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Lese-Tag 6/9
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Ich wachte neben Sebastian auf. Es war der letzte Mittwoch, den ich gemeinsam mit ihm genießen konnte. Der Junge neben mir hatte mich geweckt, indem er gesagt hatte: «Hey, Felix. Aufstehen, du musst zur Schule.» «Ach, Sebastian. Können wir nicht einfach heute und morgen hierbleiben und einfach nichts tun?», versuchte ich ihn zu überzeugen. «Egal wie verlockend das ist, aber du musst zur Schule, Felix», grinste Sebastian mich an. Ich seufzte auf: «Bitte Sebastian.» Er schüttelte nur den Kopf.
Gezwungener Maßen saß ich in dem kleinen Klassenraum neben meinem besten Freund und fing jetzt schon an das alles zu vermissen. Immer wieder stupste Hannes mich an, damit ich weiter aufpasste, doch ich tat es nicht. Warum auch? Das war mein vorletzter Tag an dieser Schule.
In der Pause saßen wir beide wieder im PZ. Der kleine braunhaarige Junge neben mir versuchte immer wieder ein Gespräch aufzubauen, doch er scheiterte. Irgendwann seufzte er genervt auf: «Felix, was ist los? Und jetzt sag nicht, dass nichts ist, denn das merkt wirklich jeder. Sogar die Lehrer haben dich doof angeguckt.» Ich schluckte, doch fing an zu reden. Er sollte es schließlich auch von mir erfahren und nicht von irgendjemandem: «Hannes, ich... Das ist mein vorletzter Schultag an dieser Schule. Ich ziehe am Freitag nach München.» Seine Kinnlade war, während ich das sagte, nach unten gefallen. «Ich habe eine Anfrage von Bayern bekommen und mein Vater meinte, dass ich sie annehmen muss und hat mir so diese Entscheidung abgenommen», erklärte ich weiter. Mein bester Freund sah mich nur an und fragte dann etwas, was mich irgendwie aus der Fassung brachte: «Weiß Sebastian es schon?» Ich schüttelte nur den Kopf. «Du musst es ihm sagen, Felix», redete er auf mich ein. «Ach man, natürlich muss ich das, aber das mache ich am Freitagmorgen. Es reichte, dass ich ein Emotionales-Frack bin, wenn wir zusammen sind. Da muss er das nicht auch noch sein.» Und so saßen wir in der Pause. Beide mit unseren eigenen Gedanken beschäftigt. Wir wussten beide, dass das hier der vorletzte Tag war, an dem wir uns sehen würden. Erstmal.
«Sebastian, kannst du heute hier schlafen?», fragte ich meinen Freund an diesem Nachmittag. Er war zu mir gekommen, weil ich ihn darum gebeten hatte. Wir lagen beide aneinander gekuschelt auf meinem Bett. Es war so hart für mich, zu wissen, dass das der vorletzte Tag mit ihm war. «Es tut mir leid, Felix, aber Stella hatte mich schon vor längerer Zeit gefragt. Sie meinte, wir müssen nochmal mehr zusammen machen. Ich könnte von Morgen auf Übermorgen hier bei dir sein.» Am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass er ab Freitag genug Zeit mit Stella hatte und dass er einfach bei mir bleiben sollte, doch ich tat es nicht. Ich wollte ihm nicht die Stimmung versauen. «Ok», murmelte ich nur bedrückt. «Ach, Felix. Was ist eigentlich in letzter Zeit mit dir los? Du bist seit gestern Abend so emotional und traurig.» Diese Worte meines Freundes brachten mich zum Weinen. Ich schluchzte auf und vergrub mein Gesicht in seinem Hoodie. Es war so ungerecht. Warum musste ich auch wegmüssen? Ich wollte das alles doch gar nicht. Ich wollte einfach weiterhin den Großteil meiner Zeit bei Sebastian verbringen. Er erfüllte mich so sehr und es war einfach so viel schöner mit ihm als alleine. Ohne ihn war ich verloren als könnte ich ohne ihn nicht überleben. Jeder Tag ohne ihn ließ mich verzweifeln und jetzt sollte ich das für immer aufgeben.
«Felix, alles wird gut», murmelte er leise an mein Ohr. «Ach was, nichts wird gut. Du hast doch gar keine Ahnung», schluchzte ich gegen seine Brust. «Dann erzähl mir davon.» Ich schüttelte nur immer wieder den Kopf. Ihm sollte es nicht so gehen wie mir. Er sollte glücklich sein.
«Felix, ich fühle mich schlecht, wenn ich jetzt einfach so gehe», sprach er seine Bedenken aus. Ich sah ihn nur an und gegen meinen Willen sagte ich: «Du musst nicht hierbleiben, ich schaffe das auch alleine und außerdem kommst du ja morgen wieder.» Diese Worte waren so gelogen. Es war absolut nicht in meinem Interesse ihn gehen zu lassen. «Bist du dir sicher, dass dich das nicht stört?», wollte er noch wissen und ich nickte nur. Es war so falsch, aber ich tat es. Langsam löste ich mich von ihm. «Na geh schon, Stella wartet bestimmt schon auf dich», versuchte ich mit einem Lächeln im Gesicht zu sagen, doch dies gelang mir nur halbwegs. Er drückte mir noch einen kurzen Kuss auf meine Haare, bevor er mein Zimmer und das Haus zum wahrscheinlich vorletzten Mal verließ.
Ich vergrub mich einfach nur in meinem Bett und weinte. Die ganze Zeit weinte ich bis ich in einen traumlosen Schlaf fiel.
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