Kapitel 5: Aufgedreht und ein bisschen verrückt
Es ist Freitag und langsam schlendere ich vom Schulhof. Ich bin froh, dass die Woche zu Ende ist, denn bereits jetzt stressen uns die Lehrer mit unmöglich vielen Hausaufgaben und Tests. Inzwischen habe ich mich etwas an La Push und meine neue Klasse gewöhnt. Am Anfang wurde ich noch bei jedem Schritt von den Augen meiner Mitschüler interessiert verfolgt, weil es selten neue Schüler gibt, wie mir Kelly erzählt hat, aber auch das hat sich normalisiert.
„Hast du Lust, heute noch mit mir shoppen zu gehen?", frage ich ebendiese Kelly, die gerade neben mir läuft.
Bedauernd schaut sie mich an.
„Sorry, geht leider nicht, ich habe meiner Mutter versprochen, heute mit ihr Frühjahrsputz zu machen."
„Ist das nicht ein bisschen spät? Es ist immerhin schon Juli!"
„Tja...", sie zuckt mit den Achseln.
„Na gut, nicht so schlimm. Dann bis Montag!",rufe ich ihr noch zu bevor wir an einer Kreuzung in verschiedene Richtungen abbiegen.
Leider kann auch meine Mom nicht mitkommen, denn sie verbringt seit einigen Tagen ihre Zeit in einem Baumarkt, um den Rest unseres Hauses fertig einzurichten. Ich muss heute aber unbedingt einkaufen gehen, denn ich habe festgestellt, dass die Jacken und Kleidungsstücke, die ich für wasserfest hielt, dem Niederschlag hier in La Push nicht standhalten.
Selbst heute ist der Himmel die ganze Zeit gefährlich bewölkt und von der Sonne ist keine Spur zu sehen.
Mit dem Bus fahre ich nach Port Angeles und siehe da: Hier kann man tatsächlich ordentlich shoppen gehen.
Da ich keine Ahnung von Kleidung habe, gehe ich einfach in den erstbesten Shop.
Als zwei Hemden und eine Regenjacke den Weg zu mir gefunden haben, suche ich nach den Umkleiden. Ich gehe gerade um eine Ecke, hinter der sie sein müssten, als ich gegen jemanden stoße, dessen Körper hart wie Stein zu sein scheint und zu Boden stürze.
Aus dem Augenwinkel kann ich beobachten, wie sich meine Sachen über den ganzen Weg verteilen. Jetzt fehlt nur noch, dass wie im Film plötzlich eine Menschenmasse auftaucht und über sie rüberlatscht. Erleichtert seufze ich auf, als dieses Klischee nicht in Sicht ist.
„Oh, das tut mir leid. Hast du dir wehgetan?", fragt mich plötzlich eine melodische Stimme, derem Ursprung ich nun meine Aufmerksamkeit widme.
Vor mir (oder eher über mir?) steht ein zierliches Mädchen mit kurzen, schwarzen Haaren, welche einen unnatürlich blassen Teint hat. Sie ist sehr hübsch, fällt mir sofort auf. Das Ungewöhnlichste an ihr sind aber ihre beinahe goldenen Augen, welche mich belustigt betrachten. Was ist denn bitte so lustig?
„Ist es gemütlich dort unten, oder was ist los?", bekomme ich auch prompt meine Antwort.
Meine Wangen röten sich, als mir auffällt, dass ich schon ungewöhnlich lange auf dem Boden sitze und sie anstarre.
Schnell rappele ich mich auf, murmle ein „Nicht so schlimm, alles ok" hinterher und suche meine Sachen zusammen.
„Das willst du doch nicht wirklich anziehen, oder?", erklingt wieder das Mädchen hinter mir und betrachtet mit hochgezogenen Augenbrauen, was ich in der Hand habe. Bevor ich überhaupt etwas erwidern kann, fährt sie schon fort:
„Du hast doch so schöne Haare und Augen! Was könntest du nicht alles anziehen! Zum Beispiel einen Faltenrock und dazu eine Bluse mit einem Dutt und ein wenig Schminke und..."
Sie stoppt in ihrem Redeschwall, als sie meinen verwirrten Blick bemerkt.
Wie gesagt, ich verstehe nichts von Mode und kaufe Klamotten danach, ob sie praktisch sind oder nicht.
Von Stil weiß ich nicht viel...xD Reim.
„Aaaaah!", kreischt sie plötzlich aufgeregt, hüpft auf der Stelle und klatscht freudig in die Hände.
„Ich hab eine Idee! Ich kleide dich völlig neu ein!"
Und bevor ich widersprechen kann, zieht sie mich hinter sich her. Sie hat echt einen Granit-Griff und unglaublich kalte Haut. Ein Schauder fährt mir über den Rücken und Gänsehaut bildet sich auf meinen Armen.
„Ach, übrigens", ruft sie mir über die Schulter zu, „Mein Name ist Alice!"
Vier Stunden und viele neue Klamotten später, verlasse ich den Friseur, zu dem mich das komische Mädchen geschleppt hat. Ihr Versprechen, mich völlig neu einzukleiden, hat Alice gehalten und die neuen goldenen Strähnen in meinem Haar gefallen mir sehr gut.
„Hach, jetzt bist du perfekt!", seufzt Alice neben mir zufrieden.
Sie hat den Friseur die ganze Zeit mit Argusaugen beobachtet und ich habe das Gefühl, am liebsten hätte sie mir selber die Haare geschnitten. Tatsächlich macht es Spaß mit ihr zu shoppen, obwohl sie ein bisschen verrückt ist. Irgendwie liebenswürdig.
Als wir bei meiner Bushaltestelle ankommen, seufzt sie ein bisschen bedauernd und sagt: „Das müssen wir unbedingt mal wiederholen! Lass uns uns bald wieder treffen, ja?!"
Ich lache. Auch wenn das wie eine Frage klingt, weiß ich, dass sie kein Nein zulässt.
Denn eins habe ich heute gelernt: Alice widersetzt sich niemand.
„Ja, das wäre toll", grinse ich und meine es vollkommen ernst. So viel Spaß hatte ich schon lange nicht mehr.
Mit einem Lächeln steige ich in den Bus ein und winke meiner lustigen, kleinen neuen Bekanntschaft zu, als sich die Türen schließen. Ich bin mir sicher, dass wir schon jetzt beste Freunde sind und das auch bleiben werden.
Damals wusste ich noch nicht, was in Zukunft noch auf zukommen mich wird.
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Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen. Wenn ihr Lust habt, schreibt gerne einen Kommentar.
Wenn euch das Kapitel gefallen hat, würde ich euch gerne bitten, dafür zu voten. Ich würde mich sehr über eine Rückmeldung freuen.
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