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Tag 1

Die Wachsmalstifte kratzen unnachgiebig über das Papier, während die Zeichnung auf dem Blatt Papier langsam Form annimmt. Noch ein Strich hier, ein weiterer Strich da.

Ich darf Sam nicht vergessen. Niemals!

Ein Strich folgt dem Nächsten, während sich das Bild langsam zu einem großen Ganzen zusammenfügt. Wie besessen male ich die Konturen seiner Lippen nach und betrachte die leeren Höhlen, in denen seine Augen nur darauf warten, gemalt zu werden.

Seine Augen...

Im gesamten letzten Jahr ist es mir noch kein einziges Mal gelungen, seine Augen zu treffen. Zum Einen fehlen mir die richtigen Brauntöne, die seine tiefen, warmen Augen ausgemacht haben. Zum Anderen aber wirken sie jedes Mal, wenn ich mich dazu durchringen kann, sie zu malen, so leblos, wie beim letzten Mal, als ich sie gesehen habe.

In eine Art Trance verfallen schrecke ich auf, als das laute Quietschen eines Stuhls gegenüber von mir ertönt. Mein Blick wandert genervt zu dem Ruhestörer. Der Junge ist in meinem Alter und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihn hier noch nie gesehen habe. Und ich kenne hier wirklich jeden, da diese Nervenheilanstalt ziemlich klein ist. Ich mustere kurz sein einladendes Lächeln. Er wirkt nett auf mich. Am Anfang meiner Zeit hier habe ich mich oft aus Langeweile gefragt, weshalb manche Insassen überhaupt hier gelandet sind. Bei manchen Personen ist es ziemlich offensichtlich gewesen und bei manch Anderen eben nicht. Im Laufe der Zeit aber habe ich das Interesse daran verloren.

Ich widme mich wieder dem Bild vor mir. Das Gesicht von Sam ist bereits erkennbar, doch es ist noch lange nicht gut genug.

"Ich bin Alex."

Die Stimme des Neuankömmlings ist erstaunlich tief für sein junges Alter. Mir fällt auf, dass es schon lange her ist, dass mich jemand direkt angesprochen hat.

Er hat ja auch noch keine Ahnung, was mit dir nicht stimmt.

Unbeeindruckt male ich an dem Bild weiter, als hätte ich nichts gehört. Dies hält Alex jedoch keinesfalls davon ab, sich auf den Stuhl gegenüber von mir zu setzen. Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen, doch seine Anwesenheit bringt mich aus dem Konzept. Und diese Ablenkung kann ich nicht gebrauchen, wenn ich die Zeichnung dieses Mal perfekt machen will.

"Du malst wohl gerne, was?"

Ich blicke immer noch nicht von dem Bild auf, halte aber inne.

"Sie wird dir nicht antworten. Sie ist zu stolz, um sich mit uns - dem Abschaum - abzugeben", höre ich eine mir bekannte, piepsige Stimme anstatt meiner Wenigkeit antworten.

Mein Blick wandert langsam zu Sarah, die sich an den Tisch gestellt hat, und mich mit einem spöttischen Blick mustert. Obwohl wir hier alle unsere eigenen Probleme haben, scheint Sarah es sich zum Hobby gemacht zu haben, einige Wenige von uns zu terrorisieren. Sie gehört zu dieser Art von Insassen, bei denen man sich auf den ersten Blick sicher ist, dass sie fälschlicherweise in solch eine Anstalt eingewiesen wurde, nur um dann doch zu erfahren, dass sie ihre Eltern und Geschwister mit einer einzigen Nagelfeile ermordet hat, weil Gott es ihr befohlen hat.

Man möchte meinen, dass es in einer Nervenheilanstalt keine sozialen Untergruppen gibt wie damals in der Schule. Schließlich gibt es hier keine coolen oder uncoolen Kids, weil wir alle zum Abschaum der Gesellschaft zählen, oder? Falsch gedacht! Auch hier gibt es einen großen coolen und viele kleine uncoole Tische. Und Sarah gehört eindeutig zu dem coolen Tisch. Sie wendet sich wieder dem Neuankömmling zu.

"Ich bin übrigens Sarah. Willst du nicht lieber mit einer Person abhängen, die dir auch antwortet, wenn du sie ganz lieb und freundlich ansprichst?"

Alex überrascht mich, indem er sich von Sarah abwendet und sagt:

"Nein, danke, ich bin nicht so der Fan von gackernden Hühnern."

Ich bin so überrascht von seiner Aussage, dass ich mich dabei erwische, wie meine Mundwinkel verdächtig zu zucken beginnen. Sarahs böser Blick wandert von ihm zu mir. Purer Hass schlägt mir entgegen. Bevor ich überhaupt reagieren kann, hat sie sich bereits zu mir gelehnt und das Bild unter meinen Händen weggerissen. 

Genugtuung spiegelt sich in ihrem Gesicht, als sie langsam das Blatt in ihren Händen zu einem Ball zerdrückt. Mit einem Lächeln schmeißt sie das zerknüllte Stückchen Papier in die Mitte des Tisches und geht mit schwingenden Hüften zurück an ihren Tisch.

Vor ein paar Monaten noch hätte ich mich auf sie gestürzt und ihr jedes lange, blonde Haar einzeln herausgerissen, doch ich habe mich bereits daran gewöhnt, nie mit der perfekten Zeichnung fertig zu werden. Warum soll es dieses Mal auch anders sein? Keine Zeichnung der Welt kann ihm gerecht werden und wird es auch niemals können.

"Es tut mir wirklich Leid."

Alex' tiefe Stimme durchdringt die Stille. Mein Blick wandert zu seinem Gesicht, dem ich das erste Mal wirklich Beachtung schenke. Er hat dunkle Locken, die ihm fast in die farblich undefinierbaren, hellen Augen fallen. Wenn ich seine Augenfarbe beschreiben müsste, würde ich auf eine Mischung aus Blau und Silber tippen, wobei einige goldene Sprenkel darunter erkennbar sind. Diese Augenfarbe würde bestimmt auch nicht einfach zu malen sein.

Bei dem Gedanken ertappe ich mich dabei, wie das Gesicht von Sam vor meinem inneren Auge erscheint. Ich blicke auf das zerknüllte Stück Papier in der Mitte des Tisches.

"Weißt du? Es ist schön, mal zur Abwechslung mit einer jungen Frau zu sprechen, die nicht so viel redet."

Ich weiß nicht, was ich erwartet habe. Wahrscheinlicher wäre es gewesen, wenn er einfach aufgestanden und gegangen wäre. Jedenfalls habe ich nicht mit einer einseitigen Unterhalt seinerseits gerechnet.

Mein Blick wandert zu seinem lächelnden Gesicht. Ich weiß nicht genau, woran es liegt, aber sein Lächeln steckt mich an. Seit Monaten habe ich nicht mehr auch nur ansatzweise solche Gefühle gehabt. Jedenfalls ertappe ich mich selbst dabei, wie sich ein sehr kleines Lächeln auf meinen Lippen bildet.

Du hast es nicht verdient zu lächeln. Hör sofort damit auf! Es ist allein deine Schuld, dass er jetzt zwei Meter unter der Erde liegt!

Sofort presse ich meine Lippen zusammen und springe vom Stuhl auf. Ich muss einfach weg von Alex, er tut mir nicht gut. Bevor ich an ihm vorbeilaufen kann, spüre ich eine Hand, die sich um mein Handgelenk schließt. Wie paralysiert bleibe ich stehen und blicke auf die Stelle, wo sich unsere Haut berührt.

"Sehe ich dich morgen wieder?"

Ich blicke auf in sein Gesicht und versuche herauszulesen, ob er es ernst meint oder irgendein Spielchen mit mir spielt. Doch in seinen Augen erkenne ich pure Aufrichtigkeit. In Gedanken antworte ich auf seine bescheuerte Frage.

Natürlich sehen wir uns morgen. Wir werden uns jeden Tag sehen, bis einer von uns hier rauskommt.

Anstatt ihm jedoch diese Antwort zu geben, entreiße ich ihm mein Handgelenk und fliehe in Richtung Tür. Bevor ich den Aufenthaltsraum verlasse, höre ich seine Stimme, die mir hinterherruft:

"Bis morgen dann!"

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