Hi?
Das Auto kam zum stehen, während der Fahrer neben mir fluchte. Rote Ampel. Ein Blick nach vorne, auf Grund des Farbenspiels vor uns, zeigte aller Hand stehende Fahrzeuge, wobei eine einzige Spur fahren durfte. Laut brauste der Krankenwagen mit Blaulicht und Sirene an allen vorbei. Wo früher in solchen Situationen der Gedanke durch meinen Kopf schoss, ob es meinen Freunden und meiner Familie gut ging, da hatte ich heute niemanden mir um den ich mich sorgen musste. Der Fahrer -Stegi- allein war geblieben, der den kurzen Stopp wohl nicht so begeistert auf nahm wie ich.
Dabei lösten sich meine Gedanken von der Kreuzung und nahmen das Halten als Wanderausflug in die letzten Stunden.
Den Empfehlungen des Arztes war ich dabei im vollen Umfang nachgekommen. Ein völlig entschleunigter Alltag ohne irgendwelche Spannung. Es war zum Eingehen. Mir nach dieser Aktion -sollte sie je enden- eine Ausrede für den Stream aus zu denken könnte... interessant werden. Sollte wohl in dieser Situation nicht meine Sorge sein, wo ich das zweite Mal am selben Tag, nur mit 7 Stunden dazwischen, in das örtliche Krankhaus fuhr, aber war es leider. Denn, egal wie viel ich mich auch langweilte und Tee trank, die Wehen verschwanden nicht und wurden stärker, bis ich dann tatsächlich in einer Lache stand, die wohl aussah, als hätte ich mir schön eingepinkelt. Vermutlich müsste ich an dieser Stelle für die meisten nicht weiter reden, aber ja. Ich stand in der Fruchtblase und das war kein Anzeichen dafür, dass ich noch sonderlich viel Zeit hatte, bis das Kind auf die Welt kam.
Ich hatte mich selbst genug informiert um zu wissen, dass nach dem platzen der Fruchtblasse das Kind innerhalb der nächsten 24 Stunden auf die Welt kommen sollte, sonst wurde es gefährlich. Damit tickte die Uhr und das nicht nur Metaphorisch, denn meine Finger hatten flink mein Handy gezückt und eine sicher reichlich unverständliche Nachricht verfasst, wusste man nicht um das Szenario bescheid. So wie Basti, der sie erhielt.
24h.
Mehr bekam der Mann nicht, welcher wohl in dem Moment Vater werden würde, in dem ich eine Mutter sein würde. Oh Gott. Das klang nicht richtig.
Darauf hin hatte ich das Handy ausgeschaltet und in einer Seitentasche verstaut. Eben jene Seitentasche, welche ich nun erneut öffnete und das Gerät heraus fischte, welches vor inzwischen 30 Minuten die Nachricht versendet hatte.
Wir hatten wirklich versucht es ruhig an gehen zu lassen, doch schluß endlich konnte keiner von uns beiden abstreiten, dass es sich um eine Ausnahmesituation handelte und unsere Mühen vergebens waren.
An Erleichterung war allerdings nicht zu denken, als ich erneut vor der Klinik standen. Da brauchte es auch nicht die selben Untersuchungen, wie Stunden zu vor. Was Wohl auch den Ärzten bewusst war, welche mich in einen Raum brachten, ohne komische Test. Diese durfte ich dann dort über mich ergehen lasse. So viel Blut, wie die inzwischen von mir haben müssen die Mitarbeiter im Labor meinen Namen wohl schon rückwerts buchstabieren konnten.
Für einen Zeitraum, der sich vermutlich auf nicht viel länger, als 25 Minuten beschränkte, war da eine Frau in ihren 50gern, welche mir erklärte, wie ich die Wellen zu veratmen hatte. Ebenso tastete sie meinen Bauch ab und schaute nach Kind und Muttermund. Beides schien unbedenklich und so verlies sie den Raum, sodass er nur von mir und Stegi gefühlt wurde. Der Kreisaal schien trotz dessen gruselig leer.
In dem Moment, wo ich dies realisierte wurden meine Augen groß. Sie konnten mich doch nicht einfach allein lassen. Konnte bei so einer Geburt nicht unendlich viel schief gehen? Hallo? Hallo?! Ist ja jemand. Nein, da gab es niemanden. Und das nicht für 10 Minuten. 30 oder 60, sondern für Stunden. Ich kämpfte mich tapfer durch alle Phasen der Geburt und veratmete brav die Wehen, welche mich teilweise so sehr folterten, dass ich einfach nur noch schreien und weinen wollte. Neben mir ein vollkommen überforderter bester Freund, der ebenso unter meiner Situation litt.
Gefühlt tauchte eine Hebamme, oder anderes Personal alle 3 Stunden auf und verschwand kurz darauf auch schon wieder blitzschnell. Mir waren die starken Missstände klar, welche es gab, aber so katastrophal hatte ich mir den Mangel an Hebammen nicht vorgestellt. Klar, Geburtsstationen waren ein Minus Geschäft, aber Stunden lang allein zu sein gab es in meiner Vorstellung einer Geburt einfach nicht. Für uns beide war die Einsamkeit schon sehr beängstigend, denn wir hatten keinen wirklichen Ansprechpartner, oder jemanden, der wusste, ob alles ok war. Da reichten auch Medizinische Kenntnisse von Stegi nicht. Er war eben vieles, aber kein Gynokologe oder ein anderer Experte in dem Gebiet.
Nach qualvollen Stunden, voller Tränen und Schweiß, kam eine Hebamme und meinte trocken, dass in ungefähr 15 Minuten das Kind da wäre. In Frage stellte ich ihre Worte dabei nicht. Sie war vom Fach und sollte es wohl wissen. Ich war auch einfach vollkommen erschöpft. Neun Stunden hatten ihre Spuren hinterlassen. Ihren weiteren Worten folgend sammelte ich jegliche Energie in mir und versuchte das Menschchen aus meinem Unterleib zu pressen. Stegis Hand geriet ihn Mitleidenschaft, aber es gab nichts, was mir in der Situation egaler war. Da war nur der endlose Schmerz, der mir erneut Tränen in die Augen trieb, und der Wunsch erlöst zu werden. Plötzlich waren da aller Hand Menschen. Wo waren sie gewesen, als ich Stunden in diesem Kreissal lag? Ein Schrei erklang, laut füllte er den gesamten Raum aus.
Meine Hoffnungen, dass es endlich vorüber war und ich nach über 9 Stunden die Qualen geschafft hatte wurden zerstört, als die Stimmen nicht aufhörten mich zum pressen zu bewegen. "Die Nachgeburt muss noch raus!" "Die Placenta ist noch ungeboren!" riefen sie mir entgegen.
Ich kam nicht umher jeden Gedanken auszublenden und mich voll auf das wirkliche Ende der Geburt zu fokussieren. Plötzlich war da kein Funke von Zweifeln. Irgendwie würde es schon werden müssen. Und vielleicht sah ich in diesem Moment nicht das Ärzte Chaos um mich herum und wie Stegi die Nabelschnur des wunderschönen Mädchens durchtrennte, sondern die wunderschönen Augen Bastis, die liebevoll zu mir sahen. So schön die Einbildung auch, er war nicht hier. Er hatte die Geburt nicht mit erlebt und hatte all das nicht mit gemacht. All die Schmerzen und Tränen.
Und dann war es geschafft und man brachte mich auf ein anderes Zimmer. Vollkommen erschöpft und am Ende meiner Kräfte. Unfassbar für mich, fand ich in diesem bereits Stegi, den man mit dem Baby davon geschickt hatte, und das kleine Mädchen, welches mir darauf eine Dame auf die Brust legte. Und auch wenn ich unendlich müde war sah ich in die Augen, welche mich dunkel anleuchteten. Stegi reichte dem Baby seinen Finger und sogleich war er gefangen. Ich hätte ihn ausgelacht, wäre ich nicht so endlich müde. Und schneller, als ich es bemerken konnte war ich eingeschlafen. Mit einem Kind auf der Brust. Meinem Kind. Willkommen Kalina Marie Benson auf der Welt. Deinem neuen Zuhause.
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