Eine ganze Weile lagen wir einfach beieinander im Bett. Die letzten Wochen waren anstrengend gewesen. Sowohl wegen der Uni als auch wegen dem ganzen psychischen Stress. Von ihm in dieser Zeit getrennt zu sein, war schwer gewesen, weil mir einfach die emotionale Stütze fehlte.
Katsuki hatte nach unserem Gespräch die Augen noch einmal geschlossen. Er atmete tief und langsam, aber er schien nicht zu schlafen, denn er fuhr noch immer durch meine Haare. Doch sein Gesichtsausdruck war entspannt und ich musste bei dem Anblick lächeln. Den Hitzkopf so ruhig und entspannt zu sehen, war wirklich eine Seltenheit.
Ich hörte Stimmen auf dem Flur, als allmählich Leben in das Wohnheim kam. Doch ich machte keine Anstalten aufzustehen und von Katsukis Seite zu weichen. Natürlich war das Risiko jetzt größer gesehen zu werden, wenn ich Katsukis Zimmer verließ. Aber jetzt war es sowieso zu spät. Es machte keinen Unterschied ob ich jetzt sofort oder ein wenig später hinunter gehen würde.
Doch schließlich rollte sich Katsuki auf die Seite und stützte sich ein wenig hoch. „Wollen wir da heute noch hin?", fragte er nachdem er mich kurz nachdenklich betrachtete.
Ich zog eine Augenbraue hoch. „Heute?"
Er zuckte mit den Schultern. „Wieso sollten wir es wann anders versuchen? Vielleicht ist es ja auch ein totaler Reinfall, aber versuchen schadet doch nicht..."
Ich lächelte. „Du hast recht. Ich hoffe, wir stören diese Frau mit unseren Fragen nicht zu sehr. Schließlich kennen wir diese Frau nicht und unsere Fragen könnten sowohl uns als auch sie in Schwierigkeiten bringen. Nur weil sie mit dem Erfinder des Zeitreiseprogramms vertraut ist, oder sich um ihn kümmert, heißt das noch lange nicht, dass sie über seine Vergangenheit Bescheid weiß."
Katsuki stieg über mich, kletterte so aus dem Bett und streckte sich. Sein muskulöser Bauch blitzte bei dieser Bewegung kurz unter seinem T-Shirt hervor. Als ich bemerkte, dass ich ihn angestarrt hatte, errötete ich und schaute weg.
„Ich muss dir noch etwas erzählen", sagte Katsuki, während er seinen Kleiderschrank öffnete. Interessiert richtete ich mich auf. „Ich wurde beim Ausbildungsprogramm der Spezialeinheit angenommen."
Ich erstarrte. Er hatte es so beiläufig gesagt, als wäre es keine große Sache. Ich schluckte schwer und runzelte die Stirn. „Uhm ... Glückwunsch?"
Katsuki schnaubte. „Ich weiß, dass du nicht sonderlich begeistert darüber bist. Und so schnell wird auch nichts passieren. Die ersten beiden Jahre kann ich parallel zum Studium machen und erst dann wird es ernst."
Ich schaute auf meine Hände. „Dann bist du doch noch immer im Masterstudium?"
Katsuki schnaubte. „Erstens ist gar nicht gesagt, ob ich das so lange durchziehe und zweitens ist es durchaus möglich, dass ich mein Studium verkürzen kann."
Ich dachte an die Auszeichnung, die Katsuki in meinen Recherchen von der Uni bekommen hatte und lachte leise, bevor ich wieder hochschaute. „Ich habe keinen Zweifel daran."
Katsuki verdrehte die Augen und verschwand im Badezimmer. „Jetzt steh endlich auf. Ich will gleich los!"
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Auf dem Weg zu meiner neuen Bekanntschaft, besser gesagt zu Nana Shimura, begegneten wir niemanden, den wir kannte. Ich war sehr erleichtert darüber. Denn ich wollte nur ungern meine Freunde anlügen, aber die Wahrheit würde ich ihnen einfach nicht erzählen können.
Katsuki und ich hatten beschlossen zu Fuß zu gehen. Zwar hatte ich vorher auch nochmal nachgeschaut, wo genau die Wohnung lag, aber es war nicht sonderlich weit. Ich wusste nicht, ob es Katsuki ähnlich ging, aber ich sah keinerlei Grund darin die Zeit mit ihm zu verkürzen, indem wir die U-Bahn nahmen. Vielleicht, auch wenn ich das Katsuki gegenüber nicht erwähnte, nahm ich sogar absichtlich den Weg durch den Park, obwohl er ein wenig länger war, nur damit ich etwas länger mit ihm spazieren gehen konnte.
Die Bäume trugen bereits ihr Herbstlaub. Die Sonne schien durch sie hindurch und tauchte alles in ein magisches Licht. Ich legte den Kopf in den Nacken und genoss den Moment. In letzter Zeit war es selten, dass ich mich so entspannen konnte wie an diesem Morgen. Ich genoss die angenehme Stille, die zwischen uns beiden herrschte und konzentrierte mich auf das Gefühl von Katsukis Handrücken, der gelegentlich den meinen streifte.
Doch wie gesagt, war der Ansitz von Nana Shimura nicht wirklich weit entfernt und so standen wir nur wenig später vor der Haustür, an der ich gestern Abend den Mann abgeliefert hatte. Ich atmete tief durch und betätigte die Klingel.
Es war ein kurzes Knacken zu hören, dann erklang dieselbe Stimme, die ich auch am Vorabend vernommen hatte durch die Freisprechanlage. „Ja?"
Nervös druckste ich ein wenig herum. „Ich habe gestern Abend einen älteren Mann zu Ihnen zurückgebracht...? Ich ... uhm würde ganz gerne mit Ihnen reden..."
„Wer sind Sie?", ihre Stimme wirkte skeptisch und distanziert.
Ich sah Katsuki kurz an, der nur mit den Schultern zuckte. „Eijirou Kirishima...", sagte ich schließlich zögernd. Es herrschte einen Moment Stille, dann erklang zu meiner Überraschung der Türsummer. Schnell machte ich die Tür auf.
Katsuki folgte mir auf dem Fuße. Kurz stutzte ich, da ich nicht wusste in welches Stockwerk wir mussten, doch dann hörte ich, wie sich direkt rechts von uns eine Haustür öffnete.
In der Tür stand eine junge drahtige Frau, mit dichtem schwarzen Haar. Dunkle feurig intelligente Augen beobachteten uns, als wir näherkamen. „Wer von euch beiden ist Kirishima?" Ihr Blick wanderte aufmerksam von Katsuki zu mir.
„Das bin ich", sagte ich etwas verlegen.
Ihr Blick wanderte zurück zu Katsuki. „Und wer bist du dann?"
Er runzelte die Stirn. „Katsuki Bakugou", sagte ein wenig zu nachdrücklich.
Die Augenbrauen der Frau hoben sich ein wenig. „Na, wenn das so ist ... Kommt rein, Jungs."
Wir folgten ihrer Aufforderung. Ich spürte, dass Katsuki recht angespannt war. Doch er sagte kein Wort, als er sich die Schuhe von den Füßen streifte und sich in der schlichten, aber modernen Wohnung umsah. Ich legte ihm kurz beruhigend eine Hand auf die Schulter, bevor ich Nana in das Wohnzimmer folgte. Ich hielt inne, als ich an dem Esstisch auf einmal den Mann vom Vorabend sah. Katsuki lief mir in die Hacken und fluchte dann leise.
„Schau mal, Kirishima ist da", sagte Nana und legte dem alten Mann eine Hand auf die Schulter.
Sein Blick flackerte zu mir. „Ah. Hm." Unsicher sah er zu Katsuki und dann wieder zu Nana. „Wer?"
Katsuki hinter mir schnaubte verdrossen. Nana warf ihm einen scharfen Blick zu. „Er ist dement, kein Grund sich über ihn zu amüsieren."
Katsuki verzog das Gesicht. „Ich mach mich nicht über ihn lustig. Ich dachte nur Eiji würde übertreiben, als er sagte, dass er verwirrt sei. Aber auf dessen Informationen werden wir uns wohl wirklich nicht verlassen können."
„Informationen sind Mangelware, ich kenne dich nicht. Finde dich damit ab", fauchte sie zurück. Ihr Blick wanderte zu mir. „Sei froh, dass ich deinen Namen kenne. Sonst hätte ich euch gar nicht erst hineingelassen!"
„Sie kennen meinen Namen?", fragte ich überrascht. „Woher?"
Sie nickte zu dem alten Mann herab. „Natürlich von ihm. Ohne meine Hilfe hätte er den gestrigen Tag gar nicht für einen Seelensprung freigeben können. Er hat es mir vor etwa zehn Jahren aufgetragen, als seine Demenz diagnostiziert wurde. Er hat mir eine Liste mit Tagen gegeben, die er trotz seines Alters freigeben möchte. Und auf diesem Zettel stand in erster Linie dein Name."
„Er wird sich öfter mit mir treffen?"
Sie schaut kurz weg. „Ich halte es nicht für klug, dir so exakte Details über deine Zukunft zu geben. Aber glaube mir, bis ich den nächsten Tag für ihn freigeben soll, vergeht noch ein wenig Zeit." Ich nickte bedächtig und sie warf mir ein kleines Lächeln zu. „Ich hoffe ihr hattet gestern ein gutes Gespräch. Als er das Haus verließ, war er wirklich guter Dinge."
Ich lachte verlegen. „Es hat ein paar Fragen beantwortet und noch viel mehr aufgeworfen. Dieses ganze Thema rund um das ZRP scheint mir so verwirrend."
Katsuki zischte. „Pass auf was du sagst, du kennst diese Person nicht."
Nana warf ihm einen herablassenden Blick zu. „Junger Mann. Glaubst du wirklich, dass ich dem Erfinder des Projektes All for One, demjenigen der in der Zukunft ein Potenzial für den Frieden gesehen hat, unterstützen würde, wenn ich nicht ebenfalls dahinter stünde? Dieser Mann hatte eine Vision. Eine Vision vom Frieden. Ich lasse mich nicht beleidigen, indem du implizierst ich würde mit dem ZRP gemeinsame Sache machen!"
Katsuki verschränkte die Arme und grinste. „So gefallen Sie mir schon besser."
Nana schnaubte und verdrehte die Augen. Dann wandte Sie sich lächelnd wieder zu mir. „Ich weiß nicht exakt, was ihr beide besprochen habt, aber", sie ging auf mich zu und legte mir beide Hände auf die Schultern, „so wie ich ihn kenne, hat er große Erwartungen an dich. Ich weiß nicht viel. Ich weiß nur, dass du es geschafft hast die Zeitlinie zu verändern und das allein ist etwas Besonderes. Er meinte zu mir, dass du großes Potential besitzt."
Ich ließ die Schultern verunsichert ein wenig sinken. „Wie soll ich denn mit diesem Druck umgehen? Ich weiß doch quasi gar nichts! Bei Ihnen klingt das so, als würden Sie von mir Heldentaten verlangen..."
Nana lächelte sanft. „Ich werde dir so viel erzählen, wie ich nur kann. Und vielleicht steckt mehr Heldenpotential in dir, als du denkst." Dann legte zwei Finger an meine Mundwinkel und schob sie lachend nach oben. „Und ein wahrer Held lächelt, so düster die Situation auch seinen mag."
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