30. Entscheidung
《heute》
~ Corbin ~
"Okay, ich koche!", erklärt mein Mann, springt aus dem Bett und eilt Richtung Küche. Svens Augen werden groß. „Kann er das denn?" Skeptisch schaut er ihm nach und ich lache auf. „Warte bis er mit den Kochbüchern zurück kommt, damit wir uns etwas aussuchen können", zwinkere ich ihm zu und er stöhnt auf. Sein Magen gibt ein weiteres Knurren von sich und lässt keinen Zweifel daran, wie hungrig er ist. Sein unzufriedener Blick, bei der Vorstellung noch lange auf eine Mahlzeit warten zu müssen, wird noch finsterer, als er ihn auf der Suche nach einer Lösung im Raum herum wandern lässt und dabei auf dem Wäschehaufen in einer Zimmerecke landet.
„Vielleicht sollte ich mal wieder heim gehen", murmelt er, gerade als Finn zurück kommt, der ihn daraufhin entsetzt anschaut. „Was? Wieso?" Ich rutsche näher zu Sven, beuge mich vor, nehme sein Kinn in eine Hand und zwinge ihn dazu mich anzusehen. Forschend suche ich in seinen Augen nach dem Grund für diese Idee, finde aber nur den Wunsch nach Nähe und Zuneigung in Form eines hoffnungsvollen Flehens.
"Willst du gehen?", frage ich überdeutlich und sehr ernst und lasse sein Kinn los damit er seinen Kopf schütteln kann. „Nicht wirklich," gesteht er, "aber ich sollte, oder?" Erneut starrt er die zerknitterte Kleidung an. Finn folgt seinen Blicken und seufzt erleichtert auf. Ich nehme eine von Svens Händen in meine und sorge so dafür, dass er sich wieder auf mich konzentriert.
„Sven, für heute brauchst du keine Kleidung mehr. Der Einzige, der sich heute noch mal anziehen wird, ist Finn, wenn er sich um unser Essen kümmert. Wir werden im Bett bleiben, hier essen, noch etwas trinken, ein wenig kuscheln und dann noch etwas mehr reden bevor wir eine weitere Nacht gemeinsam verbringen werden." Meine Ansprache verwirrt Sven noch mehr, doch bevor er eine Frage stellen kann übernimmt Finn die Führung.
„Genau, wir lassen dich heute noch nicht gehen und morgen sehen wir dann weiter. Aber jetzt zum vordringlichsten Punkt unserer aktuellen Terminplanung", beantwortet er ein weiteres, lautes Grollen unserer Mägen. "Was soll ich Kochen?" Mit diesen Worten zieht er die Menükarten diverser Lieferdienste hinter seinem Rücken hervor. "Italienisch, Chinesisch, Mexikanisch oder Türkisch?" Erwartungsvoll schaut er Sven an und auch ich lasse ihn nicht aus den Augen.
Es ist immer wieder süß zu sehen, wie bei ihm ganz langsam die Erkenntnis einsetzt, bevor er reagiert. Dieses Mal mit einem lauten und herzlichen Lachen welches nur langsam zu einem Kichern abebbt, bis er sich wieder fängt und mit den Zeigefingern unter die Brille fährt um sich die Lachtränen aus den Augen zu wischen. Ich mag es ihn so ausgelassen zu sehen. >Ich mag ihn.<
"Darf ich Chinesisch vorschlagen?", mische ich mich vorsichtig ein, denn ich will Finn gerade nicht die Hauptrolle stehlen. „Die liefern erfahrungsgemäß am schnellsten." Sven nickt begeistert. „Ich liebe Chinesisch und wir können verschiedene Gerichte bestellen und teilen, oder?" Finn ist sofort einverstanden und reicht uns den entsprechenden Flyer. „Außerdem kommt das Essen in diesen praktischen Kartons und mit Stäbchen, perfekt für ein Essen im Bett."
Wir verbringen die nächsten Minuten mit der Auswahl und Bestellung unserer Speisen. Finn zieht sich dann was über, damit er das Essen später in Empfang nehmen kann, bringt erst seine 'Kochbücher' wieder an ihren Platz und kommt dann mit einem Wäschekorb zurück. "Was hast du vor?" Auf Svens neugierige Frage fährt Finn herum und funkelt ihn wild an. "Ich klau dir deine Kleidung und mach dich zu unserem Haussklaven!", lässt er seine Stimme dröhnen um danach ein filmreifes, schauriges Lachen von sich zu geben, welches jedoch schnell kippt, als Svens Kichern und mein eigenes, tiefes Lachen hinzu kommt.
"Ich bring alles in die Waschküche. Wir können das morgen früh durch die Maschine jagen. Frisch gewaschen und getrocknet kannst du dich dann auch wieder angezogen sehen lassen. Bis dahin?" Er lässt den Rest seiner Rede unausgesprochen, wackelt jedoch so eindeutig mit seinen Augenbrauen, dass keine weitere Frage notwendig ist.
Sven ergibt sich ohne große Widerrede und beweist mir damit einmal mehr, dass ich mit der Entscheidung, die ich bereits getroffen habe, goldrichtig liege. Auch das Finn mir zustimmen wird ist für mich keine Frage mehr, aber wie Sven auf meinen Vorschlag reagieren wird weiß ich noch nicht. Ich weiß nur, dass ich alles tun werde, um ihn zu überzeugen und dass mich mein Mann dabei vorbehaltlos unterstützen wird.
Aber erst einmal verbringen wir die nächste Stunde oder zwei damit aufs Essen zu warten, es zu verschlingen und die Müllberge, die es leider zurück lässt, zu beseitigen. Dabei hängen wir teilweise unseren eigenen Gedanken nach und albern ansonsten miteinander herum. >Es ist alles so leicht!< Es ist wirklich, als ob Sven genau für uns gemacht wurde. Das zeigt sich auch, als sich Finn, wieder nackt wie wir, und Sven erneut ins Bett Kuscheln während ich mich im Schneidersitz auf meinen Platz ihnen gegenüber niederlasse.
Ich bin nicht so der große Kuschler, war ich nie. Ich mag Berührungen und Umarmungen, kann mir, ausgestreckt auf dem Bauch, stundenlang den Rücken von Finn streicheln oder Sven massieren lassen und kraule beide zu gerne in den Schlaf. Aber stundenlanges, enges Kuscheln ertrage ich nicht. >Eigentlich komisch.< Sven sieht mich nachdenklich an und greift meine Gedanken auf, als ob er sie gelesen hat.
"Wisst ihr was ich wirklich witzig finde?" Finn lässt ein fragendes Hummelbrummen hören. >Oh mein Gott, Sven, dieser Vergleich ist soooo passend.< Ich sehe ihn grinsend an und er kichert wissend bevor er fortfährt. "Eigentlich bist du immer in Bewegung", er sieht Finn an und dann zurück zu mir. "Und du stets die Ruhe in Person. Aber wenn es ums Kuscheln geht wird er zum absoluten Ruhepol und du bekommst plötzlich Hummeln im Hinten."
Treffender hätte ich es auch nicht sagen können, also nicke ich nur während wir erneut gemeinsam lachen. So bin ich nur mal. Sven kann auch hier eine Lücke füllen, auch wenn die uns bisher nicht gestört hat und wer weiß? Vielleicht gibt es noch andere Bereiche im Alltag, bei denen er unser Leben verbessern könnte. Ich habe bereits erste Regeln im Kopf, doch zuerst muss eine weitere Entscheidung getroffen werden.
Dieser Gedanke lässt mich ernst werden und Sven bemerkt es sofort. Fast ängstlich schaut er mich an, seine Blicke flehen um Aufschub, doch dann straffen sich seine Schultern und er nimmt einen tiefen Atemzug. Die Leute glauben er ist schwach, weil er so nerdig aussieht und Konfrontationen lieber vermeidet, aber das ist nicht wahr. Es braucht eine gehörige Portion Stärke und Selbstbewusstsein um Mobbing auszuhalten und er ist bereit sich allem zu stellen, solange er einen Sinn darin sieht.
"Kommen wir jetzt zu dem Punkt an dem ich euch alles über mich erzählen muss?" Finn schaut mich ebenso flehentlich mit einem >Bitte Nicht!< an, wie Sven kurz zuvor, doch ich bin sicher, er wird mir zustimmen, sobald ich meinen Vorschlag gemacht habe.
"Ich weiß nicht ob dir das klar ist, Sven, aber deine Lebensumstände werden nichts daran ändern, was wir von dir wollen und wie wir zu dir stehen." Finn nickt und nimmt Sven in den Arm, was mich lächeln lässt. Seine Geste hat so was Besitzergreifendes, was er bisher nur mir gegenüber gezeigt hat, aber ich teile diese Seite von Finn nur zu gerne mit Sven.
„Versteh, mich nicht falsch. Wir wollen trotzdem alles wissen, auch und vor allem, weil wir dir helfen wollen, sie zu verbessern. Aber vorher gibt es noch eine andere, wichtige Entscheidung die wir herbeiführen wollen, aber die du für dich alleine treffen musst." Sven hat offensichtlich nicht die geringste Ahnung worauf ich hinaus will und auch Finn weiß es nicht. Allerdings vertraut mir letzterer genug um mich machen zu lassen. Und ich vertraue auf meine Führungsqualitäten, die mir auch helfen, Situationen und Personen einzuschätzen, insbesondere wenn es dabei um meinen Mann und dessen Wünsche geht.
"Okay?" Sven schaut unsicher zwischen Finn und mir hin und her und versucht womöglich, sich für alle Eventualitäten zu wappnen, doch als ich meine Frage schließlich stelle klappt ihm nur der Unterkiefer herunter. Damit hätte er nie und nimmer gerechnet. Finn jedoch nickt begeistert.
"Also Sven, wir wollen, dass du bei uns einziehst. Bist du bereit dazu?"
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