Kapitel 28
„Am besten sind wir Reisende. Ein Paar sind wir nur, wenn sich dir oder mir jemand aufdrängen will. Immerhin müssen wir vorsichtig sein", meinte er, bevor er ihr aufmunternd zunickte und schließlich die Tür zum Gasthof öffnete.
„Geht klar", stimmte Sezuna zu und spähte hinter Haru in den Gasthof hinein.
Dort schien es schon im Gastraum laut herzugehen, denn viele Menschen waren versammelt, die tranken und aßen. Wahrscheinlich alle Gäste, die wegen des Festes hier waren. Wein und Bier floss in rauen Mengen und der Geruch von Eintopf lag in der Luft.
Und prompt reagierte Harus Magen darauf, doch er ließ sich nichts anmerken. Zielstrebig ging er auf den Tresen zu, wo ein Mann gerade Bier Ausschank. „Gibt es hier vielleicht noch ein Zimmer für eine Nacht?", wollte er wissen und musste die Frage zweimal wiederholen, bevor der Wirt ihn verstanden hatte. Mit einem wissenden Blick aus Sezuna nickte er und schob einen Schlüssel über den Tresen. Haru sollte morgen früh bezahlen, wenn es ruhiger war. Sie wurden gefragt, ob sie etwas zu trinken haben wollten und Haru sah das rothaarige Mädchen fragend an. Er wusste, dass der Wirt Alkohol meinte, aber er wusste nicht, wie sie dazu stand. Wenigstens hatten sie ein Zimmer für die Nacht, denn den Schlüssel und die Zimmernummer hatten sie bereits.
„Nein, danke, aber wir würden gern eine Schüssel des Eintopfes haben. Der riecht so lecker", lächelte Sezuna ihn freundlich an. Auch weil sie wusste, das Haru sicherlich ein wenig Hunger hatte.
Haru jedoch bestellte sich ein Bier zum Essen mit dazu. Es war schon sehr lange her gewesen, seit er das letzte mal sowas getrunken hatte. Der Wirt versicherte ihnen, dass er es an einen freien Tisch bringen würde, sobald sie einen gefunden hatten.
Sezuna, die bereits in eine Richtung steuerte, hatte den Raum analysiert und wusste, dass einer der Tische gleich frei wurde, weshalb sie in dessen Richtung unterwegs war.
Der Junge folgte ihr und ließ sich ihr gegenüber nieder. Es war ziemlich laut und es würde schwer werden, sich zu unterhalten, aber als sie das Essen und trinken bekamen, sprach er sowieso nicht. Bevor er den Eintopf probierte, trank er einen Schluck Bier und war überrascht, dass es leicht nach Honig schmeckte. „Das kenne ich gar nicht, aber es schmeckt sehr gut. Willst du mal probieren?", fragte er sie.
Sezuna nickte leicht. Sie trank weder gern Wein, noch Bier, aber mehr deshalb, weil es ihr nicht schmeckt, als dass sie keinen Alkohol vertrug. Auch wenn ihr Vater sie davor gewarnt hatte. Gerade mit ihrer Gabe konnte Alkohol schnell gefährlich werden.
„Du musst nicht, wenn du nicht willst", sagte Haru schnell, denn er sah ihr Zögern.
„Doch, ich würde schon gern", meinte sie. „Es riecht nach Honig."
Haru schob ihr den Bierkrug zu und beobachtete sie, während sie probierte.
Langsam nippte Sezuna daran und verzog ein wenig die Lippen. Das Bier war zwar auch mit Honig vermischt, doch nur sehr wenig. Es schmeckte trotzdem noch sehr stark. „Ist nichts für mich", meinte sie und schob es Haru wieder zu. „Aber mit Honig ist es zumindest angenehmer."
„Selbst wenn es dir geschmeckt hätte, hätte ich es dir nicht gegeben. Du bist definitiv noch zu jung dafür", hob er warnend den Zeigefinger, aber er hatte ein Lächeln auf seinen Lippen. Der Eintopf schmeckte gut, aber er selbst fand Sezunas um einiges besser.
Sezuna lachte leise. „Ich bin genau so alt wie du", bemerkte sie mit einem schelmischen Grinsen. „Oder willst du sagen, dass auch die zu jung dafür bist?"
„Ich bin ein wenig älter als du", lächelte Haru nur. Außerdem würde er es nicht zulassen, dass ihr danach schlecht wäre. Immerhin hatte er sie noch nie Alkohol trinken sehen. Und Haru wusste, dass er zumindest eins vertragen und sich dann entspannen konnte, ohne betrunken zu sein. Vielleicht würde es ihm auch helfen, nachts besser zu schlafen.
Sezuna grinste. „Das hättest du wohl gern", lachte sie leise, lehnte sich aber zurück.
„Das ich älter bin als du? Bin ich sehr wohl, Yuna", erwiderte er und löffelte den Rest seiner Schüssel aus.
Sezuna musste schmunzeln. So war das also. Sie sollte also das kleine Kind sein. „Was nicht heißt, dass ich zu jung für Alkohol bin."
„Mag sein, aber es schmeckt dir sowieso nicht", grinste er sie frech an. „Und ich habe wirklich recht, ich bin älter als die Schüler auf unserer alten Schule. Auch wenn du es nicht glauben willst", flüsterte er nun nahe an Sezunas Ohr, denn er wollte das nicht laut sagen.
„Stimmt, es schmeckt nicht, aber hätte ich gewusst, dass sie da Honig rein machen, hätte ich vielleicht ein Glas Wein probiert. Ich mag Met", murmelte sie und beugte sich dann ein Stückchen vor. „Ich bin auch nicht so jung wie alle anderen", gab sie zwinkernd zurück.
„So? Und wie alt bist du dann? Du siehst verdammt jung aus. Du kannst dir immer noch was bestellen", meinte Haru und drehte seinen Bierkrug ein wenig. Wie alt mochte Sezuna wohl sein?
Die Rothaarige wurde ein wenig rot. „Danke, das ist ein großes Kompliment. Ich werde bald schon 20 Jahre", sagte sie leise, weil sie wusste, dass die meisten Schüler zwischen 16 und 18 Jahren waren. Bei ihr als Bauernmädchen hatte man eben nicht besonders auf Magie geachtet und sie hatte vorher auch keine Schule besucht.
„Hmm hätte ich nicht gedacht. Aber kein Wunder, warum du schon einiges an Lebenserfahrung besitzt", bemerkte er. „Bestell ruhig, wir haben Zeit", schlug er vor.
„Sie wollten mich auch erst nicht aufnehmen, weil ich ja vorher nie zur Schule gegangen bin", meinte Sezuna leise und spielte mit einer Strähne. „Sie sagten mir fehlen die Grundlagen und ich musste einen Test ablegen. Danach war es ihnen plötzlich komplett egal wo ich vorher war."
„Du hattest damit Glück. Dass du so intelligent bist, macht dir vieles einfacher. Aber so sind die meisten Schulen. Wenn du noch nie auf einer Schule warst, wollen sie dich nicht, weil es ihnen zu anstrengend ist, dir etwas beizubringen. Wobei in deinem Fall es genau anders herum ist, du hast ihnen etwas beigebracht", meinte Haru und trank noch einen Schluck, während er das Mädchen beobachtete, wie sie mit ihrem Haar spielte.
Sezuna lachte leise. „Sie haben geglaubt, dass ich betrogen habe, als ich den Test eingereicht habe und haben mich zu einer mündlichen Prüfung bestellt. Das war sehr lustig", kicherte die Rothaarige. „Danach wollten sie wissen warum ich überhaupt auf eine Schule möchte. Es ging mir wirklich nur um die Magie. So etwas lernt man nicht ohne Hilfe oder aus Büchern."
„Ich kann mir die Gesichter von ihnen gut vorstellen", meinte Haru kopfschüttelnd. „Du hast recht, das lernt man nicht außer Hilfe ... trotzdem hattest du wirklich Glück. Vielleicht war auch das Alter ausschlaggebend, weil ein Magier gefährlich sein kann, wenn er unkontrolliert Magie einsetzt. Dabei spreche ich nicht von mir", fuhr er fort.
„Ja, das war auch der einzige Grund, warum sie mich überhaupt auf eine Schule schicken wollten. Also unser Landesherr wollte das", murmelte Sezuna und brach ein Stückchen Brot ab, um damit ihre Schüssel auszuwischen und es zu essen.
„Damit hatte er allerdings recht. Und das ist gut so, glaube mir", erwiderte Haru nun. „Wenigstens hattest du in der Schule deine Bücher."
„Bücher sind nicht alles. Daraus lerne ich auch nicht, wie die Welt funktioniert", meinte sie mit einem schiefen Lächeln. „Auch wenn ich sie manchmal vermisse."
„Mag sein, aber sie sind ein Teil von dir. Und du hattest gute und ... weniger gute Erfahrungen gesammelt. Das brauchst du im Leben. Also sei froh, dass du die Chancen hattest, das zu erleben, auch wenn es oft nicht so schön war", bemerkte Haru und trank sein Bier aus. Er war zwar nicht satt, aber er hatte auch keine Lust, noch länger sitzen zu bleiben, denn der Alkohol machte sich ein wenig bemerkbar. Haru fühlte sich müder und entspannter, sodass er sicher war, dass er gut schlafen konnte. „Willst du noch was bestellen?", fragte er sie.
„Nein, wir können nach oben gehen", erklärte sie und erhob sich. Sie war neugierig darauf, ob es wieder zu einer Auseinandersetzung kommen würde, wer das Bett bekam, oder ob es getrennte Betten gab.
Haru bezahlte beim Wirt, als er aufgestanden war und versicherte, dass es gut geschmeckt hatte. Danach gingen die beiden zusammen nach oben in den ersten Stock, wo ihr Zimmer sein sollte. Haru steckte den Schlüssel in das Schloss und öffnete die Tür. Im gleichen Moment seufzte er auf. Es gab zwei Betten, die zusammen geschoben waren. Wahrscheinlich konnte man sich entscheiden, was einem lieber war und er war zutiefst dankbar, dass er die Chance hatte, weich zu liegen.
Auch Sezuna seufzte zufrieden. „Ich hatte mich fast schon auf eine Diskussion eingestellt", meinte sie und trat ein, um ihren Rucksack abzulegen. „Aber heute wird es uns leicht gemacht."
„Es wird eine Diskussion geben wenn du trotz eines eigenen Bettes auf dem Boden schlafen willst", lächelte Haru und warf sich auf das Bett. „Das fühlt sich so gut an!", seufzte er glücklich und streckte sich ausgiebig.
„Nein, habe ich nicht vor", versicherte Sezuna und schenkte ihm ein Lächeln. „Willst du die Betten auseinander schieben?"
„Das will ich für dich hoffen. Und ja, das will ich", antwortete er und stand nochmal auf. Mit einem kleinen Zauber schuf er einen Meter Abstand zwischen den Betten, sodass sie bequem laufen konnten. Erst dann warf er sich glücklich wieder ins Bett. „Eigentlich will ich noch duschen", murmelte er mit geschlossen Augen.
„Dann geh du zuerst", sagte Sezuna und kramte in ihrem Rucksack, bevor sie ein Buch hervorholte, das Haru bekannt vorkam. Es war das Geschichtenbuch, das sie ihm ausgeliehen hatte.
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