Blumen gießen
Es war unheimlich. Max kam nicht umher, dass es ihn ein wenig schauderte. Seit dieses Corona alles lahm gelegt hatte, waren die Straßen leer gefegt. Kaum jemand war noch unterwegs. Und wenn, dann sah man die Menschen nur schnell Einkäufe erledigen oder zur Arbeit fahren. Oh ja, zur Arbeit wäre er auch gerne gefahren. Aber das würde so schnell wohl nichts werden. Solange man keinen guten Plan für dieses Virus hatte, würde es keine Rennen geben. Kurzzeitig hatte er überlegt, abwechselnd seine Eltern zu besuchen, aber irgendwie war in kurzer Zeit so viel dicht gemacht worden. Halb Europa war durch Corona gesperrt.
Zwar machte es Spaß, mit den anderen online zu fahren oder auch zu zocken, aber das ersetzte eben nicht einen richtigen Boliden, nicht das Team oder die Jungs. Wie gerne hätte er sich mit Lando oder auch Alex getroffen. Auch mit jedem anderen wäre er glücklich gewesen, Hauptsache er hätte endlich mal wieder jemanden von Angesicht zu Angesicht vor sich stehen gehabt. Nicht mal Daniel oder Charles sah er, obwohl die beiden auch in Monaco wohnten. Aber die Kontaktsperre galt auch für sie. Genau wie für jeden anderen Menschen auch. Dass sich Daniel bei seinem Partner aufhielt, sollte am besten wohl niemand herausfinden. Das könnte großen Ärger bedeuten. Aber wieso sollten die beiden auch aufeinander verzichten, wenn sie durch diese Pandemie endlich mehr Zeit füreinander hatten? Auch wenn Nico nicht mehr fuhr, hatten beide keine unbegrenzte Zeit miteinander. Und Max wusste genau, wie sehr Daniel seinen Freund vermisste.
Und genau deswegen kümmerte er sich auch etwas um die Wohnung seines ehemaligen Kollegen. Post hereinholen, Blumen gießen. Immerhin konnte er so seine eigenen vier Wände mal verlassen. Und solange er unterwegs niemanden traf, musste er auch keine Erklärungen abgeben. Aber was sollte man auch schon machen? Immerhin war es ja nichts, was gegen das Gesetz verstieß. Er sorgte nur dafür, dass die Wohnung von Daniel noch in Ordnung war, wenn dieser irgendwann mal wieder auftauchen würde. Soweit Max wusste, waren Daniel und Nico beim Deutschen untergekommen und genossen ihre Zweisamkeit wohl in vollen Zügen.
Gerne hätte Max mit seiner Freundin auch mehr Zeit verbracht. Aber Corona machte einen dicken Strich durch die Rechnung, was er selbst gar nicht so verkehrt fand. Aber sein schlechtes Gewissen hatte ihm diesbezüglich schon des Öfteren gerügt. Nur konnte er doch nichts dafür, dass es einfach gerade nicht so gut mir ihr lief. Max war auf der einen Seite schon froh, dass er alleine war. Auf der anderen Seite vermisste er körperlichen Kontakt ungemein. Und das lag nicht nur daran, dass er nun seit Wochen keinen Sex mehr gehabt hatte. Zwar war Selbstbefriedigung und nette Filmchen schön und gut, aber es ersetzte eben nicht den guten, heißen Sex. Und selbst beim Onanieren hatte er immer weniger an seine Freundin gedacht. Es fehlte einfach an allem. Nur einfach mal in den Arm genommen zu werden würde ja schon reichen. Selbst bloßes Kuscheln würde schon helfen. Eine Tatsache, die er vor niemandem zugeben würde. Aber Max war eben auch nur ein Mensch. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie sehr der kleine Brite leiden musste. Wussten sie doch alle, dass Lando Menschen um sich herum brauchte. Genauso wie Körperkontakt.
Zielstrebig ging Max in die Küche, wo er Wasser in eine kleine Gießkanne füllte. Zum Glück hatte Daniel nicht so viele Pflanzen. Bei seiner Unfähigkeit mit Pflanzen umzugehen, würden diese über einen längeren Zeitraum hinweg sicher eingehen. Aber die paar Pflanzen, die sein Kollege besaß, hatten es bis jetzt ganz gut geschafft. Er hatte sie weder verdursten lassen noch ertränkt.
„Uhmm ... Daniel ..."
Mitten in der Bewegung hielt Max inne. Sollte er nicht alleine sein? Hatte er sich die Stimme nur eingebildet.
„Danny ... bitte ... bitte mach ..."
Ihm schlug das Herz bis zum Hals. Er war nicht alleine. Das waren sehr deutliche Aufforderungen, die aus dem Schlafzimmer kamen. Und auch wenn Max es nicht richtig glauben wollte, hatte er Nico sofort erkannt. Aber was machte Nico hier?
„Geduld, Hübscher. Wir haben Zeit."
Sein Verstand sagte ihm, dass er gehen sollte. Daniel war scheinbar nicht mehr bei Nico. Sie waren wohl in die Wohnung des Aussies umgesiedelt. Aber wieso hatte ihm Daniel nicht Bescheid gegeben? Dann hätte er sich doch nicht auf den Weg machen müssen, um nach dem Rechten zu sehen. Okay, es war nicht so, als würde er was anderes zu tun haben. Die Wohnung war aufgeräumt, gezockt hatte er auch schon. Und am Nachmittag mal ein bisschen frische Luft zu schnappen kam Max sehr verlockend vor, weswegen er sich entschlossen hatte, nach dem Rechten zu schauen.
„Hmmm ... ich will dich aber ... jetzt ..."
DAS war jetzt aber wirklich sein Stichwort, um zu verschwinden. Es war was anderes zu wissen, dass seine Kollegen ein Paar waren, womit Max nun überhaupt keine Probleme hatte. Aber die beiden beim Sex zu belauschen gehörte sich einfach nicht. Natürlich hatte er die beiden schon küssen und Händchen haltend gesehen, aber eben nur in den eigenen vier Wänden. Es tat Max unendlich leid, dass sich die beiden verstecken mussten. Das sie nicht in der Öffentlichkeit zeigen durften, dass sie sich liebten. Um so stolzer war er, als Daniel ihn eingeweiht hatte. Er rechnete es dem Australier wirklich sehr hoch an, dass dieser - aber auch Nico - ihn in ihr Geheimnis mit einbezogen hatten. Aber Max wusste auch, dass Nico erleichtert war, dass Daniel bei den Rennen jemanden zum Reden haben würde, wenn die Sehnsucht zu groß werden würde. Für seine jungen Jahre war Max ein guter Zuhörer und jemand, dem man vertrauen konnte. Außerdem half ihre Freundschaft seit gemeinsamen Red-Bull-Zeiten auch sehr.
„Verdammt, Danny! Hör auf zu spielen. Entweder bläst du richtig oder du fickst mich endlich. Ich kann bald nicht mehr!"
Hitze kroch über sein Gesicht. Max spürte regelrecht, wie sein kompletter Kopf anlief. Aber statt die Beine in die Hände zu nehmen und zur Haustür zu schleichen, ging er weiter auf das Schlafzimmer zu. Instinktiv fragte er sich selbst, ob er nicht mehr ganz dicht war. Aber der Teil seiner Neugier war einfach so groß, dass er gar nicht anders konnte - selbst wenn er es gewollt hätte. Sein Körper schien ein Eigenleben entwickelt zu haben und bald stand er vor der leicht geöffneten Schlafzimmertür, aus der die Geräusche nun wirklich immer klarer und deutlicher wurden.
//Falsch!!! Verdammt, das ist falsch. Man belauscht seine Freunde nicht! Und schon gar nicht, wenn sie gerade Sex haben!//
Sein Kopf schien noch halbwegs zu funktionieren, genau wie sein Herzschlag und sein Puls, die schon in abnormale Sphären getaucht waren. Und trotzdem schaffte es Max einfach nicht, sich zurückzuhalten. Vorsichtig streckte er den Kopf, versuchte ein Bild zu erhaschen. Die Tür stand nur wenige Zentimeter auf, aber trotzdem schaffte es Max, seine beiden Freunde zu sehen. Und der Anblick ließ seinen Kopf noch röter und heißer werden.
Daniel kniete zwischen den gespreizten Beinen von Nico und schien schwer damit beschäftigt zu sein, diesen oral zu befriedigen. Der Blonde stöhnte immer wieder auf und krallte seine linke Hand fest in die dunklen Locken des Aussies. Die rechte Hand hatte Nico fest in das Laken unter sich gekrallt, während Daniel scheinbar noch tiefer in seinen Schoß sank.
„Oh Gott ... Daniel ..:"
Sonnenstrahlen schienen durch die Fenster und machten das Bild noch erotischer. Max konnte einen leichten Schweißfilm auf den Körpern der beiden Älteren sehen und schluckte hart, als er merkte, dass sich in südlicher Region auch bei ihm was regte. Auch wenn er Daniel nur von hinten sehen konnte, musste sich Max eingestehen, dass dieser gar nicht schlecht aussah. Der Körper des Australiers war wirklich in einer sehr guten Form, die Muskeln setzten sich perfekt in Szene - genauso wie die Tattoos, die Daniels Körper zierten. Nico war mit seiner hellen Haut und den blonden Haaren das komplette Gegenteil, aber nicht minder erotisch und heiß.
//Heiß? Ja hallo!? Geht es noch?!//
Fassungslos über sich selbst biss sich Max fest auf die Lippe. Er hatte die beiden gerade wirklich als heiß bezeichnet. Und was Daniel dort so leidenschaftlich mit seinen Mund zwischen Nicos Beinen tat, ließ Max nicht kalt. Auch er kam hin und wieder in diesen Genuss. Aber auch nur, wenn seine Freundin mal Lust darauf hatte. Ob es Männer anders taten? Ob es sich anders anfühlen würde, wenn Nico oder Daniel seinen Schwanz blasen würden?
Es war eigentlich unmöglich, sich dieses Bild nicht gedanklich vorzustellen. Max konnte nicht schnell genug verhindern, dass er sich auf dem Bett liegen sah. Nackt und erregt. Daniel zwischen seinen Beinen und hingebungsvoll an seinem Schwanz blasend, während Nico seinen Mund plünderte und seinen Oberkörper reizte.
„Oh Gott", kam es wimmernd über seine Lippen, bevor er die freie Hand fest gegen diese drückte.
„Hast du das gehört? Da ist jemand."
Pure Panik erfasste Max, als er sehen konnte, dass sich Daniel von Nico löste und erhob. Aber auch der Blonde schob sich aus dem Bett und angelte nach seiner Shorts. Daniel selbst schien es nicht nötig zu haben, sich was überzuziehen. Max konnte direkt auf den harten Schwanz des anderen blicken. Und mit einem Mal merkte er, wie es noch enger in seiner Jeans wurde. Er musste hier weg - so schnell wie möglich. Nico und Daniel durften nicht erfahren, dass er sie beide beobachtet hatte. Nie wieder würde er ihnen unter die Augen treten können. Es war so verdammt peinlich wie ein kleiner Teenager zu spannen, wenn andere Sex hatten. Dabei hatte er das doch nicht gewollt.
„Willst du dir nicht wenigstens eine Shorts anziehen?" Nico kam mit festen Schritten auf die Tür zu, während Max die Luft anhielt. Nur noch ein paar Schritte und die beiden wären an der Tür.
„Wieso sollte ich? Wenn es ein Einbrecher ist, sieht er wenigstens gleich, welch heißen Kerl er ausraubt. Und da vergeht dem bestimmt der Gedanke ans Klauen" gab Daniel amüsiert glucksend von sich.
Wenn er nicht gerade tausend Tode sterben würde, hätte Max gelacht. Das war so typisch Daniel. Aber auch irgendwie ziemlich doof von dem anderen, wenn man überlegte, dass es ja wirklich ein Fremder sein konnte, der gerade in seiner Wohnung herumlief.
Irgendetwas in seinem Kopf setzte aus. Jegliche Handlungen kamen Max vor, als würde er sie nicht selbst ausführen. Er sah nur noch, wie die beiden Älteren fast an der Tür waren, als sein Arm nach vorne schoss und er die Tür ruckartig zuzog. Fest zog er an der Klinke, stemmte sein ganzes Gewicht dagegen, um die Tür geschlossen zu halten. Als von der Gegenseite versuchte wurde, die Klinke zu drücken, stellte Max die Gießkanne rasch auf den Boden und drückte mit beiden Händen gegen den Widerstand.
„Hey! Was soll der Scheiß?! Wenn du mich ausrauben willst, hast du dir aber den falschen ausgesucht!"
Ohhhh. Daniel klang wütend. Wäre Max wohl auch, wenn man ihn beim Sex stören würde und dann die Frechheit besaß, einfach die Schlafzimmertür zuzuziehen.
„Ich will dich nicht ausrauben! Du Idiot! Ich will deine scheiß Blumen gießen!" Denken war sicher eines der Dinge, die jetzt angebracht gewesen wären, bevor er den Mund aufgemacht hatte. Aber Max wollte sich eben nicht als Einbrecher abstempeln lassen. Immerhin hatte er einen Schlüssel zur Wohnung und war legal über die Haustür in Daniels Wohnung gekommen.
„Max?"
„Nein!" Bockig stemmte er sich weiter gegen die Tür. Daniel war an dieser blöden Situation schuld. Hätte dieser Bescheid gegeben, dass Nico und er in der Wohnung waren, wäre er hier nicht aufgetaucht und hätte die beiden nicht beim Sex erwischt. Aber wenn er den Griff jetzt loslassen würde, musste er sich den beiden stellen und das wollte er nicht. Am liebsten wollte er vor Scham im Erdboden versinken. Aber seine wirren Gedanken hatten ihm auch noch nicht gebeichtet, dass es im Grunde egal war, ob er den Griff losließ oder nicht. Früher oder später würde er sich mit Nico und Daniel auseinandersetzen müssen. Nico würde er vielleicht aus dem Weg gehen können, aber nicht Daniel. Dieser war immerhin noch im Rennzirkus dabei. Aber so weit war Max mit seinen Gedanken nicht gekommen, da er noch immer das Bild der beiden und sich vor Augen hatte.
„Max, lass den Griff los. Du hast keine Chance. Nico und ich sind zu zweit." Daniel klang ein wenig zu amüsiert für Max. Machte der sich etwa noch lustig? Das wäre wirklich ein Ding. Max wusste nicht, was er machen und tun sollte, während Daniel seinen Spaß an dem allen hatte? Würde zu dem Australier passen.
„Nein."
„Gott, Daniel, du hast ein Einfühlungsvermögen wie eine Küchenschabe. Kannst du dir nicht denken, wieso Max den Griff nicht loslassen will?"
„Weil es Max peinlich ist, dass er uns beim Sex gesehen hat. Dabei hab' ich dich doch noch gar nicht gefickt, sondern nur- aua ... Was soll das? Wieso schlägst du mich?"
„Du Hornochse! Feingefühl? Sagt dir das was?"
Irgendwie war es unterhaltsam, den beiden durch die Tür zuzuhören. Zwar waren seine Wangen sicher leuchtend rot, da Daniel ja ein direktes Mundwerk hatte, aber wenigstens Nico schien zu ahnen, was in ihm vorging. Wie der Blonde das manchmal mit Daniel aushielt, war für ihn ein Buch mit sieben Siegeln.
„Max? Es ist alles okay. Dir muss das nicht unangenehm sein. Ich nehme an, dass mein Herr Freund dir keine Nachricht geschickt hat, dass wir in seine Wohnung gehen?"
„Hm. Nein, hat er nicht, sonst wäre ich heute sicher nicht hergefahren", nuschelte Max verlegen. Seine verkrampfte Körperhaltung ließ langsam nach, trotzdem hielt er den Griff weiterhin fest. Wie konnte er verschwinden, ohne den beiden begegnen zu müssen? Wenn er darum bat, dass Daniel und Nico einfach im Schlafzimmer warten würden, bis er verschwunden war? Nur löste das ja nicht sein Problem. Irgendwann würde er sich Daniel auf jeden Fall stellen müssen. Der würde nie im Leben den Mund halten, dafür kannte er Daniel einfach zu gut.
„Was geht eigentlich in deinem Kopf vor? Denkst du auch mal nach oder ist der Kopf nur zur Zierde da? Ich hab' dir mehrmals gesagt, du sollst Max Bescheid geben!"
„Entschuldige, dass ich an uns gedacht habe. Ich wollte Zeit mit dir verbringen. Verzeihung, dass ich da vergessen habe, Max zu schreiben."
Okay, das war jetzt aber auch nicht, was er wollte. Nico und Daniel sollten sich wegen ihm nicht streiten. Es war ein dummes Missverständnis und es war doch verständlich, dass Daniel so viel Zeit wie möglich mit dem Blonden verbringen wollte. Wenn irgendwann vielleicht doch die Saison starten würde, mussten sich die beiden auf unbestimmte Zeit wieder trennen, würden sich nur über Facetime sehen können. Irgendwie schmerzlich, wenn man seinen Partner nicht bei sich haben durfte, wann immer man wollte. Aber von ihnen wusste ja auch niemand, was durch Corona noch alles auf sie zukommen würde. Es war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, über das Virus nachzudenken, oder dass Daniel vergessen hatte, ihm Bescheid zu geben. Hier ging es um Wichtigeres.
„Aufhören! Ihr sollt euch nicht wegen mir ..." Max hatte einfach seinem Bauch vertraut, hatte den Griff nach unten gedrückt, die Tür schwungvoll geöffnet und war ins Schlafzimmer getreten. Aber bevor er sein Anliegen überhaupt zu Ende bringen konnte, schnappte er hörbar nach Luft und schlug sich heftig errötend die Hände vor das Gesicht.
Wieso - verdammt nochmal - war Daniel noch immer nackt?
TBC...
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro