《1 Monat später》
~ Corbin ~
Mit unserem Einfluss und den finanziellen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, war es uns ein Leichtes Svens Probleme zu lösen. Unser Anwalt ist noch immer damit beschäftigt, von Svens Arbeitgeber das restliche Gehalt und ein ordentliches Zeugnis einzufordern und mit dem Anwalt von Dudek über die Richtigkeit der Mietkürzung für die ausstehenden drei Monate zu streiten. Und er ist sich sicher, alle Streitigkeiten kurzfristig beilegen zu können.
Daran hat Sven durchaus seinen Anteil, denn dank seiner Buchhalter-Seele gibt es ganze Ordner voll von Nachweisen und Belegen zu seinen Beschwerden über den immer schlechter werdenden Zustand der Wohnung und seine Arbeits- und Urlaubszeiten sowie abgelehnten Urlaubsanträgen. Außerdem wird vor allem sein gutes Zahlengedächtnis dabei helfen, seinen Chef davon zu überzeugen auf ein Gerichtsverfahren doch lieber zu verzichten. Insolvenzverschleppung ist eine Straftat und als Steuerberater sollte ihm das klar sein. Immerhin ist jetzt klar, wieso er diese Änderungskündigung ausgestellt hat. Er ist im Grunde pleite und wollte einfach Geld sparen.
Wir haben uns mittlerweile eine neue Bank gesucht und Sven hat sich vorsorglich arbeitslos gemeldet. Da er aber weiterhin krankgeschrieben ist blieben ihm Besuche dort ebenso erspart wie weiteres Arbeiten während der Kündigungsfrist die jetzt bald abläuft.
"Wo ist Sven?", frage ich neugierig Finn, der gerade die Küche nach dem Frühstück aufräumt während ich noch am Esstisch sitze und die Zeitung lese. "Keine Ahnung, aber wenn ich raten soll?" Er legt den Kopf schief und grinst mich frech an, was mich aufseufzen lässt. "Im Büro!", entkommt es uns gleichzeitig. Ich schalte das Tablet aus und gehe Richtung Küche, aus der mir mein Mann entgegen kommt und dabei die Hände an seiner Schürze trocken wischt. Auf ihr ist eine Peperoni aufgedruckt und der Schriftzug: 'Das schärfste hier bin immer noch ich.'
"Es wird Zeit, dass wir ihm ein Angebot machen, was er nicht ablehnen kann", erfreue ich meinen Mann mit extra tiefer Stimme was diesen zum Lachen bringt. "Dann lass uns gehen, mein Pate." Schnell wickelt er sich aus der Schürze und hängt diese über eine Stuhllehne. Dann gehen wir Sven suchen, den wir wie erwartet hinter dem Schreibtisch vorfinden.
Sven hat uns im letzten Monat die Buchhaltungsunterlagen sortiert und ein Ablage- und Wiedervorlage-System eingerichtet, dass uns wirklich den Alltag erleichtert. Außerdem hat er sich um den meisten Schriftverkehr und das Schreiben der Rechnungen und Mahnungen gekümmert und vor kurzem damit angefangen, das Warenwirtschaftssystem, das wir uns vor einem halben Jahr angeschafft haben, mit den Daten aus unserem alten Programm zu füttern und so für uns nutzbar zu machen. Kurz gesagt, er ist ein wichtiger Teil unseres Unternehmens geworden.
„Hey. Was machst du? Heute ist Sonntag!" Finn geht neben Sven in die Hocke und fordert dessen Aufmerksamkeit und einen Kuss, was er beides erhält. "Ach ich wollte nur nochmal eben ...", bevor er sich wieder dem Bildschirm zuwenden kann schiebt mein Mann ihn mitsamt Bürostuhl zurück und ich nutze den so gewonnenen Platz, um die Tastatur an die Seite zu schieben und mich stattdessen auf den Tisch zu setzen. "Wir müssen reden!"
Sven seufzt und sieht nervös zum Computer. Ich ahne seine Sorge und lasse ihn seine Arbeit abspeichern, ohne meinen Platz zu räumen. Dadurch kommt er mir nahe genug, damit ich mir meinen eigenen Kuss stehlen kann. Anschließend konzentrieren wir uns wieder auf das, was gesagt werden muss. "Worum gehts?" Sven ist sichtlich erleichtert, dass sein Werk nun gesichert ist und lehnt sich im Bürostuhl zurück.
"Nun zunächst mal wollen wir, dass du für uns arbeitest." Finns Worte bringen ihn dazu, aufzuspringen und uns ungläubig anzustarren. "Hey, ich helfe gerne und ihr müsst mich nicht dafür bezahlen, wenn ich euch was abnehme. Wir sind Partner, oder?" Er benutzt diesen Begriff immer mal wieder, vermutlich um sich selbst davon zu überzeugen, aber das 'oder' enthält für meinen Geschmack noch zu viel Unsicherheit.
"Ja, privat sind wir Partner, aber geschäftlich nicht", erkläre ich ihm die Fakten und Finn fügt ein "noch nicht" hinzu, was verhindert, dass Sven erneut protestiert. Seine Blicke fassungslos auf den Mann gerichtet, der noch immer vor ihm hockt und zu ihm aufsieht. Schnell lässt er sich wieder auf den Stuhl fallen, um nicht länger über ihm zu stehen.
Als Finn und ich die Werkstatt, die er von Meister Karthäuser zusammen mit der Wohnung geerbt hat, vor 6 Jahren aufgelöst und unsere eigene Firma auf diesem Hof gegründet haben, hat das einige finanzielle Entscheidungen mit sich gebracht. Eine davon war, dass wir eine Gesellschaft gegründet, Verträge abgeschlossen und unser geschäftliches Vermögen von unserem privaten getrennt haben, um im Fall einer Pleite nicht gänzlich unterzugehen.
"Wir haben schon lange mit dem Gedanken gespielt, jemanden fürs Büro einzustellen sind aber immer wieder davor zurückgeschreckt." Ich will nicht, das Sven glaubt wir schaffen ihm hier eine Position aus Mitleid. "Es war bisher einfach unmöglich jemanden dafür zu finden, dem wir beide gleichermaßen vertrauen."
Finns Hände landen auf den Armlehnen des Stuhls und sperren Sven so effektiv ein, damit der nicht erneut aufspringen und womöglich auch noch davon rennen kann. "Dich schickt also der Himmel. Du passt nicht nur gut zu unseren Vorstellungen, du kommst auch mit uns und unseren Macken klar."
"Was er meint sind sein Chaos und meine Herrschsucht", nenne ich diese Macken beim Namen und entlocke Sven damit ein Kichern. >Eins von fünf!< Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, Sven täglich mindestens fünf mal zum Kichern zu bringen. Was mir allerdings noch nie gelungen ist. Nicht nur, weil ich nicht so der witzige Typ bin, sondern vor allem, weil mir Finn dabei meist zuvor kommt. Aber das ist für mich noch lange kein Grund, mein Vorhaben zu ändern.
"Aber nicht Vollzeit!" Sven verschränkt seine Arme vor der Brust und starrt den Mann vor sich unnachgiebig an. Ich begreife wirklich nicht, wie irgendjemand diesen Jungen für schwach halten konnte. Nur weil er sinnlose Kämpfe vermieden und sich dem Unvermeidlichen stets gebeugt hat? Ich halte es für einen der stärksten Charakterzüge überhaupt, dass er seine Energie nicht sinnlos im Kampf gegen Windmühlen verschwendet und stattdessen seine Ressourcen angesammelt und auf eine echte Gelegenheit gewartet hat, um sie zu nutzen.
"Dafür gibt es auch nicht genug zu tun und bestimmte Arbeiten müssen wir nach wie vor selbst erledigen, weil sie entsprechendes Fachwissen benötigen", stimme ich ihm zu, was ihm noch mehr den Wind aus den Segeln nimmt. >Kein Mitleidsjob!< „Am Besten setzen wir uns zusammen und handeln einen Arbeitsvertrag aus." Finns Vorschlag reißt Svens Mauern endgültig nieder.
"Es hätte einige Vorteile", gibt er leise zu. "Ich könnte meine Meldung als Arbeitsloser zurückziehen, wäre sozialversichert und könnte meine laufenden Kosten decken." Finn und ich beeilen uns damit, dem zuzustimmen. „Und in Teilzeit liegt dein Verdienst auch innerhalb der Pfändungsfreigrenze."Seine Eltern sind nach wie vor ein lästiges Übel mit dem wir rechnen müssen.
Gestern trudelte ein neuer Versuch ein, Sven für sich zahlen zu lassen. Die Mutter hat sich in eine Entzugsklinik einweisen lassen, die nun versucht den Sohn für die Kosten der angeblich notwendigen Pflege eines Elternteils in Anspruch zu nehmen. Eine Forderung, die unseren Anwalt lediglich einmal herzlich zum Lachen gebracht hat. Uns ist dadurch aber klar geworden, dass wir hier mit allem rechnen müssen.
Sven hat weniger geschockt als erstaunt reagiert, weil sich seine Eltern, plötzlich mehr für ihn zu interessieren scheinen als in den 18 Jahren, die er bei ihnen gelebt hat, zusammen. Schnell wurde ihm jedoch klar, dass das nicht stimmt. Sie sind auch jetzt nicht an ihm interessiert sondern nur an seinem Geld. Erstaunlicherweise brachte ihm diese Erkenntnis aber keinen Schmerz sondern Erleichterung.
Ich hätte nur zu gerne Anzeige wegen Urkundenfälschung und Betrug gestellt, doch Sven wollte das nicht. Es seien immer noch seine Eltern. Er ist so eine treue Seele. Zum Glück ist er jetzt uns verbunden und wir werden dafür sorgen, dass niemand ihn mehr ausnutzt.
"Okay, bevor wir diesen Vertrag aushandeln möchten wir aber noch auf unsere private Partnerschaft zu sprechen kommen." Svens Augen werden groß und Finn fährt daher sofort mit dem fort, was wir besprochen haben. Es war ein schneller und einstimmiger Beschluss.
„Wir stimmen dir zu, wir sind Partner und Partner schreiben sich keine Rechnungen und helfen einander ohne dafür Gegenleistungen zu erwarten." Sven nickt zustimmend und Finn lächelt zufrieden. Unsere erste Idee war es, dass Sven sich selbstständig machen und unserer Firma dann Rechnungen für seine Arbeit schreiben soll, aber das hätte nie funktioniert. Plan B, die Teilzeitanstellung, ist daher die bessere Lösung.
"Partner teilen auch alles miteinander", fährt er fort und Sven nickt wieder, diesmal ergeben. Diese Diskussion hatten wir die ganze erste Woche lang bis er eingesehen hat, dass er kein Gast bei uns ist und uns auch nichts schuldet. Ich grinse, denn ich weiß genau, was sich gerade in seinem hübschen Kopf abspielt. Er wird uns anbieten wollen einen Teil seines Gehaltes abzugeben, für Essen und so. Er weiß jetzt auch, dass er sich das sparen kann, weil wir es nicht annehmen werden. Was er nicht weiß ist, dass wir noch einen ganz anderen Grund haben ihn jetzt auf seine eigene Argumentation mit der Partnerschaft festzunageln.
"Und weil dem so ist und wir es genauso ernst meinen wie du", ich halte Sven passend zu Finns Worten eine Plastikkarte hin, "wollen wir dir das geben." Sven starrt auf die Bankkarte zu unserem Privatkonto mit seinem Namen darauf und scheint nicht glauben zu können, was er da sieht. "Wir haben ein paar Regeln zum Umgang mit dem Geld die du bitte ebenfalls einhalten solltest und seit Jahren eine Sperre auf dem Konto die verhindert, dass wir unter ein bestimmtes Guthaben fallen können." Erkläre ich zunächst sachlich, doch dann werde ich leidenschaftlicher. "Und Junge? Wage es nicht die Karte unbenutzt zu lassen."
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