„Unter Flutlicht" ~Julian Brandt x Mats Hummels
Das Flutlicht tauchte das Westfalenstadion in ein magisches Licht, als die letzten Fans das Stadion verließen. Das Echo ihrer Gesänge hallte noch in den Gängen, doch allmählich kehrte Stille ein. Julian Brandt lehnte sich gegen die Wand im Spielertunnel, sein Blick starr auf den Boden gerichtet. Das Champions-League-Spiel war knapp gewonnen, doch es fühlte sich für ihn wie eine Niederlage an.
Ein paar Minuten später tauchte eine vertraute Gestalt neben ihm auf. Mats Hummels, immer noch im Trikot, das durchgeschwitzt an seinem Körper klebte, sah ihn mit einem prüfenden Blick an.
„Was machst du hier? Solltest du nicht schon längst in der Kabine sein?" fragte Mats, seine Stimme ruhig, aber mit einem Hauch von Neugier.
Julian zuckte mit den Schultern, ohne den Kopf zu heben. „Nur ein bisschen nachdenken."
Mats schwieg einen Moment, bevor er sich neben Julian an die Wand lehnte. „Das Spiel lief doch gut. Was beschäftigt dich?"
Julian sah ihn kurz an, bevor er den Blick wieder abwandte. „Ich hab nichts beigetragen. Es fühlt sich an, als hätte ich gar nicht gespielt. Keine Assists, keine Tore... nur Ballverluste."
Mats zog eine Augenbraue hoch. „Das ist Unsinn. Du hast das Pressing organisiert, Räume geschaffen und die gegnerische Abwehr unter Druck gesetzt. Du siehst vielleicht keine Statistiken, aber dein Beitrag war wichtig."
„Klingt nach einer höflichen Kapitänsrede", murmelte Julian mit einem schwachen Lächeln.
„Es ist die Wahrheit", erwiderte Mats. Er legte eine Hand auf Julians Schulter, und die Wärme dieser Geste durchbrach einen kleinen Teil von Julians Selbstzweifeln. „Du bist Teil des Teams, und wir hätten ohne dich nicht gewonnen."
Für einen Moment schwiegen sie beide, während die letzten Lichter im Stadion ausgingen und nur noch der Tunnel schwach beleuchtet war.
„Weißt du, was das Verrückte ist?" sagte Julian schließlich. „Manchmal frage ich mich, ob ich überhaupt gut genug bin, um hier zu spielen."
Mats drehte sich zu ihm um, seine Augen durchdringend und ernst. „Julian, du bist einer der talentiertesten Spieler, mit denen ich je gespielt habe. Aber Talent ist nur die halbe Miete. Was dich wirklich auszeichnet, ist deine Leidenschaft. Du bist gut genug, mehr als das."
Julian lachte leise. „Du bist echt gut darin, jemanden aufzubauen."
Mats lächelte. „Ich kenne das Gefühl. Manchmal braucht man jemanden, der einen daran erinnert, warum man das alles macht."
Ihre Blicke trafen sich, und für einen Augenblick war die Welt um sie herum still. Julian spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte, während Mats ihn ansah – ernst, aber auch irgendwie weich, als hätte er etwas erkannt, das Julian selbst nicht sehen konnte.
„Komm", sagte Mats schließlich und stieß sich von der Wand ab. „Die anderen warten in der Kabine."
Julian nickte und folgte ihm, doch die Wärme von Mats' Hand auf seiner Schulter blieb wie ein leises Flüstern in seinem Gedächtnis zurück.
Die Nacht nach dem Spiel zog sich lang und ruhig dahin. Julian lag in seinem Bett, starrte an die Decke und dachte an Mats' Worte. Er hatte nicht erwartet, dass sie so einen Nachhall in ihm auslösen würden. Es war nicht das erste Mal, dass Mats ihm Mut zugesprochen hatte, aber diesmal fühlte es sich anders an.
Am nächsten Morgen, als sie gemeinsam im Trainingszentrum ankamen, war es, als wäre nichts geschehen. Mats scherzte mit den anderen, Julian konzentrierte sich auf die Übungen, doch immer wieder trafen sich ihre Blicke. Es war, als hätten sie eine unausgesprochene Verbindung, die sich nicht in Worte fassen ließ.
Nach dem Training blieben sie beide länger auf dem Platz, um noch ein paar Pässe zu spielen. Es war eine Gewohnheit geworden, die sie sich in den letzten Monaten angeeignet hatten. Mats hatte irgendwann angefangen, mit Julian an dessen Defensivarbeit zu feilen, und Julian hatte die Zeit genutzt, um Mats besser kennenzulernen.
„Du bist heute abgelenkt", bemerkte Mats, als Julian einen Ball knapp verfehlte.
Julian zuckte mit den Schultern. „Vielleicht. Aber es hat ja niemand was gesagt."
Mats warf ihm einen prüfenden Blick zu. „Ich merke es. Irgendwas auf dem Herzen?"
Julian zögerte. Er wollte es sagen, wusste aber nicht wie. Schließlich entschied er sich für die Wahrheit – oder zumindest einen Teil davon.
„Ich denke nur nach", sagte er. „Über das, was du gestern gesagt hast."
Mats nickte. „Manchmal vergisst man, wie wichtig man für ein Team ist. Aber das ist normal. Solange du dich daran erinnerst, dass du nicht allein bist."
„Danke", sagte Julian leise.
Mats lächelte. „Immer."
In den kommenden Tagen spürte Julian, wie sich etwas zwischen ihnen veränderte. Es waren keine großen Gesten, sondern die kleinen Momente – ein längerer Blick, ein beiläufiges Schulterklopfen, ein Lächeln, das länger verweilte, als es sollte. Julian fragte sich, ob er sich das alles nur einbildete, doch ein Teil von ihm hoffte, dass da mehr war.
Eines Abends, nach einem gemeinsamen Mannschaftsessen, schlug Mats vor, dass sie noch eine Runde durch die Stadt laufen könnten. Es war kalt, aber die Straßen waren belebt und voller Leben.
„Manchmal vergisst man, wie schön Dortmund sein kann", sagte Mats, während sie nebeneinander durch die beleuchteten Straßen gingen.
Julian nickte. „Ich mag die Ruhe nach den Spielen. Es ist irgendwie... beruhigend."
Sie liefen eine Weile schweigend weiter, bis sie an einem kleinen Platz ankamen, der von einem großen Weihnachtsbaum dominiert wurde. Die Lichter funkelten, und der Duft von gebrannten Mandeln und Glühwein lag in der Luft.
„Es ist fast wie im Film", sagte Julian lächelnd.
Mats sah ihn an, und in seinen Augen lag ein Ausdruck, den Julian nicht ganz deuten konnte. „Vielleicht ist das ja unser Film."
Julian blinzelte, überrascht von der Bemerkung. „Wie meinst du das?"
Mats zögerte, bevor er antwortete. „Manchmal fühlt es sich so an, als ob bestimmte Momente für einen gemacht sind. So wie dieser hier."
Julian spürte, wie ihm das Herz schneller schlug. Er wollte etwas sagen, doch die Worte schienen ihm zu entgleiten. Stattdessen trat Mats einen Schritt näher und legte eine Hand auf seine Schulter, genauso wie er es im Tunnel getan hatte.
„Ich weiß, dass das vielleicht seltsam klingt", begann Mats, „aber ich glaube, dass zwischen uns mehr ist, als nur Freundschaft."
Julian hielt den Atem an. Es war, als würde die Welt um sie herum stillstehen. Die Lichter, die Geräusche, die Menschen – alles verschwamm, während er nur noch Mats' Gesicht vor sich sah.
„Ich... ich glaube das auch", sagte Julian schließlich, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Mats lächelte, ein Lächeln, das mehr sagte als tausend Worte. Er lehnte sich vor, und ihre Lippen trafen sich in einem sanften, zärtlichen Kuss.
Die Welt begann sich wieder zu drehen, doch für Julian war nichts mehr wie zuvor.
In den folgenden Wochen fanden sie einen Rhythmus, der sich natürlich anfühlte. Auf dem Platz blieben sie professionell, doch abseits davon verbrachten sie so viel Zeit wie möglich miteinander.
Eines Abends, nach einem besonders anstrengenden Training, saßen sie zusammen in Mats' Wohnung. Julian hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht, während Mats in der Küche ein paar Snacks vorbereitete.
„Weißt du, was ich an dir mag?" fragte Mats plötzlich, als er zurück ins Wohnzimmer kam.
Julian sah ihn überrascht an. „Was denn?"
Mats setzte sich neben ihn und lächelte. „Dass du dich nie verstellst. Du bist einfach du selbst, egal was passiert."
Julian lachte. „Das ist vielleicht nicht immer gut."
„Doch", sagte Mats ernst. „Das ist genau das, was ich an dir liebe."
Julian spürte, wie ihm das Herz in der Brust flatterte. Es war das erste Mal, dass einer von ihnen das Wort „Liebe" ausgesprochen hatte, und es fühlte sich richtig an.
„Ich liebe dich auch", sagte er leise.
Mats legte einen Arm um ihn und zog ihn näher. In diesem Moment war alles andere unwichtig – die Welt, der Fußball, die Erwartungen. Es gab nur sie beide, unter Flutlicht und im Schein ihrer eigenen Geschichte.
ENDE
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