Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

Kapitel 3

Man könnte uns auch für menschenähnliche Klumpen Erde auf Pferderücken halten, als wir auf den Hof der Kaserne einreiten.

Meine Kleidung ist starr und voller getrocknetem Schlamm. In meinen Schuhen hängt der halbe Waldboden und meine Haare jucken schlimmer als das eine Mal, als ich mit fünf Flöhe hatte.

Meine Beine geben fast unter mir nach, als ich mich unelegant von Gustavs Rücken schiebe. Ich beiße die Zähne zusammen und drücke dem bereit stehenden Jungen Gustavs Zügel in die Hand.

Er verzieht das Gesicht nicht, aber ich bin mir trotzdem sicher, dass er sich fragt, was nur mit uns passiert ist und wieso wir so ekelhaft riechen. Ich bin trotzdem kurz versucht einen schwachen Witz über Nebelpferde und Schlamm zu machen, bin jedoch zu müde und zu erledigt, um mir einen auszudenken.

Zumal ich sowieso keine Zeit für ein Schwätzchen hätte, denn Hauptmann Perish ruft uns bereits zu sich.

Die Verfluchten kauern noch immer in ihrem Käfig, die Jungen sind aufgewacht und alle mustern sie uns aus großen Augen, als würde uns das in irgendeiner Weise erweichen.

Da die Räder des Käfigs bereits ausgeklappt sind müssen wir ihn nicht erst auf den bereitstehenden Wagen heben, der mich immer an eine übergroße Schubkarre erinnert, sondern können den Wangen sofort zum Gefängnis rollen.

Ich finde mich am äußeren Rand einer Haltestange ein, die die wartenden Gehilfen in ihre Verfassungen gesteckt haben, und stemme mich dagegen. Allerdings verziehe ich sofort das Gesicht, als die Muskeln in meinem Rücken protestieren. Mit einem Ruck setzt sich der Käfig in Bewegung und klappert laut über das Kopfsteinpflaster, sodass neugierige Blicke aus allen Ecken zu uns fliegen.

Wir steuern die südliche Seite des großen Gebäudeblocks an, der erstaunlich still dafür ist, dass sich hunderte Lebewesen in seinem Inneren drängen. Aber die meisten Verfluchten werden nach wenigen Tagen in einer Zelle so stumm, als hätten sie ihre Zunge verloren. Es macht die Wachdienste weniger anstrengend, wenn man sich keiner wirren Flut aus schrillen Stimmen aussetzen muss.

Clay, der oberste Gehilfe, wartet bereits beim großen Tor auf uns und zieht es mit weiteren Gehilfen auf. In der kleinen Steinhalle dahinter schieben wir den Käfig in die Mitte und stecken dann die freien Enden der Haltestangen in die Verankerungen im Boden, damit der Käfig nicht umfallen kann.

Noch immer zucken Blitze über die Metallstäbe und die Verfluchten drängen sich auf dem hölzernen Boden so eng aneinander wie es nur geht, um nicht getroffen zu werden.

Drei Soldaten, die gerade Wachdienst haben und allein schon an ihrer sauberen Kleidung zu erkennen sind, nehmen die Beobachtungsposten ein und werden vom Hauptmann kurz informiert, was wir da gebracht haben.

„Männer", bellt Hauptmann Perish dann und sichert sich sofort die allgemeine Aufmerksamkeit. „Heute Abend, vor dem zweiten Läuten der Glocken, treffen wir uns zu einer Besprechung des Einsatzes. Ihr habt bis dahin frei, nutzt es, um euch auszuruhen. Gute Arbeit!"

„Danke Hauptmann", sagen wir wie eine Person, ehe sich die Gruppe auflöst.

Wie die Meisten eile ich auch zur Kaserne, denn wir sehen uns seit Tagen noch einem gescheiten Bad. Ich war gestern Abend auch schon kurz davor mich in den Himmelsteich zu stürzen, damit sich meine Kleidung endlich nicht mehr so steif und starr anfühlt und ich nicht mehr das Gefühl habe gleich zu einem Erdmonster zu werden.


Jemand war so freundlich und hat mir bereits ein Bad eingelassen, als ich in mein Zimmer trete. Die kupferne Wanne ist voll mit dampfendem Wasser und riecht angenehm nach süßen Kräutern.

Ich schäle mich aus der verdreckten Kleidung, lasse sie einfach auf dem Boden liegen und kratze die größten Dreckstellen von meiner Haut, ehe ich mich bis zur Nasenspitze ins Wasser sinken lasse.

Das Wasser hat genau die richtige Temperatur, ehe es unangenehm heiß wird, und ich kann spüren, wie sich mein ganzer Körper entspannt. Für einen Moment bleibe ich einfach so liegen, genieße das Gefühl der Leichtigkeit und lausche der Stille.

Aus den Räumen um mich herum höre ich nichts, auch wenn meine Kameraden sich dort aufhalten. Vermutlich sind wir alle zu erschöpft, um Energie mit unnötigem Lärm zu verschwenden.

Bis auf William Perish natürlich. Ihm scheint die Kraft nie auszugehen und er ist immer bereit, dem Rest von uns auf die Nerven zu gehen. Er ist ein Protzer, wie Murlany gesagt hat. Bei Anyia, ich kann mir seinen Namen wirklich nicht merken.

Sobald mein Körper sich nicht mehr so steif wie altes Leder anfühlt greife ich nach der Seife, wie neben der Wanne liegt, und wasche allein meine Haare drei Mal.

Das Wasser wird mit jedem Mal dunkler, aber das Jucken auf meinem Kopf lässt nach und als ich aus dem kalt gewordenen Wasser steige fühle ich mich fast wie neugeboren. Allerdings nur fast, denn ich habe Hunger und bin müde und morgen werde ich sicher das Gefühl haben, dass jemand meine Knochen mit metallüberzogenen Steinen ersetzt hat. Und während ich mich noch abtrockne fängt mein Bauch zu knurren an, fast wie auf Kommando.

Ich ziehe mir einfache Kleidung an, auch wenn ich dank der Stellung meines Vaters einen edlen Anzug tragen und mir die Finger mit Ringen schmücken könnte. Aber nichts, was von ihm kommt, kann gut sein, weswegen ich mehr als froh mit meiner Leinenkleidung bin.

Die ersten meiner Haare kringeln sich bereits, als ich endlich aus meinem Zimmer trete und mich auf den Weg in die Cafeteria mache.

Schon im Hof kann ich den Geruch von gebratenem Fleisch riechen und bin froh, dass gerade niemand in der Nähe ist, der meinen Bauch hören kann. Man könnte es auch fast mit einem wilden Hund verwechseln, nur mit dem Unterschied, dass wilde Hunde nicht so laut sind.

In dem kleinen, flachen Gebäude, aus dessen drei Schornsteinen Rauch aufsteigt, tummelt sich bereits ein Teil der Patrouille, die Augen auf die Teller gerichtet. Gefräßige Stille liegt über allem, nur unterbrochen vom Klirren des Bestecks und den Kochgeräuschen aus dem angrenzenden Raum, wo die Öfen stehen.

Ich laufe zu dem steinernen Tresen, wo das Essen auf mich wartet. Die Wärme der Feuer, die hinter den Steinplatten brennen und das Essen warm halten, kann ich an den Beinen spüren, als ich mich vorbeuge, um mir von dem gebratenen Hirsch aufzutun. Dazu gibt es Knödel, eine dunkle Soße und gedämpfte Birnen.

Mir wäre jetzt auch frisches Brot recht, Hauptsache, es ist kein Eintopf.

Gestärkt und mit vollem Bauch gehe ich zurück in mein Zimmer. Eine Magd kommt mir auf dem Gang entgegen, meine schmutzigen Klamotten in ihrem Wäschekorb, und ich nicke ihr dankbar zu. Jetzt selber meine Wäsche zu waschen erscheint mir viel zu anstrengend.

Ich knie mich vor das schmale Fenster für ein kurzes Dankesgebet, aber ich bin zu erschöpft, um mich sonderlich geschickt auszudrücken oder die geistige Konzentration für ein längeres Gebet aufzubringen. Eigentlich müsste ich Anyia besonders danken, da heute Freitag ist, aber ich schaffe lediglich ein allgemeines Dankgebet, ehe sich meine Zunge und Gedanken in den Wörtern verharken.

Mein Bett wirkt äußerst verlockend und ich würde mich jetzt zu gerne hineinlegen, doch dann besteht die Gefahr, dass ich vor heute Abend nicht mehr aufwache. Die Besprechung kann und will ich jedoch nicht verschlafen, weswegen ich mich nach einem letzten sehnsuchtsvollen Blick zu meinem Kopfkissen an den schmalen Tisch unter dem Fenster setze.

In meiner Abwesenheit haben sich nur wenige Briefe angesammelt, aber ich sollte sie trotzdem durchgehen, ehe ich drei Wochen zu spät bemerke, dass ich irgendeine Schuldenfrist nicht rechtzeitig bezahlt habe. Zwar kann ich mich an keine Schuldenfrist erinnern, aber ich bin erst seit einem Jahr vollständig für meine Finanzen zuständig und damit vollkommen überfordert.

Der erste Brief, den ich öffne, ist eine Einladung für eine Tanzfeier am Tag des Danda bei den Toumurs. Elishas Eltern laden mich bei jedem Göttertag zu einer Tanzfeier ein, aber ich schaffe es mich vor den meisten zu drücken. Tanzen ist nichts, was mir die Götter in die Wiege gelegt haben, und ich verzichte mich vor den Augen der adeligen Gesellschaft zum Narren zu machen, weil ich über meine eignen Füße stolpere.

Ich lege die Einladung beiseite und finde ein zweites Blatt Papier im Umschlag, das deutlich mit deutlich weniger Aufwand gestaltet wurde als die Einladung.

Henry, ich weiß, du bist kein Freund von Tänzen. Aber bitte komm zu diesem, ich werde sonst den ganzen Abend alleine sein und Interesse vortäuschen müssen, während meine Eltern mir geistlose Einfaltspinsel als Ehegatten vorschlagen.

Du kannst auch bei mir übernachten, du musst nicht im Dunkeln heim, und ich werde notfalls auch meine Eltern bearbeiten, damit sie den Hauptmann bearbeiten, solltet ihr an diesem Tag eine Besprechung oder dergleichen haben.

Bitte komm, Henry! Ich bitte dich als deine älteste Freundin um diesen kleinen Gefallen, sieh es als Wiedergutmachung dafür, wo ich dich auf den Frühlingsmarkt begleitet habe. (Meine Haare haben danach übrigens tagelang nach diesem furchtbaren Honigwasser gestunken. Eine Tanzveranstaltung ist dagegen doch ein Klacks!)

Voller Dankbarkeit, Elisha

Ich lege das Papier mit einem Schmunzeln beiseite. Elishas Haare haben wirklich tagelang nach dem Honigwasser gerochen, dass ihr ein Verkäufer auf dem Frühlingsmarkt angedreht hat, aber ich fand nicht, dass es so furchtbar war. Ich fand, dass Elisha eher wie eine laufende Bäckerei gerochen hat, was ja nur positiv sein kann.

Und sie weiß ganz genau, dass ich nicht nein sagen kann, wenn sie mich um Beistand vor ihren heiratswütigen Eltern bittet. Sie nutzt ganz klar meine Schwäche aus, weil sie sich noch nicht binden will.

Ich lege ihre Nachricht auf die Einladung und mache mir eine geistige Notiz sie darauf anzusprechen, wenn ich sie morgen besuchen gehe.

Der nächste Brief ist von der Stadtverwaltung, die mir das Gehalt des vergangenen Jahres auflistet. Außerdem ist zum dritten Mal eine Dienstbrosche drin, die ich zur zweiten lege. Was soll ich denn auch mit drei Dienstbroschen? Welcher Verwalter kann sich denn nicht merken, dass ich bereits eine habe und keine zwei weitere brauche? Vielleicht habe ich bis zum Ende meines Diensts vier weitere Dienstbroschen angesammelt.

Der letzte Brief ist von meinen Eltern. Es ist ebenfalls eine Einladung zum Tanz am Tag des Danda und drei weitere Einladungen fallen heraus.

Ich verkneife mir ein genervtes Seufzen und falte die restlichen Einladungen energischer als nötig auf.

Miss Perrigrin lädt zum Tee am 20. Tag des 4. Zyklus - ihre Katze hat Geburtstag!

„Wer ist Miss Perrigrin?", murmle ich vor mich hin und versuche ein Gesicht zu dem Namen zu finden. Aber der Name kommt mir nicht einmal bekannt vor. „Und was interessiert mich ihre Katze?"

Kopfschüttelnd lege ich die Einladung beiseite und greife nach der nächsten.

Miss Perrigrin lädt zum Tanz am 24. Tag des 4. Zyklus - Das Thema ist Sommermärchen!

„Schon wieder Miss Perrigrin"", sage ich zu mir selbst. „Was haben meine Eltern nur mit der?"

Die dritte Einladung hat so viele Goldverzierungen, dass ich geblendet die Augen zusammenkneife, als ein Sonnenstrahl auf das Papier fällt.

Miss Perrigrin lädt zu ihrem Geburtstag ein, am 4. Tag des 5. Zyklus - Das Thema ist weiße Gartenkleidung und Schmetterlinge!

Für einen Moment bin ich versucht sofort zu meinen Eltern zu fahren und sie zu fragen, wieso ich so viele Einladungen zu Feiern von einer Person habe, die ich nicht einmal kenne.

Dann fällt mir das kleine Portrait auf der dritten Einladung auf und ich nehme das Papier wieder in die Hand, um es genauer zu studieren.

Es zeigt eine junge Frau, vielleicht sogar jünger als ich, die ihre hochgesteckten Haare mit gläsernen Schmetterlingen und goldenen Ketten geschmückt hat. Ihr Kleid ist ein Hauch aus weiß und Spitze und sie schaut mit einem lieblichen Lächeln zu mir auf, als müsse sie mich davon überzeugen, dass sie die Unschuld in Person ist.

Ich seufze laut, als mir aufgeht, was der Plan meiner Eltern ist, und bin versucht, die Einladungen ins nächste Feuer zu werfen.

Natürlich gehen sie mir immer noch mit diesem Thema auf die Nerven! Nur weil sie beide in ihren Zwanzigern geheiratet und mich drei Jahre später bekommen haben heißt das doch nicht, dass ich jetzt ebenfalls die erstbeste Frau heiraten muss! Und noch dazu eine, die alle paar Wochen eine Gartenfeier veranstaltet, weil ihr Leben sonst zu langweilig wird.

Götter, wieso müssen meine Eltern nur so uneinsichtig sein? Würde es ihnen schaden sich für drei Sekunden zu überlegen, ob ich das auch möchte? Und selbst wenn ich in Heiratslaune wäre würde ich meine Gattin doch lieber selbst erwählen und nicht aus gesellschaftlichen Zwängen heraus.

Ich stopfe die Einladungen von Miss Perrigrin wieder in ihren Umschlag und werfe ihn in den Abfall. Dann hole ich ihn wieder heraus und nehme mir vor, ihn nach meinem Besuch bei Elisha und nachdem wir uns beide gebührend über meine Eltern aufgeregt haben, wegzuwerfen. Vielleicht auch zu verbrennen, je nachdem, wie wütend ich dann bin.

Die Wut auf meine Eltern hat die Müdigkeit vertrieben. Auch wenn ich weiß, dass mein Körper müde und erschöpft ist, verlasse ich trotzdem mein Zimmer und laufe zwischen dem Gefängnis und dem Stall auf das Tor in der Mauer zu. Dahinter erwartet mich der Himmelsteich.

Er liegt wie eine blaue Scheibe vor mir, unterbrochen nur von kleinen Kräuseln. Enten quaken laut auf, als mein Weg an ihrem Schilfgras vorbei führt, und sie fliehen mit wildem Flattern und aufspritzendem Wasser vor mir. Die Sonne ist warm, brennt mir aber noch nicht so auf der Haut wie sie es in wenigen Wochen tun wird.

Ich folge dem breit getretenen Weg am Ufer des Himmelsteichs entlang, bis der Lärm der Stadt nur noch schwach zu hören ist, und setze mich dann in den Schatten von drei Birken. Zu spät geht mir auf, dass ich gar keine Waffen bei mir habe und einem verfluchten Wesen mehr oder minder hilflos ausgeliefert wäre.

„Aber hier wurden schon seit Jahren keine Verfluchten gesehen", sage ich mir selbst und stütze meine Hände trotzig auf meinen angezogenen Knien auf. „Und selbst wenn wäre es ganz schön blöd, sich mit mir anzulegen. Ich brauche keine Waffen, um gefährlich zu sein."

Ein paar Enten quaken spöttisch als Antwort und ich bin versucht einen Stein nach ihnen zu werfen. Allerdings können die Enten nichts dafür, dass meine Eltern solche Idioten sind, dass selbst Anyia ihnen nicht mehr helfen kann, und dass sie es über die Jahre perfektioniert haben mein Blut innerhalb einer Sekunde zum Kochen zu bringen.

Ich atme tief durch, doch die Wut sitzt weiterhin als fester Knoten in meiner Brust. Und stilles Sitzen lässt den Knoten nur anschwellen und fester auf meine Knochen drücken.

Ich springe wieder auf die Füße, stopfe die Hände in meine Hosentaschen und laufe zur äußeren Birke. Dort trete ich nicht gerade sacht gegen die Rinde des Baumes und kicke einen fingergroßen Stein ins Wasser. Er geht mit einem lauten PLATSCH unter.

„Als wäre ich ein kleines Kind, dem man alles vorkauen muss", murre ich und trete erneut gegen die Birke. „Ich werde 20 und nicht zwei!"

Ich atme schnaubend aus und hebe einen kleinen Ast auf. Er ist nicht größer als ein Dolch, in der Mitte geknickt und als ich ihn einmal durch die Luft schwinge löst er sich in zwei Teile auf.

Ich werfe beide Stücke in den See.

„Wieso meinen sie immer alles besser zu wissen?", sage ich laut und erwarte halb, dass sich eine Dryade aus den Birke schälen und mich einen nervigen Idioten nennen wird, ehe sie mich in den See befördert, damit ich dort ertrinke.

Mir antwortet jedoch niemand, nicht einmal die Enten quaken. Als ich mich nach ihnen umsehe verschwinden sie gerade hinter einem Büsch Schilfgras.

„Was muss ich denn noch alles machen, um ihnen zu beweisen, dass ich kein kleines Kind mehr bin?" Ich sehe mich nach weiteren Steinen um, die ich ins Wasser kicken könnte, finde jedoch keine. „Soll ich etwa ein Haus kaufen und wie Vater mein halbes Leben in der Armee dienen, ehe sie mir am Sterbebett endlich zugestehen kein kleines Kind mehr zu sein? Oder soll ich doch lieber in die Verwaltung gehen und mich von dort hocharbeiten, bis ich der direkte Vertraute des Königs bin? Was für unrealistische Erwartungen haben sie denn an mich?!"

Schweratmend halte ich in meinem Monolog inne. Mir wird warm, obwohl es hier eigentlich angenehm kühl ist, und ich sehe mich geradezu nach einem aggressiven Verfluchten, damit ich meine Wut an etwas auslassen kann.

„Echte Soldaten sind immer kontrolliert, sie suchen keinen Streit nur um des Streits Willen", höre ich die gehässige Stimme meines Vaters.

„Vielleicht sollte ich ja einfach zu ihnen fahren und Vater zu einem Duell auffordern", murmle ich und sehe mich nach einer Stelle um, an der ich mich in die Äste der Birken heben kann. „Einfach so, weil ich natürlich seine Meinung brauche, ob ich ein brauchbarer Soldat bin. Und dann mache ich ihn fertig und wenn er jammernd auf dem Boden liegt kann ich ihm sagen, dass ein echter Soldat nicht rumjammert."

Ich schnaube und springe einfach hoch. So komme ich an einen breiten Ast, um den ich meine Finger schlinge und mit den Füßen die Rinde hochlaufe, bis ich mich wie ein Affe an den Ast klammern kann. Dann muss ich mich nur noch umdrehen und sitze auf dem Ast.

Von hier kann ich nicht viel weiter sehen, aber es erinnert mich daran, wie ich als Kind die Eiche im Park hochgeklettert bin, während meine Mutter und ihre feinen Freundinnen über Puder und Theater und anderen unnützen Kram geredet haben.

„Und wenn ich mit ihm fertig bin sage ich Mutter einfach ins Gesicht, dass ich niemanden heiraten möchte, der den Geburtstag seiner Katze feiert oder sich gläserne Schmetterlinge ins Haar steckt. Das schreit doch geradezu danach, dass sie die reiche, eingebildete Tochter eines Adeligen ist und in ihrem Leben keinen einzigen Tag mit etwas verbracht hat, das Sinn ergibt. Vermutlich schreit sie ihre Angestellten zusammen, wenn die ihren Morgentee nicht schnell genug bringen."

Mein schlechtes Gewissen meldet sich, weil ich Miss Perrigrin einfach so abwerte, obwohl ich sie noch nicht einmal getroffen habe, aber das ist mir gerade egal.

„Vielleicht sollte ich das meinen Eltern auch sagen", überlege ich laut und versuche mich flach auf den Rücken zu legen. Als Kind war das irgendwie leichter. „Wenn sie hören, wie unhöflich ich sein kann, geben sie es vielleicht auf mir eine Frau zu suchen und widmen sich wieder ihrer eignen Ehe. Die fällt immerhin schon seit Jahren auseinander und niemanden stört es."

Ich schweige für einen Moment und gehe nochmal durch, was ich eben gesagt habe. „Das war schon gemein", gebe ich dann zu und gebe es auf, mich auf den Rücken zu legen. „Aber das sagen alle, selbst die alte Witwe drei Häuser weiter. Vorletzten Zyklus hat sie mich gefragt, ob sich meine Eltern endlich Liebhaber zugelegt hätten, es wäre ja nicht mitanzusehen, wie sexuell frustriert die Beiden sind."

Ich schnaube schon wieder und kann nicht fassen, dass mir eine Fremde so etwas über meine eignen Eltern gesagt hat. „Alte Menschen müsste man mal verstehen", murmle ich.

Erstaunlicherweise fühle ich mich jetzt ruhiger, nachdem ich wie ein Wahnsinniger meine Wut herausgeredet habe. Als ich mich aus der Birke fallen lasse fällt mir auf, wie eng sich meine Brust anfühlt.

Die Wut hat sich unbemerkt in Traurigkeit verwandelt und ich muss nicht lange grübeln, ehe ich weiß, warum.

Meine Familie fällt auseinander, schon so lange ich mich erinnern kann, und alles, was meine Eltern interessiert, ist, welches Mädchen ich eher heiraten würde. Oder sie liegen mir in den Ohren damit, dass ich doch Elisha erwählen sollte, als meine älteste Freundin hätte sie sicher kein Problem mit einer Ehe.

Ja, aber was wenn ich ein Problem damit habe? Oder damit, wie sehr sich meine Eltern in mein Privatleben einmischen? Würden sie es überhaupt verstehen, wenn ich ihnen das sagen würde, oder würden sie mich nur ein unwissendes Kind nennen, das nicht weiß, was gut für es ist?

Ich bin nicht erpicht darauf, es herauszufinden.

Deutlich langsamer und mit weniger Stampfen laufe ich zurück, recke das Gesicht der Sonne entgegen und tröste mich damit, dass meine Eltern nicht für immer mein Leben bestimmen werden.

Zur Not kann ich auch einfach aus Himmelsteich ziehen und dann wird die Distanz mir die nötige Freiheit schenken.

Zurück im Soldatenviertel lege ich mich doch ins Bett und hoffe einfach, dass ich die Besprechung nicht verschlafe.

Oder vielleicht sollte ich sie absichtlich verschlafen, denn dann müsste ich nicht mit auf die nächste Patrouille, sondern hätte zwei Zyklen Wachdienst im Gefängnis, im untersten Stockwerk.

Sicher ist es dort nicht ungefährlich, aber dann müssten ich wenigstens nicht meine Zeit mit Patrouillen verschwenden, auf denen meistens auch nichts aufregenderes passiert, als dass wir uns mit einer Dryade prügeln und fast einen Naturgeist erwischen.

Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn ich erwache pünktlich mit dem ersten Läuten der Abendglocke. Ein wenig desorientiert ziehe ich meine Schuhe an, fahre durch meine wild abstehenden Locken, dass sie ein wenig weniger wild aussehen, und mache mich dann auf den Weg zum Besprechungsraum.

Ich bin der Letzte, was mir vollkommen ausreicht. Als ich mich setze beginnt das zweite Läuten der Abendglocke und ich habe sogar noch Zeit zu gähnen, ehe Hauptmann Perish und Clay hereinkommen.

Dem Hauptmann merkt man nicht an, dass wir fast fünf Tage über Stock und Stein geritten sind und uns zwischendurch noch mit einer Gruppe Nebelpferde gestritten haben, die uns auf dem Rückweg mit Schlamm übergossen haben. Dabei kommen sie in Wäldern eigentlich nicht vor. Diese Herde musste wohl auf der Durchreise gewesen sein.

„Ich hoffe ihr seid noch aufnahmefähig, denn Clay war so frei die Verfluchtenaktivität aus den letzten Zyklen zu analysieren." Er lässt seine stahlgrauen Augen einmal über uns wandern, ehe er Clay zunickt und sich auf einen einzelnen Stuhl an der Wand setzt.

Ich stütze den Kopf auf meine Hände und beiße mir auf die Innenseite meiner Wange. Die Müdigkeit erschlägt mich fast, trotz meines Nickerchens, und ich weiß nicht, wie ich so einem Vortrag lauschen soll.

Clay tritt an die Stelle des Hauptmannes, wie üblich nur ein schmales Lächeln auf dem müde wirkenden Gesicht. Er hat einen Stapel Papier unter dem Arm, den er mit einem Rums auf den vordersten Tische fallen lässt. Seine Uniform hängt ihm nur lose um den Körper und er macht wie üblich nicht den Eindruck, als wäre er der oberste Gehilfe.

„Ich will zuerst eine kleine Graphik besprechen, die den Verlauf der Verfluchtenaktivität von vor einem Jahr zeigt und sie dann mit der momentanen Aktivität vergleicht", beginnt Clay ohne Einleitung und nimmt das oberste Blatt von seinem Stapel.

Ich zwinge meine Augen weit auf und bete, dass ich jetzt nicht wirklich einschlafe. Müdigkeit und einer von Clay' Vorträgen sind normalerweise eine Garantie dafür, dass ich früher oder später einnicke. Beim letzten Mal hat mich mein Nachbar geweckt, als ich fast mit der Nase auf den Tisch geprallt wäre.

Hoffentlich bleibe ich heute einfach wach.

----------

„Schenkt mir ein Sternchen, damit es mich wachhält." - Henry, wirklich sehr müde.

Eventuell ist die Stelle, wo Henry über seine Finanzen jammert, erst heute dazugekommen, weil ich mich heute um meine eigenen gekümmert habe und mir nach drei Sekunden gewünscht habe, ich müsste es nicht. Banken, my dudes. Wer versteht die bitte?

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro