beschleunigt und auf das Druckgefühl in meinem Unterleib. Mein Körper will die Erlösung, also soll er sie auch bekommen.
Ich gebe nach, halte es nicht länger zurück und als mich die rosarote Welle erfasst, zieht sie mir komplett den Boden unter den Füssen weg. Ich stöhne, zittere und krampfe mich um ihn zusammen, sodass er mir wenig später folgt. Sein Gesicht an meiner Halsbeuge vergraben, ergießt er sich in mir. Als er seine Lippen gegen meine pochende Ader presst er etwas hervor, -dass alles verändert: „Ich liebe dich, Rosa."
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Was sagt ihr dazu?
Ich mag ja Jesus echt mega, und ihr so?
eure Amanda
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