32. Weibliche Waffen
»Wie genau war das nochmal?«
Wir sitzen uns wieder am Küchentisch gegenüber, jeder einen heißen Kaffee vor sich.
»Sie sind vor kurzem in einem schicken Fünf-Sterne-Hotel untergekommen, meine Leute und ich versuchen herauszufinden, warum.«
Ich lege den Kopf schief.
»Das legt eigentlich nur zwei Schlüsse nahe: Erstens, sie sind plötzlich irgendwie an Geld gelangt, vielleicht haben sie...«, ich schlucke, »... einen Laden ausgeraubt? Und Zweitens, sie haben noch etwas in der Richtung vor, also ein Geschäft ausrauben... oder?«
Er stützt die eine Wange auf die Faust und betrachtet mich nachdenklich. Dann zuckt sein Mundwinkel. »Schlaues Mädchen.«
Ich lege kokett das Kinn auf die Schulter und blinzele ihm zu. »Ich habe vom besten gelernt.«
Moment. Habe ich gerade echt mit ihm geflirtet?! Obwohl ich ihm gerade vorher noch gesagt habe, warum wir nicht zusammenpassen? Fox ignoriert meine Flirterei glücklicherweise und lehnt sich mit verschränkten Armen zurück.
»Option Eins trifft nicht zu, in deren Dunstkreis ist in letzter Zeit nichts ausgeraubt worden. Option Zwei ist dagegen sehr wahrscheinlich: Wir gehen davon aus, dass sie irgendwas im Schilde führen. Leider können wir von unseren Beobachtungsposten nicht so viel Informationen kriegen, wie wir gern hätten, ohne aufzufallen und damit aufzufliegen.«
Er verzieht unwillig das Gesicht. »Das, was ich dir jetzt sage, wird dir nicht gefallen«, murmelt er. Ich schnaube lustlos. »Ist dir doch sowieso egal, was mir gefällt oder nicht.«
Er hebt eine Braue. »Nein, das ist es nicht, weil ich dann dein ganzes Rumgezicke ertragen muss, wenn dir etwas nicht gefällt.« Augenrollend zische ich: »Komm mal wieder runter, Lady.«
»Ach, halt die Klappe.«
»Halt du die Klappe!«
Und genau das ist der Grund, aus dem wir nie zusammenkommen sollten. Egal, wie sehr mein Herz aufgeht, wenn Fox mich ansieht. Aber wie hat er es ausgedrückt? Es ist nur körperliche Anziehung? Wahrscheinlich hat er recht. Immerhin kennen wir uns gerade mal seit zwei Sekunden...
Mürrisch warte ich nach wie vor darauf, dass er mit der Sprache herausrückt. Argwöhnisch beäugt er mich. »Wehe, du machst mir hier einen Aufstand«, warnt er mit erhobenem Zeigefinger. »Entspann dich mal und pack den Finger da weg«, maule ich.
Er seufzt tief, gibt dann jedoch nach: »Also, schön. Jemand wird in deren Hotel-Apartment einbrechen müssen und Wanzen anbringen – dieser jemand werde ich sein.«
Ich warte darauf, dass er weiterspricht, was nicht geschieht. Okay...?
Als länger nichts mehr kommt, hebe ich die Brauen. »Und du dachtest, dass ich jetzt eine Trotzattacke kriege, oder etwas in der Art?«
Er verdreht die Augen. »Das war noch nicht alles. Du wirst bei der ganzen Aktion hierbleiben.« Empört richte ich mich auf. »Und schon geht's los...«, murmelt er resigniert.
»Du glaubst doch nicht, dass ich hier die ganze Zeit rumsitzen und nichts tun werde, während du mitten drinnen bist?! Das kannst du verg –«
»Jetzt halt mal die Luft an! Keiner hat gesagt, dass du hier rumsitzen und nichts tun sollst!«
»Ach, ja?! Und was denkst du, gibt es hier für mich sonst zu tun, hm?! Soll ich vielleicht Stricken lernen?! Falls es hier im Haus keine Wolle gibt, kann ich ja zu irgendeinem Bauernhof in der Nähe gehen, Schafe scheren, und die Wolle selber spinnen, was hälst du davon?!«, rede ich mich in Rage.
»Meine Fresse, musst du immer so rumschreien, Himmel Herrgott nochmal?!« Er fährt sich durch die Haare und murmelt etwas, das sich sehr stark nach »Diese Frau bringt mich noch ins Grab!« anhört.
Er hebt den Blick wieder, diesmal etwas gefasster. »Pass auf, ich bin auch nicht sonderlich scharf drauf, da reinzugehen, okay? Wenn ich es irgendeinen anderen von meinen Leuten machen lassen könnte, würde ich das! Leider können wir dieses Risiko nicht eingehen.«
Ich stutze und frage: »Wieso denn nicht?«
»Weil die praktisch Vierundzwanzig-Sieben um unser Gangster-Pärchen sind und es trotz aller Vorsicht sein kann, dass sie einen von meinen Leuten gesehen haben. Stell dir mal vor, was da los wäre, wenn sie die Person erwischen, wie die sich an deren Hotelzimmer zu schaffen macht!«
»Ähm, das ist aber ein sehr geringes Risiko, oder nicht?«
Mit vielsagend gehobenen Brauen fixiert er mich. »Was habe ich dir beigebracht? Sei immer auf alles vorbereitet und wenn sich ein Risiko vermeiden lässt, dann tu es!« Ich schüttle den Kopf.
»Okay, aber würde es da nicht auch wirklich Stress geben, wenn sie dich erwischen?«
»Mich haben sie noch nie gesehen und ich bin in der Lage zu improvisieren. Außerdem werde ich eine Uniform tragen.«
Ein albernes Kichern blubbert mir aus der Kehle. »Heißt das, dass du da mit dem Getränkewagen durch die Gänge kurvst?«
»Ich bin ein Hotelangestellter, keine verdammte Stewardess!«
»Was hast du denn gegen Stewardessen?«
»Ich habe gar nichts gegen Stewardessen, hör auf zu nerven!«
»Selber!«
Er stöhnt entnervt. Ich stöhne genervt. Wir sind genervt – und absolut inkompatibel, wie man sehen kann.
Das Klingeln seines Handys lässt uns beide zusammenzucken. Plötzlich muss ich an die letze Gelegenheit denken, als es geklingelt hat und ich spüre das Blut in mein Gesicht rauschen.
»Ja?«, schnauzt Fox mit rosa Wangen ins Handy – anscheinend bin ich nicht die Einzige, die da an was ganz bestimmtes erinnert wurde.
»... Hm... okay...« Plötzlich zieht er irritiert die Brauen zusammen. »Warte, warte! Sie soll was?!... Das kannst du dir in den... Nein, wollt ihr mich alle verarschen?! Habt ihr Koks im Frühstück gehabt, oder... du bist doch bescheuert! ... Ja, ja, meinetwegen...«
Zu meiner Überraschung hält Fox mir sein Smartphone unter die Nase. »Für dich«, brummt er übellaunig. Ich ziehe die Brauen hoch und räuspere mich. »Ja, Ella hier?«
»Ella, Süße, hier ist Elias! Du erinnerst dich noch an mich?« Ich lache.
»Wie könnte ich dich denn vergessen?«
Er seufzt. »So gern ich jetzt auch mit dir plaudern würde, müssen wir uns leider um weniger erfreuliche Dinge kümmern.«
»Okay, was gibt's denn?«
»Folgendes: Wir werden Fox später, wenn unser Lieblingsverbrecherpaar deren alltäglichen Ausflug in den Supermarkt macht, in deren Suite schicken, damit er es verwanzen kann. Er wird eine kleine Kamera mit Mikro am Revers und einen Knopf im Ohr tragen. Du wirst dir in meiner bescheidenen Hütte ein nettes Plätzchen auf der Couch suchen, machst dir einen Kaffee mit Schuss...«
Ich lache peinlich berührt. »Naja, das könnte schwierig werden.«
»Moment, warte. Sag jetzt bitte nicht, dass Fabi schon wieder den ganzen Whisky weggesoffen hat!« Fabi?! Ich unterdrücke ein Lachen.
»Äh, doch. Eigentlich schon. Lange Geschichte«, murmle ich.
»Argh, ich bringe ihn um! HÖRST DU DAS, FABIAN, ICH BRINGE DICH UM!!!«
Ich zucke zusammen und halte mir den Hörer vom Ohr weg. Fox verdreht die Augen.
»Der Arsch hat eine Schwäche für teuren Whisky und wenn er durcheinander ist, säuft er wie ein Matrose.«
›Ach, ja?‹, hätte ich fast neugierig nachgehakt, allerdings halte ich mich zurück, da der Moment dafür gerade nun wirklich unpassend ist. Interessant...
»So, wo waren wir?«, kommt Elias' Stimme wieder in angemessener Lautstärke aus dem Handy. »Äh, ich soll mich auf der Couch entspannen?«
»Genau, schnapp dir Fox' Laptop, mach's dir bequem und wir verbinden seine Kamera mit dem Teil. Dann kannst du sehen, was er sehen kann und ihr könnt miteinander
kommunizieren. Es ist wichtig, dass du das alles siehst, weil du Jack schließlich sehr gut kennst und dir Dinge im Raum auffallen könnten, die uns entgehen.«
»Sind wir dann alle miteinander verbunden? Kann ich hören, was ihr sagt und umgekehrt?«
»Nicht wir alle, aber ich werde noch mit euch beiden in der Leitung sein.«
»Okay, alles klar.«
»Super, die Einzelheiten kriegst du von Fox. Bis dann, Schönheit.« Ich kichere.
»Bis dann, du Hengst.« Ein schallendes Lachen dringt durch die Leitung und er legt auf.
Fox schaut mich an als wären mir plötzlich Hörner gewachsen. Dann schüttelt er den Kopf.
»Du hast ja gehört, was ich von der Idee halte, dich die ganze Zeit im Ohr zu haben«, brummt er übellaunig. »Ja, das habe ich«, zische ich eben so übellaunig zurück. Mit einem missmutigen Zug um den Mund schaut er auf seine Armbanduhr. »In drei Stunden muss ich los«, murmelt er leise vor sich hin.
Wie kriege ich ihn bloß dazu mich mitzunehmen? Grimmig verenge ich die Augen. Sieht wohl so aus, als müsste ich meine weiblichen Waffen einsetzen.
Langsam gehe ich zu ihm, ein Fuß direkt vor den anderen setzend wie eine Katze, werfe meine langen Haare zurück, und lege den Kopf schief. »Du...«, säusle ich während ich ihm mit meinem Zeigefinger an der Brust entlangfahre. Wenn ich mich gerade selbst sehen könnte, würde ich mir wahrscheinlich ins Gesicht kotzen. Gut möglich, dass ich etwas zu dick auftrage.
Argwöhnisch zieht er die Brauen zusammen. Mit perfektem Wimpernaufschlag blicke ich zu ihm hoch. »Ich würde so gern mitkommen«, schnurre ich. »Bitte, ich langweile mich hier so sehr, wenn ich allein bin.«
Fox erwidert meinen Blick und ich sehe, wie sich eine leichte Röte auf seinen Wangen breit macht. Vielleicht war es doch nicht so ein Schuss ins Blaue?
Er senkt den Kopf zu meinem, bis unsere Lippen sich fast berühren und mein Herz in freudiger Erwartung anfängt kräftiger zu schlagen.
Sanft lässt er seinen Mund über meinen streichen und murmelt an meinen Lippen: »Vergiss es, du kleines Luder.«
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