niemals ohne dich
Es ist viel zu Früh.
Wer legt einen Termin auch auf 10 Uhr Morgens? Da schlief man doch noch tief und fest. Scheinbar der Vermieter nicht und so musste ich bereits um 9 Uhr aufstehen. Für andere wohl spät für mich noch Mitten in der Nacht, egal wie früh ich auch ins Bett gegangen war. Einzig die Motivation einen eigenen Zufluchtsort zu haben ließ mich aus dem Bett kriechen und die vom Schlafen verknoteten Haare grob durchkämmen. Kurz duschen musste reichen, mehr Zeit hatte ich nicht, aber nur dafür früher aufstehen hatte ich nicht gewollt. Vielleicht ging ich diese Besichtigung zu locker an und sollte mir so viel mehr Gedanken über mein Verhalten machen, aber bisher hatte es ja alles geklappt. Mein Vater würde mir jetzt wieder sagten, dass ich so bald auf die Nase fliegen würde, aber hier war niemand der mir in mein Leben redete. Hier gab es nur mich in einer Großstadt, die nebendrein auch noch ein Bundesland war. Ach so und die Hauptstadt von Deutschland.
Statt Jogginghose und bauchfreiem Oberteil fischte ich mir eine weiße Bluse und eine schwarze ordentliche Jeans aus dem Koffer und zog diese so fremden Kleidungsstücke an. Sowas hatte meine Tante immer an. Meine Tante war verklemmt. Ich sah aus wie eine verklemmte Tante. Noch einmal sah ich an mir herunter, strich die Bluse glatt und machte einen Ordentlichen Zopf. Warum musste man bei förmlichen Terminen aussehen wie eine Schaufensterpuppe im Oma Laden? Für mehr reichte meine Zeit und Aufmerksamkeitsspanne nicht. Mit einer Tasche, in der eigentlich nur Müll drin war, da sie nur diente um mich seriöser auftreten zu lassen, und den wirklich wichtigen Dingen in den Hosentaschen (Handy, Geldbörse & Zimmerschlüssel) trat ich aus dem Apartment, oder wie man das Zimmer mit Bad nennen wollte, und hinaus auf den Flur.
Draußen ist es kalt.
Ich habe keine Jacke.
Ich habe keine die zum Outfit passen könnte.
Mir ist sowas egal.
Den Leuten um mich nicht.
Wer schön sein will muss leiden.
Dann will ich nicht schön sein.
Mir ist sowas egal.
Das hab ich schon gesagt.
Mir ist immer noch kalt.
Warum kommt die Bahn nicht?
Jetzt ist die Bahn da.
Auch in der Bahn ist es kalt.
Hier muss ich raus.
Ich will da nicht raus.
Ich hab Angst.
Ich hab sowas noch nie gemacht.
Ich rufe Stegi an.
Stegi weiß immer alles.
Ich steige aus der Bahn.
Stegi geht ran.
"Alles gut?" Kein Hallo, kein Wer ist da, Stegi kennt mich, manchmal besser als ich mich.
Ich holte erneut tief Luft. Irgendwie musste ich mit der Situation klar kommen. Hier waren keine Eltern, welche immer die Lösung kannten. Es gab nur mich und damit kam ich nicht klar. Bereits um selbstständig zu sein, war ich das wirklich? Ich war mir so sicher, aber nun überkam mich Angst und Unsicherheit. „Leo" Stegi holte mich zurück in die Realität. „Anwesend" , gab ich zurück und beschleunigte meine Schritte noch einwertig. Die Peinlichkeit, zu spät zu kommen, konnte ich gern aus Lassen. „Hey, aller ist gut.", wollte er mich beruhigen, doch es funktionierte nicht. Viel zu nervös war ich durch die Fremde Situation.
„Kannst du nicht einfach hier sein?", bat ich und bekam dafür nur ein Lachen auf der anderen Seite. „Wenn du die Wohnung bekommt hast du bald Besuch. Meinen Kumpel will ich eh mal sehen.", schlug der junge Mann vor und lies so mich kurz auf lachen. Ja ich konnte schnell die Stimmung wechseln. „Du bist jeder Zeit eingeladen." Damit kam ich vor dem Haus an. Was soll ich sagen es sah aus wie alle anderen. Keine Frage es war sehr hübsch. Abgerundete Fenster. Etwas grün in den Kästen unter de Fenstern und liebevoll hergerichtete Balkone. Das Haus konnte nichts eher alt sein, was mir sehr wichtig war, mehr konnte ich an der Fassade nicht rückschließen. „Stegi ist ruf die später noch mal. Bin jetzt da." Schnell verabschiedete sich mein Gesprächspartner noch, bevor ich auflegen konnte. Da hier könnte schon bald mein Zuhause sein. Krasses Gefühl.
Mit immer noch leicht zitternden Fingern öffnete ich die Tür und trat nach kurzen überlegen zur Treppe um diese hinauf zu steigen. Hoffentlich mache es einen besseren Eindruckt, als wenn ich den Fahrstuhl nutzen würde. Ach ich machte mir schon wieder über die unwichtigen Dinge zu viele Gedanken. Nervös fuhr ich mir durch die Haare, da kam mir plötzlich jemand entgegen, mit dem ich sogleich zusammen stieß. Der Junge Herr schaute mich genauso verschreckt an, wie ich wohl grad aussah. „Entschuldigen Sie, ich war zu sehr in Gedanken.", meinte ich und bekam von ihm ähnliches zu gemurmelt, bevor sich unsere Wege wieder in unterschiedliche Richtungen treten, denn während er die Stufen hinab lief schritt ich immer weiter nach oben, bis ich ihm richtigen Stockwerk ankam. Ohne Gepäck waren die Höhenmeter kein Problem, aber wenn ich Gepäck dabei hätte wäre ich wohl froh über den Aufzug.
Oben wartete bereits ein Mann in dunkelblauer Hose und weißem Hemd mit ebenso dunkelblauem Muster. Die geraden Linien, welche über das weiße Oberteil verliefen gaben mir Sicherheit. Wenigstens schien ich mit der Kleidungswahl das richtige getroffen zu haben. Im Stillen Danke ich Stegi, der mir auch hier viele Tipps gegeben hatte.
Eine förmliche Begründung später trat erst ich und nur einen Schritt danach der Eigentümer in die Räumlichkeiten ein.
Clean. War mein erster Gedanke, bevor meine Augen genauer durch den Eingangsbereich glitten. Die Wände waren, wie fast alles, weiß. Der hellgraue Holzboden passte gut dazu und innerliche glitt mein Blick nicht nur weiter durch den offenen Raum, nein ich plante auch schon wie es hier einmal aussehen könnte, wenn ich hier wohnen würde.
Der Flur ging nahtlos in ein Wohn- und Esszimmer über, welches gleiche Böden und Wandfarbe hatte, wie der kleine Teil des Raumes, in welchem ich stand. Die Wohnung war nicht möbliert, also war der Raum vollkommen leer. Normal fand ich solche Leere gruselig, aber durch die großen, oben abgerundeten Fenster, konnte es gar nicht angstbereitend aussehen. Hell und irgendwie doch gemütlich und das ohne irgendwelche Veränderungen. Ich fühlte mich sofort wie Zuhause, aber durfte mit das nicht vor den Mann anmerken lassen. Die Euphorie drosseln. Hatte Stegi gesagt und er war mein einziger Ratgeber.
Zwei große, geschlossene Räume. Streaming-Zimmer und Schlafzimmer. In den Moment wo der Mann mir dies zeigte endschied ich nicht auf Stegi zu hören, egal das er vermutlich recht hatte, und nicht bin morgen zu warten, sondern sofort den Vertrag zu unterzeichnen. Die Wohnung passte perfekt. Nicht zu kleine und nicht zu groß, modern und in einer guten Lage. Da brauchte ich keine Nacht drüber zu schlafen.
Die Küche, welche ich durch eine Durchreiche bereits vom Wohn- und Esszimmer gesehen hatte, war bereits möbliert. Auch hier zog sich das cleane Weiß weiter, allerdings waren die Seiten alle samt in einem matten schwarz und bildeten so einen modernen hell dunkel Kontrast. Der Farbklex war dann die Decke, mit hell bräunen Holzdielen. Das Bad war halt ein Bad. Auch wenn es mit der Regendusche für mich nochmal ein Highlight besaß. Der Mann erzählte mir dann noch etwas über Lage, das Haus allgemein, die Nachbarschaft und Technische Details, welche noch einmal mein Interesse weckten, denn egal wie toll es hier war ohne gutes Internet wäre es mit meinem Beruf keine Option. Etwas, was ich auch genau so ansprach, aber er versicherte mir mehrfach, dass eine stabile Verbindung in der Großstadt kein Problem war.
Ich fragte dann auch die Fragen durch, welche eventuell Stegi mir gesagt hatte ich solle sie stellen. ich versuchte mir dabei so viel wie möglich zu merken, um ihn nachher zumindest kurz Anzurufen und über mein Vorhaben zu berichten. Er würde vermutlich nicht sonderlich erfreut sein, aber egal ich hätte immerhin Fakten für ihn auf Fragen wie.
Wann ist der frühst mögliche Einzugstermin?
Ist im Mitvertrag eine Kündigungverzicht vorgesehen? (kp was das heißt)
Im welchen Umfang ist musizieren erlaubt? Streamen bestes Musizieren
Steht ein Autostellplatz zur Verfügung? Ich hab kein Auto
Wie hoch ist die Nettokaltmiete? Ich kenn nur den Einkaufsladen
Welche Wohnfläche hat die Wohnug/Welche Fläche wird im Mietvertrag stehen?
Okay bei den meisten Fragen sah ich selbst ein, dass sie wohl sinnvoll waren, aber allein wäre ich da trotzdem nicht drauf gekommen. Sowas müsste man eigentlich in der Schule lernen, statt sowas unnötigen wie Religionsunterricht. Wer kennt schon in meinem Alter die Unterschiede zwischen unbefristeten Mietvertrag, Dauermietvertrag und Indexmietvertrag, also ich seit einigen Gesprächen mit Stegi. Oh Junge was würde ich ohne Freunde machen. Ich wär einfach immer aufgeschmissen. Wie ich jetzt weiß ist das hier ein unbefristeter Mietvertrag, also gibt es keinen Endtermin des Mietvertrags und ich kann solange hier wohnen, bis ich, oder der Vermieter kündigen. Mein Vermieter muss dazu einen der anerkannten Gründe nennen, beispielsweise Eigenbedarf. Wirklich nach diesem Stream hatte ich mehr über Ver- und Anmieten gelernt, als in den 19 Jahren zuvor.
Die Besichtigung war fertig und nun fragte mich der Vermieter noch über mein Leben aus, bevor ich zu meiner ungewöhnlichen Frage kommen konnte. Ob es möglich wäre den Vertrag sofort zu unterschreiben. Andere Interessenten gab es nicht, zumindest meinte ich, dass Stegi so etwas gesagt hätte und so wäre es hoffentlich möglich auf die Empfehlung der SCHUFA zu verzichten.
Von diesem Zeitpunkt an schien alles plötzlich so schnell zu gehen. Nachdem das Besichtigen sind ungewöhnlich lange gezogen hatte und mit 90 Minuten nicht nur reichlich ausführt, sondern auch sehr entspannt war, so fanden beide Unterschriften innerhalb kürzester Zeit auf die Dokumente. Eines für mich und eines für den Vermieter bekritzelt mit allem, was mich offiziell zum Mieter machte. Vielleicht lag es auch dran, dass ich die Seiten nur unschlüssig überflogen hatte. Wirklich es war, wie in der Schule, wenn alle noch einen Text lasen man selbst schon fertig war und nur weiter auf die Seiten starrte um nicht die Aufmerksamkeit des Lehrers auf sich zu ziehen. Eigentlich hätte ich die einzelnen Paragrafen wohl vernünftig überprüfen sollen, aber die bestimmt 10 Seiten mit den 30 Paragrafen waren einfach zu umständlich formuliert, sodass ich sie hätte mehrfach lesen müssen, um sie zu verstehen. Etwas, wofür ich nicht die Geduld besaß. Ich war nicht ohne Grund Streamerin und nicht Rechtsanwältin.
"Ich hab unterschrieben."
"Du hast was?" Fragte Stegi sofort und klangdabei mehr als überrascht. Naja vielleicht wäre ein Hi eine bessere Begrüßung gewesen.
"Ich hab den Mietvertrag unterschrieben. Ab dem 01.11 wohne ich in Berlin.", freute ich mich und sprang vielleicht die Treppen etwas sehr euphorisch hinab. Richtig sportlich heute mit dem ganzen Treppensteigen. Auch etwas, was auf die To-Do Liste für mein neues Leben in Berlin konnte. Mehr Sport treiben und allgemein gesünder Leben. *hust* klappt eh nicht *hust*
"Ohne dich hätte ich das niemals hinbekommen, aber so war es irgendwie ganz leicht."
1765 Wörter
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