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Kᴀᴘɪᴛᴇʟ 20

Als ich meine Augen aufschlage, starre ich stumm an die Decke. Der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schießt, ist: Ich sterbe bald. Ich muss wohl eingenickt sein, während ich auf meinem Bett gesessen und in Selbstmitleid versunken bin. Wie lange habe ich wohl geschlafen? 

Mein Kopf brummt, weshalb ich meine Schläfen leicht massiere und mich langsam auf der knarzenden Matratze aufrichte. Mattes Licht scheint durch das getönte Fenster, doch ich kann nicht erkennen, welche Tageszeit gerade ist. Aber das ist wahrscheinlich sowieso egal. Ich will wissen, was mit Nora passiert. Ich will wissen, ob ich etwas an ihrem und an meinem Schicksal verändern kann. Das muss doch möglich sein, nicht? Irgendwo muss doch ein Weg sein, dieses Haus lebend zu verlassen.

Ich schwinge meine Beine aus dem Bett und trete zur Tür. Enttäuscht muss ich feststellen, dass die Tür abgesperrt ist. Natürlich. 

Mit wackligen Knien will ich wieder zu meinem Bett gehen, um mich erneut hinzulegen, doch das Geräusch eines Schlüssels im Schloss lässt mich innehalten. In Sekundenschnelle drehe ich mich um und reiße überrascht die Augen auf. 

„Steve?“, frage ich erstaunt, als ich das Gesicht des älteren Mannes erblicke, den ich zuletzt vor ein paar Tagen im Fecht-Zimmer kennengelernt habe. Der Mann, bei dem ich bezweifle, dass er freiwillig bei dieser Organisation arbeitet. Aber vielleicht täuschen mich auch meine Menschenkenntnisse dieses Mal. 

„Ja. Ich bin es“, erwidert Steve und ein mattes Lächeln erscheint auf seinen Lippen. Seine müden Augen mustern mich skeptisch, was möglicherweise daran liegen könnte, dass ich wie eine auferstandene Leiche aussehe. Wann habe ich überhaupt zuletzt in einen Spiegel gesehen? Ich muss wirklich grauenhaft aussehen. 

„Ich bin hier, um...“

„Um mir mitzuteilen, dass ich sterben werde? Danke, das weiß ich bereits.“ Ich versuche die Verbitterung in meiner Stimme zu verbergen, was mir nicht wirklich zu gelingen scheint. 

Meine Seele schlängelt sich leise um Steve, als würde sie nur noch auf mein Signal warten, um seine Seele zu lesen, doch ich halte sie mühsam zurück. Nicht jetzt. Und am besten nie mehr. Denn auch, wenn sie mir an David gezeigt hat, dass sie auch ohne Schmerz und Leid andere Seelen lesen kann, will ich sie nicht mehr nutzen. Weder um an Informationen zu gelangen, noch um anderen Schmerzen zuzufügen. 

Steve legt den Kopf leicht schief und in seinen klugen, erschöpften Augen liegt tiefes Mitgefühl. 

„Erinnerst du dich daran, wie du mich gefragt hast, ob ich hier freiwillig bin?“, fragt er und ich werde hellhörig. Ohne mit der Wimper zu zucken, erwidere ich seinen Blick, um ihm zu symbolisieren, dass er weiterreden soll.

„Ich habe dir damals gesagt, dass ich natürlich freiwillig hier bin, ...“

„...was aber nicht der Wahrheit entsprochen hat“, vervollständige ich seinen Satz erneut. Obwohl Steve nichts erwidert, kann ich anhand des Ausdrucks in seinen Augen erkennen, dass meine Vermutung stimmt. 

„Aber wieso bist du dann hier?“, frage ich, auch wenn es natürlich zahlreiche Erklärungen dafür gibt. Erpressung, Bedrohung, Mord. Steve schweigt eine Weile und räuspert sich schließlich, ehe er sich unruhig über das zerknitterte Hemd streicht.

"Es ist für meine Tochter", sagt er leise und schluckt. „Sie...sie hatte einen seltenen Defekt im Kleinhirn, der von keinem Arzt behandelt werden konnte.“ Hier in dieser Organisation scheinen viele Leute an einer Hirnkrankheit zu leiden. David, Steves Tochter - ja, sogar meine Mutter ist hierher gekommen, in der Hoffnung von dem Tumor geheilt zu werden. 

„Diese Organisation“, fährt Steve nun mit einer etwas festeren Stimme fort, „handelt ja vor allem mit Medikamenten und hat sich auf Hirnkrankheiten spezialisiert. Aber nicht nur das...hier werden auch Technologien entwickelt, alle speziell zur Bekämpfung von Tumoren und anderen Krankheiten im Gehirn. Ich...wir sind hierher gekommen, um Hilfe zu holen. Uns wurde versprochen, dass sie Lizzy heilen würden, es hat ja schließlich schon bei vielen Anderen geklappt, die ähnliche Krankheiten wie Lizzy hatten.“

Erwartungsvoll blicke ich Steve an. „Und? Haben sie deine Tochter - Lizzy - geheilt?“

„Ja, sie lebt noch“, sagt Steve und ich spüre Erleichterung in mir aufkommen. „Aber sie hängt von den Medikamenten und Behandlungen ab, die nur hier möglich sind. Ich kann mir all das nicht leisten, weshalb ich hier arbeite. Ich...ich wollte woanders arbeiten, habe die Leute hier angefleht mir noch Zeit zu geben, aber ich musste. Ich musste hier arbeiten. Sogar Lizzy muss hier arbeiten, um ihre eigenen Therapien zu finanzieren. Für diese kriminelle Organisation - die aber das Leben von Lizzy garantiert. Du verstehst das doch, oder?“ Ich nicke und merke, dass sich ein Kloß in meinem Hals gebildet hat. Für Nora hätte ich das Gleiche getan. 

„Und der Grund, wieso ich eigentlich hier bin“, fährt Steve nun fort und wischt sich ein paar Schweißtropfen von der Stirn, während er sich unruhig im leeren Gang umblickt und seine Stimme senkt. „Ich wollte dir sagen, dass ich nichts für dich tun kann. Du...du bist Lizzy sehr ähnlich. Sie ist auch eine Kämpferseele und liebt das Fechten. Ich würde dir so wahnsinnig gerne helfen, du kannst schließlich nichts dafür, dass du hier bist. Aber ich kann das nicht, verstehst du?“ Er senkt seinen Blick. „Sie würden Lizzy töten, wenn ich dir zu einer Flucht verhelfen würde. Sie würden sie töten und mich noch dazu.“

Ich kann nichts erwidern, denn mir erscheint jedes Wort, das in meinen Gedanken schwirrt, unpassend. Ich will ihm sagen, dass er sich nicht dafür entschuldigen muss, seine Tochter schützen zu wollen, doch das würde heißen, dass ich dafür meinen Tod akzeptieren müsste, oder? Und ich akzeptiere ihn nicht, ich will leben. Und ich will, dass Nora lebt. 

„Aber auch wenn ich dir nicht helfen kann, finde ich, dass du es verdienst, den Grund für deinen ... Tod zu verdienen.“ Ich kann mir ein Schnauben nicht verkneifen. Als ob ich mich noch dafür interessiere, wenn ich tot bin. Dennoch spüre ich eine gewisse Neugier in mir aufsteigen. 

„Ach ja? Was ist denn der Grund?“, frage ich mit möglichst fester Stimme, doch sie erklingt nicht einmal halb so sicher, wie ich es haben will. 

„Weißt du, dass hier in diesem Haus noch eine andere Seelenleserin ist?“ Ich nicke und Steve entspannt sich, wahrscheinlich, weil nicht er derjenige ist, der mir diese Information zukommen lässt. 

„Nun, hast du dich jemals gewundert, wieso diese Organisation gegründet wurde?“

„Geld“, erwidere ich, wie aus der Pistole geschossen, weil es, was diesen Punkt angeht, keine Zweifel gibt. Mit geschmuggelten Medikamenten kann man ein unglaubliches Vermögen aufbauen, welches einem ein luxuriöses Leben garantiert. 

„Nicht nur Geld“, sagt Steve leise und blickt sich erneut misstrauisch um. „Auch Liebe.“

Überrascht reiße ich die Augen auf, während ich mal wieder aus reiner schlechten Gewohnheit auf meiner Unterlippe kaue. Der Chef kann lieben? Eigentlich sollte mich das nicht überraschen, denn selbst die schrecklichsten Menschen können in der Lage sein, Liebe zu verspüren. Nicht selten werden Morde oder andere Straftaten aus Liebe begangen.

„Seine Frau hat eine Krankheit. Eine sehr seltene Krankheit im Stammhirn“, erklärt Steve und ich streiche mir gedankenverloren über die Schläfe. Das ist also der Grund, wieso diese Organisation existiert. Der Chef möchte seine kranke Frau heilen. Ich strenge mich an, um einen Funken Mitgefühl aufzubringen, doch es geht nicht. Nicht für den Menschen, der mich töten will. 

„Seit du hier bist, geht es seiner Frau schlechter. Sie wird schwächer und schwächer“

„Aber was habe ich damit...?“ Mitten im Satz halte ich inne und Hitze schießt mir ins Gesicht. Sie ist schwächer geworden. Das sind die Worte, die ich immer wieder zu hören bekommen habe. Bisher dachte ich immer, es handele sich hierbei um die Seelenleserin, mit der ich geredet habe. Aber vielleicht...

„Dann hat die Frau des Chefs nicht nur eine Hirnkrankheit, sondern ist auch die Seelenleserin?“, frage ich entgeistert und schaffe es nun tatsächlich Empathie für sie zu entwickeln. Dann habe ich, als ich ohnmächtig war, mit der Frau des Chefs geredet. Sie war so freundlich und warm, hat mir Geborgenheit geschenkt. Aber vielleicht habe ich mich nur so wohl in ihrer Nähe gefühlt, weil ich zum ersten Mal in meinem Leben nicht alleine mit meiner Gabe war. Natürlich hat Nora mich all die Jahre immer unterstützt, aber sie konnte nicht genau das nachvollziehen, was ich durchleben musste. 

Als Steve zustimmend nickt, runzele ich die Stirn. „Aber was habe ich damit zu tun? Ich kann doch nichts dafür, dass sie schwächer wird.“

„Ihre Seele ist seit deiner Ankunft stärker geworden“, erwidert Steve und ich zucke unwillkürlich zusammen. Meine Seele beginnt erneut zu flüstern und zu summen und erinnert mich wieder daran, dass auch sie stärker geworden ist. Stärker und mächtiger. Sie hat beinahe die vollständige Kontrolle übernommen.

„Und deshalb muss ich sterben“, stelle ich matt fest. „Weil der Chef mich dafür verantwortlich macht, dass seine Frau leidet. Aber wieso kann er mich nicht einfach ans andere Ende der Welt bringen? Er war doch derjenige, der mich in ihre Nähe gebracht und somit dazu beigetragen hat, dass unsere Seelen die Kontrolle verloren hat.“

„Er hat dich für Untersuchungen hergebracht, um die Seele zu erforschen. Er wusste, dass seine Frau zu schwach war, um so etwas durchzustehen, doch er wollte ihr helfen gegen diesen Schmerz zu kämpfen. Vermutlich dachte er, dass es irgendeinen Weg geben muss, diesen Fluch oder diese Gabe, wie auch immer man es nennen mag, zu beenden“, fährt Steve fort, während ich seinen Worten wie gebannt lausche. „Als Juliett dich durch Zufall auf der Straße getroffen hat, hat der Chef erfahren, dass seine Frau nicht die Einzige ist, die Seelen lesen kann. Er hat deine Entführung durchgeführt, um an dir Untersuchungen zu führen, die er nicht an seiner eigenen Frau gewagt hat.“

„Und es ist schief gelaufen, weil er keine relevanten Ergebnisse gefunden hat“, vermute ich und mein Herz sackt mir in die Hose, als Steve bedauernd nickt. „Noch schlimmer, ihr Zustand ist nicht nur gleich schlecht geblieben, sondern ist bei weitem schlechter geworden. Der Chef denkt, dass dein Tod ihrer Seele vielleicht gut tun wird.“

Ein Schauer läuft mir über den Rücken.

Schritte erklingen im Gang und Steve reißt entsetzt die Augen auf. „Ich muss weg“, flüstert er und will die Tür vor meiner Nase zuschlagen, doch ich stelle meinen Fuß in den Weg. 

„Ich danke dir Steve. Deine Tochter hat Glück so einen Vater zu haben, der all das für sie tut.“ Meine Stimme ist heiser, doch in ihr schwingt Ehrlichkeit.

Steve lächelt mir matt zu und verschließt die Tür, nachdem ich meinen Fuß wieder zurückgezogen habe. 

Wie erstarrt bleibe ich mitten im düsteren Raum stehen und starre auf die Tür. Jetzt ist es also endlich dazu gekommen. Mir wurden die meisten meiner Fragen beantwortet. Ich weiß, wer sie ist, wieso ich hier bin und, was es mit der anderen Seelenleserin auf sich hat. Doch eines bleibt noch offen:

Was passiert, wenn ich mich der Seele der anderen Seelenleserin nähere? Sie hat gesagt, es würde uns zerstören. Doch wieso? Wieso kann ich mich ihr nicht nähern? Meine Hände zittern. Das spärliche Licht, das durch das getönte Fenster gelangt wird weniger, die Dämmerung scheint einzutreten. 

Plötzlich öffnet sich die Tür erneut und ich erwarte, dass Steve mir noch etwas zu sagen hat, doch es ist nicht der alte, freundliche Mann. Es ist David. 

Und sein Blick verheißt nichts Gutes. 

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