58. Vereint
Mason
Eine Woche nach dem Brand war Kayla immer noch nicht wieder bei Bewusstsein. Ich wusste, dass ich ihr Zeit geben musste. Ich konnte allein schon froh sein, dass sie und meine Eltern noch lebten.
Sie versuchten mich alle jeden Tag abzulenken und das Rudel hatte mit mir angefangen ein neues Haus zu planen. Nicht mehr an der selben Stelle aber in der Nähe meines Rudels und meiner Eltern. Ich hatte ihnen einiges erklären müssen und ich wusste, dass ich als Alpha teilweise versagt hatte aber ich hatte damals das Gefühl gehabt, keine andere Wahl zu haben. Keiner war mir böse gewesen aber in Zukunft würde ich meinen Kopf mehr einschalten. Ich würde nie wieder überstürzt handeln.
So etwas dürfte nicht wieder passieren!
Kayla würde ab jetzt jede Zeit der Welt bekommen, damit sie mir wieder vollends vertraute. Ich hatte einiges zu reparieren und ich würde alles dafür tun. Sie war meine Gefährtin und ich wollte sie nicht wieder allen möglichen Gefahren aussetzen, nur weil ich sie alleine ließ.
Auch Dante hatte sich wieder beruhigt. Nach unserer Rückkehr war er ebenso wie ich von den Geschehnissen schockiert gewesen. Er hatte ebenfalls dem Rudel einiges erklären müssen und doch standen sie hinter ihm. Sie standen hinter uns beiden.
Ich war der Alpha, er der Beta und es wurde Zeit, dass wir uns auch so benahmen!
Ich würde Kayla die Welt zu ihren Füßen legen und alles für sie tun. Wir würden uns, wenn sie aufwachte, auf uns konzentrieren und würden doch stark für alle sein.
Nachdem ich über Kayla's Zustand informiert worden war, war ich nicht von ihrer Seite gewichen. Jedoch hatte mich meine Mutter irgendwann aus dem Zimmer gezogen und erfolgreich daran erinnert, dass ich auch wieder alles in die richtige Bahn lenken musste.
Deshalb hatte ich mich mit Dante und allen anderen zusammen gesetzt. Meine Mutter passte derweil auf Kayla auf und dafür war ich mehr als dankbar.
Wir würden die Jagd nach Revon vorerst aufgeben. Es war sinnlos ihm hinterher zu jagen. Besonders, weil wir damit alle in Gefahr brachten. Entweder würde sich die Chance irgendwann noch bieten oder er war wirklich über alle Berge.
Nichts war jetzt wichtiger als die Familie.
Ich hatte auch Lexy mit ihrer Mutter zu mir eingeladen, da ich das Gefühl hatte, dass bald eine Vermisstenanzeige von Kayla überall zu sehen war. Beide hatten erstaunlich ruhig reagiert, nachdem ich alles erzählt hatte.
Ich wusste, dass Kayla Lexy und Ruby unfassbar vertraute und deshalb tat ich es auch. Erst waren beide sauer gewesen, da sie mich nicht verstanden aber nachdem ich wirklich alles erzählt hatte, beruhigten sich beide.
Sie wussten jetzt über das Rudel Bescheid. Einzelheiten über Kayla's Vergangenheit konnte und wollte ich nicht erzählen, da ich selbst nicht alles genau wusste und ich Kayla selbst die Möglichkeit geben wollte es zu erzählen.
Ich fühlte mich besser.
Mein Kopf war frei und ich merkte, dass bald alles wieder in die richtige Richtung laufen würde. Ich musste „nur" auf Kayla hoffen und für unsere Beziehung beten.
Vielleicht wollte sie mich nach alldem gar nicht mehr?
Mein Vater schüttelte nach dieser Aussage von mir nur fassungslos den Kopf und meiner Mutter wäre fast die Hand beim Abendessen ausgerutscht. Sie konnten nicht glauben, was ich dachte. Sie hatten Kayla lieb gewonnen und wussten, wie groß ihr Herz war. Jeder andere Mensch hätte nach alldem nicht einmal mehr richtig leben können und sie hatte jeden Tag auf meine Rückkehr gewartet und hatte versucht stark zu sein.
Sogar als es um Leben und Tod ging, wollte sie erst meine Eltern in Sicherheit wissen.
Und jetzt konnte ich ihr für ihr heldenhaftes Verhalten nicht danken. Ich war vorerst bei meinen Eltern im Haus untergekommen und auch Dante war gefühlt eingezogen. Er wollte ebenfalls über Kayla's Zustand informiert werden.
Ein Wunder, dafür das er sonst ein Eisklotz war!
Auch heute war ein neuer Tag und an ihrem Zustand hatte sich leider nichts verändert. Dante hatte mich heute grob aus ihrem Zimmer gezogen und an die frische Luft verdonnert.
„Du musst dich endlich wieder verwandeln!" hatte er geschrien und mich aus der Eingangstür geschubst. Meine Mutter hatte dabei schmunzelnd zugesehen. Jetzt, nach einem langen Rennen mit Dante zur Lichtung, saß ich laut schnaufend auf dem kühlen Boden, der von Schnee überzogen war.
„Und? Bist du wieder etwas klarer im Kopf?" fragte mich Dante spöttisch und schlug freundschaftlich auf meinen Rücken.
„Ein bisschen vielleicht", sagte ich und blickte über den klaren See.
„Sie ist stärker, als ich anfangs dachte", murmelte Dante etwas verlegen und ich sah ihn erstaunt an.
„Du hast sie gehasst", sagte ich ernst und runzelte skeptisch meine Stirn.
„Ich hielt sie für schwach und nicht würdig für das Rudel aber mittlerweile hat sie mich überzeugt", sagte er und sah mich dabei aus ehrlichen Augen an.
Erstaunt sah ich Dante an und konnte nicht glauben, was er sagte. Ich wusste, dass er nicht begeistert von Kayla war aber insgeheim wollte er auch endlich seine Gefährtin finden. Ich würde nicht sagen, dass er eifersüchtig auf mich war aber jeder Wolf brauchte seine Gefährtin.
„Du wirst sie auch bald finden", lachte ich und jetzt schlug ich ihm fest auf den Rücken. „Obwohl ich nicht weiß, ob sie dich als emotionslosen Eisklotz lieben wird", lachte ich und zog ihn mit seinem Verhalten, dass er teilweise an den Tag legte, auf.
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Kayla
Ich war wach aber war ich alleine?
Ich setzte mich in dem weichen Bett auf und verstand zuerst gar nichts. Ich erkannte das Zimmer nicht und wusste im ersten Moment auch nicht, was passiert war. Das Zimmer war in hellen Tönen gestrichen aber wirkte trotzdem warm.
Mein Arm juckte und ich sah an mir hinunter. In meinem Arm steckte eine Nadel und ein dünner Schlauch führte zu einer Infusion. Die Erkenntnis was passiert war, schlug augenblicklich auf mich ein und ich wusste genau was geschehen war.
Wie lang lag ich hier schon?
Ich holte tief Luft und schlug die Bettdecke von mir, dann schwang ich meine Füße über die Kante des Bettes und zog die Infusion zu mir. Mein Rücken protestierte bei dieser schnellen Bewegung und kurz sah ich das Feuer wieder vor mir auflodern. Ich schauderte, schüttelte kurz meinen Kopf, um wieder klar zu werden und versuchte dann aufzustehen. Schnell griff ich nach der Infusionsstange vor mir, als meine Füße anfingen zu zittern.
Genervt griff ich nach der Nadel in meinem Arm und zog sie mit zusammengebissenen Zähnen aus der Haut. Es blutete zwar aber ich ignorierte es, da ich mich endlich bewegen wollte. Ich trug kurze Shorts und mein Oberkörper war regelrecht eingewickelt mit einem weißen Verband.
Wer mich wohl versorgt hatte?
Erneut holte ich tief Luft, da ich das Gefühl hatte, der Verband würde mir die Luft abschnüren. Ich startete den nächsten Versuch und stellte diesmal langsamer meine Füße auf den Boden. Meine Zehen berührten den flauschigen Teppich und endlich schaffte ich es mein Gleichgewicht zu halten.
War Mason immer noch unterwegs?
Mit kleinen Schritten lief ich auf die einzige Tür im Raum zu. Leise drückte ich den Türgriff nach unten und öffnete die Tür.
Wessen Haus war das?
Ich blieb im Türrahmen stehen und schaute nach links und rechts. Die Gerüche kamen mir seltsam vertraut vor und ich hoffte, dass es vielleicht das Haus von Mason's Eltern war. Ich lief den breiten Flur entlang und versuchte Geräusche zu erahnen.
War jemand zu Hause?
Ich kam an der Eingangstür an und schaute aus dem Glas, dass in ihr eingebaut war.
Moment mal?
Vor dem Haus stand ein Auto des Rudels!
Meine Wölfin drehte innerlich plötzlich durch und ich hatte das Gefühl, dass jemand wichtiges in der Nähe war.
War Mason zurück gekehrt?
„Ilya? Xavier?!" rief ich und hustete einmal, da meine Stimme noch kratzig klang.
Es musste ihr Haus sein!
Schnelle Schritte näherten sich und ich drehte mich um. Ilya rannte schon fast auf mich zu und packte mich vorsichtig an meinen Unterarmen.
„Kayla! Du bist aufgewacht!" sagte sie aufgebracht und wollte mich schnell ins Nebenzimmer bringen.
„Mason! Ist Mason wieder da?!" fragte ich verzweifelt und riss mich von ihr los, um Abstand zu gewinnen.
Kleine Lachfalten bildeten sich unter ihren Augen und warm strahlten mir ihre Augen entgegen. Das war Antwort genug. Ich drehte mich direkt von ihr weg und stieß schnell die Eingangstür auf.
„Warte doch! Er kommt bestimmt gleich zurück!" rief sie mir noch nach aber ich rannte schon barfuß über den schneebedeckten Boden.
Der Winter war da.
Meine Wölfin jubelte regelrecht und ein himmlischer Geruch stieg mir in die Nase, als ich in den Wald rannte. Der Schmerz in meinem Rücken war fast schon vergessen. Ich wollte einfach nur noch zu meinem Gefährten. Meine Wölfin wollte die Kontrolle an sich reißen und dieses Mal hatte ich keine Angst. Wenn ich verwandelt wäre, dann wäre ich schneller bei Mason.
Seit wann war er zurück?
Ich blieb kurz stehen, beugte mich nach vorne und stemmte meine Hände an den Oberschenkeln ab. Ich ließ die Verwandlung über mich ergehen und schrie kurzzeitig auf, als ich merkte wie mein Körper sich veränderte. Knochen brachen und meine spärliche Hose zerriss.
Das Schreien verstummte und man hörte nur noch ein klangvolles Heulen. Meine Pfoten drückten den Schnee fast schon beiseite, als ich endlich losrannte.
Ich weiß nicht, wie ich es schaffte aber ich roch Mason gefühlt im ganzen Wald. Ich wusste genau in welche Richtung ich musste. Gleich würden wir uns wieder sehen und dann wären wir endlich wieder vereint.
Eine zarte Brise des kühlen Windes strich durch mein schönes Fell und nach kurzer Zeit kam ich bei einer Lichtung an. Sie kam mir bekannt vor und ich wusste, dass es die selbe Lichtung war, wie damals bei unserem Spaziergang.
Erneut heulte ich und in der Ferne erkannte ich zwei Gestalten. Sie drehten sich gerade zu mir und eine davon stand wortlos auf und trat schnell den Rückzug an.
Wir waren also alleine!
Ich schloss meine Augen und suchte innerlich meinen Punkt, um mich wieder verwandeln zu können. Es schmerzte nicht mehr so stark wie beim ersten Mal und ich seufzte erleichtert.
Ich hatte keine Kleidung mehr an nach meiner Verwandlung aber das war mir egal. Ich musste zu ihm. Zu lange waren wir getrennt gewesen.
„Mason!"
Mit meinen nackten Füßen rannte ich auf ihn zu und stolperte fast, da ich meine Kraft noch zu sehr überschätzte.
Mason stand mit großen Augen vor mir und schaffte es gerade noch seine Arme auszubreiten, als ich ihn auch schon umrannte. Beide fielen wir nach hinten in den kalten Schnee, doch die Wärme zwischen uns, ließ uns die Kälte vergessen.
„Du bist aufgewacht!" sagte Mason panisch und drückte mich von sich, um mich von oben bis unten zu mustern. „Du bist verletzt und rennst verwandelt durch den gesamten Wald!" sagte er fast schon vorwurfsvoll und stand dann schnell mit mir gemeinsam auf, um seinen dicken Pulli auszuziehen.
Bestimmt waren hier im Wald Klamotten versteckt, falls man sich verwandelte und alles zerriss.
Schnell zog Mason mir seinen Pulli über den Kopf, nur um ihn dann vorsichtig über meinen Rücken nach unten zu ziehen. Gleich darauf zog er mich wieder an sich und vergrub sein Gesicht an meinem Hals.
„Ich bin so froh, dass du lebst", wisperte er und griff mit seinen Händen nach meinem Gesicht. Seine waldgrünen Augen schauten mir verliebt und auch leidend entgegen, als er mich zu sich zog und seine warmen Lippen fest auf meine drückte.
Wir verschmolzen miteinander und konnten nicht genug voneinander bekommen. Atemlos lehnte er seine Stirn gegen meine und streichelte über mein Gesicht.
„Ich bin froh, dass du zurück bist", flüsterte ich und griff wieder in seinen Nacken, damit ich ihn küssen konnte.
„Ab jetzt lasse ich dich nie wieder allein".
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