Angst
◦•●◉✿ Mai 2023 ✿◉●•◦
Ein angenehm warmer Tag, der mit Vogelgezwitscher und einem kurzen Stream begann. So wie eigentlich jeder in den letzten sechs Monaten, die vergangen waren. Es war Alltag eingekehrt in meine kleine Welt, die aus nicht viel mehr als dem Park vor der Haustür und meiner Wohnung beststand, aber dafür gab ich mir bei letzterer besonders viel Mühe um sie so wohnlich wie möglich zu gestalten. Ich spielte einen geregelten Ablauf um den Schmerz zu verdrängen und es half. Was ein bisschen Struktur veränderte war wahrlich bemerkenswert. Doch heute machte weder das angenehme Frühlingswetter, noch ein Schokocroissant den Tag schön, denn, nachdem ich vor zwei Monaten den Termin noch mal verschoben hatte, sogar aus triftigen Gründen, hatte ich heute den Termin beim Gynokologen. Und ich hatte so unendlich viel Angst, dass ich am liebsten erneut verschieben würde, aber ich wollte nicht mehr weg laufen. Eine Lehre, die ich aus meiner letzten Beziehung gezogen hatte. Und so setze ich mich in eine bunt besprühte S-Bahn und machte mich auf den Weg zur Praxis. Ein Weg, der leider nicht lang genug sein konnte und viel zu schnell bestritten war. Im Treppenhaus ging es vorbei an Augenärzten, einer Apotheke und in den vierten Stock. Von den grauen, wirklich hässlichen, Stufen und weißen Fensterlosen Wänden führte eine milchige Glastür in die Räumlichkeiten des Frauenarztes. Der Boden hatte plötzlich Grasoptik und die Wände wurden dekoriert von bunten Bildern. Allgemein war es hell und freundlich. Hinter einem großen Tresen saßen zwei Arzthelferinnen, wobei die eine am telefonieren war. Die andere, welche mich freundlich aus braunen Augen anlächelte, sprach mich sogleich an und fragte mich nach den typischen Dingen. Wer sind Sie und können Sie mir Ihre Krankenkassenkarte geben. Als sie dann allerdings einen Fragebogen hinüberreichte war ich dann doch überfordert, doch sie verwies mich auf das Wartezimmer und bat mir noch einen Kugelschreiber an.
An sich waren es keine schlimmen Fragen, nur brachte ich trotzdem ewig, da man gefühlte hundert mal fragte, ob ich auch wirklich keine Medikamente oder Blutverdünnern nahm. Irgendwann hatte ich dann allerdings alles beantwortet und trat aus dem Zimmer zurück zu der Dame am Empfang. "Nehmen Sie bitte noch einmal im Wartezimmer platz. Sie werden bald aufgerufen." Somit begab ich mich also zurück in den Raum und bemerkte erst so richtig die anderen -hauptsächlich Frauen. Von meinem Alter, bis zu alten Damen war alles dabei, wobei der Bauch der Dame mir gegenüber, welche dort vermutlich mit ihrem Mann saß, auf sehr baldigen Nachwuchs schließen lies. Damit passte sie wohl zu er Dekoration des Raumes, welche hauptsächlich aus werdenden Müttern und Babys bestand. Auch die Magazine hatten Aufschriften rund um Kinder.
Aus lauter Langeweile griff ich in meine kleine Handtasche und prüfte mein Handy auf neue Nachrichten, doch während ich Stegi gerade irgendetwas schreiben wollte, damit er mich auf andere Gedanken brachte, vernahm ich ein derart lautes Räuspern, dass ich zu der älteren Dame aufschaute. Böse lag ihr Blick auf mir und sie deutete auf das Schild, auf dem ganz klar stand, dass dir Mobilegeräte verboten waren. Eine kurze Entschuldigung murmelnd schaute ich es also so schnell es ging wieder in die Tasche und suchte im Raum etwas spannendes. In der Zeit wurde die Schwangere aufgerufen und verlies mit ihrem Gatten den Raum, wobei der goldene Ring um ihren Finger im Licht der Sonne leuchtete. Na Leo, sowas hättest du mit Basti auch irgendwann haben können. Ok, eigentlich wollte ich unter keinen Umständen ein Kind, aber trotzdem tat es weh die Beiden zu sehen, auch wenn die Trennung nun ein halbes Jahr her war.
"Eleonora *undeutliches Gemurmel*" Das war dann wohl ich. Endlich. Dabei war mein Nachname ehrlich nicht schwer. Halt kein Müller oder Schmiedt, aber Benson war jetzt ehrlich nicht das schwerste.
Meine Hände zitterten, als ich in eines der Untersuchungszimmer geführt wurde. Wenn ich gedacht hatte, dass das Warten ein ende gefunden hatte, so wurde ich enttäuscht. "Die Frau Doktor kommt gleich. Bitte nehmen Sie schon einmal platz." Dabei deutete zu meinem Glück nicht auf den komischen Stuhl in der Mitte des Raumen, der mir jetzt schon Angst machte, sondern auf einen Stuhl neben einem weiteren vor einem PC. Dieses mal dauerte es zum Glück nicht ganz so lange, wie im Wartezimmer, und so wurde ich gerade mit dem kompletten Mustern des Zimmers fertig, als sich die Tür erneut öffnete und eine Ärztin hineintrat, die ich auf Mitte vierzig schätzen würde, allerdings war ich im Alter schätzen schrecklich. Auf dem normalen Stuhl, der neben mir noch frei war, nahm sie platz und öffnete irgendwelche Programme, während sie mich ähnliche Fragen beantworten lies, wie bereits zuvor auf dem Bogen. Ich, die mir langsam ein wenig verarscht vorkam, ertrug das ganze ohne murren und fragte mich nur immer mehr, warum niemand ein sehen wollte, dass ich eben KEINE Medikamente nahm. Ein tausendendes Mal zu fragen brachte ihnen auch keine andere Antwort.
"Nun allerdings zu Ihnen. Haben Sie irgendwelche ungewöhnlichen Beobachten, den Wunsch die Pille, oder eine andere Verhütungsmethode zu nutzen?" , fiel die Ärztin mit der Tür ins Haus und brachte mich so etwas aus dem Konzept. "Ich wollte abchecken ob alles in Ordnung ist, da ich lange nicht mehr bei einem Arzt war und mich Freunde drängten dies zu ändern." Inzwischen hatte sich die Dame zu mir gedreht und hörte mir aufmerksam zu. "Hatten ihre Freunde dafür einen bestimmten Grund?" Kurz rang ich mit mir, da all das hier für mich so unendlich schwer waren, auch wenn sie bisher nur Fragen stellte. "Falls es das für Sie einfacher macht. Ich unterliege vollständig einer Schweigepflicht. Alles, was Sie mir sagen ist streng vertraulich." Irgendwie waren es genau die Worte, welche ich brauchte um zu beginnen. Und auch wenn ich zu persönliches weg lies, so erzählte ich doch von den Anfällen, durch den Stress. Schilderte meine Situation, welche von familiären Problemen und Stress durch eine komplizierte Beziehung und deren Ende, mental schwer war. Und egal wie sehr ich dabei zitterte und wie nass meine Hände waren, ich war ehrlichtert, als ich den nächsten Schritt dieser Untersuchung geschafft hatte. Die Ärztin hatte sich Notizen gemacht und teils bei einigen Dingen Nachfragen gestellt, aber schien mich zu verstehen.
"In ihrer Situation kann es gut möglich sein, dass die Übelkeitsanfälle durch den Stress aus gelöst wurden, allerdings würde ich mich da gerne medizinisch absichern. " Und das war der Moment, in dem ich erneut fliehen wollte, denn sie bat mich auf dem gruseligen Stuhl, der mich an ein Folterinstrument erinnerte, platz zu nehmen. Wohl gemerkt bis auf die Unterwäsche Nackt. Als dann auch noch mein Slip aus musste um überprüfen zu lassen, ob auch darunter alles ok ist musste ich mich zusammen reizen um Ruhe zu bewahren, aber es war schnell vorbei und ein genommener Abstich würde ins Labor geschickt werden um alles zu checken, während die Ärztin nun also weiter fort fuhr und mich abtaste lag ich nur da und versuchte mich nicht völlig verrückt zu machen, aber ihre beruhigenden Worte und allein die professionelle Aura, welche sie ausstrahlte gaben mir die nötige Willenskraft.
Von der einen auf die andere Sekunde würde sie plötzlich anders. Etwas verwundertes lag in ihrem Auftreten, während sie meinen Bauch abtastete.
"Lassen Sie mich bitte etwas nachschauen.", meinte sie nur und schob das Gerät neben ihr herbei, was etwas Ähnlichkeit mit einer Krake hatte. Auf vier Rädern mit einem Laptop ähnlichen Kontrollberiech und einem Bildschirm an oberster Stelle.
Was danach geschah war wie in einem Film. In einem lächerlichen Film. Das kalte Gel traft mit meiner Zustimmung auf meinen Bauch und sogleich fuhr der Metallkopf des Ultraschalls über meinen Körper. Der Bildschirm war dabei von mir weg gedreht und ich konnte nur den Blick der Ärztin sehen, welcher erst überrascht und dann fast schon beruhigt wurde. Doch noch viel Klischeehafter als die Bewegung, in der sie mir den Inhalt meines Bauches zeigte, in dem sie mir das Gerät so zurecht drehte, dass ich direkt darauf sehen konnte, waren ihre Worte.
"Herzlichen Glückwunsch. Sie erwarten ein Baby.", erklärte sie und schien dabei fast schon zu strahlen, bevor sie noch ein: "Und das sicher erst nicht seit gestern." anhängte. Wer von mir eine Reaktion erwartete, die über ein "ok" hinaus ging wurde enttäuscht. In mir brach in diesem Moment zwar das letzte bisschen Herz zusammen, aber nach außen sah ich überfordert, aber nicht negativ aus. Während die Ärztin also nach dem Kind im Mutterleib schaute und alle Informationen an mich weiter gab kam nur in regelmäßigen Abständen ein weiteres ok von mir. Sie redete von einer Verdrängten Schwangerschaft, erklärte mögliche Grunde und wollte mich mit der Tatsache beruhigen, dass es dem Baby bestens ging, obwohl in mir drinnen alles schrie, dass ich kein Baby wollte. Kein Kind von einem Mann, der mich verlassen hatte und auch sonst keins. Schön für das ca 6 Monate alte Würmchen, dass es gesund und gut entwickelt war, obwohl ich es nicht gewusst hatte und es im Bauch seitlich und in die Länge gezogen, anstatt nach vorne platziert war. Änderte nur nichts daran, aber das half mir nicht. Und die Hilfe, die ich eigentlich bekommen würde, da so eine Verdrängteschwangerschaft ja Schäden hinterlässt, lente ich mit einem einfachen nein danke ab.
Erfreulich, aber das ein Baby an der Übelkeit schuld war. Und auch wenn ich genauso Schuld an meiner Lage war, wie Basti, so hasste ich ihn in diesem Moment so unendlich sehr. Dafür, dass ich hier saß und auf das kleine Wesen in mir blicken musste.
Irgendwann wurde ich mit einem neuen Termin für eine weitere Untersuchung entlassen und taumelte nahe zu aus dem Haus und lies mich außerhalb des Treppenhauses zu Boden sinken. Der relativ kühle Steinboden, war unbequem, aber alles riss mich schonungslos auf die Erde. Wie automatisch wählte ich Stegis Nummer und hoffte ein weiteres Mal auf seine Hobbylosigkeit, damit er sofort rangehen würde.
Viel zu oft tutete es und ich wollte schon endgültig die Hoffnung auf geben, als seine Stimme ertönte und das nicht in gewöhnter Fröhlichkeit, als wüsste er um meine angespannte Lage, die ausnahmweise mal keine Witze retten würden.
"Leo, was ist los?"
"Bitte hol mich ab. Ich kann das nicht mehr." Die Tatsache, dass er Stunden entfernt wurde ignorierte ich dabei gekonnt, aber als er Antwortete, dass er in 10 Minuten da wäre wusste, dass wenigstens auf ihn verlass war. "Ich bin stolz auf dich, dass du dich getraut hast." Waren seine letzten Worte, bevor ich alleine, weinend auf ihn wartete. Stegi Magic pls
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