Kapitel 4 | Beim Schulleiter
„Na das muss ja knapp gewesen sein." Die Stimme des Schulleiters ließ mich aufschrecken. Schnell sprang ich auf die Füße. „Tut mir leid! Ich..." Weiter kam ich nicht, da die Tür ein zweites Mal aufgerissen wurde und mein Mathelehrer schwer atmend hereinstürmte. Ich erschrak mich erneut und sprang einen guten Meter zurück. „Du... kleiner...", keuchte Mr. Brown und machte einen drohenden Schritt auf mich zu.
„Aber, aber meine Herren. Wir wollen hier doch nicht körperlich werden." Der Schuleiter hob beschwichtigend die Hände. Ich lachte ungläubig auf. Nicht körperlich werden? Wie wärs, wenn er die Polizei riefe, weil ein Lehrer einen Schüler verletzen wollte?
Ich machte vorsichtig noch einen Schritt zurück, weil Mr. Brown nicht weniger aggressiv schaute, als vor fünf Minuten.
„Mr. Brown, würden sie Kyran und mich bitte alleine lassen? Wir haben noch etwas zu besprechen."
Damit wandte sich der Schulleiter seinen Unterlagen zu, so als wäre das Thema für ihn geklärt. Ich starrte den jungen Mann an, warum wusste ich nicht. Er hatte etwas fesselndes an sich. Er blickte auf und starrte auf eine Stelle hinter mir. Ich drehte ebenfalls den Kopf, und merkte, dass er Mr. Brown musterte, der wie erstarrt im Türrahmen stand.
„ Sie können gehen", wiederholte Mr. Johnson. Ich fand, der Nachname passte gar nicht zu ihm. Er wirkte so formell und der Schulleiter selbst wirkte total locker und entspannt. Mr. Brown drehte sich um, machte die Tür auf und knallte sie hinter sich zu.
„Setz dich." Ich gehorchte und ließ mich auf der anderen Seite des langen Mahagonitisches nieder. Er paste farblich perfekt zu den Bücherregalen, die eine ganze Wand einnahmen.
„Ich... Ähm es tut mir wirklich leid... Also das mit... mit dem Wasserhahn", stotterte ich. Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht stieg.
Mr. Johnson lachte. Er hatte ein freundliches, warmes Lachen und auf seinen Wangen bildeten sich Grübchen. Irgendwie brachte mich das Lachen nur noch mehr in Verlegenheit. Ich schaute überallhin hin, nur nicht ihm ins Gesicht. Schließlich meinte ich: „Habe ich etwas falsches gesagt?" Ich klopfte mir innerlich auf die Schulter, dafür, dass meine Stimme mal das machte, was sie sollte.
„Nein, nein! Hast du nicht." Ich blickte den Mann an, der mir gegenüber saß an und auf einmal sehr Ernst dreinblickte. Es war mir unangenehm, dass er mich so ansah, aber ich konnte auch nicht wegsehen. Seine blauen Augen waren wie Magneten, die meine regelrecht anzogen. Sie hatten eine unnatürlich satte Farbe und während ich Mr. Johnson's Blick erwiderte, bekam ich das Gefühl, immer mehr in einem dunklen, tiefen Ozean zu versinken.
Seine braunen Haare waren ein bisschen zerzaust und an seinen Wangen wuchsen Bartstoppeln.
„Weißt du, Kyran, ich hatte dich schon erwartet. Zwar nicht zu dem jetzigen Zeitpunkt, aber spätestens in einem halben Jahr hättest du hier gesessen."
Er seufzte.
„Allerdings wäre es günstiger gewesen, wenn es bei einem anderen Lehrer passiert wäre."
Mir gefiel nicht, wie er das es betonte. Er konnte doch unmöglich den Wasserdrachen meinen? Nein, das war absurd. Ich konnte mir immer noch nicht vorstellen, dass mir Aaron erschienen war.
„Was genau meinen Sie damit?" Die ganze Nervosität kehrte zurück. Ich ließ meine Finger knacken- eine schlechte Angewohnheit, die meine Mutter jedes Mal fast in den Wahnsinn trieb.
Mr. Johnson krempelte die Ärmel seines karierten Hemdes hoch und faltete die Hände auf dem Tisch.
„Willst du mir vielleicht erstmal erzählen, was passiert ist?"
„Wieso denn? Sie scheinen es doch schon zu wissen." Die Worte rutschten mir raus, ehe ich darüber nachdenken konnte. Kaum hingen sie in der Luft, wünschte ich mir, sie wieder zurücknehmen zu können. Ich biss mir auf die Lippe, machte mich auf eine Ansage gefasst.
Doch stattdessen sagte der Schulleiter nur: „Da hast du recht. Ich würde die Geschichte nur gerne aus deiner Perspektive hören."
Jetzt hatte ich ein Problem. Wusste Mr. Johnson wirklich etwas von Aaron? Aber dann hätte er doch anders reagiert oder nicht?
Ich entschied mich nach kurzem überlegen für die kurze Version, ohne Aaron. Er würde schon etwas sagen, wenn er merkte, dass ich nicht ganz die Wahrheit erzählte.
Als ich fertig war, schmunzelte er. „Das mit der Wahrheit üben wir aber nochmal." Mr. Johnson lehnte sich in seinem Stuhl nach hinten.
„Was genau war es denn? Es gibt viele Arten von Führern, so nennen wir die Wesen, die uns erscheinen. Sie kommen zu uns und führen uns in eine andere Welt. Es gibt Hasen, Gänse, Hunde und auch alle anderen Tiere. Es gibt viele Wesen, die als deine Begleitung auserwählt werden können."
Ich fragte mich, ob das alles hier ein riesiger Scherz war und ich gleich die versteckte Kamera sehen musste. Wenn ich mich hier nur genau umschaute, fand ich sie bestimmt...
Ich wusste, dass ich das alles hier erst später realisieren würde. So war das immer, wenn etwas unglaubliches oder angsteinflößendes passierte. Wie zum Beispiel, als ich das erste mal mit sieben Jahren Achterbahn gefahren bin. Ich hatte keine Angst während ich wartete oder fuhr, aber als ich es hinter mir hatte, kam die ganze Angst auf mich zu. Ich wusste nicht, warum es so war, aber mein Geist schien bei solchen Dingen in einer Art Trance zu schweben und ich schien alles nur durch dichten Nebel mitzubekommen.
„Gibt es auch andere Wesen, bis auf Tiere?", versuchte ich abzulenken. Irgendetwas warnte mich davor, ihm von Aaron zu erzählen.
„Ja gibt es. Aber das ist wirklich sehr unwahrscheinlich, dass jemand ein Fabelwesen bekommt. Es gibt zum Beispiel Feen, sie stehen dafür, dass du dafür bestimmt wurdest, anderen Menschen zu helfen. Oder aber Nixen, sie stehen für Fleiß und du gehörst zu den Menschen, die hart arbeiten um ihre Ziele zu erreichen, wenn sie dir erscheinen. Fakt ist, dass wenn ein Fabelwesen zu dir kommt, du eine feste Bestimmung in deinem Leben hast, die du nicht ändern kannst.
Es gibt allerdings nicht nur Feen und Nixen... Aber nein, dass ein anderes Mal."
„Ich würde es aber gerne wissen. Bitte!" Ich versuchte so viel Kraft wie möglich in meine Worte zu legen.
„Ich erzähle dir es, wenn du mir danach dein Tier verrätst, abgemacht?"
Ich nickte.
„Es gibt noch ein Wesen, das stärker ist als alle zusammen. Wenn dir so eins erscheint, wirst du etwas großes und wichtiges vollbringen. Es gibt kein Zurück mehr, wenn es dir erschienen ist. Du wirst berühmt werden, ob auf der guten oder bösen Seite ist deine Entscheidung."
Ich hörte gebannt zu. „Was ist es?"
Mr. Johnson schien sich einen Ruck zu geben.
„Ein Drache."
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