Hochzeitsglocken (Ceci)
"Carly?" Meine beste Freundin Eleanor klopfte zaghaft an die Tür der Toilette des Standesamt, wo ich gegen das Waschbecken gelehnt stand und zum hundersten Mal mein Aussehen überprüfte. Zufrieden stellte ich fest, dass meine langen braunen Haare nach wie vor perfekt zu einem Dutt gedreht waren und mein Make Up nach wie vor makellos meine Wangenknochen betonten. "Fionn will mit dir wegen der Ringe sprechen."
Langsam drehte ich mich mit gehobener Augenbraue zu ihr, bevor ich fragte: "Wer ist Fionn?" Kichernd trat sie näher zu mir und wischte unsichtbaren Staub von meinen Schultern. "Louis' Trauzeuge, du Eule!" Plötzlich fiel mir wieder ein, dass sie seinen Namen schon einmal erwähnt hatte, als ihre Hochzeit noch in Kinderschuhen gesteckt und ich ihr nächtelang beim Planen geholfen hatte. Trotz meines erheblichen Kaffeekonsums musste ich wohl trotzdem zu schläfrig gewesen sein, um mir dieses Detail zu merken.
Also nutzte ich jetzt die Gelegenheit, mich mit diesem mir noch unbekannten, mysteriösen Herren vertraut zu machen. Doch mitten auf dem Flur fiel mir auf, dass ich natürlich gar nicht wusste, nach wem ich suchen musste - schließlich warteten draußen eine ganze Menge gutaussehender Männer in Anzügen darauf, dass endlich die Trauung begann.
Aber noch ehe ich mich umdrehen und zu Eleanor zurückkehren konnte, stand ein hochgewachsener Typ mit dunklen Haaren und einer großen Brille auf der Nase vor mir, ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen tragend. "Du musst Carly sein, oder?", riet er, woraufhin ich nickte. "Und du dann wohl Fionn, oder?" Grinsend reckte er den Daumen in die Höhe, danach griff er in seine Jackentasche und eine kleine schwarze Schachtel zum Vorschein holte.
"Wer möchte die ehrenvolle Aufgabe übernehmen, die Ringe zu überreichen?", wollte er wissen, weshalb ich schnell abwinkte. "Mach du das lieber. So tollpatschig wie ich bin, lasse ich die Dinger am Ende noch fallen!" Die Stirn runzelnd erwiderte er: "Ich dachte, nur ich sei so verpeilt." Das darauffolgende Schmunzeln seinerseits, wodurch seine weißen Zähne zum Vorschein kamen, machte ihn mir direkt sympathisch. Auch wenn ich mit Eleanors und Louis' restlichen Gästen nicht sonderlich viel anfangen konnte, war ich mir sicher, mich mit Fionn sicherlich gut zu verstehen .
Allerdings musste ich die eigentliche Hochzeit über mich ergehen lassen, denn obwohl Eleanor und Louis ein wirklich wundervolles Paar abgaben, ödete mich dieser ganze Kitsch ehrlich gesagt an. Zwar sah El in ihrem weißen Prinzessin ähnlichen Kleid fabelhaft aus und ließ mich in purem Stolz lächeln, da ich ihr bei der Auswahl geholfen hatte, doch sobald die bestellte Sängerin anfing, zu singen, schaltete ich innerlich ab.
Und während alle anderen in Tränen ausbrachen, nutzte ich die Gelegenheit, damit ich Fionn ein wenig betrachten konnte. Sein Gesicht war von zahlreichen Sommersprossen übersät, die ihm ein jugendliches Aussehen verliehen und ihm ausgezeichnet standen. Generell musste ich zugeben, dass er total süß aussah, gerade wenn er Louis, neben dem er stand und auf sein Auftritt als Ringereicher wartete, immer wieder aus dem Augenwinkel zuzwinkerte. Jedoch musste ich wohl zu sehr gestarrt haben, weil sich auf einmal die Standesbeamtin räusperte und belustigt meinte: "Mr. Whitehead, die Ringe bitte. Außer sie wollen selbst heiraten." Natürlich verstand ich den Wink, weswegen ich schlagartig knallrot anlief und sowohl Fionn, als auch die anderen in leises Gelächter ausbrachen.
Nachdem tatsächlich Louis und Eleanor offiziell verheiratet waren, anstatt Fionn und ich, verließen wir zusammen zuletzt das Standesamt. "Wenn wir heiraten sollten, kriegst du selbstverständlich einen echten Diamantenring", scherzte er, wobei ich erst irritiert die Augen aufriss, bis er losprustete und ich mit einfiel. Eins war klar: Humor hatte der Kerl.
Sobald unter der brütenden Nachmittagshitze schon der erste Sekt getrunken und somit die Stimmung um einiges aufgelockert wurde, fuhr ein großer Oldtimer hupend vor, der das frischgebackene Ehepaar zum Restaurant bringen sollte, in dem gefeiert wurde. Erstaunt blickte Eleanor erst zu ihrem Ehemann, der nur nichtswissend die Arme hob und sich zu seinen Freunden umdrehte. "Wer hat den Oldtimer organisiert?", fragte er völlig gerührt, woraufhin erst alle zu Fionn sahen, der hingegen unwissend den Kopf schüttelte. Dafür hob ich zaghaft meine Hand, weshalb meine beste Freundin mir prompt um den Hals fiel. "Du hast es dir gemerkt!", freute sie sich, während ich ihr über den Rücken strich.
Früher als Teenager hatten wir schon heimlich unsere Hochzeiten geplant und schon damals hatte El unheimlich davon geschwärmt, einmal in so einem Teil zu fahren - also hatte ich ein Unternehmen angerufen, die solche Hochzeitsfahrten arrangierten. Überglücklich löste sie sich wieder von mir, dann hakte sie sich bei Louis unter, der ihr, wie der Gentleman, der er nun mal war, die Tür aufhielt und geduldig wartete, bis sie im Inneren des Autos verschwunden war, bis er nachkletterte.
Erneut hupend rollten sie vom Parkplatz, bevor sie anschließend um die nächste Ecke verschwanden. Nun setzte sich auch die sonstige Feiermeute in Bewegung und stiegen in ihre jeweiligen Wagen, wohingegen ich unschlüßig stehen blieb. Ich war vorhin mit Eleanor gekommen, aber dummerweise hatte sie den Schlüssel, weshalb ich wie ein bestellter und nicht abgeholter Regenschirm zurückblieb - bis plötzlich Fionn wieder auftauchte, mit seinem Schlüssel klimpernd. "Ich hab gehört, dass ich Taxidienst für eine hübsche, aber äußerst einsame Frau, die ohne mich am Verzweifeln wäre, spielen darf?"
Der Sarkasmus triefte bei seinen Worten nur so, wodurch ich erst verhalten kicherte, bevor er mir zwinkernd versicherte: "Keine Sorge, das einsam war nicht ernst gemeint, nur das Kompliment." Geschmeichelt folgte ich ihm zu einem schwarzen BMW, der mich anerkennend schlucken ließ. Wenn er sich so etwas leisten konnte, war er wohl sehr erfolgreich bei dem, was er tat. "Welche Bank musstest du dafür überfallen?", ärgerte ich ihn trotzdem, was ihn zum Lachen brachte. "Höchstens den Geldbeutel meines Vaters", erklärte er, als wie saßen und er den Motor startete.
Innerhalb weniger Minuten hatten auch wir die Location erreicht, von wo bereits laute Musik zu vernehmen war, zudem schlug mir der Geruch von Essen entgegen, sobald ich die Tür öffnete, woraufhin sich sofort mein knurrender Magen meldete. Glücklicherweise musste der sich auch gar nicht mehr lange gedulden, da binnen kürzester Zeit das Buffett eröffnet wurde. Bewaffnet mit einem vollen Teller suchte ich mir einen freien Platz - vergeblich.
Doch auf einmal vernahm ich Fionns Rufen, der an einem etwas kleineren Tisch in der Ecke des riesigen Raums saß und mir zuwinkte, auf den leeren Stuhl neben ihm nickend. Erleichert ließ ich mich auf jenen fallen, bevor ich jedoch realisierte, dass ich ausgerechnet den Tisch erwischt hatte, an dem Eleanors Kommilitonen ebenfalls hockten, die ich echt nicht leiden konnte. Denn während El eine aufgeschlossene, fröhliche Person war, hatten die drei immer was zu meckern und versauten einem mit ihren gelangweilten Mienen echt den schönsten Tag.
Auch jetzt beäugten sie mich argwöhnisch, wofür ich ihnen ein möglichst freundliches Lächeln schenkte - immerhin wollte ich heute keinen Streit anzetteln. Aus diesem Grund hörte ich auch bloß zu, wie sie sich über das schlechte Essen und die noch beschissenere Musik beschwerten, ohne dass ich die Sprüche, die mir durch den Kopf gingen, wirklich aussprach. Das übernahm dafür Fionn irgendwann, indem er erst hustete und dann trocken sagte: "Ich wusste gar nicht, dass auf der Speisekarte schlechte Laune stand. Du, Carly?" Er warf mir einen so ernsthaften Blick wie möglich zu, wobei ich das Zucken seiner Mundwinkel durchaus bemerkte. "Mhm, ja ich auch nicht. Dabei hab ich El eigentlich dabei beraten."
Gespielt nachdenklich runzelte ich die Stirn, woraufhin die drei Miesepeter in zufällig zu teuren Kleidern und zu viel Highlighter auf den Wangen sich nur verwirrt ansahen und anschließend die Augen verdrehten, ehe sie sich wieder ihren Weingläsern widmeten. Grinsend zu mir guckend stupste Fionn mich unter dem Tisch mit dem Schuh an, woraufhin ich es ihm verschwörerisch gleichtat.
Irgendwann allerdings war nicht nur mein Teller leer, sondern auch meine Geduld, weil wir weiterhin von Storys beschallt wurden, die mich zumindest null interessierten. Deshalb ergriff ich die Flucht vor die Tür, wo ich mich seufzend gegen die Hauswand lehnte und die Augen schloss. Kurz darauf stieß ebenso Fionn zu mir, der ausatmend den Kopf in den Nacken legte. "Gott, die waren ja nicht mehr zu ertragen!", stöhnte er ächzend, was ich nur mit einem Murren bestätigte. "Ich kann gar nicht verstehen, wie Eleanor so jemanden einladen konnte", gestand ich leise, da ich eigentlich nicht lästern wollte.
Doch augenblicklich nickte er und schüttelte fassungslos den Kopf. "Ja, sie ist so cool, und hat auch so coole Freunde wie dich. Da sind die irgendwie fehl am Platz." "Du bist auch ziemlich cool", erwiderte ich, was ihn zum Lächeln brachte. "Danke." Eine Weile musterten wir einander nur schweigend, bis ich, vom Alkohol in meinem Blut getrieben, mutig sagte: "Wenn ich jetzt richtig betrunken wäre, würde ich dich küssen. Aber ich glaub, es ist noch zu früh, um es darauf zu schieben."
Amüsiert schürzte er die Lippen, bevor er sich zu mir hinunter beugte, sodass wir nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. "Und was, wenn du es einfach tästest, auch wenn du noch nicht betrunken bist?", schlug er vor. Doch ich kam gar nicht dazu, zu reagieren, da just in diesem Moment Louis auftauchte.
"Wollt ihr euch etwa vor dem Tanzen drücken?", fragte er gespielt missbilligend, den Arm nach uns austreckend. "Kommt, die Tanzfläche ist eröffnet!" Mit diesen Worten huschte er wieder nach drinnen und ließ uns etwas überrumpelt stehen. Aber Fionn lehnte sich vorsichtig nach vorne, einen flüchtigen Kuss auf meine Wange platzierend, dann ergrif er meine Hand.
"Darf ich dich um einen Tanz bitten?"
sorry fürs warten, aber ich hoffe, er gefällt dir und du musstest zumindest manchmal schmunzeln. i love you, süße. xx
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro