18 | Musiala & Süle
Die Sonne scheint über dem Trainingsplatz des FC Bayern. Es ist Montag und trotz Anfang Februar relativ warm. Ich bin einer der Ersten auf dem Platz – ich wollte heute mal Vollgas geben. Es wundert mich, dass noch keiner außer Benjamin bei mir steht, da die Gruppe sonst ja nicht so lahm ist, und drehe mich um, wo ich eine kleine Gruppe diskutieren sehe. Verwirrt schaue ich zu Benjamin, doch der Lockenkopf zuckt nur mit den Schultern. Natürlich, auch wenn er bei ihnen stehen würde, würde er vermutlich nur die Hälfte irgendwie verstehen – und das auch nur weil Lucas und er sich diese Blicke zuwerfen würden.
Seufzend und relativ schnell laufe ich zur Gruppe, Julian war ja auch noch nicht da, und stelle mich neben Leroy. Ich schaue Leroy mit einem „Was ist denn hier los" Blick an, aber bevor Leroy was sagen kann, unterbricht ihn Joshua schon. „Niklas wechselt zum BVB", antwortet dieser nicht so erfreut, sondern eher maximal angepisst. Mit großen Augen sehe ich zu Niklas, welcher wohl belagert wurde, und dann zu Jo, als würde dieser was anderes sagen, je länger ich ihn ansehe. Niklas seufzt nur und schaut uns alle an. „Ihr solltet es eigentlich nicht so erfahren, sondern von mir nach dem Training, wusste nicht, dass die Medien es direkt wissen", sagt er seufzend und sein Blick bleibt auf mir hängen.
Ich weiß nicht, ob ich sauer bin, verletzt oder einfach nur überrascht. Ich hatte damit gerechnet, dass Niklas nach England oder Spanien geht, denn eigentlich hat er immer von einer neuen Aufgabe gesprochen, und nicht von einem zweiten Bundesliga Verein. Einem Verein, der unser offizieller Rivale ist. Der Verein, bei dem es eigentlich ein Tabu war, zu diesem zu wechseln. Wir erinnern uns an die Liebe der Fans im Thema Mario Götze und Mats Hummels. Leise wende ich mich von der Gruppe ab und stelle mich zurück zu Benji, welcher am liebsten gefragt hätte, was denn da drüben los ist, es anhand meines Gesichtsausdruckes aber lässt.
Ich lasse mich nach dem Training erschöpft auf der Kabinenbank nieder. Leise greife ich nach meiner Wasserflasche, um meinen trockenen Hals zu retten. Ich habe heute etwas übertrieben beim Training, habe alle meine Emotionen rausgelassen. Julian meinte sogar zu mir, ich solle etwas langsamer machen, sonst werde ich noch zu Leon 2.0
Das ganze Training über hatte ich die Blicke der Mannschaft – und die meines besten Freundes vermieden. Ich wollte keinem erklären, dass es mich unglaublich anpisst, dass er nach Dortmund wechselt. Ich will ja auch glücklich für ihn sein, ihn unterstützen, an seiner Seite sein, wie es beste Freunde eben tun. Aber ich hatte schon einmal einen Freund an Dortmund – und an die Vereinsrivalität verloren. Ich will es nicht noch einmal. Ich kann es nicht nochmal.
Mit dem Blick starr auf die Flasche gerichtet bemerke ich erst gar nicht das Gewicht, welches sich neben mich auf den Platz setzt. Ich bin auch zu sehr in Gedanken, um zu realisieren, dass ich in eine tiefe, knochenbrechende Umarmung gezogen werde. Schluckend atme ich auf und realisiere natürlich sofort, wer mich da so fest umarmt. Der Mann, dem ich heute den ganzen Tag aus dem Weg gegangen bin. Aus den Emotionen heraus, und weil ich vielleicht heute etwas übersensibel bin, löse ich mich aus der Umarmung und haue Niklas mit voller Wucht auf den Oberarm.
Was ich an der Situation aber ignoriere ist, dass ich eine verbundene Hand habe, und Niklas ein gefühlter Holzschrank ist, dem ein Hau nicht mal so einfach weh tut. Meinem gebrochenen Mittelhandknochen aber tut der Schlag verdammt weh. Ich stöhne laut auf und fluche verzweifelt, während ich mit der Hand in der Luft herum fächere, als ob die Schmerzen dann weggehen.
Seufzend und leicht lachend nimmt Niklas meine Hand und beruhigt mich so etwas. „Es tut mir leid Bambi, ich wollte es dir unter vier Augen sagen, ich wollte dich nie verletzen", seufzt er leise und sieht mir in die Augen. Ich nicke leise, nicht sehr überzeugt, aber wer kann schon richtig sauer auf Niklas sein. „Hau nicht so ab und brich den Kontakt ab wie Jude, okay? Ich kann das nicht, nicht wenn ich auch noch Pate bin. Du kannst mich doch nicht einfach ersetzen", murmle ich leise, während ich mit den Tränen kämpfe und traue mich nicht einmal, Niklas in die Augen zu sehen.
Diesem entfährt nur ein sanftes Lachen, ehe er mich wieder in den Arm zieht und mich an sich drückt. „Denkst du ernsthaft, du wirst mich los, Bambi? Hat doch seine Gründe, wieso ich in Deutschland bleibe", höre ich sanft Niklas Stimme flüstern, der mich immer noch an sich drückt, obwohl auch mittlerweile die Mannschaft in die Kabine gekommen ist.
„Na Turteltauben, Ehestreit beendet?", höre ich die lachende Stimme von Thomas (wem auch sonst) und ich löse mich von Niklas. Plötzlich spüre ich diesen unnormalen Schmerz in meiner Hand und stöhne genervt auf. Thomas sieht uns beide an, dann meine Hand und fängt an laut zu lachen, woraufhin ich einsteige und dann auch die restliche Mannschaft. „Niki, mach doch nicht Bambi kaputt und sauer, nur weil du gehst! Wir brauchen ihn gegen dich!", ruft Thomas uns während zwei Lachern zu.
- Authors Note -
Mal ein kurzes Kapitel, welches ich noch auf meinem Laptop gespeichert hatte und irgendwie nie veröffentlicht hab - also auf mein heute bekommenes Zeugnis etwas süßes - und mal nichts romantisches!
Hab jetzt angefangen, eine etwas längere Geschichte über ein schwules Fußballer-Pärchen zu schreiben, weiß aber noch nicht, ob ich diese veröffentlichen werde. Wäre das Interesse da?
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro