Einmal durch Tokyo I - Sakura Part II
Gestern bin ich freiwillig gaaaanz früh aufgestanden - diesmal wirklich. Und zwar um 4 Uhr morgens.
Das hatte natürlich einen Grund. Und zwar wollte ich mich auf Sakurajagd begeben - angefangen im von meinem Chef denunziertem Yoyogi Park. Weil ich selber ahnte, dass in der größten Stadt der Welt in der die Kirschblüte auch nicht länger als eine Woche dauert, sich alles auf die großen Grünflächen wirft, sowohl Japaner als auch Touristen, hab ich mir gedacht, ich fahre einfach bei Sonnenaufgang hin. Dabei sollten auch ein paar schöne Bilder herausspringen, besonders, da die Wettervorhersage für diesen Tag das beste Wetter der Woche ankündigt.
Problem nur ... der erste Zug erreicht die Haltestelle Yoyogi Hachiman nach Sonnenaufgang. Jedenfalls der erste Zug, der an meiner Haltestelle vorbeikommt. Zwei Haltestellen weiter, wird ein Zug schon zehn Minuten eher eingesetzt. Und um diesen Zug zu bekommen, bin ich extra noch eine halbe Stunde eher aufgestanden, um zu dieser Haltestelle zu latschen.
Das Problem mit frühen Aufstehzeiten ist allerdings, dass mein Kopf sie nicht ernst nimmt. Ich denke, da ist igrnedwas psychologisches am Gang, aber sobald ich einen Wecker auf vier stelle und erst um Mitternacht ins Bett gehe, kann ich gar nicht mehr schlafen. Als ob mein Körper entscheiden würde, dass es sich eh nicht lohnt. Den Satz "besser als gar nicht" scheint er nicht zu kennen.
Ich hab beim Klingeln meines Weckers zunächst dran gedacht, meine Pläne in den Wind zu schlagen, jetzt danach bin ich aber sehr froh, meinen inneren Schweinehund überwunden zu haben. Denn ich hab ein paar Fotos schießen können.
Ähm was ... "kopieren von 447 Dateien nicht möglich, geben Sie Speicherplatz frei"
Ach, Dreck aber auch.
Yoyogi Park präsentierte sich nicht gerade von seiner besten Seite. Überall lag ein Haufen Müll von den gestrigen Sakura "Partys" den die Krähen unter lautem Krächezen gierig auseinanderpfückten. Da kam man sich eher wie auf einem modernen Schlachtfeld vor - einem Schlachtfeld, auf den um die besten Plätze unter den Bäumen gekämpft wird.
Ich hab davon gelesen, dass Firmen ihre Praktikanten morgens in den Park schicken, um dort einen Platz freizuhalten, wenn der Rest der Firma dann abends die Kirschblüte genießen will. Da erscheint das Kaffeekochen doch plötzlich die interessantere Beschäftigung zu sein.
Manche nehmen es auch wirklich ernst. Ich hab da einen Kerl mit einem Zelt gesehen, der ohl schon seit gestern Abend diesen Platz freihält ... vermutlich kommt er von weiter weg, aber selbst mir ist es ja gelungen, den Yoyogi Park so gut wie menschenleer vorzufinden.
(Aber ihr seht, was da noch im Hintergrund alles rumlieg...)
Naja, war also nichts mit Fotos, wo mal der Boden mit drauf ist ... das werden keine schönen Bilder, so viel Müll, wie da rum lag (bin etwas geschockt, bin das nicht von Japan gewohnt). Also die Herausforderung an mich als Künstler, trotzdem was Schönes draus zu machen - wie ich in Naha gelernt habe, kommt's ja hauptsächlich auf die Perspektive an, nicht wahr?
Also dann, Yoyogi Park im Morgengrauen, so schön wie ich die hässlichen Seiten wegschneiden konnte (traut nie einem Fotografen, Leute):
Später sah man dann die ersten Jogger und Frühsportler durch den Park turnen. Ab diesen Moment entschied ich mich, dass ein taktischer Rückzug nun angebracht sah, bevor ich mich noch mit Motiation anstecke. Ich hatte schließlich, was ich wollte ^^
Was ich nach Yoyogi Park fand, war eine gute Gelegenheit. Ihr erinnert euch an den Schrein, den ich im Shibuya Kapitel im Schnelldurchlauf abgehakt habe? Der ist direkt neben dem Park.
Wie lange ich gewartet habe, um dieses Bild zu schießen? So viel Zeit, wie es mich gekostet hat, die Kamera aus der Tasche zu holen und auszurichten. Da war absolut niemand. Ich sollte Touristenziele nur noch zu solchen Zeiten anlaufen. Ich meine, das Licht dazu ist auch echt wundervoll °-° Also hier ist er nochmal, der Meijijingu ^^ Diesmal in Ganz xD
Für das letzte Foto hab ich allerdings schon meine 5-10 Minuten warten müssen. Da kamen plötzlich immer vereinzelt Japaner an - und es dauert, bis die diesen Weg gelatscht und wieder aus dem Bild sind x) Aber das war es wert, ich liebe dieses Bild <3
Der Schrein selbst war auch gar nicht so leer. Ich hab beim Hinausgehen gemerkt, dass da einige einfach auf den Bänken hinter dem ersten Tor im Schatten saßen und sich einfach den Schrein ansahen.
Jedenfalls bin ich dann in Harjuku in die U-bahn gestiegen und drei Stationen weiter zu meinem nächstem Ziel gefahren. Und Leute, was man sich über die U-bahn in Tokyo erzählt, ist vermutlich wirklich nur zu ganz besonderen Momenten wahr. Also ich wurde selbst in diesen frühen Morgenstunden nicht zur Sadine gepresst. Vielleicht steige ich aber auch einfach in die falschen Linien ein.
Jedenfalls stieg ich in Aoyama wieder aus, denn ich wollte weiter nach Sakuramotiven suchen. Auch wenn der Ort vielleicht ... etwas ungewöhnlich
Ja, ich war auf dem Friedhof von Aoyama xD Da gibt es nämlich einen Haufen Sakurabäume ^^ Außerdem sind hier keine Menschen ... zumindest keine lebenden. Und die andere Sorte stört mich gut eingebuddelt eher weniger.
Der letzte Baum war sogar schon soweit damit durch und ließ die ersten Blüten schon fallen. Ich hab versucht, die fallenden Blüten im Fall zu erwischen ... aber naja. Den nächsten Versuch dafür hebe ich mir für die volle Blüte auf.
Tja, anschließend hab ich die nächste U-Bahnstation angesteuert. Nur ein paar Stationen weiter befindet sich der umstrittene Yasukuni Schrein. Wieso also nicht mal vorbeischauen?
Am Yasukuni Schrein werden der Kriegsopfer gedacht, die ihr Leben während der Meiji-Restauration ließen.
Allerdings wird nicht so gerne gesehen, dass Japanische Premierminister den Schrein am 15. August offiziell besuchen, um der Toten zu Gedenken. Weil Japan am 15. August 1945 kapituliert hat, sehen sowohl China als auch Nord- und Südkorea darin wohl eine Kriegsverherrlichung, weshalb der Besuch des Premierministers die politischen Beziehungen der Länder immer wieder belastet.
Dieses Jahr feiert der Schrein seinen 150 Geburtstag, wie ein großes Schild vorne verkündigt. Ich bin ganz froh, dass ich hier dann nicht mehr da bin - ich kann nicht einschätzen, wie sehr DAS die Chinesen und Koreaner aufregen wird ...
Jedenfalls hat dieser Schrein ein ziemlich ... großes Torii
Ist irgendwie einschüchternt. Vermutlich, da es aus Metall ist und nicht so kunstvoll aussieht wie die aus Holz oder Stein. Weiter hinten steht noch eines aus korrodiertem Eisen.
Der Schrein selbst sieht dabei eigentlich ganz hübsch aus - auf ihn lastet halt nur diese politische Umstrittenheit.
Außerdem ist es eigentlich ein ganz schöner Ort für 花見 = Hanami = Blumenschauen. Also zum Bewundern von Sakura ^^
Ich habe mir hier mal die Zeit genommen, um den Japanern beim Beten zuzuschauen (frage mich gerade, wieso ich das jetzt erst gemacht habe).
Anscheinend wirft man zunächst 5 Yen in die Kiste vor dem Schrein, (diese Münze soll Glück bringen, wenn man eine davon in der Brieftasche behält) dann verbeugt man sich zweimal, klatscht zweimal in die Hände, trägt dann vermutlich im Geiste seinen positiven Wunsch vor, verbeugt sich anschließend nochmal und geht wieder. Aber nicht, um sich am Torii nochmal zu verbeugen.
Ich finde es faszinierend, wie die Religion hier so in der Kultur verwoben ist. Das scheint zum normalem Ablauf zu gehören. Ich sehe sehr viele Männer in Anzügen und Aktenkoffer, die eigentlich eher aussehen, als seien sie auf dem Weg zur Arbeit. Am Schrein ist immer etwas los. Anders als bei uns, wo es nur die festgelegten Zeiten gibt, entweder religiöse feste oder den Sonntagmorgen, den man dann allerdings nicht ausschlafen kann.
Aber wirklich ins tägliche Leben taucht die Religion in Deutschland gefühlt nur ein, wenn man wirklich religiös ist. Fragt man Japaner am Schrein, ob sie religiös sind, werden das die meisten verneinen. Das ist faszinierend.
Jdenfalls, fortsetzung des Kapitels folgt, ich hab die maximale Bilderanzahl schon wieder erreicht - wie der Tag weiterging erfahrt ihr gleich im nächsten Kapitel >^..^<
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