Kapitel 19
Als ich das erste Mal in Schieferbruch war (ich war gerade einmal fünf Jahre alt gewesen und wir hatten in den letzten beiden Zyklen dreimal umziehen müssen, weil unsere Verstecke jedes Mal von Unbegabten entdeckt wurden) kam es mir so groß und unwirklich vor.
Aber jetzt, während ich auf dem Grund des großen Loches sitze und auf den Sonnenaufgang warte, bin ich erstaunt, dass hier überhaupt mehr als drei Familien leben.
Im Grunde ist es nur ein großes Loch, das nach unten hin immer kleiner wird. Die Wand besteht aus mehreren Ringen, die untereinander hervorstehen. Kleine Leitern und Rampen verbinden die Ringe miteinander und führen zu den erstaunlich großen Türen, hinter denen die Wohnungen liegen und auch einige Läden. Sofern sie Läden nennen kann, wenn sie einfach nur große Höhlen mit Vorräten sind, die von einer Person oder einer Familie verwaltet werden.
Von meinem Platz im untersten Ring kann ich die Tür zu der Wohnung meiner Tanten noch gerade so sehen. Ihre Tür hat die gleiche Farbe wie Lavendel und mehrere Muscheln an Schnüren klappern daran.
Ich kann die Erde hier besonders deutlich riechen, aber noch besser fühlen. Meine Gabe nimmt eigentlich nur warme, feuchte Erde. Ganz sachte daneben spüre ich den Wald und das Ufer des Himmelsteiches, der nicht allzu weit von hier liegt. Der leichte Wind über den Bäumen ist kaum mehr als ein schwaches Kribbeln in meinen Fingern, obwohl ich ihn deutlich hören kann.
Als ich ein Kind war hat mich die Menge an Erde, die ich mit meiner Gabe fühlen könnte, sofort überwältigt und ich brauchte bis abends, um mich wieder zu beruhigen.
Inmitten der Erde flammt auf einmal ein Feuer auf und für einen Moment bin ich verwirrt, ehe ich aufschaue und bemerke, dass es direkt hinter einer Tür erschienen ist. Es ist also kein plötzlicher Waldbrand, sondern nur jemand, der sich Frühstück machen möchte.
Leichte Schritte tauchen hinter mir auf. Ich ignoriere sie, da ich wohl kaum die Einzige sein kann, die mal einen Moment auf der Erde sitzen muss, nachdem sie eine unruhige Nacht hatte, aber die Person ignoriert mich nicht.
Stattdessen lässt sich dieser Jemand mit einem leisen Ächzen neben mich sinken und seufzt dann tief.
„Ich habe gesehen, wie du rausgegangen bist", durchbricht dann plötzliche Tante Mins Stimme die Stille und überrascht schaue ich auf.
Und tatsächlich, da sitzt sie neben mir, eine Strickdecke um ihre Schultern gezogen. Ihre schwarzen Haare sind zu einem Dutt hochgesteckt, ihre schmalen Augen sind kaum auf und sie hat noch eine Falte in ihrem Gesicht von ihrem Kissen.
Ich bin so überrascht, dass sie hier ist, dass ich nicht weiß, wie ich darauf reagieren soll. „Ähm."
Tante Min lächelt nur schläfrig und legt mir einen Arm um. „Ich weiß, dass vorgestern schwer für euch alle war. Wenn du darüber reden möchtest, ich höre dir immer gerne zu, wie du weißt."
„Ich weiß", sage ich leise und lehne mich gegen sie. Früher habe ich sie in meinem Kopf immer ‚die weiche Tante' genannt, weil sie sich genauso weich wie ein Kissen anfühlt. Allerdings habe ich ihr das nie ins Gesicht gesagt, weil das doch einen Ticken zu peinlich für mein Wohlbefinden ist.
Stille senkt sich wieder über uns und wir sehen zu, wie sich der Himmel aufhellt und östlich bunt verfärbt, als wäre es ein Glas, in dem sich eine Flamme fängt. Tante Min ist kuschelig warm und ich werde wieder müde.
„Eigentlich geht mir vorgestern im speziellen gar nicht so sehr nach", fange ich urplötzlich an und überrasche mich selbst. „Es hat mir nur klar gemacht, dass die Zwillinge eigentlich gar nicht so sicher sind, wie ich es immer denke, und das. Das macht mir Angst."
Ich schaue zögerlich auf und sehe Tante Mins Gesicht, das sich voller Mitgefühl verzogen hat. Sie drückt mich kurz und legt dann ihren Kopf auf meinem ab. „Das kenne ich", erwidert sie leise und streicht mir beruhigend über den Arm. „Lauda und ich reden darüber häufig, aber am Ende landen wir jedes Mal beim selben Punkt. Denn wir können nicht allzu viel an der Welt ändern. Wir können nur auf unsere Liebsten aufpassen und darauf hoffen, dass uns kein Leid geschieht. Es ist angsteinflößend, das verstehe ich."
Ihre Worte machen mir nicht gerade Mut, aber es tröstet mich, dass ich nicht die Einzige bin, die so empfindet. Ich seufze schwer und schließe die Augen, die noch immer mit Müdigkeit jucken.
„Vielleicht müssen wir einfach auf den Grund des Meeres auswandern", sage ich scherzhaft und Tante Min macht mir den Gefallen und schnaubt amüsiert.
„Sicher. Und wie überleben wir dort unten, wenn niemand von den Nachfolgern Gaben wie du hat?"
„Improvisieren", sage ich mit einem Schulterzucken und Tante Min schnaubt erneut amüsiert.
Wir bleiben noch lange genug sitzen, damit die Sonne aufgegangen ist, ehe Tante Min mich sanft in die Höhe zieht und wir mit verschränkten Armen zurückgehen.
Die Tür lässt sich ohne ein Geräusch zu verursachen aufziehen, allerdings bin ich nicht überrascht meine andere Tante am Herd stehen zu sehen und im erwachenden Feuer zu stochern.
Sie schaut auf, als wir eintreten, und lächelt uns breit an. Mama und sie sehen sich so verblüffend ähnlich, dass ich jedes Mal überrascht bin, dass sie keine Zwillinge sind. Sie haben die gleichen blonden Locken, die selbe helle Haut und sogar die selben Waden. Nur ihre Nasen sind anders und Lauda sieht etwas älter aus als Mama, aber ansonsten könnte man sie für Spiegelbilder voneinander halten.
„Was macht ihr Zwei denn so früh schon draußen?", fragt Tante Lauda und tritt vor, um mich ebenfalls zu umarmen. Sie trägt bereits ihre übliche Latzhose und hat sich die Haare hochgebunden.
„Wir haben den Sonnenaufgang beobachtet", antworte ich, auch wenn ich eigentlich rausgegangen bin, weil mir die Wände nach dem Aufwachen zu eng vorkamen.
Tante Lauda sieht beeindruckt zu ihrer Ehefrau, die die Augen verdreht und Tante Lauda sachte auf den Arm haut.
Dann lachen beide und wuseln davon, um das Frühstück vorzubereiten. Ich stehe ein wenig unentschlossen herum, ehe mich meine Tanten zurück ins Bett schicken, weil das Frühstück noch braucht und ich scheinbar zu müde aussehe.
Ich protestiere nicht, sondern durchquere den kleinen Raum einfach, um in den zweiten hinteren Raum auf mein Bett zu fallen.
Will beugt sich vor und lässt eine Flut an gepflückten Löwenzähnen in meinen Schoß fallen. Sie mischen sich mit den Brombeerblättern und den schwarzen Johannisbeeren.
„Haben wir alle Farben?", frage ich meine Brüder, die gerade eben noch wie aufgescheuchte Hühner umhergerannt und Pflanzen gesammelt haben. Jetzt stehen sie aufgeregt vor mir, Will wippt auf seinen Füßen und Jack hüpft auf und ab wie ein Lederball.
„Ja", kräht Jack ungeduldig und stolpert fast über die Schale mit Zuckerwasser. „Können wir jetzt anfangen, bitte bitte bitte bitte?"
„Klar", unterbreche ich ihn eilig, ehe er damit nicht mehr aufhört.
Wir nehmen uns immer eine Farbe auf einmal vor. Ein kleines Feuer brennt schon neben uns und wir stellen zwei Schalen mit Wasser darüber, in die wir die Blätter und Blumen werfen.
Während sie kochen und ich den Rauch ausdünne, damit er unwissenden Spazieren nicht auffällt, zerdrücken meine Brüder die Beeren und lassen sie in eine Schale auf dem Boden fallen. Ihre Finger verfärben sich davon bereits und sie schmieren sich die Farbe kichernd ins Gesicht und die Haare.
Meine Eltern werden später darüber nicht begeistert sein, aber ich bin auch vor allem hier, um die Zwerge abzulenken, während sie irgendetwas geheimes vorbereiten. Amber haben sie auch weggeschickt, aber auch nicht gesagt, was sie planen. Sie hat sich mit viel Stirnrunzeln und irritierten Blicken zu den Dryaden der Umgebung gesellt, die schon immer einen Narren an ihr gefressen haben.
„Was wollt ihr denn malen?", frage ich meine Brüder, weil sie die Beeren immer mehr vergessen und dafür die kreisenden Vögel über unseren Köpfen anstarren.
Sie sehen ruckartig zu mir und brauchen einen Moment, ehe sie meine Frage verstanden haben. Jack blinzelt wie eine Eule. Will wringt seine Hände. Ich kann ihnen dabei zusehen, wie das Licht in ihren Augen angeht, als sie endlich meine Wörter begreifen.
„Vögel", sagt Jack prompt und deutet nach oben, als hätte ich das leise Vogelkrächzen nicht gehört.
„Uhh ja", macht Will und klatscht in die Hände. Ein wenig Beerenfarbe spritzt in die Luft und landet auf seiner Wange wie eine einzelne Sommersprosse. „Und Sterne! Und Muscheln! Und Hörner, damit wir die Dryaden erschrecken können!"
Jack nickt zustimmend und ihm sprießen überraschend Federn. Er scheint es nicht zu bemerken, bis er mit den Federn Will gegen Arm schlägt, und dann schauen beide ganz erstaunt.
Ich beschließe, dass die anderen Pflanzen lange genug gekocht haben, und nehme sie vom Feuer. Wir lassen sie ein wenig abkühlen, während wir die Beeren noch mehr zerdrücken und dann einen Schuss Zuckerwasser dazu gießen. Will rührt fast schon feierlich mit einem abgebrochenen Stock die Masse um und wird immer aufgeregter, als die verschiedenen Flecken lila Farbe zu einer einzigen Farbe verschmelzen.
Jack und ich befinden die beiden anderen Schalen für kühl genug und gießen ebenfalls Zuckerwasser in sie hinein. Jack verrührt die Blätter, die zu einem weichen Grün werden, und ich verrühre den Löwenzahn, der gelb wie die Sonne wird.
„Wer will zuerst?", frage ich nach einem Moment konzentrierter Stille.
Jack springt mit so viel Elan auf, dass er wieder fast eine Schale umwirft, und streckt seinen Arm in die Höhe. „Ich! Ich, ich, ich, ich, ich, ich, bitte, bitte, bitte bitte bitte."
Will zieht eine Schnute, als ich zustimmend nicke. Aber er hellt auf, als Jack seine Beine hochkrempelt und seine Locken sorgfältig zurückstreicht, aber sie bleiben nicht dort.
„Was willst du?", frage ich ihn und rutsche näher an ihn heran, ehe wir die Farben zwischen uns abstellen.
„Sterne." Jack summt fast vor Aufregung wie eine Biene und streckt uns seine Hände entgegen. „Auf die Nägel. Und die Stirn. Und meine Nase."
„Aya aya, Käpt'n!" Will hält sich scherzeshalber eine Hand an die Stirn, ehe er behutsam die Schale mit gelb anfasst und für kühl genug befindet. Dann taucht er seine gesamte Hand ein und fängt an auf Jacks Fingernägel Sterne zu malen.
Ich nehme mir etwas weniger Farbe und male ihm Sterne auf die Stirn. Jack grinst aufgeregt und seine Augen schauen die ganze Zeit hoch und runter, obwohl er seine eigene Stirn nicht mal sehen kann und Will ihm die Sicht auf seine Finger versperrt.
„Willst du sonst noch etwas gelbes?", frage ich ihn und wackle mit meinen gelben Fingern.
„Hörner!", grinst er wie aus der Pistole geschossen und er und Will grinsen sich vielsagend an. „Für die Drya."
Ich verkneife mir, ihn zu korrigieren, denn er kann das Wort noch immer nicht aussprechen. Stattdessen folge ich seiner Hand, als er zwei Lufthörner auf seine Stirn malt.
Ich muss dabei über einige Sterne malen und fülle die Hörner einfach aus, damit es nicht auffällt.
Will ist mit Jacks Fingern fertig und deutet fragend auf seine Beine. Jack nickt und Will malt ihm noch mehr Sterne auf die Schenkel.
„Möchtest du auch wieder Ranken?", frage ich ihn und deute auf seine Arme. Jack krächzt wie ein Vogel und nickt wild, während sich ein paar Federn zwischen seine Haare schieben.
Will kichert über ihn und macht sich über seinen Vogelruf lustig. Jack kontert mit Wills Haaren und die beiden kappeln sich fröhlich, während ich Jack Ranken auf die Arme male, die sich um seinen ganzen Arm wie Schmuckreifen schlängeln.
Jack ist immer noch ein halber Vogel, als wir mit ihm fertig sind. Zu den unzähligen Sternen gesellen sich auch lila Wellen und lila Vögel. Auf seinen Armen hängen von den Ranken gelbe Sonnen und grüne Schuppen klettern seine Beine hoch.
Will hat schon ganz neidische Augen, weswegen er als nächstes dran kommt. „Hörner", sagt er als erstes und malt drei auf seine Stirn. Jack langt ins Lila und malt ihm krumme Hörner auf. Ich brauche fast das restliche Gelb auf, um ihm noch mehr Sterne als Jack aufzumalen (er will sogar welche im Nacken, obwohl sein Hemd ihn verdeckt) und seine einzelne Sonne auf jeden Handrücken.
Jack und ich arbeiten zusammen, um Will grüne und violette Schuppen auf die Beine zu malen. Dann male ich mit dem Rest Grün an meiner Hand Muscheln auf seine Arme, während Jack sich an lila Wellen versucht und die Stirn konzentriert runzelt, sodass seine Hörner Falten schlagen.
Als schließlich kein Stück Haut mehr frei ist bin ich dran. Die Farben sind so gut wie aufgebraucht und mit den Resten malen die Zwillinge mir ebenfalls Hörner auf die Stirn und Sterne auf die Wange. Will verkünstelt sich mit einem Kompass, der auf meiner Hand halb verläuft, und Jack malt mir mit dem Rest Lila Herzen auf die Arme.
Ich bleibe ruhig sitzen, bis der letzte Farbklecks aufgebraucht ist. Die Zwillinge sind danach jedoch nur aufgedrehter und rennen davon, um die Dryaden zu überraschen.
„Mom-", fange ich an, als sie auch schon zwischen den Bäumen verschwunden sind.
Mit einem schweren Seufzen stehe ich auf, sammle unsere Sachen ein und folge meinen Brüdern.
Amber ist immer noch rot im Gesicht, als wir uns wieder auf den Rückweg machen. Sie hat sich am meisten erschreckt, als meine Brüder einfach so aus dem Gebüsch gestürmt sind, während die Dryaden eher unbeeindruckt waren.
Überflüssig zu erwähnen, dass die Zwerge noch immer über Amber kichern, auch wenn meine beste Freundin beleidigt hinter ihnen her stapft.
„Wie war's?", frage ich im Versuch sie abzulenken und sie wirft mir einen griesgrämigen Blick zu.
„Ganz nett", murmelt sie und schaut runter auf ihre Füße. „Sie konnten sich sogar noch an mich erinnern, obwohl ich Ewigkeiten nicht mehr hier war. Und eigentlich waren sie richtig freundlich, bis deine Brüder vorbeikamen, dann sie einfach abgehauen und haben mich den Zwergen zum Fraß vorgeworfen."
Meine Brüder kichern und grinsen sie über die Schulter an. Amber streckt ihnen die Zunge raus, verschränkt die Arme und schaut wieder runter auf den Boden.
Ich lege ihr tröstend einen Arm auf, auch wenn es dadurch schwieriger wird die Schalen festzuhalten. „Keine Sorge, niemand wird sich lange daran erinnern."
Amber kräuselt nur die Lippen.
Immerhin haben meine Brüder weiterhin ihren Spaß, weil sie jetzt wie aufgedreht umher rennen.
Am Rand der ehemaligen Miene fällt mir auf, dass irgendjemand Papiergirlanden in die umstehenden Bäume gehängt hat und Kerzen in den verschiedensten Behältern stehen überall herum.
Auf dem untersten Ring der Miene hat jemand ein großes Feuer angezündet und einen Kreis aus Tischen und Stühlen darum aufgebaut.
„Oho", macht Amber und deutet auf die kleine Gruppe Menschen, die am Rand steht und deren Kleidung erstaunlich feierlich aussieht. „Jetzt gibt es doch noch eine Feier für uns. Und da hatte ich schon gehofft keine mehr zu erleben."
„Dabei dachte ich immer, dass du der Mittelpunkt von jeder Feier bist", erwidere ich ironisch und seufze bei dem Gedanken, dass meine Familie gleich über mich herfallen und mir gratulieren wird.
Langsam gehen wir runter zum Ring meiner Tanten. Deren Tür steht bereits speerangelweit offen und irgendjemand hat eine Girlande darüber aufgehängt. Eine Glaslaterne mit mehreren kleinen Kerzen und einem Strauß Mohnblumen steht daneben.
„Kinder", strahlt uns Tante Lauda an. Sie trägt ein kurzes Kleid, das so rot ist wie Blumen um die Laterne, und hat sich sogar eine Mohnblume hinter ein Ohr geklemmt. „Willkommen zu eurer ganz offiziellen Abschlussfeier! Ein paar andere Schüler sind ebenfalls hier und wir dachten uns, dass wir euren Abschluss gebührend als große Gruppe feiern."
Meine Brüder runzeln die Stirn. „Eine Feier?"
Tante Lauda nickt aufgeregt und klatscht dann so laut in die Hände, dass wir alle zusammenzucken. „Zieht euch etwas schöneres an, dann können wir auch schon los."
Mama und Papa sind schon verschwunden, weswegen meine Tanten es auf sich nehmen, meinen Brüdern beim anziehen zu helfen. Amber hilft mir, denn ich habe immer noch die Farbe auf meiner Haut und will meine Kleidung nicht beschmutzen.
Sie murmelt noch immer ungehalten über meine Brüder, die es als Neid über die Farbe missverstehen und ihr versichern, dass sie beim nächsten Mal gerne kommen kann.
„Danke", grummelt sie und schaut mich böse an, als ich ein Lachen unterdrücke. Die Zwerge drücken ihre Hand jeweils und werden dann von unseren Tanten aus der Tür gejagt.
Amber und ich folgen etwas langsamer, aber wir können dennoch nicht verhindern, dass wir schließlich beim Feuer stehen und uns etwas unbehaglich in der Menschenmenge umsehen.
„Es ist so seltsam außerhalb der Schule so viele Begabte auf einem Fleck zu sehen", meint Amber und ich stimme ihr mit einem Brummen zu.
Ich öffne den Mund, um laut zu überlegen, inwiefern es überhaupt sinnvoll ist hier eine Feier zu veranstalten, so nahe bei einer Siedlung der Unbegabten, als Amber laut nach Luft schnappt.
Sie schnappt mein Handgelenk und zieht mich hinter sich, auf die andere Seite der Feuerstelle, während ich ihr verwirrt hinterher stolpere.
„Was ist los?", flüstere ich, nachdem sie mir einen alarmierten Blick zuwirft. „Vor wem verstecken wir uns?"
Amber deutet vage über ihre Schulter und als ich mich in die Richtung umdrehe zischt sie etwas Unverständliches und packt mich an den Schultern. Ein wenig überrascht schaue ich ihr ins rote Gesicht und verstehe absolut nichts mehr.
„Ähm, es ist nicht schlimmes passiert." Ambers Gesicht wird, entgegen ihren Worten, noch röter und sie räuspert sich verlegen. „Ich habe nur ein Mädchen aus der Schule gesehen."
Ich entspanne mich ein wenig, weil ich mir etwas eindeutig Schlimmerem gerechnet habe. „Habt ihr euch nicht verstanden oder was sollte das?"
Amber verzieht unzufrieden das Gesicht und riskiert einen Blick über ihre Schulter, aber schüttelt mich, als ich es erneut versuche. „Nein, wir hatten eigentlich viel miteinander zu tun. Wir haben ein paar Mal im Gang geredet, aber sonst nicht. Aber, hmm."
Sie unterbricht sich selbst, um sich besorgt auf die Lippe zu beißen und mich nervös anzuschauen. „Also, am Anfang des Jahres, da kam sie auf mich zu und hat gefragt, ob ich Interesse hätte, ähm, also, nicht, dass ich da schon vorher dran gedacht habe. Aber, sie hat es mir angeboten und ich war neugierig und es war irgendwie auch seltsam, wenn ich nein gesagt hätte, also -"
„Bei den Göttern, Amber, rede doch nicht so um den heißen Brei herum, ich werde dich schon nicht beißen." Amber so unsicher zu sehen wäre ja irgendwo lustig, wenn sie denn nicht auch wirken würde, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.
„Sie, ähm, sie hat mir angeboten, mit ihr das Bett zu teilen", gesteht Amber kleinlaut, als hätte sie ein Kriegsverbrechen begangen.
Ich warte, doch es kommt nicht mehr. Dies scheint der Teil zu sein, der ihr solche Sorgen bereitet, was ich nicht ganz verstehe.
„Und weiter?", frage ich, als wir uns nur gegenseitig erwartungsvoll ansehen. „Was ist schlimmes zwischen euch passiert? War das nur ein komischer Scherz von ihr oder wie?"
Amber sieht wie vor den Kopf geschlagen aus. „Uhm." Sie schluckt nervös. „Nein, sie hat es ernst gemeint. Und ich, also, ich habe auch zugestimmt und ja, es war, also, ganz nett?"
Ich hebe erneut meine Augenbrauen. „Wieso klingt das wie eine Frage?"
Amber zuckt mit den Schultern und sucht mein Gesicht mit ihrem Blick ab, als würde sich dort etwas verstecken. „Keine Ahnung, es ist eigentlich keine. Ich bin nur verblüfft, dass du so, also, so ruhig bist."
Ich zucke mit den Schultern. „Mir ist es recht egal, mit wem du in ein Bett gehst oder auch nicht. Solange keiner dich oder du jemanden anderen gezwungen hast und alle Spaß hatten, gibt es wirklich wichtigere Dinge, um die ich mir Sorgen mache."
„Ach ja?", macht Amber vollkommen erstaunt. Ihr Mund hängt sogar ein wenig auf, als könne sie meine Worte nur zur Hälfte verstehen.
„Ja. Zum Beispiel starrt irgend so ein Mädchen deinen Rücken an", weise ich sie darauf hin und sie verschluckt sich beim Luft holen.
„Was?", keucht sie und presst sich eine Hand gegen die Brust.
Ich nicke und lächle dem Mädchen über ihre Schulter zu, als sie in unsere Richtung schaut. „Ja, sie winkt uns zu. Sie steht neben dem Kerl mit dem riesigen Bart und einen super komplizierten Flechtzopf. Und jetzt winkt sie mir zu, das ist ja unangenehm, ich kenne sie nicht mal."
Amber versteckt sich hinter ihren Händen und stöhnt leise. „Was soll ich denn machen?", jammert sie und späht hinter ihren Fingern zu mir auf.
Ich zucke mit den Schultern und sehe von dem Mädchen weg, das sich gerade in Bewegung setzt. „Keine Ahnung, aber du musst dich schnell entscheiden, denn sie kommt hierher."
„Was?", quietscht Amber und greift nach meinem Arm, doch ich weiche ihr aus.
„Wenn das wirklich deine Bekanntschaft ist gehe ich besser, sonst wird es nur unangenehm", grinse ich, als Amber wild den Kopf schüttelt und weiter nach mir greift, obwohl ich von ihr weg gehe.
„Wanda", protestiert sie und zuckt zusammen, als das Mädchen plötzlich hinter ihrer Schulter auftaucht.
Ich zwinkere ihr zu und verschwinde in der Menge.
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„Ich bin ein schreckliches Ungeheuer!" - Will, nachdem er aus den Bäumen gestolpert und fast auf seine Nase gefallen ist.
Es passiert so viel in diesem Kapitel, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.
Deswegen mache ich es erst genauso.
Ich habe mir eigentlich keine großen Gedanken darüber gemacht, wie realistisch so ein Schieferbruch an so einer Stelle ist, bis ich dieses Kapitel geschrieben habe.
Ein wenig Internetsuche später und ich habe immer noch keine Ahnung. Ich habe viel darüber gefunden, woraus Schiefer besteht und mit welchen Methoden man danach sucht, aber denkt ihr, es wird auch nur einmal erwähnt, wo, an welchen geografischen Stellen, man Schiefer findet?
PUSTEKUCHEN!
Ich war also genauso schlau wie davor und leicht genervt.
So lieben wir Recherche, was?
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